RG, 13.04.1891 - IV 84/91

Daten
Fall: 
Zahlungsbefehl im Mahnverfahren
Fundstellen: 
RGZ 27, 404
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
13.04.1891
Aktenzeichen: 
IV 84/91
Entscheidungstyp: 
Urteil

Kann für den Zahlungsbefehl im Mahnverfahren gegen mehrere Personen, welche bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, das zuständige Gericht durch das zunächst höhere Gericht gemäß §. 36 Nr. 3 C.P.O. bestimmt werden?

Tatbestand

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichtes für den im Mahnverfahren zu erlassenden Zahlungsbefehl wegen 50 M ist vom Reichsgerichte abgelehnt worden.

Gründe

"Der §. 36 Nr. 3 C.P.O., auf welchen der Antrag gestützt ist, betrifft den Fall, daß eine Mehrheit von Personen als Streitgenossen beklagt, daß gegen dieselben also ein Rechtsstreit erhoben werden soll. Das Mahnverfahren hat wesentlich den Zweck, für unstreitige Ansprüche einen Titel zur Zwangsvollstreckung zu schaffen, bringt nicht einen Rechtsstreit hervor, macht nicht den Schuldner, an welchen der Zahlungsbefehl erlassen wird, zu einem Beklagten und begründet unter mehreren Schuldnern nicht eine Streitgenossenschaft. Das Mahnverfahren bietet daher nicht die Voraussetzungen, für welche der §. 36 Nr. 3 C.P.O. gegeben ist, und ist der Anwendung desselben entzogen. Wenn auch nach §.636 C.P.O. bei rechtzeitiger Erhebung des Widerspruches in Amtsgerichtssachen die Klage als mit Zustellung des Zahlungsbefehles erhoben angesehen wird, so giebt diese erst durch den Widerspruch hervorgehobene Wirkung nicht dem Mahnverfahren selbst den Charakter eines Rechtsstreites, und zwar umsoweniger, als nach §.637 C.P.O. in dem Falle, wenn die wegen des Anspruches zu erhebende Klage vor die Landgerichte gehört, infolge des im Mahnverfahren eingelegten Widerspruches eine neue Klage bei dem zuständigen und nicht etwa stets bei demjenigen Landgerichte, zu dessen Bezirke das den Zahlungsbefehl erlassende Amtsgericht gehört, erhoben werden muß."