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RG, 28.11.1884 - III 102/84

Daten
Fall: 
Abtrennung einer Reallastberechtigung vom Grundstück
Fundstellen: 
RGZ 12, 201
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
28.11.1884
Aktenzeichen: 
III 102/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Oldenburg
  • OLG Oldenburg

Kann eine einem Grundstücke zustehende Reallastberechtigung von diesem Grundstücke abgetrennt und auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen werden?

Tatbestand

Der Bauerhof des Beklagten war an das adlige Gut M. bemeiert gewesen und aus diesem inzwischen aufgehobenen Meierverbande noch verpflichtet, an dasselbe alljährlich gewisse Naturalabgaben und bei jedem Wechsel des Hofsbesitzers eine gewisse Geldabgabe zu entrichten. Der frühere Eigentümer des Gutes, Graf Fr. v. M., verkaufte und veräußerte im Jahre 1833 die meisten Gutsländereien und im Jahre 1852 auch den Rest des Gutes mit dem Gutshause, behielt sich aber bei beiden Veräußerungen in den Verkaufsbedingungen das Recht auf den Bezug sämtlicher, an das Gut zu entrichtender Abgaben und Gefälle für seine Person und seine Familie vor. Nach seinem Tode klagten seine Erben die seit der letzten Veräußerung fällig gewordenen und nicht mehr entrichteten Abgaben gegen den Hofsbesitzer ein. Letzterer schützte gegen die Klage die Einrede des Mangels der Aktivlegitimation vor. In den beiden Vorinstanzen nach dem Klagantrage verurteilt, legte er Revision ein. Dieselbe wurde für begründet erachtet und die Klage abgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

... "Es handelt sich um eine Reallastberechtigung, welche vermöge des ihr unterliegenden gutsherrlichen Verhältnisses an das Gut als Realrecht geknüpft war, und es ist sonach über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob eine als Realrecht bestehende Reallastberechtigung durch den Eigentümer des berechtigten Grundstückes einseitig von dem letzteren abgetrennt und auf ein anderes Rechtssubjekt, insbesondere eine Person, übertragen werden kann. Diese Frage muß mit Friedlieb, Reallasten, S. 342; Wächter, Württ. Privatrecht Bd. 2 §§. 50 u. 18; Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. 1 §. 305 a. E.; Stobbe, Deutsch. Privatrecht Bd. 2 §. 103 Nr. 2; Gerber, Deutsch. Privatrecht §. 170 a. E. verneint werden.

Das Wesen eines Realrechtes besteht in der Verknüpfung der Berechtigung mit einem bestimmten Grundstücke, und ein Realrecht kann daher nur fortbestehen als Recht desjenigen Grundstückes, welchem es durch seine Entstehung angehört. Folglich ist die Übertragung eines Realrechtes auf ein anderes Rechtssubjekt - nicht bloß auf eine Person, sondern auch auf ein anderes Grundstück - unter Erhaltung der Identität des Rechtes überhaupt unausführbar; sie ist nur in dem Sinne und in der Weise rechtlich möglich, daß unter Aufhebung des bisherigen Realrechtes zugleich zum Ersatze desselben eine andere, auf dieselbe Leistung sich richtende, personelle oder reale, Reallastberechtigung neu konstituiert wird. Deshalb kann aber eine solche Rechtsumwandlung nicht durch eine einseitige Verfügung des Eigentümers des berechtigten Grundstückes, sondern nur nach Maßgabe der über die Begründung und Aufhebung von Reallasten geltenden Grundsätze bewerkstelligt werden.

Dieser Auffassung steht die von der Vorinstanz angeführte, in Seuffert, Archiv Bd. 35 Nr. 302 mitgeteilte Entscheidung des Reichsgerichtes nicht entgegen. In dem dortigen Falle handelte es sich um das einem adligen Gute gegen früher gutsangehörige Besitzungen zuständige Recht auf Unterhaltung der Gutswege; als von dem Gute eine Hofstelle abgetrennt und veräußert wurde, wurde derselben auch dies Realrecht, soweit es die dem Hofe zugelegten Wege betraf, übertragen. Diese dort gebilligte Übertragung muß auch dem obigen nach als rechtlich statthaft erscheinen, weil das Realrecht seinem Inhalte nach als nicht sowohl mit dem ganzen Gute, sondern nur mit dem Areal der Wege verknüpft zu betrachten und somit bei der Übertragung des Rechtes an den dies Areal befassenden Hof das Subjekt des Rechtes unverändert geblieben war.

Im vorliegenden Falle wollen die Kläger ihre Aktivlegitimation daraus herleiten, daß ihr Erblasser bei der Veräußerung des realberechtigten Gutes den Anspruch auf die fraglichen Gefälle sich für seine Person und seine Familie vorbehalten hat. Da dieser einseitige Vorbehalt eine Übertragung des Rechtes von dem Gute auf die Person des klägerischen Erblassers nicht zu bewirken vermochte, so ist die erhobene Klage wegen Mangels der Aktivlegitimation abzuweisen."