RG, 25.03.1919 - II 307/18

Daten
Fall: 
Verwendung eines fremden Wortzeichens
Fundstellen: 
RGZ 95, 209
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
25.03.1919
Aktenzeichen: 
II 307/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Aachen
  • OLG Köln

Unter welchen Umständen ist die Verwendung eines fremden Wortzeichens zu einer Angabe über die Bestimmung von Waren erlaubt?

Tatbestand

Die Klägerin fabriziert Nähmaschinen. Die dazu gehörigen Nadeln läßt sie in anderen Fabriken herstellen. Als Warenzeichen auch für Nähmaschinennadeln ist ihr das Wort "Pfaff" geschützt.

Die Beklagte ihrerseits fabriziert Nähmaschinennadeln. Sie vertreibt sie in Nadelbriefchen, auf denen sie die Nähmaschine angibt, für die die Nadeln bestimmt und geeignet sind. Sie fabriziert auch Nadeln für die von der Klägerin hergestellten Nähmaschinen. Zum Vertriebe benutzt sie Nadelbriefchen mit der Aufschrift "Geprüfte Nadeln von Leo Lammertz" - folgt Fabrikzeichen der Beklagten - "zur Pfaff E-. G-, K- und L-Nähmaschine".

Weil durch das besonders hervortretend gedruckte Wort "Pfaff" bei den Abnehmern die unrichtige Annahme hervorgerufen werde, es handle sich um Nadeln, die von der Klägerin hergestellt oder mindestens von ihr geprüft oder empfohlen seien, erhob die Klägerin Klage auf Unterlassung der Verbreitung solcher Nadelbriefchen.

Während das Landgericht die Klage abwies, gab das Oberlandesgericht ihr statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen.

Gründe

1.

"Das Berufungsgericht erachtet den Unterlassungsanspruch der Klägerin auf Grund der §§ 12, 20 WZG. für gerechtfertigt, indem es annimmt, daß die Aufschrift auf den Nadelbriefchen der Beklagten "Nadeln zur Pfaff-Nähmaschine" die Gefahr einer Verwechslung im Verkehr mit den die gleiche Aufschrift aufweisenden Nadelbriefchen, in denen die Klägerin ihre von andern Fabriken hergestellten Nähmaschinennadeln vertreibt, trotz der im übrigen bestehenden Verschiedenheiten der beiderseitigen Briefchen herbeiführt. Diese Annahme ist damit begründet, daß in den Aufschriften auf den Briefchen der Klägerin das ihr als Warenzeichen geschützte Wort "Pfaff" das Schlagwort bildet und bei ihren Kunden vorzugsweise im Gedächtnis haften bleibt. Die Kunden der Klägerin würden daher, wenn ihnen Nadeln der Beklagten in deren die Worte "Nadeln zur Pfaff-Nähmaschine" tragenden Nadelbriefchen angeboten würden, namentlich bei nur flüchtigem Hinschauen oder Nachdenken zu der Auffassung verleitet, daß sie es mit den ihnen unter der Marke "Pfaff" bekannten und von ihnen unter dieser Marke früher gekauften Fabrikaten zu tun hätten.

Diese Verwechslungsgefahr erachtet das Berufungsgericht auch durch den Zusatz "Nadeln von Leo Lammertz" auf den Briefchen der Beklagten nicht für ausgeschlossen für weite Kreise von Kunden, insbesondere Hausfrauen und andere kleine Kunden, die über die Verhältnisse der Firma Leo Lammertz nicht unterrichtet sind, nicht wissen, daß Leo Lammertz mit der Klägerin nichts gemein hat, oder nicht wissen, wer der Inhaber der ihnen geläufigen Marke "Pfaff" ist. Diese Kunden, so nimmt das Berufungsgericht an, werden beim Lesen der Aufschrift "zur Pfaff-Nähmaschine" leicht zu der Annahme kommen können, daß gerade der in der Aufschrift genannte Leo Lammertz in Beziehungen zu der Marke "Pfaff" stehe, daß er der Inhaber des seine Ware unter der Marke "Pfaff" vertreibenden Geschäfts sei, daß ihm die Marke zustehe und sein Name in der Aufschrift gerade zu dem Zwecke genannt sei, um Zweifel darüber auszuschließen, daß es sich um Waren der ihm zustehenden Marke "Pfaff" handle. Auch werden solche Kunden nach der Annahme des Berufungsgerichts bei der Geneigtheit der Käufer, nur oberflächlich die Aufschriften zu lesen und ihr Auge vornehmlich an einem ihnen bekannten Schlagworte haften zu lassen, leicht über den Namen Leo Lammertz hinweggleiten und wesentlich auf das für sie ausschlaggebende Wort "Pfaff" achten, so daß der Zusatz "Nadeln von Leo Lammertz" kein genügendes Unterscheidungsmerkmal bildet.

Die vorstehenden Ausführungen, welche die Verwechslungsgefahr zwischen den Briefchen der Beklagten und den ihr Warenzeichen "Pfaff" tragenden Briefchen der Klägerin begründen, werden von der Revision mit Unrecht angegriffen. Das Berufungsgericht legt ohne Rechtsirrtum die Auffassung weiter Kreise von Verbrauchern zugrunde, die nicht etwa überhaupt, sondern nur hinsichtlich der Verhältnisse der Beklagten unkundig sind, deren Aufmerksamkeit daher wesentlich durch das auf den beiderseitigen Briefchen stehende, ihnen bekannte Wort "Pfaff" angezogen wird und die deshalb auf die Unterschiede der Briefchen weniger achten.... Daß die Worte "zur Pfaff-Nähmaschine" an sich, ihrem bloßen Wortlaute nach, sich als Bestimmungsangabe darstellen und daß die Gutgläubigkeit der Beklagten unterstellt wird, steht der Annahme der Verwechslungsgefahr nicht entgegen.

2.

Auf § 13 WZG. würde sich die Beklagte gegenüber §§ 12, 20 berufen können, wenn die Worte "zur Pfaff-Nähmaschine" nur eine Angabe über die Bestimmung der in ihren Briefchen befindlichen Nadeln dahin enthielten, daß die Nadeln zur Pfaff-Nähmaschine gebraucht werden könnten. Bei Prüfung dieser Frage geht das Berufungsgericht mit Recht von dem in dem Urteile des erkennenden Senats vom 26. April 1912 II 22/12 aufgestellten Grundsatz aus, daß bei einem Wortzeichen (hier Pfaff) jede Verwendung des geschützten Wortes als warenzeichenmäßige Verwendung anzusehen ist, es sei denn, daß die Art und Weise der Ankündigung auch den unbefangenen Durchschnittsverbraucher klar und unzweideutig erkennen läßt, es handle sich um eine bloße Beschaffenheitsangabe und um eine andere Ware als die des Zeicheninhabers.

Danach ist hier die Anwendung des § 13 WZG. schon aus dem Grunde ausgeschlossen, weil nach der unter 1 erwähnten Feststellung durch das in der Aufschrift auf den Nadelbriefchen der Beklagten neben anderen Worten im Drucke besonders hervortretende Wort "Pfaff" weite Kreise von Verbrauchern, insbesondere auch frühere Kunden der Klägerin, zu der Annahme verleitet werden, es handle sich um Waren, die der Inhaber des ihnen bekannten Warenzeichens "Pfaff" vertreibe. Diesen Verbraucherkreisen erscheinen also die Worte "zur Pfaff-Nähmaschine" auf den Briefchen der Beklagten nicht als bloße Angabe über die Bestimmung der Nadeln, sondern wegen des Wortes "Pfaff" als Zeichen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschäftsbetriebe. Jene Worte sind mithin, was ihre Bedeutung für die genannten Verbraucherkreise anbelangt, warenzeichenmäßig auf den Nadelbriefchen der Beklagten verwendet.

Die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, daß gegenüber einem Wortzeichen nur solche Beschaffenheits- oder Bestimmungsangaben, die allgemein gebräuchlich oder allgemein notwendig sind, nach § 13 WZG. gerechtfertigt seien und daß tatsächlich weder das eine noch das andere hinsichtlich der Worte "zur Pfaff-Nähmaschine" auf den Nadelbriefchen der Beklagten zutreffe, sind daher überflüssig. Sie finden auch rechtlich, wie die Revision hervorhebt, in dem Gesetze keine Stütze. Zwar wird, wenn eine Wortverbindung, in der ein als Warenzeichen geschütztes Wort sich befindet, im Verkehr als Bestimmungsangabe allgemein gebräuchlich und notwendig ist, in der Regel eine Verwechslungsgefahr mit dem geschützten Wortzeichen nicht vorliegen. Umgekehrt aber ist die Verwechslungsgefahr nicht schon deshalb gegeben, weil die gewählte Wortverbindung weder allgemein gebräuchlich noch notwendig, sondern neu und zur Bezeichnung der Bestimmung weder nötig noch zweckmäßig ist. Anderseits genügt zur Anwendung des § 13 WZG. nicht, daß die Wortverbindung an sich geeignet ist, eine Bestimmungsangabe darzustellen und daß sie als solche wahr ist. Sie kann trotzdem im Verkehr für erhebliche Verbraucherkreise, wie das im vorliegenden Falle festgestellt ist, die Gefahr einer Verwechslung mit den Waren des Zeicheninhabers herbeiführen und insoweit die Bedeutung einer Verwendung des Warenzeichens haben.

Es bleibt der Beklagten unverwehrt, auf ihren Nadelbriefchen zu vermerken, daß die darin enthaltenen Nadeln sich zum Gebrauche für die Nähmaschine der Klägerin eignen. Sie darf dies aber nicht in der bisherigen Art in der besprochenen Wortverbindung tun, weil dadurch über die Bedeutung einer Bestimmungsangabe hinaus in weiten Kreisen von Verbrauchern der Anschein erweckt wird, es handle sich um von der Klägerin vertriebene Nadeln." ...