RG, 13.12.1917 - VI 352/17
Haftet der Unternehmer, der ein Kraftfahrzeug auf Bestellung des Eigentümers zur Reparatur in seine Werkstätte aufgenommen und damit nach Beendigung der Arbeit eine Probefahrt unternommen hat, für einen auf dieser Fahrt zugefügten Unfallschaden dem Verletzten als Halter des Fahrzeugs?
Tatbestand
Der Kläger wurde von einem Kraftwagen überfahren, der der Heeresverwaltung gehörte und in ihrem Auftrage von der beklagten Gesellschaft ausgebessert war. Der Unfall ereignete sich nach Beendigung der Ausbesserung bei einer Probefahrt; die Beklagte hatte die Fahrt unternommen, den Führer bestellt und die nötigen Materialien geliefert. Die Vorinstanzen erachteten den Schadenersatzanspruch des Klägers aus § 7 KFG. dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.
Aus den Gründen
... "In dem im wesentlichen gleichliegenden Falle Rep. VI 237/17 (oben S. 269) hat der Senat grundsätzlich ausgesprochen, daß, soweit der Werkstätteninhaber (Reparaturunternehmer) das Fahrzeug als solcher, d. h. zum Zwecke der Wiederherstellung und Erprobung in Gebrauch nimmt, dies nicht auf seine eigene Rechnung, sondern auf Rechnung des Bestellers geschehe, wie auch der bisherige Halter die Verfügung über das Fahrzeug, vorbehaltlich etwaiger Befugnisse des Werkstätteninhabers aus dem Werkvertrage, nicht verliere. Dem ist beigefügt, daß diese für den Regelfall geltende rechtliche Beurteilung nach der besonderen Gestaltung des Einzelfalls eine Änderung erleiden möge.
Eine solche besondere Gestaltung liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht, welches an sich zutreffend davon ausgeht, daß Halter eines Kraftfahrzeugs ist, wer es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, weist in der ersten Richtung namentlich darauf hin, daß die Beklagte die Probefahrt insofern im eigenen Interesse vorgenommen habe, als sie habe feststellen müssen, ob der Wagen völlig wiederhergestellt sei und sie ihre Vertragsleistung als erfüllt ansehen könne. Dies wird indes bei dem durch die Bestellung einer Reparatur begründeten Vertragsverhältnisse stets der Fall sein, auch wird dadurch nichts daran geändert, daß jene Erprobung des Fahrzeugs dem Interesse des Bestellers dient, der es wiederhergestellt sehen will, um es wieder in Gebrauch zu nehmen. Die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, daß die Eigentümerin des Wagens (die Heeresverwaltung) auf die Vornahme der Fahrt und die Art ihrer Ausführung keinen Einfluß habe ausüben können, ist, auch wenn sie tatsächlich richtig ist, nicht von entscheidender Bedeutung gegenüber der Tatsache, daß die Reparaturunternehmerin diese - im übrigen auf den Gebrauch des Fahrzeugs zur Vornahme der Reparatur beschränkte - Verfügungsgewalt seitens der Heeresverwaltung mit deren Wissen und Willen erlangt hatte. Es gilt hier der schon in der Regierungsbegründung zum Entwürfe des Kraftfahrzeuggesetzes (Reichstagsverhandl. 1907/09 Drucks. Nr. 988 S. 12) für die bloße Gebrauchsüberlassung hervorgehobene Gesichtspunkt, daß solchenfalls die Weiterhaftung des Fahrzeughalters deshalb nicht unbillig ist, weil die Verwendung des Fahrzeugs auf seinen Willen zurückgeführt werden muß. Bei dieser Sachlage kommt endlich dem Umstand, in wessen Diensten der Fahrzeugführer stand und wer die Materialien zur Fahrt beschafft hat. überhaupt keine Bedeutung zu." ...