danke-sagen-unterstützen

Unveröffentlichte Gerichtsentscheidung hinzufügen: Mehr erfahren...

RG, 14.02.1919 - II 298/18

Daten
Fall: 
Kauf nach Probe
Fundstellen: 
RGZ 94, 336
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
14.02.1919
Aktenzeichen: 
II 298/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Hamburg
  • OLG Hamburg

Zum Begriff des Kaufs nach Probe.

Tatbestand

Die Klage ging auf Zahlung des Preises für gelieferte Fleischkonserven und Margarine. Die Forderung im nachträglich ermäßigten Betrage von 11076 M war an sich unstreitig; die Beklagte wollte aber mit einer Gegenforderung gleichen Betrags auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aufrechnen. Es handelte sich dabei um 302 Kisten Rindfleischkonserven, die sie im Mai 1915 zur Verwendung in Gefangenenlagern von der Klägerin gekauft hatte und die bei Öffnung der Büchsen größtenteils als verdorben und zu menschlicher Nahrung ungeeignet befunden waren. Ihrer Behauptung zufolge wäre dem Geschäft ein tadelloses Muster zugrunde gelegt worden und Haltbarkeit für 4 bis 6 Wochen zugesichert. Dagegen führte die Klägerin aus, die Beklagte habe wissentlich bombierte Ware gekauft, die schleunigst dem Verbrauche zugeführt werden mußte.

Beide Instanzen verurteilten nach dem Klagantrage. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Gründe

"Das Berufungsgericht sieht die Behauptungen der Beklagten für widerlegt an. Ein Kauf nach Probe liege nicht vor, da die bei den Vorverhandlungen vorgelegte Probe bei Abschluß des Geschäfts nicht in Bezug genommen, der Kauf vielmehr auf Grund eines Gesprächs über die voraussichtliche Haltbarkeit der Ware zustande gekommen sei, wobei jedoch die Klägerin irgendeine Gewähr nicht übernommen habe. Wie mit dem Sachverständigen N. gefolgert werden müsse, sei beiden Parteien schon nach dem auffallend niedrigen Preise von 44 Pf klar gewesen, daß entweder ein Teil der Ware nicht mehr verwendbar oder daß doch die Verwendbarkeit an schleunigen Verbrauch geknüpft war. Im Hinblick hierauf könne um so unbedenklicher festgestellt werden, daß alles, was über die Haltbarkeit hin- und hergeredet war, gegenüber den beiderseitigen Bestätigungsschreiben vom 17. und 19. Mai 1915 keine Bedeutung haben sollte. Danach habe die Beklagte ausdrücklich "ohne Garantie Ihrerseits" gekauft; nach dem Schreiben der Klägerin sei "die Ware, wie besprochen, sofort zu verbrauchen" gewesen. Offenbar habe sich die Beklagte der Hoffnung hingegeben, daß die Ware, wiewohl hinsichtlich ihrer Haltbarkeit gewisse Bedenken bestanden, noch geeignet sein werde, in den Gefangenenlagern verwendet zu werden, ohne in dieser Beziehung die Klägerin irgendwie haftbar machen zu wollen.

Diese Begründung ist rechtlich bedenkenfrei. Mit Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgerichte vor, daß es die beiden Fragen, ob die Probedose als solche gelten sollte und ob Haltbarkeit gewährleistet war, miteinander vermenge. Die Revision irrt, wenn sie meint, gerade aus dem Ausschluß der Haltbarkeitsgarantie folge mit Notwendigkeit, daß wenigstens die Probe als maßgebend betrachtet worden sei. Das Berufungsgericht hat die Feststellung des ersten Richters, die Beklagte habe wissentlich bombierte Ware gekauft, nicht wiederholt; es hat auch unentschieden gelassen, ob die Probedose selbst bombiert war. Eine Aufklärung dieser Streitpunkte erübrigte sich angesichts des auffallend niedrigen Preises und der hervorgehobenen Sätze der Bestätigungsschreiben. Es durfte daraus geschlossen werden, daß die Beklagte nach Inhalt des Vertrags ein gewagtes Geschäft eingegangen ist. Ein Kauf nach Probe im Rechtssinne, bei dem die Eigenschaften der Probe als zugesichert anzusehen sind, war damit unvereinbar; die bei den Vorbesprechungen vorgelegte Probe hatte nur den Zweck, ihr einen ungefähren Anhalt zu geben, ob sie sich auf das Wagnis einlassen sollte." ...