RG, 10.03.1884 - IV 198/83
In welchem Umfange gebührt den Kindern des Gemeinschuldners das Vorrecht des §. 54 Nr. 5 K.O. in Ansehung der Ehefrau desselben in dem Konkurse über das von beiden Eheleuten gütergemeinschaftlich besessene Vermögen?
Tatbestand
Der Vater der Kläger, Kaufmann S,, hat mit deren Stiefmutter in ehelicher Gütergemeinschaft gelebt. Über seinen Nachlaß und das gütergemeinschaftliche Vermögen der Witwe ist der Konkurs eröffnet worden. Darin haben die Kläger wegen ihrer Forderungen in Ansehung ihres gesetzlich der väterlichen Verwaltung unterworfen gewesenen Vermögens das Vorrecht des §. 54 Nr. 5 K.O. uneingeschränkt geltend gemacht. Dieses ist ihnen bezüglich des Anteils der Witwe an dem gütergemeinschaftlichen Vermögen bestritten und in beiden Vorinstanzen zuerkannt, auf die Revision der Beklagten jedoch abgesprochen worden, und zwar aus folgenden Gründen:
Gründe
"Das in dem §. 54 Nr. 5 K.O. den Forderungen der Kinder und der Pflegebefohlenen des Gemeinschuldners in Ansehung ihres gesetzlich der Verwaltung desselben unterworfenen Vermögens bewilligte Vorrecht gebührt den Klägern beim Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen im Konkurse über den Nachlaß ihres Vaters, gebührt ihnen aber wegen Mangels dieser Voraussetzungen nicht auch im Konkurse über das gütergemeinschaftliche Vermögen ihrer Stiefmutter. Aus der ehelichen Gütergemeinschaft, in welcher der Vater mit der Stiefmutter der Kläger nach dem Gesetze vom 16. April 1860 gelebt hat, folgt nur, daß gemäß §. 380 A.L.R. II. 1 für die Forderungen der Kläger als eine Schuld des Vaters das ganze gemeinschaftliche Vermögen der Eheleute verhaftet worden ist. Dagegen ist das damit gegen die Person des Vaters und nur in Ansehung seines Anteiles daran verbundene Vorrecht der Kläger im Konkurse des Vaters nicht auf die Stiefmutter und deren Anteil am gemeinsamen Vermögen auszudehnen. Dieses ist rechtlich von keiner anderen Beschaffenheit wie jedes andere, dessen Gemeinschaftliche nicht auf dem ehelichen Verhältnisse der Miteigentümer beruht, und wird daher von dem §. 14 K.O. mit betroffen, wonach, wenn der Gemeinschuldner sich mit Dritten in einem Miteigentume, in einer Gesellschaft oder in einer anderen Gemeinschaft befindet, die Teilung oder sonstige Auseinandersetzung außerhalb des Konkursverfahrens erfolgen soll. Die dem gedachten §. 14 a. a. O. zuwider erfolgte Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß des S. und das gütergemeinschaftliche Vermögen der Witwe S. übt auf das materielle Recht der Gläubiger keinen Einfluß aus. Das Vorrecht des §. 54 Nr. 5 a. a. O. ist unabhängig von dem Vorhandensein einer nützlichen Verwendung in das Vermögen des Kridars und kann mithin auch nicht durch die Feststellung einer solchen im Konkurse der Stiefmutter bezüglich ihres Anteiles an dem gütergemeinschaftlichen Vermögen begründet werden. Die klare Fassung des Gesetzes läßt nur die Absicht erkennen, daß das Vermögen des Gemeinschuldners für die bezeichneten Forderungen und Gläubiger dem darin geschaffenen Vorrechte unterworfen sein soll, woraus sich von selbst ergiebt, daß es bei gemeinschaftlichem Vermögen nur auf den Anteil des Gemeinschuldners an demselben beschränkt ist. Das Gegenteil hiervon kann weder aus der vermeinten Schwierigkeit der thatsächlichen Sonderung des gemeinschaftlichen Vermögens, noch aus dem preußischen Ausführungsgesetze vom 6. März 1879 entnommen werden und ist eventuell in letzterem auch nicht zu finden. Hieraus folgt wegen Verletzung des mehrerwähnten §. 54 Nr. 5 K.O. die Aufhebung des angefochtenen Urteils."