RG, 24.01.1919 - II 324/18

Daten
Fall: 
Unterschied zwischen Kauf und Einkaufskommission
Fundstellen: 
RGZ 94, 288
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
24.01.1919
Aktenzeichen: 
II 324/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG III Berlin, Kammer für Handelssachen.
  • KG Berlin

Zum Unterschied zwischen Kauf und Einkaufskommission.

Tatbestand

Der Kläger behauptete, von der Beklagten anfangs Februar 1916 1000 Sack Zucker zu 95,50 M gekauft zu haben, und forderte wegen Nichtlieferung der Ware Schadensersatz. Da die Beklagte das Geschäft nur vermittelt haben wollte, stützte er die Klage auch auf Haftung für die Erfüllung durch den Dritten.

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Gründe

"Der Berufungsrichter sieht auf Grund des zwischen den Parteien stattgehabten Schrift- und Depeschenwechsels für erwiesen an, daß nicht ein Kauf-, sondern ein Kommissionsgeschäft abgeschlossen sei und daß die Beklagte dem Kläger zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Verkäufer des Zuckers - E. in Amsterdam - namhaft gemacht habe, so daß sie auch nicht nach § 384 Abs. 3 HGB. für die Erfüllung des Geschäfts hafte. Ferner stellt der Berufungsrichter fest, daß die Beklagte das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausgeführt habe....

Mit der Revision ist in erster Linie geltend gemacht, die Annahme des Berufungsrichters, daß die Parteien ein Kommissionsgeschäft abgeschlossen hätten, beruhe auf der Auslegung der Parteikorrespondenz; sie sei nicht zwingend und einwandfrei, weil die Prüfung der Rechtsbeziehungen zwischen der Beklagten und E. fehle. Es bleibe möglich, daß ein Eigenkauf von der Beklagten mit E. vereinbart worden sei. Zum Beweise habe sich der Kläger auf die Korrespondenz zwischen der Beklagten und E. berufen. Dieser Beweis sei erheblich, aber vom Berufungsrichter zu Unrecht übergangen. Denn unstreitig habe die Beklagte keine Kommission in Rechnung gestellt, auch nicht in Rechnung stellen wollen. Behauptet sei vielmehr vom Kläger, daß die Beklagte von E. billiger eingekauft als an den Kläger verkauft habe; treffe das zu, so liege nicht Kommission, sondern Eigenkauf vor.

Die Rüge ist nicht begründet. Die Korrespondenz der Parteien schließt in der Tat die Möglichkeit aus, daß die Beklagte den Zucker von E. für eigene und nicht vielmehr für Rechnung des Klägers, also für fremde Rechnung gekauft hat. Es ist anscheinend richtig, daß sie den Zucker von E. billiger als zu 95,50 M für den Sack eingekauft hat; es ist dem Kläger auch zuzugeben, daß der kaufmännische Vermittler eines Geschäfts sich eine feste Vermittelungsprovision zu berechnen pflegt und es dem Regelfalle nicht entspricht, daß der Einkaufskommissionär dem Kommittenten an Stelle der Provision einen höheren Kaufpreis als den von ihm mit dem Dritten vereinbarten Preis in Rechnung stellt. Rechtsgrundsätzlich ist aber mit der Natur des Kommissionsgeschäfts sehr wohl auch ein Abkommen der Beteiligten vereinbar, daß derjenige, der Waren im eigenen Namen für den anderen, für dessen Rechnung, zu einem von diesem vorgeschriebenen Preis einkaufen (oder verkaufen) soll, sein Entgelt für die Geschäftsbesorgung in einem etwa von ihm erzielten billigeren Einkaufspreise (oder höheren Verkaufspreise) zu finden habe. Im vorliegenden Falle hat, wie der Berufungsrichter dargelegt hat, die Beklagte dem Kläger auf dessen Mitteilung, Zucker kaufen zu wollen, nicht etwa angeboten, ihm Zucker zu verkaufen, sondern ihm mitgeteilt, daß sie wegen des Ankaufs zu einem gewissen Preise unterhandele, und der Kläger hat darauf nicht erwidert, daß er den Zucker kaufe oder nehme, sondern die Beklagte beauftragt, das Geschäft abzuschließen. Die Beklagte hat sodann nach einer Depesche an Kläger vom 1. Februar 1916, daß das Geschäft geordnet sei, und einer solchen vom 4. Februar, daß der Kläger ein Akkreditiv eröffnen möge, dem Kläger mit Brief vom 4. Februar geschrieben "Verkäufer der 1000 Sack Zucker ist die Firma E., Amsterdam" und dabei zugleich auch noch ganz ausdrücklich bemerkt: "es gingen nunmehr durch unsere Vermittelung an Sie in Ordnung: 1000 Sack à 100 Kilo Farinzucker zur baldigen Lieferung nach Polen à M 95,50". Der Kläger hat das nicht nur stillschweigend hingenommen, sondern er hatte selbst schon nach Empfang der Depesche der Beklagten vom 1. und 4. Februar an diese mit Brief vom 7. Februar geschrieben: "aus unserer Korrespondenz resultiert, daß Sie für mich 1000 Sack Sandzucker holländischer Provenienz abgeschlossen haben", und nach Empfang des Briefes der Beklagten vom 4. Februar hat er auf diesen geantwortet: "somit kauften Sie für mich: 1000 Sack Farinzucker zur baldigen Lieferung nach Polen 5 M 95,50 ..." Die Parteien sind also vor wie nach Abschluß des Geschäfts völlig einig gewesen, daß der von der Beklagten unstreitig im eigenen Namen mit E. betätigte Kaufvertrag für Rechnung des Klägers abgeschlossen wurde (§ 384 HGB.). Da nun, wie der Kläger selbst sagt, eine anderweite Provision nicht berechnet worden ist und nicht berechnet werden sollte, es aber ausgeschlossen war, daß etwa die Beklagte das Geschäft für den Kläger ohne Entgelt besorgte (§ 354 HGB.), lag es klar zutage, daß in dem Kaufpreise von 95,50 M zugleich die Provision der Beklagten für die Geschäftsbesorgung enthalten war.

Der Kläger macht mit der Revision ferner geltend, daß auch im Rahmen des Kommissionsgeschäfts die rechtliche Beurteilung der Sache seitens des Berufungsrichters nicht einwandfrei erscheine." ...