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RG, 16.10.1917 - III 146/17

Daten
Fall: 
Feststellung der Beamteneigenschaft
Fundstellen: 
RGZ 91, 27
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
16.10.1917
Aktenzeichen: 
III 146/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Wiesbaden
  • OLG Frankfurt am Main

1. Erstreckt sich die Vorschrift des § 7 des preußischen Kommunalbeamtengesetzes vom 30. Juli 1899 auch auf Feststellungsansprüche?
2. Wird der Rechtsweg für die Klage auf Feststellung der Beamteneigenschaft dadurch eröffnet, daß diese Eigenschaft in den Gründen des Beschlusses des Bezirksausschusses verneint ist?
3. Tragweite der im Rechtsweg erfolgten Feststellung der Beamteneigenschaft.

Tatbestand

Der Kläger stand seit dem 31. Juli 1902 als Techniker im Dienste der verklagten Stadtgemeinde; zum 1. Juli 1912 wurde ihm seine Stellung gekündigt. Er erklärt diese Kündigung für unberechtigt, weil er als städtischer Beamter auf Lebenszeit angestellt sei. Das Landgericht sprach die Feststellung aus, 1. daß der Kläger als Beamter unkündbar auf Lebenszeit bei der Beklagten angestellt und die Beklagte zur Fortzahlung seines Gehalts verpflichtet ist, 2. daß der Kläger, seine Witwe und seine Hinterbliebenen von der Beklagten nach Maßgabe der für diese geltenden Ruhegehaltsordnung Ruhegehalt bzw. Witwen- und Waisengeld zu fordern haben. Auf die Berufung der Beklagten wurde die Klage auf Feststellung abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte teilweisen Erfolg.

Gründe

"Das Berufungsgericht weist die Feststellungsansprüche des Klägers ab, weil es an der nach § 7 des Kommunalbeamtengesetzes erforderlichen Vorentscheidung des Bezirksausschusses wie an den Prozeßvoraussetzungen der Feststellungsklage fehle. Der erstere dieser beiden Entscheidungsgründe trifft zu, soweit es sich um die Feststellung der Ruhegehalts- und Hinterbliebenenansprüche handelt. Hierüber ist eine Entscheidung des Bezirksausschusses bisher nicht ergangen, während es nach § 7 KBG. zweifellos einer solchen Vorentscheidung zur Eröffnung des ordentlichen Rechtswegs bedarf. Die Meinung der Revision, daß § 7 sich auf Feststellungsansprüche nicht beziehe, ist unrichtig (vgl. RGZ. Bd. 59 S. 165). Bedeutungslos für die Entscheidung zu diesem Punkte ist die an sich zutreffende Ausführung der Revision, daß die Vorschrift sich nur auf vermögensrechtliche Ansprüche der Beamten beziehe, denn Ruhegehalts- und Hinterbliebenenansprüche sind vermögensrechtliche Ansprüche. Die Revision ist daher, insoweit sie sich gegen die Abweisung dieser Ansprüche wendet, unbegründet.

Mit Unrecht nimmt dagegen das Berufungsgericht an, daß es auch hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung, daß der Kläger unkündbar auf Lebenszeit bei der Beklagten als Beamter angestellt sei, an der Vorentscheidung der Verwaltungsgerichte fehle. In dem Beschlusse des Bezirksausschusses wird der Antrag des Klägers, die Beklagte zur fortlaufenden Weiterzahlung seines Gehalts zu verurteilen - ein Antrag, den der Kläger darauf gegründet hatte, daß er lebenslänglich und unkündbar als Beamter angestellt sei - abgewiesen, weil die Beklagte berechtigt gewesen sei, dem Kläger zu kündigen. Der auf die Beschwerde des Klägers hiergegen erlassene Beschluß des Provinzialrats spricht ausdrücklich aus, daß der Kläger nicht lebenslänglich angestellt sei. Damit ist den Erfordernissen des § 7 KBG. hinsichtlich dieses Feststellungsanspruchs genügt. Daß der Kläger einen ausdrücklich auf diese Feststellung gerichteten Antrag bei den Verwaltungsgerichten stelle und daß die Zurückweisung des klägerischen Rechtsstandpunkts in der Formel des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ausgesprochen werde, ist nicht erforderlich.

Auch der zweite Entscheidungsgrund des Berufungsgerichts, daß die prozeßrechtlichen Voraussetzungen der Feststellungsklage nicht gegeben seien, trifft für den Anspruch auf Feststellung, daß der Kläger unkündbar auf Lebenszeit als Beamter angestellt sei, nicht zu. Die Tatsache, daß der Kläger in demselben Rechtsstreit auf Fortzahlung seines Gehalts geklagt hat, schließt allerdings die Klage auf Feststellung, daß die Beklagte zur Fortzahlung dieses Gehalts verpflichtet sei, aus, denn Feststellungs- und Leistungsanspruch können, soweit sie denselben Anspruch betreffen, nicht gleichzeitig nebeneinander verfolgt werden. Der Anspruch auf Feststellung aber, daß der Kläger lebenslänglich unkündbar als Beamter angestellt sei, geht über die in diesem Rechtsstreit erhobenen Leistungsansprüche erheblich hinaus. Allerdings kommt hierbei nicht in Betracht, daß die Eigenschaft eines Beamten als eines unkündbar auf Lebenszeit angestellten Beamten von Einfluß sein kann auch auf nicht vermögensrechtliche, dem öffentlichen Rechte unterliegende Verhältnisse sowie auf solche Rechtsverhältnisse, welche zwar als vermögensrechtliche angesehen werden können, wie die Steuerbegünstigungen für Beamte, welche aber gleichwohl dem ordentlichen Rechtsweg entzogen sind. Denn die im ordentlichen Rechtswege getroffene Feststellung der Beamteneigenschaft kann eine Rechtskraftwirkung nur auf solche Leistungsansprüche ausüben, welche ihrerseits im ordentlichen Rechtswege zu verfolgen sind, da der Rechtsweg für die Feststellungsklage nicht in weiterem Umfang offen steht als für die Leistungsklage. Aber auch bei dieser Beschränkung der rechtlichen Wirkung der beantragten Feststellung reicht sie weiter, als der auf Fortzahlung des Gehalts gerichtete Leistungsanspruch. Ob der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß diese Feststellung alsbald getroffen werde, bedarf nicht der Prüfung, da die Voraussetzungen bei sog. Inzidentfeststellungsklage (§ 280 ZPO.) vorliegen."...