RG, 10.03.1880 - Vb 167/79

Daten
Fall: 
Cessionar einer Hypothekenforderung
Fundstellen: 
RGZ 1, 381
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
10.03.1880
Aktenzeichen: 
Vb 167/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Kreisgericht Falkenberg
  • Appellationsgericht Ratibor

1. Hat der Cessionar einer Hypothekenforderung zur Beseitigung solcher Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältnis gegen seine dingliche Klage, welche ihm vor oder bei der Cession nicht bekannt geworden sind, auch aus dem Grundbuche sich nicht ergeben, zu behaupten und zu beweisen, daß er das Recht auf die Hypothek gegen Entgelt erworben habe, oder ist es Sache des Beklagten, wenn er dergleichen Einreden erhebt, zu behaupten und zu beweisen, daß der Kläger das Recht auf die Hypothek unentgeltlich erworben habe?
Ges. über den Eigentumserwerb etc. vom 5. Mai 1872 §. 38.
2. Hat der Kläger, welcher eine kündbare Forderung einklagt, nur den erfolgten Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist selbst dann darzuthun, wenn eingewendet ist, daß eine spätere Fälligkeit vereinbart worden?
Allg. Landrecht I. 11. §. 761.

Tatbestand

Kläger ist Cessionar einer Teilforderung in Höhe von 629,50 M., welche mit dem Reste der Forderung auf dem Grundstücke des Beklagten R. Bl. 23 Abt. III unter 4 eingetragen ist. Unstreitig ist die Kündigung drei Monate vor Anstellung der gegenwärtigen dinglichen Klage erfolgt. In zweiter Instanz wendete Beklagter, jedoch ohne Beweisantritt, ein, daß die Forderung (Illatenforderung) erst am 14. Juni 1880 fällig gestellt sei. Kläger hat dies bestritten. Der Appellationsrichter bestätigte das den Beklagten nach dem Klageantrage in der Hauptsache verurteilende erste Erkenntnis, indem er den Einwand verwarf, weil derselbe aus dem Grundbuche sich nicht ergebe, auch nicht behauptet sei, daß die zu Grunde liegende Thatsache dem Kläger vor oder bei Erwerb der Forderung bekannt geworden, oder daß sein Erwerb der Forderung ein unentgeltlicher gewesen sei.

Die hiergegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Die Rüge der Verletzung des §. 38 des Gesetzes vom 5. Mai 1872 über den Eigentumserwerb etc., des §. 16 Einleitung und des §. 28 I. 13 A.G.O., sowie der allgemeinen Regeln über die Verteilung der Beweislast - weil der Vorderrichter verkannt habe, daß Kläger hätte darthun müssen, in welcher Weise ihm die streitige Forderung abgetreten sei, namentlich daß sie ihm gegen Entgelt abgetreten sei - ist nicht gegründet. Der Vorderrichter stellt unangefochten fest, daß die streitige Forderung dem Kläger abgetreten ist. Dieser hat also die Forderung erworben. Als Erwerber hat er die dingliche Klage gegen den Eigentümer. Angef. Gesetz §§. 37. 38. Beklagter hat gegen die dingliche Klage nur dann Einreden aus dem persönlichen- Schuldverhältnisse, wenn diese dem Kläger vor dem Erwerbe bekannt geworden, oder_ wenn sie aus dem Grundbuche sich ergeben. Außerdem stehen ihm die Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältnisse dann zu, wenn der Kläger die Hypothek ohne Entgelt erworben hat. Dieses ist der klare Sinn des §. 38 Abs. 2. Danach ist es Sache des Beklagten, die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältnisse zu behaupten und zu beweisen.

Die Richtigkeit dieses Satzes ist in den Gründen des Erkenntnisses des vormaligen preuß. Obertribunales vom 23. März 1879 (Entsch. Bd. 83 S. 232) näher und in überzeugender Weise ausgeführt, und kann auf diese Ausführung verwiesen werden.

Einer Verletzung der Regeln von der Verteilung der Beweislast in Bezug auf die Kündbarkeit des Kapitales hat sich der Appellationsrichter ebenfalls nicht schuldig gemacht. Kläger behauptet in der Klage, daß das Kapital nach dreimonatlicher Kündigung zahlbar sei. Unstreitig ist die Kündigung drei Monate vor der Klage erfolgt. Diese Kündigungsfrist ist die gesetzliche, wenn keine Zeit zur Rückzahlung giltiger Weise bestimmt ist. §. 761 A.L.R. I. 11.

Der Schuldner hat daher, wenn er nach Ablauf von drei Monaten seit der Kündigung nicht zahlen will, weil eine längere Kündigungsfrist oder ein späterer Rückzahlungstermin vereinbart sein soll, dieses zu behaupten und eventuell zu beweisen. Solche Behauptung stellt sich nicht als eine verneinende Einlassung dar; sie enthält vielmehr eine rechtshindernde Thatsache, eine Thatsache, durch welche der Kläger gehindert wird, seinen Anspruch zur Zeit geltend zu machen. Sie ist daher eine wahre Einrede. Deshalb liegt aber auch dem Beklagten der Beweis dieser Thatsache ob."