RG, 02.09.1884 - III 131/84

Daten
Fall: 
Usufruktuarische Kaution
Fundstellen: 
RGZ 13, 339
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
02.09.1884
Aktenzeichen: 
III 131/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Gießen
  • OLG Darmstadt

Vollstreckung eines zur Stellung einer usufruktuarischen Kaution verurteilenden Erkenntnisses. Anwendbarkeit des §. 774 C. P. O.?

Tatbestand

Der Beklagte, welcher nach Landesrecht den lebenslänglichen Beisitz am mütterlichen Vermögen seiner Kinder ausübte, wurde von diesen auf Inventarisierung des mütterlichen Nachlasses und Stellung einer usufruktuarischen Kaution belangt und, seiner Einwendungen ungeachtet, in erster Instanz rechtskräftig nach dem Klagantrage verurteilt. Die Kläger suchten darauf um Vollstreckung mit der Beschränkung des Kautionsantrages auf die mütterlichen Mobilien nach. Beklagter legte ein sofort anerkanntes Inventar vor und bemerkte, daß er auch zur Leistung einer Kaution bereit sei, sobald ihm die Kläger angegeben hätten, in welcher Weise er solche stellen solle. Nach schriftlich gepflogener Verhandlung wurde dem Beklagten durch Beschluß eine Frist von einem Monate "zur Vornahme der aufhabenden Handlung" mit dem Anfügen bestimmt: "daß nach Ablauf dieser Zeit gemäß §. 774 C. P. O. verfahren werde".

Auf Beschwerde des Beklagten hob das Reichsgericht diesen Beschluß auf und verordnete die Rückverweisung der Sache an das Landgericht zur Entscheidung über die Art und Größe der von den Klägern geforderten Kaution nach vorausgegangener mündlicher Verhandlung.

Aus den Gründen

"Es steht zwar rechtskräftig fest, daß der Beklagte zur Stellung einer Kaution wegen des seinem lebenslänglichen Nießbrauche unterworfenen mütterlichen Vermögens der Kläger verpflichtet ist; allein über die Art und Weise dieser Sicherheitsleistung ist bis jetzt ebensowenig eine Entscheidung getroffen worden, wie darüber, ob die Größe der Kautionssumme derjenigen des zu versichernden Betrages zu entsprechen habe. Die Bestimmung der Art und Größe einer zu leistenden usufruktuarischen Kaution unterliegt, sobald die Beteiligten sich nicht gütlich darüber zu einigen vermögen, nach den Grundsätzen des gemeinen Rechtes der richterlichen Anordnung. Mindestens bei dem Antrage auf Einleitung des Zwangsverfahrens mußten demzufolge die Kläger unter thatsächlicher Begründung diejenige Sicherstellung, zu welcher sie den Beklagten für verpflichtet erachteten, näher bezeichnen und dadurch den Richter in den Stand setzen, bei dem Widerspruche des Beklagten, nach vorgängiger mündlicher Verhandlung, mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der dienenden Sache und der dem Eigentümer drohenden Gefahr, sowie mit Rücksicht auf die Person und die Verhältnisse des Nießbrauchers die Art der Kautionsleistung und die Höhe der Kautionssumme festzusetzen, eventuell aber, je nach den Umständen des Falles, auf Suspension des Nießbrauches, Realarrest oder Sequestration zu erkennen. ...

Schon hieraus ergiebt sich, daß die Sache gegenwärtig zur Exekution noch nicht reif ist. Dazu kommt noch, daß die sofortige Anwendung des §. 774 C. P. O. auf einen Fall der vorliegenden Art schlechthin unzulässig ist. Diese Vorschrift setzt ihrem klaren Wortlaute nach voraus, daß eine geschuldete, nicht vertretbare Handlung thatsächlich allein von dem Willen des Schuldners abhängig ist; sie versagt aber, sobald es sich entweder um die Herausgabe von Sachen handelt oder zur Vornahme der betreffenden Handlung noch weitere Mittel, insbesondere die Beschaffung von Geldmitteln, Pfändern oder Bürgen gehören. Nur dann hätte gemäß §. 774 a. a. O. gegen den Beklagten vorgeschritten werden können, wenn die Kläger von vornherein erklärt hätten, daß sie sich mit einer promissorischen Sicherheit (Verbalkaution) begnügen wollten, während im übrigen keine Art der Realkaution unter jene Vorschrift fällt."