RG, 12.03.1919 - V 355/18
1. Findet § 653 BGB. Anwendung, wenn dem Mäkler ausdrücklich die Leistung eines Mäklerlohns versprochen und dabei auch dessen Höhe bestimmt worden ist? Kann der Mäkler, wenn ihm ein Mäklerlohn in bestimmter Höhe, aber nur unter einer Bedingung versprochen wurde und die Bedingung nicht eintrat, eine angemessene Provision für seine Vermittlertätigkeit verlangen?
2. Wie ist im Versäumnisverfahren gegen den Berufungsbeklagten der Inhalt eines der Berufungsrechtfertigungsschrift in Abschrift beigefügten Briefes zu beurteilen?
Tatbestand
Der Beklagte besaß früher die meisten Geschäftsanteile der Gesellschaft m. b. H. D. Papierfabrik. Zugleich war er Vertreter der übrigen Gesellschafter und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Gesellschaft. Der Kläger war Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Am 1. Mai 1917 war ihm vom Beklagten zum 1. August 1917 gekündigt worden. Durch notariellen Vertrag vom 2. August verkaufte der Beklagte seine Geschäftsanteile an einen Dritten für 800000 M, die in Raten bis zum 15. Dezember 1917 gezahlt werden sollten, seiner gegen Übernahme einer Hypothek von 100000 M durch den Käufer und weiter gegen Zuweisung des Geschäftsgewinnes der Gesellschaft im letzten Jahre.
Der Kläger verlangt Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 5000 M mit der Behauptung, der Beklagte habe sich im Juni 1917 verpflichtet, ihm für den Fall, daß durch seine Bemühungen der Verkauf der Papierfabrik zustande komme, eine Vermittlerprovision von 5000 M zu zahlen. Der Kaufvertrag vom 2. August 1917 sei durch seine Bemühungen zustandegekommen. Danach sei der Beklagte zur Zahlung der 5000 M verpflichtet. Aber auch abgesehen von dem Versprechen der 5000 M sei der Beklagte nach gesetzlicher Vorschrift zur Zahlung der Vermittlergebühr, deren Erhöhung vorbehalten werde, verbunden.
Der Beklagte bestritt, daß der Kaufvertrag durch Vermittelung des Klägers zustande gekommen sei, und machte geltend, er habe dem Kläger am 26. Juni 1917, als er sein Angebot an den Käufer gemacht habe, 5000 M nur für den Fall versprochen, daß durch den Kläger der Verkauf der Fabrik "jetzt gegen Barzahlung von 1 Million Mark" zustande komme.
Der erste Richter erkannte auf einen vom Kläger hilfsweise zugeschobenen Eid, betreffend die vom Beklagten behauptete Bedingung.
Der Kläger legte Berufung ein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgerichte war der Beklagte nicht vertreten. Der Kläger trug den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils mit den darin in Bezug genommenen Schriftsätzen, die Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen und die Berufungsrechtfertigungsschrift vom 23. September 1918 nebst den ihr als Anlagen beigefügten Abschriften zweier Briefe des Beklagten vom 19. August und 18. Dezember 1917 vor, wies die Zustellung dieses Schriftsatzes an den Beklagten nach und beantragte, Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu erlassen. Der Berufungsrichter aber wies die Berufung des Klägers zurück.
Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen:
Gründe
"Der Berufungsrichter stellt auf Grund des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme in Übereinstimmung mit dem ersten Richter fest, daß der vom Beklagten über den Verkauf seiner Geschäftsanteile an der Gesellschaft m. b. H.. D. Papierfabrik geschlossene Vertrag vom 2. August 1917 lediglich durch die Tätigkeit des Klägers als Vermittlers zustandegekommen sei. Er erklärt es aber für verfehlt, wenn der Kläger seinen Klaganspruch aus der Vorschrift des § 653 BGB. ohne Rücksicht auf das glaube herleiten zu können, was er mit dem Beklagten über seine Vergütung vereinbart habe. Unter den Parteien stehe fest, daß sie über die Vergütung für die Vermittlertätigkeit des Klägers gerade eine bestimmte Vereinbarung getroffen hätten; sie stritten nur darüber, welchen Inhalt diese Vereinbarung gehabt habe. Durch diese Vereinbarung sei aber dem Kläger die Möglichkeit genommen, für den Fall, daß eine in der Vereinbarung vorgesehene Bedingung nicht eingetreten sei, seinen Klaganspruch aus § 653 herzuleiten und lediglich auf die Behauptung zu gründen, daß seine Tätigkeit den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten gewesen sei.
Die Revision macht hiergegen geltend, die Klage sei ausdrücklich auch darauf gestützt, daß der Beklagte auch außerhalb des Vertrags lediglich mit Rücksicht auf die von ihm angenommene Vermittelung des Klägers provisionspflichtig sei, und daß die verlangte Summe weniger betrage als die angemessene Provision. § 653 Abs. 1 wolle aber nur die allgemeine Bestimmung festsetzen, daß ein Mäklerlohn immer dann zu verlangen sei, wenn nach den Umständen ein solcher zu erwarten sei. Es sei deshalb ganz gleichgültig, ob die Parteien auch über den Mäklerlohn gesprochen hätten. Entscheidend sei allein die Frage, ob nach den Umständen des Falles der Beklagte habe annehmen dürfen, daß der Kläger seine Tätigkeit nur gegen Entgelt entwickeln würde; das nehme aber der Berufungsrichter selbst an.
Es ist jedoch dem Berufungsrichter beizutreten. Ob dem Mäkler eine Vergütung für seine Vermittlertätigkeit zu leisten ist, bestimmt sich nach dem mit ihm geschlossenen Vertrage. Die Vereinbarung eines Mäklerlohns kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. In letzterer Hinsicht gibt § 653 Abs. 1. entsprechend den für den Dienst- und Werkvertrag geltenden §§ 612 Abs. 1, 632 Abs. 1, die Vorschrift, daß ein Mäklerlohn als stillschweigend vereinbart gelte, wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sei. Der erste Entwurf zum BGB. (§ 580) enthielt eine solche Vorschrift nicht. Nach den Motiven Bd. 2 S. 514 wurde angenommen, es bedürfe hinsichtlich des Betrags der Mäklergebühr, wenn diese von den Parteien nicht näher bestimmt worden sei, keiner besonderen Bestimmungen, vielmehr reichten in dieser Beziehung die allgemeinen Grundsätze aus. Die II. Kommission aber, aus deren Beschluß der § 653 Abs. 1, ebenso wie die entsprechenden §§ 612 Abs. 1, 632 Abs. 1, in das Gesetzbuch aufgenommen worden ist, erachtete die Vorschrift für nicht entbehrlich, weil andernfalls das Mißverständnis nahe liege, daß der Mäkler einen Lohn nur fordern könne, wenn ihm ein bestimmter Betrag versprochen worden sei, sowie aus der Erwägung, daß damit nicht nur der allerdings selbstverständliche Satz, ein Mäklerlohn könne auch stillschweigend versprochen werden, sondern daneben der Grundsatz ausgesprochen werde, daß derjenige, der die Dienste eines Mäklers in Anspruch nehme, zur Zahlung eines Mäklerlohns auch dann verpflichtet sei, wenn er irrig angenommen habe, es werde ein Lohn von ihm nicht gefordert werden (Protokolle Bd. 2 S. 345, 346). § 653 Abs. 1 stellt also hinsichtlich der Frage, ob dem Mäkler für die ihm übertragene Leistung eine Vergütung zu gewähren ist, eine Vermutung nach der Richtung stillschweigender Vereinbarung eines Mäklerlohns für den Fall auf, daß darüber, ob der Mäkler für seine Vermittlertätigkeit einen Mäklerlohn erhalten solle ober nicht, eine ausdrückliche Vereinbarung nicht getroffen worden ist. Ist stillschweigend vereinbart oder hat unter den Voraussetzungen des § 653 Abs. 1 als stillschweigend vereinbart zu gelten oder ist ausdrücklich vereinbart worden, daß dem Mäkler für die ihm übertragene Leistung ein Mäklerlohn zu gewähren sei, so richtet sich die Höhe des Mäklerlohnes nach dem Inhalte der Vereinbarung. Für den Fall, daß diese Höhe nicht bestimmt ist, gibt § 653 Abs. 2 die weitere Vorschrift, daß bei dem Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als vereinbart anzusehen sei. Daraus folgt, daß, wenn eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden ist, aus der sich ergibt, daß dem Mäkler für die ihm übertragene Vermittlertätigkeit ein Mäklerlohn zu leisten und daß ferner auch die Höhe des Mäklerlohnes bestimmt ist, § 653 überhaupt keine Anwendung findet. Es ist dann sowohl hinsichtlich der Höhe des Mäklerlohnes als auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mäklerlohn vom Mäkler gefordert werden kann, lediglich der Inhalt der ausdrücklichen Vereinbarung maßgebend. Vorliegend ist unstreitig, daß der Beklagte dem Kläger für den Fall, daß durch dessen Vermittelung der Kaufvertrag über die fraglichen Geschäftsanteile zustande komme, den Betrag von 5000 M zu zahlen versprochen hat. Nur darüber streiten die Parteien, ob der Beklagte bei Abgabe des Versprechens die in Rede stehende Bedingung für die Zahlung der 5000 M gesetzt hat. Wäre diese Bedingung gesetzt worden, so könnte der Kläger für das nach der Feststellung des Berufungsrichters von ihm bewirkte Zustandekommen des Kaufvertrags 5000 M, und zwar lediglich diesen Betrag, nur dann verlangen, wenn die Bedingung eingetreten wäre. Für einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Provision außerhalb des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags ist in keinem Falle Raum, insbesondere läßt sich der Klaganspruch für den Fall, daß die etwa gesetzte Bedingung nicht eingetreten ist, nicht damit rechtfertigen, daß der Kläger für seine Vermittlertätigkeit eine angemessene Provision verlangen könne. Der Berufungsrichter führt sodann aus, der Kläger habe für seine Behauptung, daß der Beklagte ihm ohne jede weitere Einschränkung erklärt habe, ihm 5000 M zu zahlen, wenn der Verkauf der Fabrik zustande kommen würde, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in erster Instanz keinen Beweis erbracht. Die durchaus glaubwürdig erscheinenden Bekundungen der Zeugin S. sprächen nur zugunsten des Beklagten, wenn sie auch zur völligen Widerlegung der Angaben des Klägers nicht ausreichten, weil sie sich nicht auf die maßgebende Unterredung der Parteien im Juni 1917, sondern auf ein Gespräch bezögen, das die Zeugin allerdings über die streitige Angelegenheit, aber erst am 2. August 1917 und allein mit dem Beklagten gehabt habe. Die Bekundungen ließen aber doch deutlich erkennen, daß der Beklagte über die streitige Angelegenheit schon damals dieselben Angaben gemacht habe wie im vorliegenden Rechtsstreite, nämlich, daß er dem Kläger die 5000 M allein unter der Bedingung versprochen habe, wenn der Verkauf zustande komme gegen bare Zahlung von 1 Million Mark bei Abschluß des Kaufvertrags. In der Berufungsinstanz habe der Kläger zwar seine Behauptung ausdrücklich wiederholt, jedoch keine weiteren Beweise dafür angetreten als den Brief des Beklagten an ihn vom 19. August 1917. Dieser in Abschrift als Anlage der Berufungsrechtfertigungsschrift mitgeteilte Brief habe zwar nach §§ 542 Abs. 2. 439 ZPO. als echt angesehen werden müssen. Jedoch bestätige er keineswegs, wie der Kläger darzulegen suche, dessen Behauptung. Vielmehr folge auch aus diesem Briefe dasselbe, was schon die Zeugin S., allerdings ohne die in dem Briefe erwähnten Einzelheiten, mitgeteilt habe: daß der Beklagte sich im August 1917 nicht für verpflichtet gehalten habe, dem Kläger für die Vermittelung des Verkaufes der Fabrik eine besondere Vergütung zu zahlen, weil der Kaufvertrag - wie er angenommen habe, infolge des Verhaltens des Klägers - nicht zu den Bedingungen abgeschlossen gewesen sei, von deren Erfüllung er die Zahlung der Vergütung abhängig gemacht haben wollte, als er sie versprochen gehabt habe. Danach habe der Kläger bisher den Beweis für seine Behauptung nicht zu erbringen vermocht.
Die Revision macht hiergegen geltend, der Kläger habe sich für seine Behauptung, der Beklagte habe die Provision nicht von der Barzahlung der Million abhängig gemacht, sondern das dem Kläger Versprochene zu Weihnachten gleichzeitig als Abschiedsgeschenk zugesichert, auf das Schreiben vom 19. August 1917 in der Berufungsinstanz neu berufen. Gemäß § 542 Abs. 2 ZPO. müsse danach angenommen werden, der Brief ergebe dies. Eine Würdigung desselben sei ausgeschlossen. Sie aber nehme der Berufungsrichter in eingehender Weise vor.
Auch dieser Angriff der Revision ist unbegründet. Nach § 542 Abs. 2 ZPO. ist, wenn der Berufungskläger gegen den im Termine zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Berufungsbeklagten das Versäumnisurteil beantragt, soweit das festgestellte Sachverhältnis nicht entgegensteht, das tatsächliche mündliche Vorbringen des Berufungsklägers für zugestanden zu erachten und in Ansehung einer zulässigerweise beantragten Beweisaufnahme anzunehmen, daß sie das in Aussicht gestellte Ergebnis gehabt habe. Das festgestellte Sachverhältnis im Sinne dieser Vorschrift ist der durch den mündlichen Vortrag des Berufungsklägers zur Kenntnis des Berufungsgerichts gebrachte Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils. Ist in diesem Tatbestand eine Behauptung als bestritten festgestellt, so hat sie auch der Berufungsrichter als bestritten zu behandeln (RGZ. Bd. 36 S. 427). Ist die bestrittene Behauptung vom Berufungskläger in erster Instanz aufgestellt worden, so kommt es darauf an, ob der Berufungskläger in der Berufungsinstanz hinsichtlich der Behauptung in zulässiger Weise eine Beweisaufnahme beantragt hat. Ist dies der Fall, so tritt die zweite Fiktion des § 542 Abs. 2 ein, wonach anzunehmen ist, daß die beantragte Beweisaufnahme das in Aussicht gestellte Ergebnis gehabt habe. Anders verhält es sich mit neuen Behauptungen, die in einem dem Berufungsbeklagten vor dem Verhandlungstermine rechtzeitig (§§ 132 Abs. 1, 335 Abs. 1 Nr. 3, 542 Abs. 1 ZPO.) zugestellten Schriftsatz aufgestellt und vom Berufungskläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind. Solche Behauptungen sind nach der ersten Fiktion des § 542 Abs. 2 als zugestanden zu erachten, da beim Mangel ihrer Bestreitung in erster Instanz das "festgestellte Sachverhältnis" nicht entgegensteht; dabei ist nicht erforderlich, daß für solche Behauptungen vom Berufungskläger in zulässiger Weise eine Beweisaufnahme beantragt ober auch nur überhaupt ein Beweis angetreten ist (vgl. RG. in Gruchot Bd. 47 S. 1179).
Vorliegend hat der Kläger und Berufungskläger in der dem Berufungsbeklagten vor dem Verhandlungstermine vom 12. Oktober 1918 am 24. September 1918, also rechtzeitig, zugestellten und in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Berufungsrechtfertigung behauptet: der Beklagte habe den notariellen Vertrag am 2. August vollzogen und dann noch am 19. August, wie sich aus der Anlage A. ergebe, dem Kläger mitgeteilt, daß er das ihm Versprochene zu Weihnachten gleichzeitig als Abschiedsgeschenk überweisen werde, die Idee, er brauche die 5000 M nicht zu bezahlen, weil nicht seine volle Forderung herausgekommen sei, sei dem Beklagten offenbar erst sehr viel später gekommen, im Schreiben vom 19. August stehe noch kein Wort davon; und ferner: der Beklagte habe mit Schreiben vom 19. August die Zahlung der versprochenen Leistung zu Weihnachten in Aussicht gestellt, ohne auch jetzt irgendeine Einschränkung zu machen. Der Revision ist zuzugeben, daß hierin Behauptungen zu erblicken sind, die vom Kläger, der in erster Instanz Derartiges nicht behauptet hatte, in der Berufungsinstanz neu aufgestellt worden sind. Zwar soll das Vorgebrachte ein Beweismoment insofern abgeben, als daraus auf die Richtigkeit der erstinstanzlichen klagebegründenden Behauptung, daß der Beklagte dem Kläger die 5000 M für den Fall des Zustandebringens des Kaufvertrags ohne jede Einschränkung versprochen habe, geschlossen werden soll. Dennoch handelt es sich um selbständige, neue tatsächliche Behauptungen. Es ist daher allerdings nicht zutreffend, wenn der Berufungsrichter die Sachlage hinsichtlich des genannten Vorbringens des Klägers von dem Gesichtspunkte beurteilen zu müssen meint, daß der Kläger für seine in der Berufungsinstanz wiederholte klagebegründende Behauptung sich auf den in Abschrift als Anlage seiner Berufungsrechtfertigungsschrift mitgeteilten Brief des Beklagten vom 19. August 1917 als neues Beweismittel bezogen habe und daß dieser Brief gemäß §§ 542 Abs. 2, 439 ZPO. als echt anzusehen sei. Tatsächlich ist auch eine gehörige Antretung eines Urkundenbeweises bezüglich des Briefes nicht erfolgt. Nach § 420 ZPO. ist die Antretung solchen Beweises, wenn es sich um eine in den Händen des Beweisführers befindliche Urkunde handelt, durch Vorlegung der Urkunde in der mündlichen Verhandlung zu bewirken. Nach dem Tatbestande des Berufungsurteils ist aber der Brief vom 19. August 1917 in der mündlichen Verhandlung in Urschrift nicht vorgelegt worden.
Jedoch ist nach der Sachlage jene unzutreffende Auffassung des Berufungsrichters seiner Entscheidung unschädlich. Der Kläger hat bei seinem vorbezeichneten Vorbringen in der Berufungsrechtfertigungsschrift, wie aus den Worten "wie sich aus der Anlage A. ergibt" entnommen werden muß, auf den Inhalt der Anlage A, d. i. der beigefügten Abschrift des Briefes vom 19. August 1917, Bezug genommen. Deshalb ist der Inhalt dieser Abschrift als Bestandteil des Vorbringens anzusehen. In tatsächlicher Hinsicht ist er sogar als der wesentliche Teil des Vorgebrachten zu erachten. Denn das als "aus der Anlage A. sich ergebend" Angeführte ist im wesentlichen nur eine Darlegung der Auffassung über die Bedeutung des durch Beifügung der Anlage und Bezugnahme auf sie mitgeteilten Briefinhalts. Es hatte daher als vom Kläger behauptet zu gelten, daß der Beklagte an ihn am 19. August 1917 einen Brief mit dem in der Anlage A. der Berufungsrechtfertigungsschrift dargestellten Inhalte geschrieben habe. Diese Behauptung, die nebst der genannten Anlage nach dem Tatbestande des Berufungsurteils auch in der mündlichen Verhandlung vom Kläger vorgetragen worden ist, war nach dem vorstehend Erörterten als neue Behauptung für zugestanden zu erachten. Danach war vom Berufungsrichter zu prüfen, ob, wenn davon ausgegangen werde, daß der Beklagte am 19. August 1917 einen Brief des fraglichen Inhalts an den Kläger geschrieben habe, daraus sich ein Schluß auf die Richtigkeit der klagebegründenden Behauptung des Klägers rechtfertige, und ob und inwieweit daraufhin und nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme der Beweis für die klagebegründende Behauptung als erbracht anzunehmen sei. So ist aber der Berufungsrichter auch in Wirklichkeit verfahren. Er durfte und mußte den vom Kläger behaupteten Briefinhalt nach der bezeichneten Richtung würdigen und hat sich dieser Würdigung auch unterzogen. ... Danach kann die von der Revision gerügte Verletzung des § 542 Abs. 2 durch den Berufungsrichter nicht für gegeben erachtet werden." ...