RG, 31.01.1919 - VII 325/18

Daten
Fall: 
Einrede der Verjährung
Fundstellen: 
RGZ 94, 312
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
31.01.1919
Aktenzeichen: 
VII 325/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Stichwörter: 
  • Landgericht Duisburg
  • Oberlandesgericht Düsseldorf

Darf durch Zwischenurteil nach § 303 ZPO. über eine Verjährungseinrede, welcher die Gegeneinrede der Arglist gegenübersteht, entschieden werden, während die Beurteilung der Gegeneinrede einer späteren Entscheidung vorbehalten bleibt?

Tatbestand

Die Klägerin hat in den Jahren 1905 bis 1907 im Auftrag der Beklagten verschiedene Bauarbeiten ausgeführt. Mit der im Jahre 1911 erhobenen Klage forderte sie unter Vorlegung eines Rechnungsauszugs den daraus ersichtlichen Saldo von 11540,34 M. Die Beklagte wendete in erster Linie ein, der Klaganspruch sei verjährt. Demgegenüber machte die Klägerin mit näherer Begründung geltend, die Verjährung sei durch Schuldanerkenntnisse der Beklagten unterbrochen, auch stehe dieser die Replik der Arglist entgegen. Das Landgericht erkannte auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 7639,36 M und auf Abweisung der Mehrforderung der Klägerin. In der von der Beklagten beschrittenen Berufungsinstanz erging ein Zwischenurteil vom 15. Februar 1917, wodurch "das Verteidigungsmittel der Beklagten, daß die eingeklagte Forderung an sich verjährt sei, für begründet erklärt" wurde. Durch Endurteil des Berufungsgerichts wurde sodann die Klägerin mit der Klage vollständig abgewiesen. Ihre Revision blieb erfolglos.

Gründe

"Der Formel des Zwischenurteils vom 12. Februar 1917 kam. wie aus dessen Begründung klar zu ersehen ist, die Bedeutung zu, daß die erhobene Verjährungseinrede, an und für sich betrachtet, nämlich in der Richtung der Zeitdauer der maßgeblichen Verjährungsfrist und ihrer etwaigen Unterbrechung durch Anerkennungen des Klaganspruchs, indes unter Absonderung der klägerischen Replik der Arglist, für welche weitere Erörterung und spätere Entscheidung vorbehalten blieb, beurteilt und für begründet erklärt wurde. Die Revision beanstandet das auf Grund des § 303 ZPO. erlassene Urteil mit der Ausführung, das Berufungsgericht habe damit über das allerdings selbständige Verteidigungsmittel einer vorgeschützten Anspruchsverjährung unzulässigerweise nur zum Teil entschieden, wegen des zur späteren Beurteilung verwiesenen Gegeneinwandes der Arglist habe für die Verjährungseinrede das im § 303 vorgeschriebene Merkmal der Entscheidungsreife nicht vorgelegen. Das Bedenken entbehrt der Berechtigung. Die Einrede der Verjährung wie auch die Gegeneinrede der Arglist waren jede für sich zur abgesonderten Betrachtung und Beurteilung geeignet. In erster Reihe stand zur Prüfung, ob vor Erhebung der Klage die gesetzlich für den eingeklagten Anspruch maßgebliche Verjährungsfrist Abgelaufen war. Bei Bejahung der Frage könnte in Anwendung des § 303 und unter Vorbehalt der Gegeneinrede die Entscheidung ergehen, daß wegen Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse der Verjährung die Einrede an sich begründet sei. Vom Ergebnis weiterer Verhandlung und Erwägung blieb dann noch abhängig, ob nach der besonderen Lage des Falles die Beklagte sich der Klägerin gegenüber wirksam auf den Eintritt der Verjährung berufen durfte. So ist der Berufungsrichter verfahren. Das Zwischenurteil weist bedenkenfrei nach, daß für den Klaganspruch die zehnjährige Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB., beginnend mit dem Schlusse des Jahres 1907, Platz greift und die Verjährungsfrist vor der Klagerhebung selbst dann schon abgelaufen war, wenn die im landgerichtlichen Urteil angezogenen Briefe der Beklagten, deren letzter vom 8. Februar 1909 datierte, Anerkennungen des später eingeklagten Anspruchs enthalten und die Verjährung unterbrochen haben sollten. Nachdem die Einrede, wie sie die Beklagte vorgebracht hatte, abgesondert von jedem weiteren Streitstoff, in Betracht gezogen war, hat das Zwischenurteil über die Einrede an sich nicht nur zum Teil, sondern erschöpfend entschieden. Damit ist das Gesetz nicht verletzt." ...