RG, 02.10.1880 - I 149/80

Daten
Fall: 
Actio quasi institoria
Fundstellen: 
RGZ 2, 166
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
02.10.1880
Aktenzeichen: 
I 149/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Rostock
Stichwörter: 
  • Actio quasi institoria im Darlehensrecht

Findet die actio quasi institoria nach heutigem gemeinen Recht noch statt?

Tatbestand

Klägerinnen haben dem Rentier B. gegen Versatz von Aktien der beklagten Bank Darlehen gewährt und fordern deren Rückzahlung, nachdem B. in Konkurs geraten, von der beklagten Bank, weil B. die Darlehen in ihrem Auftrage aufgenommen, die versetzten Aktien von ihr aus ihrem Depot erhalten und die erhaltenen Darlehenssummen ihr übergeben habe. Die unter verschiedenen Gesichtspunkten, zunächst als actio quasi institoria erhobene Klage wurde als solche in erster Instanz abgewiesen und dies Erkenntnis in zweiter Instanz vom Reichsgericht aus folgenden Gründen bestätigt:

Gründe

"Nach der eigenen Darstellung der Klägerinnen wurden die Darlehensgeschäfte von B. in seinem Namen abgeschlossen. Es entstanden daher durch diese Geschäfte Rechte und Verbindlichkeiten nur zwischen B. und den Klägerinnen, auch wenn ersterer, wie letztere behaupten, von der Beklagten beauftragt war, vermittels der ihm ausgehändigten Aktien Anlehen für sie aufzunehmen.

Dies ergiebt sich zwar nicht unmittelbar aus dem im angefochtenen Erkenntnis in Bezug genommenen, in Mecklenburg zufolge §. 3 Nr. 2 Einführungs-Verordnung vom 28. Dezember 1863 auch in Nichthandelssachen anwendbaren Art. 52 H.G.B., welcher nur die von Stellvertretern namens des Vertretenen geschlossenen Geschäfte betrifft, dagegen den hier vorliegenden Fall der sogenannten uneigentlichen Stellvertretung, in welchem das Geschäft von der Mittelsperson zwar im Auftrag und für Rechnung eines Anderen, jedoch in eigenem Namen geschlossen wird, unberührt läßt. Dagegen rechtfertigt sich für letzteren Fall die angefochtene Entscheidung durch die in Ermangelung handelsrechtlicher Normen auch in Handelssachen anwendbaren Grundsätze des allgemeinen bürgerlichen Rechts. Zwar gewährte das römische Recht in solchem Falle neben der Kontraktsklage gegen den Beauftragten, sofern das Auftragsverhältnis beim Abschlüsse des Vertrags erkennbar geworden war, dieselbe Klage (als sogenannte action adjektiae qualitatis) auch gegen den Auftraggeber. Da aber die Zulassung dieser Klage mit dem Grundsatze des römischen Rechts, daß eine eigentliche Stellvertretung beim Abschlüsse obligatorischer Verträge nicht stattfinde, aufs engste zusammenhängt und den Zweck hatte, die Belangung des Auftraggebers insoweit herbeizuführen, als es ohne Anerkennung der Zulässigkeit freier Stellvertreter bei obligatorischen Verträgen möglich war, so erscheint mit der Beseitigung des gedachten Grundsatzes des römischen Rechts, welche zunächst durch das Gewohnheitsrecht herbeigeführt, und sodann durch Art. 52 H.G.B, und §. 3 Nr. 2 der mecklenburgischen Einführungsverordnung vom 28. Dezember 1863 auch gesetzlich ausgesprochen wurde, zugleich die actio quasi institoria des römischen Rechts als gänzlich beseitigt. Wie die auf den Boden des gemeinen Rechts entstandenen Gesetzbücher (preuß. A.L.R. I. 13 §. 154; sächsisches bürgerliches Gesetzbuch §. 790) bestimmen, daß, wenn der Beauftragte in seinem eigenen Namen den Vertrag abschließt, die Erfüllung desselben nur von ihm gefordert werden kann, so gilt dasselbe auch im Gebiete des gemeinen Rechts. Der den Vertrag im eigenen Namen abschließende wird daher selbst dann allein verpflichtet, wenn er beim Abschlüsse zu erkennen gab, daß er im Auftrag und für Rechnung eines Anderen handle, sofern nur hierin nicht die Erklärung, namens des Anderen kontrahieren zu wollen, sondern lediglich die Angabe des Grundes enthalten ist, weshalb er den Vertrag schließe. Um so weniger kann im vorliegenden Falle von einer Verbindlichkeit der Beklagten gegen die Klägerinnen aus einem dem B. erteilten Auftrage die Rede sein, da nach der eigenen Darstellung der Klägerinnen beim Abschluß der Geschäfte zwischen ihnen und B. in keiner Weise erkennbar war, daß B. die Geschäfte im Auftrage und für Rechnung eines Anderen, insbesondere der beklagten Bank schließe.

In der Appellationsrechtfertigungsschrift versuchen Klägerinnen die Klage unter einem anderen Gesichtspunkte aufrecht zu erhalten, indem sie dieselbe unter Berufung auf Savigny, Obligationen-Recht Bd. II. S. 62 als die dem B. infolge des Auftrages der Beklagten zustehende, von ihnen vermöge erzwingbarer und deshalb als geschehen zu fingierender Cession geltend zu machende Mandatsklage darstellen. Diese Auffassung ist aus zwei Gründen unzulässig. Die Klägerinnen haben aus dem mit B. geschlossenen Vertrage kein Recht auf Abtretung der Mandatsklage, sondern nur auf Vertragserfüllung. Sodann findet der Satz, daß in allen Fällen der erzwingbaren Cession auch ohne wirkliche Abtretung eine fingierte Cession kraft des Gesetzes eintrete, in den Quellen des gemeinen Rechts keine genügende Begründung, wie auch von dem Reichsgericht (Entscheid. Bd. 1 Nr. 116 S. 314) bereits anerkannt worden ist."