RG, 22.11.1884 - I 318/84
Einrede der Arglist, daraus hergenommen, daß der Kläger mit dem Vertreter des Beklagten zwar innerhalb der Vollmacht des Vertreters, aber gegen den ihm bekannten Willen des Beklagten kontrahiert habe.
Tatbestand
Die Kläger hatten den Kapitän Ö. als Vertreter seines (ausländischen) Rheders belangt auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einer von ihm gleichfalls in Vertretung des Rheders mit dem Schiffsmakler S. geschlossenen Chartepartie, indem sie behaupteten, daß der Schiffsmakler S. dabei in ihrem Namen gehandelt habe. Die Klage war aber in zwei Instanzen abgewiesen, und zwar vom Berufungsgerichte deshalb, weil Kapitän Ö. von seinem Rheder angewiesen gewesen sei, nur zu gewissen, wesentlich günstigeren Bedingungen abzuschließen, und S. dies beim Vertragsabschlusse gewußt habe, und weil hierin eine dem dritten Kontrahenten bekannt gewesene Beschränkung der gesetzlichen Befugnisse des Schiffers im Sinne des Art. 500 H.G.B. gefunden wurde. Die Kläger legten Revision ein, welche indessen keinen Erfolg hatte. Das Reichsgericht ging hierbei davon aus, daß der soeben erwähnte rechtliche Gesichtspunkt nach Lage der Sache wohl nicht zutreffen möge, insofern die gesetzliche Vollmacht Dritten gegenüber nicht beschränkt gewesen sei, erklärte aber, die angegriffene Entscheidung sei jedenfalls nach §. 526 C.P.O. aufrechtzuhalten aus folgenden Gründen:
Gründe
... "Hat ... der dritte Kontrahent die Vollmacht eines Vertreters dazu ausgenutzt, um mit demselben in dieser seiner Eigenschaft ein Geschäft abzuschließen, von welchem er speziell weiß, daß es den Absichten des Geschäftsherrn zuwiderläuft, so steht dem daraus etwa von ihm erhobenen Anspruche schon nach allgemeinen civilrechtlichen Grundsätzen eine Einrede der Arglist entgegen. Im römischen Rechte wird für den Fall, daß der Geschäftsherr dem Dritten ausdrücklich mitgeteilt hätte, er wolle nicht, daß letzterer mit dem institor ein solches Geschäft abschließe, eine exceptio gegen die actio institoria zugelassen (l. 17 §. 4 Dig. de inst. act. 14, 3); ein Fall, der wohl von demjenigen zu unterscheiden ist, wo wegen Beschränkung der Vollmacht als solcher die actio institoria von vornherein ausgeschlossen ist (arg. l. 11 §§. 2 - 4 ecd., l. 47 pr. Dig. de pec. 15, 1). Dem ersteren Falle muß nun aber selbstverständlich ein solcher völlig gleichgeachtet werden, wo dem dritten Kontrahenten aus Vorverhandlungen, die er selbst mit dem Geschäftsherrn geführt hat, auf andere Weise genau bekannt geworden ist, daß der letztere dieses Geschäft nicht wolle. Dabei kommt nichts darauf an, daß nach heutigem Rechte aus den von einem Bevollmächtigten im Namen des Geschäftsherrn abgeschlossenen Verträgen gegen den letzteren nicht mehr eine Klage von adjektizischer Natur, wie die actio institoria, sondern die direkte Kontraktsklage stattfindet, vgl. Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 2 S. 167; denn diejenigen Umstände, welche die Einrede der Arglist begründen, werden durch diesen Unterschied nicht berührt. In der vorliegenden Sache hat nun aber das Oberlandesgericht thatsächlich festgestellt, daß S. bei Eingehung des fraglichen Vertrages den Willen der Rhederei, durch den Beklagten zu keiner weniger günstigen Fracht, als zu 680 £ nach Venezuela hin und zurück, verpflichtet zu werden, durch seine Korrespondenz mit derselben gekannt habe." ...