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RG, 29.09.1904 - VI 555/03

Daten
Fall: 
Bürgschaftsurkunde
Fundstellen: 
RGZ 59, 42
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
29.09.1904
Aktenzeichen: 
VI 555/03
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Braunschweig
  • OLG Braunschweig

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Bürgschaftsurkunde, die der Gläubiger schon in Händen hat, als Urkunde über eine neu übernommene Bürgschaft im Sinne des § 766 B.G.B. dienen?

Aus den Gründen

..."Die Klägerin hat den Beklagten aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch genommen, die er nach ihrer Behauptung in der zweiten Hälfte des Januars 1902 zu M. bis zur Höhe von 3000 M für einen von ihr dem Kaufmann W. R. zu V. eröffneten Warenkredit übernommen haben soll. Sie hat die nach § 766 B.G.B. für die Verbürgung erforderliche schriftliche Form dadurch für gewahrt erachtet, daß die Parteien übereingekommen seien, ein vom Beklagten der Klägerin am 23. Juni 1901 in V. ausgestellter Bürgschaftsschein entsprechenden Inhalts, der sich noch in den Händen der Klägerin befand, solle jetzt für diese Bürgschaft Geltung haben. ...

Was die Frage anlangt, ob durch die Übereinkunft, die erwähnte Urkunde solle jetzt für diese Bürgschaft Geltung haben, die gesetzlich erforderliche Schriftlichkeit hergestellt sein würde, so ist zwar der Klägerin darin Recht zu geben, daß es gleichwertig ist, ob die Bürgschaftsurkunde bei Übernahme der Bürgschaft allererst dem Gläubiger hingegeben wird, oder ob Bezug genommen wird auf eine vom Bürgen schon früher ausgestellte Urkunde, die der Gläubiger aus irgendeinem Anlasse schon vorher in die Hände bekommen hat. Aber mit Recht hat das Berufungsgericht eine Urkunde, welche zum Zwecke der Übernahme einer anderen Bürgschaft, die inzwischen schon durch Erfüllung von seiten des Bürgen erledigt ist, ausgestellt und hingegeben worden war, überhaupt für untauglich erklärt, als Schriftform für die neu übernommene Bürgschaft zu dienen. Die hier fragliche Urkunde ist ausgestellt über eine in V. im Juni 1901 in Höhe von 3000 M übernommene Bürgschaft, aus welcher der Beklagte von der Klägerin zum vollen Betrage in Anspruch genommen worden ist, und auf deren Grund er die letzten 1500 M am 14. Januar 1902 der Klägerin gezahlt hat. Dann konnte sie nicht nachträglich gelten als Urkunde über die in der zweiten Hälfte des Januars 1902 zu M. vorgenommene Verbürgung, und daher würde es dieser Bürgschaft an der erforderlichen Schriftform fehlen, wie die beiden vorigen Gerichte mit Recht angenommen haben." ...