RG, 25.11.1884 - III 156/84
1. Rechtliche Bedeutung und Wirkung der Abtretung des Vorranges einer Hypothek an einen nachstehenden Hypothekengläubiger.
2. Wird die Anfechtung einer Rechtshandlung des Schuldners dadurch ausgeschlossen, daß der anfechtende Gläubiger die Nichtbefriedigung wegen seiner Forderung dadurch herbeigeführt hat, daß er einem nachstehenden Hypothekengläubiger den Vorrang vor seiner Hypothek eingeräumt hat?
Tatbestand
Der Ehemann der Beklagten, Kommissionsrat R. zu Hannover, kaufte am 26. September 1876 von dem Maurermeister N. das in Hannover an der Königstraße unter Nr. 3 belegene Bürgerwesen und bestellte dem Verkäufer N. daran eine Hypothek im Betrage von 91500 M, welche unter laufender Nr. 3 im Hypothekenbuche eingetragen wurde, der Gothaer Kreditbank eine Hypothek von 90000 M (Nr. 4). Laut Schuldurkunde vom 14. März 1881 erhielt R. von der Süddeutschen Bodenkreditbank ein Darlehn von 80000 M, bestellte dafür Hypothek an dem gedachten Grundstücke und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Der Maurermeister N. und die Gothaer Kreditbank räumten am 14. März 1881 dieser neuen Hypothek den Vorrang vor ihren Hypotheken ein; diese Prioritätscession wurde im Hypothekenbuche eingetragen. Die Süddeutsche Bodenkreditbank cedierte darauf von ihrer Forderung den Betrag von 20000 M nebst allen hypothekarischen und sonstigen Rechten dem Kläger. Da R. mit den am 31. Dezember 1881 fällig gewesenen und allen später fällig gewordenen Zinsen in Rückstand blieb, so stand dem Kläger seit dem 1. April 1882 eine vollstreckbare Forderung von 20000 M gegen R. zu.
Nach dem Erwerbe des Bürgerwesens Nr. 3 zweigte R. im Jahre 1876 einen Teil der Grundfläche durch Einfriedigungen und verschiedene Baulichkeiten thatsächlich ab und bildete daraus den Eingang zu seinem "Tivoli" benannten Vergnügungslokale; die Abschreibung im Hypothekenbuche erfolgte jedoch erst am 20. Februar 1882. In Anlaß dieser Vorgänge herrscht unter den Parteien Streit darüber, ob die für die Süddeutsche Bodenkreditbank bestellte Hypothek diesen Teil des Grundstückes mit umfaßt oder nicht. Am 3. Februar 1882 schloß R. mit seiner Ehefrau einen Vertrag, wonach er derselben das Tivoli, mit dem vorgedachten Teile des Grundstückes Nr. 3, gegen Übernahme der auf demselben ruhenden Schulden im Betrage von 460000 M verkaufte und zu Eigentum übertrug. R. ist dann unter Zurücklassung bedeutender Schulden flüchtig geworden. Im Frühjahre 1882 wurde das Bürgerwesen Nr. 3, jedoch mit Ausschluß des vorerwähnten Teiles, welcher zum Tivoli gelegt und im Hypothekenbuche abgeschrieben war, im Wege der Zwangsvollstreckung zur Subhastation gebracht. Der Maurermeister N. erwarb das Grundstück für das Meistgebot von 83000 M. Von dem Kaufpreise erhielt nach Befriedigung der Stadtkämmerei und der Steuerkasse die Süddeutsche Bodenkreditbank den Betrag ihrer Forderung nebst Zinsen. Aus dem Reste würde der Kläger bis auf den Betrag von 268 M befriedigt worden sein, wenn er nicht seinem Schwiegervater, dem Maurermeister N., für die von diesem angemeldete, in der Priorität nachstehende, jedoch unmittelbar auf die klägerische Hypothek folgende Forderung im Betrage von 55000 M den Vorrang eingeräumt hätte. Infolge dieser Prioritätscession fiel der Kläger bei der Verteilung der Kaufgelder völlig aus. Mit der Behauptung, daß ihm auch der vorgebuchte, jetzt im Besitze der Beklagten befindliche Teil des Grundstückes Nr. 3 der Königstraße verpfändet sei, hat Kläger prinzipaliter die Pfandklage erhoben, eventuell hat derselbe den zwischen der Beklagten und ihrem Ehemanne abgeschlossenen Kaufvertrag auf Grund der Bestimmungen in §. 2 und §. 3 Ziff. 2 des Reichsgesetzes vom 21. Juli 1879 angefochten.
Das Landgericht hat die Beklagte nach dem eventuellen Klagantrage verurteilt, das bezeichnete Grundstück als zum Vermögen ihres Mannes gehörig zurückzugewähren, damit sich der Kläger daraus wegen des eingeklagten Teiles seiner Forderung befriedige. Auf Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht beide Klagen abgewiesen, indem es davon ausgeht, daß durch die in dem Subhastationsverfahren infolge der Prioritätscession vonseiten des Klägers an Maurermeister N. erfolgte Zahlung die Forderung des Klägers in Höhe dieser Zahlung getilgt und das dafür bestellte Pfandrecht erloschen sei.
Auf die dagegen vom Kläger eingelegte Revision ist das Urteil des Oberlandesgerichtes aufgehoben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung in die Vorinstanz zurückverwiesen, aus folgenden Gründen:
Gründe
"Das Landgericht hat die prinzipaliter vom Kläger erhobene Pfandklage für begründet erkannt, jedoch von der Aufnahme des Beweises, ob dem Kläger an dem in Rede stehenden Grundstücke eine Hypothek bestellt sei, sowie von einer Prüfung und Entscheidung über die dieser Klage seitens der Beklagten entgegengesetzten Einreden Abstand genommen, weil es die eventuelle auf die §§. 2 und 3 Nr. 2 des Gesetzes vom 21. Juli 1879, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, gestützte Klage für begründet und liquide erachtet, und weil diese Klage ebensoweit reiche, wie die Prinzipale.
Das Berufungsgericht hat zwar die Annahme, daß die beiden Klagen durch die vom Kläger angeführten Thatsachen an sich begründet seien, gebilligt, hat jedoch beide Klagen, insoweit die erhobenen Ansprüche den Betrag von 268 M übersteigen, mit Rücksicht darauf abgewiesen, daß der Kläger in dem im Frühjahre 1882 stattgehabten Subhastationsverfahren über das Bürgerwesen Nr. 3 der Königstraße zu Hannover der nachstehenden Hypothek des Maurermeisters N. den Vorrang vor der ihm an diesem Grundstücke zustehenden Hypothek eingeräumt hat. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die in dem Subhastationsverfahren erfolgte Auszahlung eines Teiles der Kaufgelder an N. als eine auf die Forderung des Klägers geschehene Zahlung zu betrachten, daß damit in Höhe dieser Zahlung diese Forderung des Klägers getilgt, und eine für dieselbe etwa noch an einem anderen Grundstücke bestellte Hypothek erloschen, daß daher, da feststehe, daß der Kläger mit seiner Forderung bis auf den Betrag von 268 M in dem Subhastationsverfahren befriedigt sein würde, wenn die nach Befriedigung der vorgehenden Pfandgläubiger übrig gebliebenen Gelder an ihn und nicht infolge seiner Prioritätscession an N. gezahlt worden wären, der gegenwärtig klagend verfolgte Anspruch bis auf den Betrag von 268 M unbegründet sei. Das Berufungsgericht geht bei Begründung dieser Entscheidung zunächst davon aus, Unter Bezugnahme auf Windscheid, Pandekten Bd. 1 §. 247 Anm. 1; Dernburg, Pfandrecht Bd. 2 S. 475 flg.; Paris, Die Lehre von der Prioritätsabtretung S. 63 flg.
daß nach den Grundsätzen des römischen Rechtes der Rang eines Pfandrechtes nicht als ein selbständiges Recht des Gläubigers neben dem Pfandrechte, sondern nur als eine Eigenschaft des Pfandrechtes anzusehen, danach untrennbar mit demselben verbunden sei, daß es daher unmöglich sei, den Rang eines Pfandrechtes von demselben abzulösen und ihn auf ein anderes zu übertragen, gleichviel ob die Pfandrechte unmittelbar aufeinander folgen oder durch dazwischen stehende Pfandrechte getrennt sind. Es führt weiter aus, daß an diesem Rechtszustande auch in der Kaiserzeit, insbesondere durch die Bestimmung in I. 21 Cod. ad Sct. Vell. 4, 29 und ebensowenig durch die neueren Hypothekengesetze, insbesondere das hannoversche Hypothekengesetz vom 14. Dezember 1864 etwas geändert sei, indem zwar durch §. 26 dieses Gesetzes die vonseiten eines Gläubigers erfolgte Abtretung des Ranges seiner Hypothek an einen nachstehenden Pfandgläubiger für zulässig erklärt, jedoch darüber, welche Wirkungen diese Abtretung habe, nichts bestimmt sei, in dieser Beziehung vielmehr nach wie vor die gemeinrechtlichen Grundsätze maßgebend seien. Indem sodann das Berufungsgericht hervorhebt, daß nach diesen gemeinrechtlichen Grundsätzen die in einer Prioritätscession enthaltene Erklärung streng genommen auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet sei, daß jedoch nach der Rechtsentwickelung und nach der Vorschrift des §. 26 a. a. O. eine solche Cession als ein an sich zulässiges Rechtsgeschäft angesehen werden müsse führt es aus, daß derselben dingliche Wirkung nicht beigemessen werden könne, sondern daß durch dieselbe nur eine rein persönliche Verbindlichkeit des Prioritätscedenten des Inhaltes geschaffen werde, daß er dem Prioritätscessionar diejenigen Vorteile gewähre, welche ihm durch die bevorzugte Stelle seines Pfandrechtes verschafft werden, durch welche aber der rechtliche Bestand der betreffenden Pfandrechte selbst in keiner Weise berührt werde. Da nun der Anspruch der Pfandgläubiger auf den ihnen nach ihrer Rangordnung gebührenden Teil des Erlöses des verkauften Grundstückes im Subhastationsverfahren ein Ausfluß ihrer Pfandrechte am Subhastationsobjekte sei und ihnen kraft derselben zustehe, so habe auch der Kläger, ungeachtet der dazwischen getretenen Prioritätscession, seinen hypothekarischen Anspruch auf den nach Befriedigung der ihm vorgehenden Pfandgläubiger verbliebenen Rest der Kaufgelder nicht verloren, vielmehr realisiert. Ebensowenig wie der Prioritätscessionar N. an der Hypothek des Klägers selbst oder an dem Range derselben ein Recht erlangt habe, ebensowenig habe ihm ein Anspruch auf den jener Hypothek des Klägers zukommenden Teil der Kaufgelder zugestanden, diesen hypothekarischen Anspruch habe vielmehr allein der Kläger gehabt, welcher nur obligatorisch in der Disposition über die Kaufgelder beschränkt gewesen sei. Der Kläger allein sei dem Subhastationsrichter gegenüber zur Empfangnahme der Zahlung jenes Teiles der Kaufgelder legitimiert gewesen, und sei seinerseits, um seiner persönlichen Verbindlichkeit gegen N. gerecht zu werden, verpflichtet gewesen, das erhaltene Geld an diesen herauszugeben. Die vom Kläger gestattete Auszahlung des Subhastationserlöses an N. sei daher rechtlich als eine Zahlung an den Kläger aufzufassen, durch welche bis zum Betrage dieser Zahlung seine Forderung und damit auch ein ihm etwa noch sonst für diese zustehendes Pfandrecht erloschen seien. Bezugnahme auf Paris a. a. O. E. 46 flg. Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 6 G. 308 flg.
Das Berufungsgericht bezeichnet die Ansicht, daß, sofern infolge einer Prioritätscession dem Prioritätscessionar die Hebung des dem Prioritätscedenten zukommenden Teiles des Subhastationserlöses in Höhe seiner Forderung gestattet werde, jener diese Hebung auf Grund seines eigenen Pfandrechtes, welches nun von dem Pfandrechte des Cedenten nicht mehr beschränkt sei, ausführe, Exner in Grünhut's Zeitschrift Bd. 7 S. 315 flg.; Förster-Eccius, Preuß. Privatrecht Bd. 3 S. 500 flg.
für unhaltbar, und zwar sowohl für den Fall, wenn die betreffenden Hypotheken des Cedenten und Cessionars durch andere dazwischen stehende Hypotheken getrennt sind, als auch wenn sie unmittelbar aufeinander folgen, denn der Gläubiger habe in dem Subhastationsverfahren nur die Wahl entweder gänzlich auf die Geltendmachung seiner Hypothek zu verzichten, oder sein Pfandrecht vollständig auszuüben, sei aber nicht befugt, die Geltendmachung seines Pfandrechtes auf bestimmte Hypothekengläubiger zu beschränken, weil die Ausübung des aus dem hypothekarischen Rechte hervorgehenden Anspruches auf den der Rangordnung der Pfandrechte entsprechenden Teil des Subhastationserlöses nicht sowohl den konkurrierenden Gläubigern, als vielmehr dem Eigentümer des Pfandobjektes gegenüber erfolge, diesem gegenüber aber eine Ausübung des Pfandrechtes nur in der Gestalt, wie es dem Gläubiger zustehe, möglich sei. Die Erklärung des Pfandgläubigers bei der Ausübung seines Pfandrechtes, dasselbe solle bestimmten nachstehenden Gläubigern gegenüber als nicht ausgeübt gelten, modifiziere dem Eigentümer des Pfandobjektes gegenüber die erfolgte Ausübung des Pfandrechtes in keiner Weise, dieselbe sei im wesentlichen nichts als ein Verzicht auf den Rang des Pfandrechtes zu Gunsten der betreffenden Gläubiger und habe nur obligatorische Wirkung zwischen den Hypothekengläubigern. Bezugnahme auf Strohal, Die Prioritätsabtretung S. 12 flg. 20 flg.; Paris a. a. O. S. 78, 106 flg.
Diese Ausführungen und die auf Grund derselben getroffene Entscheidung können nicht für zutreffend erachtet werden, beruhen vielmehr auf einer unrichtigen Auffassung der Bedeutung und Wirkung der Abtretung des Vorranges der Hypothek an einen nachstehenden Pfandgläubiger in einem Falle, wie dem vorliegenden, wo die Hypotheken des Prioritätscedenten und des Prioritätscessionars unmittelbar aufeinander folgen.
Da der Berufungsrichter festgestellt hat, daß durch das hannoversche Hypothekengesetz vom 14. Dezember 1864 Bestimmungen über die rechtlichen Wirkungen der Abtretung des Ranges einer Hypothek an einen nachstehenden Hypothekengläubiger nicht getroffen seien, und da der hiergegen von dem Revisionskläger erhobene Angriff der Verletzung der Grundsätze über die Auslegung der Gesetze unbegründet ist, so ist die Frage, welche Bedeutung dem Umstande beizulegen sei, daß der Kläger bei dem stattgehabten Subhastationsverfahren dem nachstehenden, jedoch unmittelbar auf ihn folgenden Pfandgläubiger N. den Vorrang seiner Hypothek abgetreten und dadurch die Befriedigung wegen seiner Forderung in diesem Subhastationsverfahren nicht erlangt hat, nach den Grundsätzen des gemeinen Rechtes zu beurteilen. Nach diesen ist aber die Forderung des Klägers und folgeweise auch das für dieselbe seiner Behauptung zufolge an dem im Besitze der Beklagten befindlichen, in der Klage näher bezeichneten Grundstücke bestellte Pfandrecht durch die an N. erfolgte Zahlung nicht getilgt und erloschen, sondern noch als fortbestehend zu erachten.
Die die Grundlage der Ausführungen des Berufungsgerichtes bildenden Sätze, daß der einem Pfandrechte zustehende Rang eine untrennbar mit demselben verbundene Eigenschaft des Pfandrechtes bilde, welcher ohne das Pfandrecht, dem er zustehe, nicht erworben werden könne, und daß der Gläubiger im Subhastationsverfahren nur die Wahl habe, entweder gänzlich auf die Geltendmachung seines Pfandrechtes zu verzichten oder sein Pfandrecht vollständig auszuüben, daß er aber nicht die Geltendmachung desselben auf bestimmte Hypothekengläubiger beschränken könne, können für zutreffend und im gemeinen Rechte bestehend nicht anerkannt werden. Sie finden weder ihre Begründung in den Quellen, noch folgen sie aus der Natur des Pfandrechtes, stehen aber nicht in Einklang mit allgemeinen Rechtsnormen. Aus der Natur des Pfandrechtes als eines accessorischen Rechtes folgt zwar, daß eine Hypothek nicht losgelöst von dem Forderungsrechte, für welches sie bestellt ist, übertragen werden kann, nicht aber auch, daß auf das Recht eines Hypothekengläubigers, im Falle der Kollision mit anderen Hypothekengläubigern vor diesen Befriedigung aus dem Erlöse des Pfandes zu verlangen, nicht zu Gunsten eines nachstehenden Hypothekengläubigers verzichtet werden könne. Der Vorrang, welcher einer Hypothek im Kollisionsfalle vor anderen auf demselben Pfandobjekte ruhenden Hypotheken zusteht, welche sämtlich das Pfandobjekt an sich in gleichem Maße und im ganzen ergreifen, bestimmt sich nach Eigenschaften des Pfandrechtes, mögen diese beruhen auf Privilegien, auf dem Alter oder auf der Bestellung des Pfandrechtes in einer öffentlichen Urkunde. Bilden diese Eigenschaften des Pfandrechtes auch die Voraussetzungen für das Vorrecht der Hypothek, so wird doch damit dieses letztere nicht selbst zu einer unzertrennlichen Eigenschaft des Pfandrechtes. Auf den Vorrang eines Pfandrechtes kann vielmehr, wie auf jedes andere Vorzugsrecht verzichtet werden. Kommt das Pfandobjekt zur Subhastation, so kann im Subhastationsverfahren der Pfandgläubiger nicht bloß völlig auf die Geltendmachung seines Pfandrechtes verzichten, sondern er kann auch, ohne sein Pfandrecht aufzugeben, nur auf die Geltendmachung des Vorranges zu Gunsten ihm nachstehender Hypothekengläubiger verzichten, und es hängt lediglich von ihm ab, wieweit er mit dem ihm zustehenden bevorzugten Pfandrechte hinter ihm nachstehende Pfandgläubiger zurücktreten will. Macht er von dieser ihm zustehenden Dispositionsbefugnis durch Nichtgeltendmachung des ihm für seine Pfandforderung gebührenden Vorzugsrechtes Gebrauch, so hat dieses zur Folge, daß die seiner Hypothek nachstehende Hypothek aufrückt, und also die Forderung, für welche diese bestellt ist, vor der Hypothekenforderung befriedigt wird, welche ursprünglich den Vorrang hatte. Diese Rechtsfolge tritt natürlich auch dann ein, wenn die Nichtgeltendmachung des Vorranges erfolgt zur Erfüllung einer übernommenen persönlichen Verbindlichkeit. Die Prioritätseinräumung zu Gunsten des nächstfolgenden Hypothekengläubigers ist daher nicht nur ein rechtsgültiges, sondern auch ein völlig rechtswirksames Rechtsgeschäft. Der aufrückende Pfandgläubiger macht seine Forderung geltend, da er jetzt nicht mehr durch das ihm vorgehende und seine Befriedigung ausschließende, bezw. beschränkende Pfandrecht des zurückgetretenen Pfandgläubigers beschränkt ist. Die im Subhastationsverfahren an den infolge der Prioritätscession aufgerückten Gläubiger geleistete Zahlung ist nicht als eine an den Prioritätscedenten zum Zwecke der Tilgung der diesem zustehenden Forderung geschehene anzusehen, sondern sie erfolgt an den Prioritätscessionar infolge Geltendmachung seiner Hypothekenforderung zum Zwecke und mit der Wirkung der Tilgung dieser Forderung. Der Prioritätscessionar nimmt die auf die Forderung des Cedenten im Subhastationsverfahren fallende Hebung in Höhe seiner Forderung vorweg, indem er sein durch das Pfandrecht des Cedenten nicht mehr beschranktes Pfandrecht ausübt. Das Pfandrecht des Prioritätscedenten wird hierdurch gegenüber dem Eigentümer des Pfandobjektes und den hinter dem Cessionar stehenden Realberechtigten nicht erschöpft.
Die Frage, ob der Vorrang einer Hypothek beliebig auf jeden nachstehenden Gläubiger, auch wenn die Hypotheken des Cedenten und des Cessionars durch dazwischen stehende Hypotheken getrennt sind, übertragen werden könne, und welche Rechtswirkungen eine solche Cession hat, kommt für den vorliegenden Fall nicht in Betracht. Denn hier handelt es sich um zwei unmittelbar aufeinander folgende Hypotheken, sodaß beim Aufgeben des für die vorgehende Hypothek des Klägers bestehenden Vorranges das Aufrücken der nachfolgenden Hypothek des Maurermeisters N., zu dessen Gunsten der Kläger auf sein Vorzugsrecht verzichtet hat, durch dazwischen stehende Hypotheken nicht gehindert war. Da der Kläger dem N. unmittelbar als Hypothekengläubiger vorausging, diesem gegenüber in zulässiger Weise sein Vorrecht aufgegeben und ihn mit seiner Hypothekenforderung in seine Stelle hat aufrücken lassen, so hat N. für seine Hypothekenforderung an dieser Stelle dasjenige im Subhastationsverfahren ausbezahlt erhalten, was sonst dem Kläger für seine vorgehende Hypothek zugekommen sein würde. Die Hypothek des Klägers ist, soweit sie auf dem subhastierten Grundstücke ruhte, infolge der Subhastation erloschen, nicht aber ist seine persönliche Forderung an den Schuldner R. durch die an N. erfolgte Zahlung, wie das Berufungsgericht annimmt, getilgt. Es steht ihm also die Rechtsverfolgung wegen dieser fortbestehenden Forderung offen, sei es mit der Pfandklage wegen des ihm an einem anderen Grundstücke zustehenden Pfandrechtes, sei es mit der Anfechtungsklage.
Wenn zur Begründung der entgegenstehenden Ansicht auf die Bestimmungen des römischen Rechtes, und namentlich auf die 1. 12pr. Dig. quib. mod. pign. 20, 6 und 1. 12 §. 4 Dig. qui pot. 20, 4, bezug genommen wird, so findet dieselbe hierin keine Stütze. Paulus und Marcian beschäftigen sich in diesen Stellen nicht mit der hier zu entscheidenden Frage, sondern mit der Frage, welche Bedeutung die Zustimmung des Pfandgläubigers zu einer weiteren Verpfändung der Sache hat. Während Marcian, nachdem er speziell hervorgehoben, daß jedenfalls der zweite Hypothekengläubiger dem ersten vorgehe, auf die Frage eingeht, ob unter allen Umständen in der Bewilligung einer weiteren Verpfändung der Pfandsache durch den Pfandgläubiger ein gänzliches Aufgeben des Pfandrechtes gefunden werden dürfe, und diese dahin beantwortet, daß es um eine thatsächliche Frage sich handle, nämlich darum was ausgemacht worden, ob der Pfandgläubiger bei Bewilligung der Verpfändung von seinem Pfandrechte ganz habe zurücktreten wollen, oder ob nur eine Veränderung der Reihenfolge beabsichtigt gewesen sei, läßt Paulus auf diese Frage sich nicht ein, sondern davon ausgehend, daß ein Verzicht auf das Pfandrecht angenommen werden müsse, beantwortet er die Frage, ob dieser Verzicht die Folge haben könne, daß nun derjenige, welchem die neue Hypothek bestellt worden, anderen älteren Pfandgläubigern, die nicht eingewilligt haben, vorgehe. Unerfindlich ist es aber, wie aus dem Ausspruche des Paulus der Satz hergeleitet werden könnte, daß wohl auf das Pfandrecht selbst, nicht aber auf den demselben zustehenden Vorrang zu Gunsten nachstehender Pfandgläubiger verzichtet werden könne; und jedenfalls ergiebt sich aus dem Ausspruche des Marcian, daß ein solcher Verzicht auf den Vorrang keineswegs rechtsungültig war. Auch aus I. 21 Cod. ad Sct. Vellei. 4, 29 geht hervor, daß die Frau, ohne damit überhaupt ihr Pfandrecht selbst aufzugeben, zu Gunsten eines Pfandgläubigers auf das ihr zustehende Vorzugsrecht wirksam verzichten kann. Will man hierin aber auch keine Anerkennung der Gültigkeit der Vereinbarung zweier Hypothekengläubiger über die Abtretung des Vorranges der Hypothek finden, so kann daraus doch nichts für die vom Oberlandesgerichte aufgestellten Sätze gefolgert werden, da es nicht einer ausdrücklichen Anerkennung der Zulässigkeit des Verzichtes auf das Vorzugsrecht des vorgehenden Pfandgläubigers bedarf, sondern eine positive Bestimmung der Unzulässigkeit eines solchen Verzichtes notwendig sein würde, weil nach allgemeinen Rechtsnormen auf Vorrechte unbeschränkt verzichtet werden kann, ohne damit das Recht selbst aufzugeben.
Wenn gegen die vorstehend ausgeführte Bedeutung und Wirkung der Prioritätscession geltend gemacht wird, daß es vielfach im Interesse des Pfandschuldners liegen könne, daß aus dem Erlöse des subhastierten Grundstückes die auf demselben ruhenden Hypotheken in der Reihenfolge befriedigt werden, wie sie durch den ihnen gebührenden Rang bestimmt wird, so ist allerdings zuzugeben, daß ein solches Interesse des Pfandschuldners unter Umständen vorliegen wird. Allein daraus folgt nicht, daß dem Pfandschuldner ein wirksames Widerspruchsrecht gegen eine solche, seine Interessen schädigende Veränderung des Ranges der Hypotheken durch Verzicht eines vorhergehenden Hypothekengläubigers auf sein Vorzugsrecht zustehe, oder daß mit Rücksicht auf dieses Interesse des Pfandschuldners der Hypothekengläubiger in der Disposition über sein Vorzugsrecht beschränkt wäre. Ebensowenig wie der Pfandschuldner den Verzicht eines Hypothekengläubigers auf sein Pfandrecht aus dem Grunde verhindern kann, weil er dabei interessiert ist, daß dieser Gläubiger, dem auch noch andere Grundstücke des Pfandschuldners verpfändet find, aus dem Erlöse des zuerst zum Verkaufe gebrachten Grundstückes befriedigt werde, während infolge seines Verzichtes Hypothekengläubiger zur Hebung gelangen, welchen anderweite Hypotheken nicht zustehen; ebensowenig kann auch das Interesse des Pfandschuldners ein Widerspruchsrecht gegen die Abtretung des Vorranges einer Hypothek an einen nachstehenden Hypothekengläubiger begründen.
Ist diesem nach die Annahme des Berufungsgerichtes, daß die in der Prioritätscession enthaltene Erklärung der Abtretung des der Hypothek des Prioritätscedenten zustehenden Vorranges an einen nachstehenden Hypothekengläubiger auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet sei, nicht begründet, so spricht auch gegen die Konstruktion, welche der Berufungsrichter dem im neueren Immobiliarkreditverkehre üblich gewordenen und in den neueren Hypothekengesetzen, namentlich auch in dem hannoverschen Gesetze vom 14. Dezember 1864, als rechtsgültig anerkannten Rechtsgeschäfte der Abtretung der Priorität giebt, die Erwägung, daß die Hypothekengläubiger, welche untereinander die Abtretung der Priorität des vorgehenden Pfandgläubigers an den nachstehenden vereinbaren, keineswegs beabsichtigen, daß der Prioritätscedent seine Forderung an der dieser gebührenden Stelle im Subhastationsverfahren geltend machen und verpflichtet sein solle, den erhaltenen Erlös an den Prioritätscessionar herauszugeben, sondern es im Gegenteile ihr Wille ist, daß die Hypothekenforderung, zu deren Gunsten der vorgehende Hypothekengläubiger sein Vorrecht aufgiebt, an der Stelle der Forderung des Cedenten befriedigt werde, während der letztere an der Stelle seine Befriedigung suchen will, an welcher die Forderung des Cessionars zur Zahlung gelangt sein würde.
Mit Unrecht hat daher der Berufungsrichter die Pfandklage sowohl als die eventuelle Anfechtungsklage deshalb abgewiesen, weil die Forderung des Klägers durch die im Subhastationsverfahren an N. erfolgte Zahlung in Höhe dieser Zahlung, also bis auf 268 M, getilgt worden sei.
Die eventuelle Anfechtungsklage hat das Berufungsgericht auch für den Fall, daß eine Tilgung der Forderung des Klägers durch die Zahlung an N. nicht erfolgt wäre, deshalb zurückgewiesen, weil der Kläger es selbst verschuldet habe, daß er in dem Subhastationsverfahren nicht bis auf den Betrag von 268 M befriedigt worden sei, weil ferner nicht angenommen werden könne, daß die Anfechtungsklage, mit welcher die Rescission der angefochtenen Handlung des Schuldners, nur soweit es die Befriedigung des Gläubigers erheische, begehrt werden könne, solchen Einwendungen entzogen sein sollte, welche darauf beruhen, daß dem anfechtenden Gläubiger seine Befriedigung durch sein eigenes Faktum, auch ganz abgesehen von der anzufechtenden Handlung, entgangen sei, zur Zeit des Abschlusses des anzufechtenden Vertrages aber dem Kläger für seine Forderung gegen R. noch eine Hypothek zugestanden habe, die nach dem Erfolge des Subhastationsverfahrens geeignet gewesen wäre, jene Forderung bis auf 268 M zur Befriedigung zu bringen, welche ihm aber durch seine Prioritätscession entgangen sei, sofern dieselbe den bestehenden Rang seiner Hypothek verändert habe.
Auch diese Erwägung erscheint rechtsirrtümlich.
Nach §. 7 des Anfechtungsgesetzes vom 21. Juli 1879 kann die Rückgewähr des durch die anfechtbare Handlung Veräußerten allerdings nur verlangt werden, soweit es zur Befriedigung des Gläubigers erforderlich ist. Allein daraus sowenig, wie aus sonstigen Bestimmungen des Gesetzes folgt, daß die Anfechtung einer Rechtshandlung des Schuldners, sofern die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ausgeschlossen wäre, wenn der Gläubiger zur Zeit der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung sich Befriedigung wegen seiner Forderung hätte verschaffen können, wenn er namentlich von einem ihm zustehenden Pfandrechte Gebrauch gemacht hätte, er seine Befriedigung aber dadurch nicht erlangt, daß er dieses Recht nicht zur Geltung gebracht hat. Der Gläubiger, welchem ein Pfandrecht für seine Forderung zusteht, hat die Wahl, ob er dieses Pfandrecht geltend machen oder ob er den Schuldner mit der persönlichen Klage in Anspruch nehmen will. Letzteres wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß er auf sein Pfandrecht verzichtet oder daß er davon in einem gegen den Schuldner eingeleiteten Zwangsverkaufsverfahren nicht den Gebrauch gemacht hat, welcher ihn zur Befriedigung wegen seiner Forderung geführt haben würde. Solange dem Gläubiger eine Forderung gegen den Schuldner zusteht, kann er von demselben vorgenommene Rechtshandlungen anfechten, sofern die in dem Gesetze vom 21. Juli 1879 aufgestellten Voraussetzungen vorliegen, und es kann die Klage nicht durch den Einwand beseitigt werden, daß der Gläubiger Befriedigung wegen seiner Forderung erlangt haben würde, wenn er von den ihm zur Sicherheit seiner Forderung zustehenden Rechten Gebrauch gemacht und nicht vielmehr freiwillig auf diese Rechte verzichtet hätte.
Es war daher sowohl die Entscheidung über die Pfandklage, als über die eventuelle Anfechtungsklage aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen, weil die Sache bezüglich beider Klagen zur Endentscheidung, noch nicht reif ist." ...