RG, 01.06.1880 - II 115/80

Daten
Fall: 
Badisches Gesetz über die Zwangsabtretung
Fundstellen: 
RGZ 2, 382
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
01.06.1880
Aktenzeichen: 
II 115/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Civilkammer des Kreis- und Hofgerichts Mannheim
  • OLG Karlsruhe

Gehört das badische Gesetz vom 28. August 1835 über die Zwangsabtretung zu denjenigen Gesetzen, auf deren Verletzung in Gemäßheit des §. 511 C.P.O. und des §. 6 der Kaiserlichen Verordnung vom 28. September 1879 betreffend die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten dieses Rechtsmittel gestützt werden kann?

Tatbestand

Obige Frage ist verneint worden aus folgenden Gründen:

Gründe

"Den im Landrechtsatz 545 ausgesprochenen Grundsatz, daß niemand gezwungen werden könne, sein Eigenthum abzutreten, es sei denn um des öffentlichen Nutzens willen und nach vorausgegangener Entschädigung, hat das Oberlandesgericht keineswegs verkannt.

Die Frage, nach welchen besonderen Grundsätzen und in welchem Umfange dem Expropriierten Entschädigung zu gewähren sei, unter welchen Voraussetzungen ihm auch für bloß mittelbar zugehenden Nachteil und etwaige Beeinträchtigung seines Gewerbebetriebes Ersatz zu leisten sei, ist nach Inhalt des Ges. v. 28. August 1835 über die Zwangsabtretung zu entscheiden.

Sollten Bestimmungen dieses Gesetzes durch Nichtanwendung, wie in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist, oder durch unrichtige Anwendung verletzt worden sein, so wird hierdurch in Gemäßheit des §. 511 C.P.O. und der Verordnung vom 28. September 1879 die Revision nicht begründet.

Zu den Gesetzen, durch deren Verletzung die Revision begründet wird, rechnet nämlich diese Verordnung nur diejenigen gesetzlichen Vorschriften, welche bestimmte Vorschriften der in ihrem ersten Absätze bezeichneten Gesetze ausdrücklich erläutern, ausdehnen, beschränken, aufheben oder ersetzen.

Nach diesem klaren Wortlaut sind also nicht solche Gesetze gemeint, welche bloß im Anschlüsse an ein gesetzliches Princip eine damit im Zusammenhange stehende Materie selbständig und ausführlich regeln, sondern nur solche, welche eine bestimmte, einzelne Gesetzesvorschrift für sich allein betreffen, wie dies mehrfach z. B. betreffs der Landrechtsätze 384, 620 (durch die Verordnung vom 9. März 1819), des Landrechtsatzes 7383a (durch die Verordnung vom 16. Januar 1818), des Landrechtsatzes 972 (durch die Erläuterung vom 29. August 1817), des Landrechtsatzes 973 (durch die Verordnung vom 7. Mai 1878) der Fall ist, daß nur solche und nicht auch alle Gesetze gemeint sind, welche, wie das über die Zwangsabtretung, an ein im Landrechte ausgesprochenes Princip anknüpfen, jedoch sich als eine besondere Gesetzgebung darstellen, indem sie das Princip für alle von demselben berührten Fälle durchzuführen suchen, ergiebt sich auch daraus, daß einzelne solcher Gesetze im dritten Absätze noch besonders als revisible aufgezählt sind.

Wäre die vom Anwälte des Revisionsklägers vertretene Auslegung richtig, so wäre es nicht notwendig gewesen, das Ges. vom 6. März 1845, betreffend die privatrechtlichen Folgen von Verbrechen, sowie die Art. 3. 4. 6-11. 84. 92 des Ges. v. 25. August 1876, betreffend die Benutzung und Instandhaltung der Gewässer, besonders anzuführen, denn jenes schließt sich an den Landrechtsatz 1382 nebst Zusätzen und an Landrechtsatz 1383, dieses zum Teil an die Landrechtsätze 644 und 650 an.

Aus der besonderen Erwähnung dieser Gesetze rechtfertigt sich auch der Schluß, daß das Ges. v. 28. August 1835 gleichfalls als ein solches hätte benannt werden müssen, durch dessen Verletzung die Revision begründet werde, wenn dies beabsichtigt gewesen wäre."