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RG, 17.02.1919 - VI 286/18

Daten
Fall: 
Abrechnung nach § 782 BGB
Fundstellen: 
RGZ 95, 18
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
17.02.1919
Aktenzeichen: 
VI 286/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

1. Begriff der Abrechnung nach § 782 BGB.
2. Anerkenntnis auf Grund einer Abrechnung gemäß §782 BGB. durch Entgegennahme der Abrechnung und Fortsetzung des Geschäftsverkehrs.

Tatbestand

Der Kläger erhebt gegen den Beklagten eine Forderung von 7799,20 M, die er aus mehreren dem Beklagten i. J. 1903 gegebenen Darlehen von zusammen 7500 M mit Zinsen und Zinseszinsen abzüglich der geleisteten Abzahlungen herleitet. Er verweist auf den der Klage beigefügten Rechnungsauszug, der mit der bezeichneten Summe abschließt, deren Verzinsung seit dem 1. Januar 1917 er wiederum fordert. Der Beklagte hat eine Gegenforderung erhoben, bestreitet auch die Rechtmäßigkeit der Forderung von Zinseszinsen. Das Landgericht hat den Beklagten nach dem Klagantrage verurteilt, das Oberlandesgericht dessen Berufung zurückgewiesen.

Die Revision wurde zurückgewiesen.

Aus den Gründen

"Die Bestimmung des § 248 BGB. verbietet eine Vereinbarung, daß fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen; die in Abs. 2 des Paragraphen getroffenen Ausnahmen kommen im gegenwärtigen Falle nicht in Betracht. Ebenso nicht die in § 355 HGB. gesetzte Ausnahme für das Kontokurrentverhältnis, bei welchem die Saldoschuld, auch soweit in der Rechnung Zinsen stecken, als solche von neuem zu verzinsen ist. Ein eigentliches Kontokurrentverhältnis liegt im gegebenen Falle unstreitig nicht vor; es fehlen dazu die gegenseitigen Ansprüche. Gestritten wird zwischen den Parteien darüber, ob ein gewöhnliches laufendes Rechnungsverhältnis anzuerkennen ist; hier ist eine Beiderseitigkeit von Ansprüchen nicht gefordert; wohl aber muß eine Mehrheit von Schuldposten vorhanden sein. Im vorliegenden Falle ist nach dem Klagevortrage und nach dem Tatbestande des Berufungsurteils zwar eine Mehrheit von Forderungen des Klägers aus dem Jahre 1903 ("mehrere Darlehen") die Grundlage aller weiteren Rechnungen; im weiteren Zeitverlaufe sind jedoch neue nicht hinzugekommen. Die jährlichen Rechnungsabschlüsse verzeichnen nur Abschlagszahlungen der Jahre 1904, 1905, 1906, 1909 und 1910 und die jedesmal neu berechneten Zinsen vom letzten Saldo. Ob ein solches Rechnungsverhältnis als laufende Rechnung, als sog. uneigentliches Kontokurrent bezeichnet werden kann, darf indessen dahingestellt bleiben. Eine Berechtigung der Forderung von Zinseszinsen ergibt sich aus dem laufenden Rechnungsverhältnis als solchem nicht (vgl. Warneyer 1909 Nr. 163); sie kann nur hergeleitet werden aus einem selbständigen Anerkenntnis im Sinne des § 782 BGB., das, wenn es auf Grund einer Abrechnung, also im gegebenen Falle auf Grund des jährlichen Rechnungsabschlusses abgegeben wird, der Schriftform der §§ 780, 781 BGB. nicht bedarf und auch durch schlüssige Handlungen stillschweigend erklärt werden kann. Liegt aber eine solche Abrechnung und ein daraufhin abgegebenes Anerkenntnis nach § 782 vor, dann bedarf es nicht des ferneren Erfordernisses, daß die Abrechnung in einem laufenden Rechnungsverhältnis stattgefunden habe. Die Abrechnung des § 782, die vertragsmäßigen Charakter haben muß (RGZ. Bd. 49 S. 41), bildet die Grundlage des Anerkenntnisses; dieses selbst wird noch nicht durch die bloße Entgegennahme der Abrechnung und Stillschweigen darauf, wohl aber durch Abzahlungen auf die Schlußsumme der Abrechnung und durch Fortführung des Rechnungsverhältnisses erklärt (vgl. Warneyer 1911 Nr. 76; Jur. Wochenschr. 1908 S. 31 Nr. 6). Eine Abrechnung im Sinne des § 782 ist aber in jeder unter beiderseitiger Mitwirkung getroffenen Berechnung, auch nur durch Zusammenrechnung (vgl. die letztangeführte Entscheidung), zu finden.

Demgemäß ist es nun nicht rechtsirrtümlich, wenn das Berufungsgericht in der regelmäßigen jedesmaligen Fortsetzung des Geschäftsverkehrs zwischen den Parteien auf Grund der Jahresabrechnungen das jedesmalige Anerkenntnis findet, in welchem die berechneten Saldozinsen als geschuldet bestätigt werden. Die Mitteilung des Rechnungsauszuges und das jedesmalige Stillschweigen darauf unter Verhältnissen, die gegenüber dem gleichartigen Geschäftsverkehr in der Vergangenheit den Vertragsgegner nötigten, seinen Widerspruch kundzugeben, wenn er nicht einverstanden war (vgl. RGZ. Bd. 47 S.30), stellen die Einigung der Parteien über die Abrechnung dar; das damit zugleich in derselben Weise ausgedrückte Einverständnis mit der Fortsetzung des bisherigen Geschäftsverhältnisses ergibt das Anerkenntnis der Schuldsumme und der Schuldverpflichtung des Abrechnungsergebnisses. Da nach dem durch die Eidesweigerung des Beklagten in erster Instanz festgestellten Tatbestand auch die letzte Jahresrechnung in der gleichen Weise dem Beklagten mitgeteilt und von ihm widerspruchslos angenommen worden ist, muß auch der letzte Kontoauszug als anerkannt gelten. Damit ist der Zinsenanspruch von 5 v. H. des letztanerkannten Rechnungsbetrags von 7799,20 M anerkannt. Neu aufgekommene Zinseszinsen für die Jahre 1917 und 1918 und während des Prozesses sind nicht gefordert. Der Angriff der Revision, daß jedenfalls Prozeßzinsen von den Beträgen der Vertragszinsen nicht zuzusprechen seien (§§ 291, 289 BGB.), ist daher gegenstandslos. Es handelt sich nur um die Zinsen des letztanerkannten Jahressaldo." ...