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RG, 21.01.1889 - IV 277/88

Daten
Fall: 
Ausgleichungspflicht
Fundstellen: 
RGZ 23, 288
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
21.01.1889
Aktenzeichen: 
IV 277/88
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Tilsit
  • OLG Königsberg

1. Hat das Kind die von seinem in Gütergemeinschaft lebenden Eltern ihm gegebene Ausstattung beim Tode des zuerst versterbenden Parens vollständig oder zur Hälfte zur Ausgleichung zu bringen?
2. Bedarf die Anordnung durch welche bei einer Zuwendung, die an sich der Ausgleichungspflicht unterliegen würde, das bedachte Kind günstiger, als es ohne die Anordnung stehen wurde, gestellt oder durch welche ihm die Ausgleichungspflicht gänzlich erlassen werden soll, der für letztwillige Verfügungen bestehenden Form?

Gründe

"Die Parteien sind bei der Ordnung des Nachlasses des am 31. Januar 1887 zu Neuendorf verstorbenen Besitzers J. C. B. in Streit geraten. Die Kläger sind Abkömmlinge und Erben des genannten Erblassers ans dessen erster Ehe. Die beklagte Ehefrau ist ein Kind desselben aus zweiter Ehe. Die Ehe war eine gütergemeinschaftliche.

Mit der Klage wird gefordert, daß die Verpflichtung der Beklagten, bei der Erbteilung 12000 M an empfangenen Ausstattungsgeldern zur Ausgleichung zu bringen, ausgesprochen werde. Die Beklagten wollen bei der jetzt in Frage stehenden Ordnung des Nachlasses des Vaters der beklagten Ehefrau nur die eine Hälfte der 12000 M zur Ausgleichung bringen, während sie die andere Hälfte erst bei der dereinstigen Ordnung des Nachlasses der von dem Erblasser hinterlassenen Witwe sich anrechnen zu lassen sich bereit erklären. Sie behaupten, daß die 12000 M ihnen ausdrücklich zu einer Hälfte auf den Vatererbteil, zur anderen Hälfte aus dem Muttererbteil gezahlt worden seien. Sie machen aber auch weiter geltend, daß die 12000 M den Gegenstand einer Schenkung darstellen und als Schenkung in barem Gelde nach §. 328 A.2,R. II. 2 überhaupt nicht anzurechnen seien. Diese nach dem im Berufungsurteile in bezug genommenen Thatbestande des landgerichtlichen Urteiles vorgebrachte Vertheidigung haben die Beklagten im zweiten Rechtszuge durch die Behauptung ergänzt, bei der von den Eltern der beklagten Ehefrau geleisteten Zahlung sei zwischen diesen und ihnen selbst vereinbart worden, daß die eine Hälfte der geschenkten oder als Ausstattung gegebenen 12000 M bei der künftigen Auseinandersetzung und der zu bewirkenden Ausgleichung als aus dem Vermögen des Vaters, die andere Hälfte als aus dem Vermögen der Mutter gezahlt angesehen werden solle.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und das Oberlandesgericht die von den Beklagten erhobene Berufung zurückgewiesen. Das Berufungsgericht führt aus, die Annahme einer Schenkung werde durch die eigenen Angaben der Beklagten ausgeschlossen, nach welchen die beklagte Ehefrau das Geld bei ihrer Verheiratung erhalten habe und die Zahlung in Anrechnung auf die künftigen Erbteile erfolgt sei. Dieser Entscheidungsgrund ist zutreffend. Die Beklagten haben der Klage gegenüber die Behauptung, daß die 12000 M mit der Verpflichtung der Anrechnung zur einen Hälfte auf den väterlichen, zur anderen auf den mütterlichen Erbteil gezahlt worden seien, in erster Reihe und ohne Vorbehalt aufgestellt. Die fragliche Behauptung steht also nicht im Eventualitätsverhältnisse zu der Behauptung der Schenkung. Es liegt vielmehr der Versuch vor, das als Ausstattung mit der Verpflichtung zur Ausgleichung empfangene Geld unter den Gesichtspunkt einer der Ausgleichung nicht unterliegenden Schenkung zu bringen. Diesem Versuche aber haben das Landgericht und das Berufungsgericht mit Recht den Erfolg versagt. Müssen die Beklagten bei ihrer Behauptung, daß die 12000 M als Ausstattung gegeben worden seien, festgehalten werden, so ist damit die Ausgleichungspflicht nach Inhalt der §§. 303 flg. A.L.R. II. 2 von selbst gegeben und der Gesichtspunkt einer Schenkung in barem Gelde, betreffs deren eine Ausgleichungspflicht nicht besteht, ausgeschlossen. Es bleibt also nur die Frage zu entscheiden, ob die Beklagten gegenwärtig, nach dem erfolgten Tode des Vaters der beklagten Ehefrau, die ganze gegebene Ausstattung oder nur die Hälfte derselben zur Ausgleichung zu bringen haben und in Ansehung der anderen Hälfte eine Ausgleichungspflicht erst beim Tode der Mutter der beklagten Ehefrau eintritt, oder ob die Beklagten den ganzen Betrag der Ausstattung schon jetzt zur Ausgleichung zu bringen verpflichtet sind.

Die Beklagten suchen in erster Reihe geltend zu machen, daß ihr Verlangen, bei dem gegenwärtigen Erbfalle nur die eine Hälfte der Ausstattung zur Ausgleichung zu bringen, schon nach dem Gesetze begründet sei. Dieser Auffassung ist in den Vorinstanzen mit Recht die Folge versagt worden. Da zwischen dem Erblasser und der noch lebenden Ehefrau desselben Gütergemeinschaft bestanden hat, seitens der Beklagten aber die Behauptung nicht aufgestellt ist, daß die Eheleute Sondervermögen gehabt haben, und daß die Ausstattung ganz oder zum Teile aus dem Sondervermögen des einen oder des anderen der Eheleute gegeben worden sei, so muß die den Beklagten gegebene Ausstattung als der beiden Eheleuten gehörig gewesenen gütergemeinschaftlichen Vermögensmasse entnommen angesehen werden. Das gütergemeinschaftliche Vermögen aber schließt seiner rechtlichen Natur nach, solange die Ehe besteht, die Annahme einer Teilung nach Quoten in der Art, daß jedem der Eheleute die Hälfte davon gehöre, aus. Wird also die Ausstattung aus dem gemeinschaftlichen Vermögen gegeben, so hat dies, da mit der Auflösung der Ehe durch den Tod die Gütergemeinschaft aufhört und dem überlebenden Ehegatten von da ab die Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens gehört (§§. 634. 637 A.L.R. II. 1), die Wirkung, daß das gemeinschaftliche Vermögen zwar um den ganzen Betrag der gegebenen Ausstattungen geringer geworden ist, die Ausgleichung aber unter den zur Erbschaft des verstorbenen Ehegatten berufenen Abkömmlingen, welche die andere Hälfte des beim Tode des verstorbenen Ehegatten vorhandenen gemeinschaftlichen Vermögens zu teilen haben, zum vollen Betrage der zur Ausgleichung zu bringenden Zuwendungen zu erfolgen hat. Diese Auffassung, welche dahin führt, daß eine von gütergemeinschaftlichen Eheleuten gegebene Ausstattung schon bei der nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten erfolgenden Auseinandersetzung zum vollen Betrage auf den Erbteil des ausgestatteten Kindes in Anrechnung zu bringen ist, entspricht auch der herrschenden Ansicht.1

Die entgegengesetzte Ansicht ist nur vereinzelt vertreten worden.2

Die Revisionskläger haben zwar geltend zu machen gesucht, daß die vom Gesetze mit der Gewährung des Anspruches auf Ausgleichung anerkannte Anforderung der Billigkeit wohl in den Fällen, in welchen die Ausgleichung unter den Kindern nur eines Elternpaares stattfinden solle, durch eine beim Tode des zuerst verstorbenen Ehegatten eintretende vollständige Ausgleichung gewahrt sein möge, daß aber im vorliegenden Falle, in welchem die beklagte Ehefrau zu den Kindern zweiter Ehe des verstorbenen Parens der Streitteile gehöre, die Kläger aber Abkömmlinge aus erster Ehe desselben seien, die Ausgleichungsfrage nach anderen Grundsätzen zum Austrage gebracht werden müsse. Allein die Lage des gegebenen Falles ist keineswegs von der Art, daß die mit der Anforderung der Ausgleichung vom Gesetze erstrebte Gleichstellung der Kinder durch die vom Berufungsgerichte zur Anwendung gebrachten Grundsätze beeinträchtigt werden könnte. Es muß im Gegenteile bei der Lage des Falles angenommen werden, daß eine vollständige Ausgleichung der Kinder beider Ehen gegenüber der Erbschaft des jetzt verstorbenen Parens der Streitteile nur erreicht werden kann, wenn die den Kindern gegebenen Ausstattungen vollständig zur Ausgleichung gestellt werden. Denn an dem künftigen Nachlasse der überlebenden Ehefrau als der zweiten Ehefrau des gemeinschaftlichen Parens der Streitteile steht den Klägern als den Abkömmlingen erster Ehe des verstorbenen Parens ein gesetzliches Erbrecht überall nicht zu. Sie würden also, wenn ihr Ausgleichungsanspruch bei der gegenwärtigen Erbteilung nicht zu vollständiger Befriedigung gelangte, denselben später, bei der dereinstigen Teilung des Nachlasses der zweiten Ehefrau ihres jetzt verstorbenen Parens, geltend zu machen nicht mehr in der Lage sein. Der vorliegenden Klage steht daher gerade die Rücksicht auf vollständige Gleichstellung der Kinder mit der Wirkung zur Seite, daß bei der Teilung der für alle Abkömmlinge des verstorbenen Parens verbleibenden Teilungsmasse, die während der Dauer der durch den Tod des den Parteien gemeinschaftlichen Parens getrennten Ehe aus dem gütergemeinschaftlich gewesenen Vermögen an die Kinder gegebenen Ausstattungen vollständig zur Ausgleichung kommen müssen. Zu einer Beantwortung der bestrittenen Frage, ob, wenn der Nachlaß des Erstversterbenden der Eltern zur vollständigen Ausgleichung der Zuwendungen nicht ausreicht, der überschießende Betrug der Zuwendungen bei der Teilung des Nachlasses des Letztversterbenden der Eltern zur Ausgleichung zu bringen sei, nötigt der vorliegende Streitfall nicht.

Das Gesetz steht indes dem geltend gemachten Ausgleichungsanspruche nur insoweit zur Seite, als nicht abweichende wirksame Anordnungen der Eltern der Beklagten vorliegen. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daß dergleichen anderweite Anordnungen von den ausstattenden Eltern wirksam getroffen werden können. Es nimmt aber an, daß im vorliegenden Falle, in welchem von den Beklagten eine ihnen günstige, den klagenden Abkömmlingen des Erblassers nachteilige Anordnung behauptet worden sei, die Anordnung wirksam nur in der Form einer gültigen letztwilligen Verfügung, also in der Testamentsform oder in der für letztwillige Verfügungen der Eltern zu Gunsten der Kinder vorgeschriebenen Form, habe getroffen werden können. Der Annahme liegt der Gedanke zum Grunde, daß dem Erblasser zwar unbenommen gewesen sein möge, dem Kinde den Betrag der Ausstattung als Schenkung in barem Gelde zuzuwenden und solchergestalt auf §. 328 A.L.R II. 2 durch formlose, von dem Kinde angenommene Schenkung die Verpflichtung des Kindes, das Empfangene zur Ausgleichung zu bringen, auszuschließen, daß aber, wenn vom Parens die Zuwendung als Ausstattung hergegeben sei, den nicht oder in geringerem Maße ausgestatteten Kindern oder deren Abkömmlingen das gesetzliche Recht auf Ausgleichung bei der Erbteilung zustehe, sofern der Parens nicht anderweite Teilungsvorschriften in Form einer für sie verbindlichen letztwilligen Verfügung gegeben habe. Allein die Erwägung steht der vorliegenden Einrede, mit welcher die Ausgleichungspflicht, die nach dem Gesetze vorhanden sein würde, durch die behauptete, bei der Zuwendung getroffene Vereinbarung teilweise zum Nachteile der Kläger beseitigt sein soll, nicht entgegen. Es kann einem begründeten Zweifel nicht unterliegen, daß, wenn ein Parens einer Zuwendung, die an sich eine Ausgleichungspflicht des Kindes nicht begründen würde, die Auflage beifügt, daß die Zuwendung zur Ausgleichung zu bringen sei, der bei der Zuwendung geäußerte Zuwendungswille über die Ausgleichungspflicht entscheidet, auch wenn er formlos erklärt ist. Das Kind kann solchergestalt die Zuwendung nicht anders haben und behalten, als mit der Ausgleichungspflicht.3

Die entgegengesetzte Ansicht4 nach welcher in der bei der Zuwendung formlos getroffenen Vereinbarung einer Ausgleichungspflicht, die gesetzlich nicht vorhanden sein würde, eine infolge solcher Formlosigkeit unverbindliche teilweise Verzichtleistung auf die künftige Erbschaft des Parens liegen soll, wird dem Zuwendungswillen, der, wenn er überhaupt Rechtswirkungen haben soll, nur mit der Auflage der künftigen Ausgleichung bestehen kann, nicht gerecht. Derselbe Grundsatz muß aber auch im vorliegenden Falle zur Anwendung kommen, in welchem nach der Behauptung der Beklagten die Ausgleichungspflicht bei der Zuwendung bestimmt sein soll, als sie nach dem Gesetze bestimmt sein würde. Den anderen Abkömmlingen gegenüber ist eine bei der Zuwendung getroffene Vereinbarung, welche den Anspruch jener Abkömmlinge auf Ausgleichung, wie er ohne die fragliche Vereinbarung vorhanden sein würde, anderweit bestimmt und ihn zum Nachteile gewisser Abkömmlinge teilweise ausschließt, nicht unter den Begriff einer letztwilligen Verfügung zu bringen. Eine solche bei der Zuwendung selbst getroffene Vereinbarung muß vielmehr als eine unter Lebenden getroffene Verfügung über das Vermögen angesehen werden, die zwar die künftige Teilung des Nachlasses zu beeinflussen geeignet ist, aber nicht in wesentlich anderer Weise, als andere unter Lebenden getroffene Verfügungen eines Erblassers, welche darum, weil sie die Vermögenslage ändern und damit die dereinstige Erbteilung beeinflussen, nicht die Bedeutung letztwilliger Verfügungen haben. Den Klägern kann hiernach die Befugnis, den vom Erblasser bei der Zuwendung selbst nach der Behauptung der Beklagten kundgegebenen Zuwendungswillen wegen formloser Äußerung nicht zu voller Rechtswirkung kommen zu lassen, nicht eingeräumt werden. Eine Befugnis der Kinder, dem Zuwendungswillen zu widersprechen, findet zwar in dem durch §. 338 A.L.R. II. 2 vorgesehenen Falle statt, in welchem bei einer der Ausgleichungspflicht unterliegenden Zuwendung der Wert allzu niedrig bestimmt ist, sodaß er hinter dem wahren Werte um mehr als die Hälfte zurückbleibt. In diesem Falle wird den übrigen Kindern die Befugnis gegeben, Erhöhung des zur Ausgleichung zu stellenden Betrages der Zuwendung bis zur Hälfte des Wertes zu fordern. Allein es handelt sich hier um eine Ausnahmebestimmung, aus welcher für die rechtliche Natur einer über die Ausgleichungspflicht bei der Zuwendung selbst getroffenen Vereinbarung ein Schluß nicht gezogen werden kann.5

Die vorstehenden Erwägungen machen die Aufhebung des Berufungserkenntnisses wegen unrichtiger Beurteilung der auf die mehrerwähnte Vereinbarung gegründeten Einrede nothwendig".

  • 1. Vgl. Entsch. des Obertrib. Bd. 74 S. 60 flg.; die in Gruchot, Beiträge Bd. 3 S. 225 flg. und Bd. 13 S. 421 flg., sowie in Hinschius, Zeitschrift Bd. 2 S. 338 flg. abgedruckten Aufsätze; ferner Dernburg, Privatrecht Bd. 3 §. 242 a. E.; Förster- Eccius, Theorie und Praxis Bd. 4 §. 274.
  • 2. Vgl. die in Hinschius, Zeitschrift Bd. 2 S. 349 abgedruckte Verfügung des vorm. Appellationsgerichtes Posen vom 21. März 1866.
  • 3. Vgl. Witte, Erbrecht S. 240 flg.; Förster-Eccius, Bd. 4 §. 274; Dernburg, Privatrecht Bd. 3 5. 243 Nr. 3.
  • 4. vgl. Bornemann System Bd. 6 S. 174.
  • 5. Nach denselben Grundsätzen hat der IV. Civilsenat des Reichsgerichts in dem Urteile vom 11. April 1889 (Rep. IV. 21/89) einen Fall entschieden, in welchem behauptet war, der Vater der Streitteile hätte bei einer Zuwendung, deren Gegenstand ein Kapital bildete, mündlich angeordnet, daß eine Ausgleichungspflicht für das bedachte Kind überhaupt nicht bestehen sollte.Aus den Gründen:

    "Von ähnlichen Grundsätzen ist das Reichsgericht in dem Urteile vom 21. Januar 1889 (B. w. B. u. Gen. Rep. IV. 277/88) ausgegangen. Beide Fälle unterschieden sich zwar insofern voneinander, als in dem früher entschiedenen Falle die Zuwendung mit der Abrede der Anrechnung zur Hälfte beim Tode des zuerst verstorbenen Parens, zur anderen Hälfte beim Tode des überlebenden erfolgt sein sollte, während im vorliegenden Falle die vollständige Ausschließung der Ausgleichung in Frage steht. Sie weichen ferner insofern voneinander ab, als in dem früheren Falle die Zuwendung in der Zahlung baren Geldes bestand und eine Schenkung in barem Gelde regelmäßig nicht zur Ausgleichung gebracht zu werden braucht, während im vorliegenden Falle Gegenstand der Zuwendung ein Kapital ist und die Schenkung einer aussstehenden Forderung, auch wenn die Zuwendung nicht die Bestimmung der Ausstattung hat, regelmäßig zur Ausgleichung zu bringen ist. Allein diese Verschiedenheiten nötigen nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Der bei der Zuwendung selbst erklärte Wille des Zuwendenden würde auch im vorliegenden Falle trotz der Formlosigkeit der behaupteten Erklärung über die Frage der Anrechnung zu entscheiden haben. Eine Ausnahme betreffs der rechtlichen Wirksamkeit des bei der Zuwendung erklärten Willens des Erblassers bildet der besondere Fall einer bei der Zuwendung erklärten Wertsbestimmung nach §. 338 A.L.R. II. 1. In dem Falle einer seitens des Erblassers erfolgten, hinter dem wahren Werte der zugewendeten Sache, wenn dieselbe in einem Grundstücke oder in einer Gerechtigkeit besteht, um mehr als die Hälfte zurückbleibenden Wertbestimmung haben nämlich die übrigen Kinder die Befugnis, zu verlangen, daß die Hälfte des wahren Wertes von dem ausgestatteten Kinde zur Ausgleichung gebracht werde. Allein aus dieser Ausnahmebestimmung läßt sich für die Entscheidung des vorliegenden Falles nichts herleiten. Die rechtliche Möglichkeit einer vollständigen Ausschließung der Ausgleichungspflicht besteht unbeschadet der bei einer allzu niedrigen Wertsbestimmung nach § 338 a. a. O. den übrigen Kindern gegebenen Befugnis der Erhöhung des bestimmten Wertes bis zur Hälfte des wahren Wertes. Der § 338 hat also für die Frage, ob für eine bei der Zuwendung selbst erklärte Ausschließung der Ausgleichungsverpflichtung eine besondere Form erforderlich ist oder ob jene Ausschließung formlos wirksam erklärt werden kann, keine Bedeutung.

    Muß aber die Frage, wie angegeben, beantwortet werden, so erweist sich die Revision als begründet. Behauptet worden ist von der Beklagten, sie habe das Instrument über das Kapital von 9000 M von ihrem Vater im August 1879 mit den Worten erhalten, daß sie sich dies Geschenk nicht auf ihr künftiges Vatererbe anrechnen zu lassen brauche. Mit dieser Behauptung ist der Stoff einer begründeten Einrede gegeben. In der Abtretungsurkunde wird die Zuwendung als väterliche Mitgabe bezeichnet. Diese Bezeichnung in Verbindung mit der bei Hingabe des auf den Namen der Beklagten geschriebenen Instrumentes nach der Behauptung der Beklagten vom Erblasser abgegebenen Erklärung erscheint geeignet, zu dem Schlusse zu führen, daß das Kapital von 9000 M der Beklagten als Mitgabe oder Ausstattung übertragen worden sei, aber mit Ausschließung der Verpflichtung der Beklagten, das Kapital bei der Erbteilung zur Ausgleichung zu bringen."