RG, 22.11.1883 - IV 319/83
Ist bei Anweisungen die schriftliche Annahme der Anweisung seitens des Assignaten in der Weise, daß in der betreffenden Urkunde diese Annahme zu einem unzweideutig erkennbaren Ausdrucke gebracht wird, unbedingt notwendig?
Tatbestand
Die Klägerin behauptet, daß der Beklagte von ihrem Ehemann ein Darlehn von 3000 M erhalten, und für diesen einen Schuldschein ausgestellt habe. Zur Sicherung der Klägerin wegen einer ihr gegen ihren Ehemann zustehenden Illatenforderung habe dieser ihr im Einverständnisse mit dem Beklagten seine Darlehnsforderung an denselben abgetreten, und zwar in der Form, daß der Beklagte den für ihren Ehemann ausgestellten Schuldschein von diesem zurückerhalten, und einen neuen Schuldschein auf ihren Namen ausgestellt habe. Auf Grund desselben habe sie ihre Klage erhoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil erster Instanz ist zurückgewiesen. Die von ihr gegen diese Entscheidung eingelegte Revision ist für nicht begründet erachtet worden.
Aus den Gründen
... "Die Klägerin macht geltend, daß in den behaupteten, von ihr mit ihrem Ehemanne und von diesem mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarungen in Verbindung mit der Ausstellung eines neuen Schuldscheines seitens des letzteren die gesetzlichen Voraussetzungen einer Anweisung nach Maßgabe des Abschnittes 5 A.L.R. I. 16 gegeben seien. Aus dem Gesichtspunkte eines Assignationsgeschäftes den Anspruch der Klägerin beurteilend, ist der Berufungsrichter zu der erkannten Abweisung der Klägerin gelangt.
Dieser Entscheidung ist beizutreten. Vorausgesetzt einstweilen, daß die von der Klägerin behaupteten Willenserklärungen der gesetzlichen Form entsprechen, ist anzuerkennen, daß in denselben die Vorbedingungen einer Anweisung im Sinne der betreffenden landrechtlichen Bestimmungen ausreichend enthalten sind. Bei einer solchen Anweisung interessieren nach den §§. 251. 252 a. a. O. drei Personen. Ein Schuldner, als Assignant, überträgt seinem Gläubiger, dem Assignatar, eine ihm gegen einen Dritten, den Assignaten, zustehende Forderung zur Einziehung für eigene Rechnung behufs Tilgung seiner eigenen Schuld. Seinen Abschluß findet das Geschäft erst in der Annahme der Anweisung seitens des Assignaten, da vor dieser Annahme nur ein Rechtsverhältnis zwischen dem Assignanten und dem Asignatar bestehen würde. Im Streitfalle hat nach der Klagebegründung der Ehemann der Klägerin, als Assignant, dieser seiner Gläubigerin, als Assignatarin, zum Zwecke der Tilgung seiner Schuld die ihm gegen den Beklagten, den Assignaten, zustehende Darlehnsforderung überwiesen, und dieser die Anweisung angenommen.
Nach §. 553 a. a. O. ist bei Summen, wo die Gesetze schriftliche Verträge erfordern, die Anweisung seitens des Assignanten und ebenso die Annahmeerklärung des Assignaten der Schriftform unterworfen. Daß die Anweisung schriftlich erteilt sei, ist nicht behauptet worden. Eine mündliche Annahme anzunehmen, ist der Assignat nach §. 258 a. a. O. nicht verpflichtet. Hat er die Anweisung aber angenommen, so ist er nach §. 259 a. a. O. selbst dann dem Assignatar Zahlung zu leisten verbunden, wenn er dem Assignanten zu nichts verpflichtet war. Durch die einmal erklärte Annahme tritt er in ein selbständiges obligatorisches Verhältnis zu dem Assignatar, welches nicht mehr durch die Schriftlichkeit der Anweisung bedingt ist.1
In allen Fällen bleibt aber die Gültigkeit der Annahme seitens des Assignaten durch deren schriftliche Erklärung bedingt. Klägerin findet eine solche Beurkundung der Annahme durch den Beklagten in dem, von demselben für sie - Klägerin - neu ausgestellten Schuldscheine; jedoch mit Unrecht. Dieses - nicht vorgelegte - Schriftstück soll nach ihrer Behauptung ein Schuldschein sein, in welchem sie von dem Beklagten als die Darlehnsgeberin bezeichnet wird. Es handelt sich also darin um eine einfache Darlehnsobligation. Davon, daß diese aus einer von dem Beklagten angenommenen Anweisung des Ehemannes der Klägerin hervorgegangen, daß in derselben überhaupt nur irgend welche Andeutung eines vorangegangenen Assignationsgeschäftes enthalten sei, ist nirgends die Rede. Da aber die beurkundete Darlehnsgebung seitens der Klägerin an den Beklagten unstreitig niemals stattgefunden hat, das angeblich unter den Parteien bestehende obligatorische Gläubiger- und Schuldnerverhältnis vielmehr auf einem ganz anderen selbständigen Schuldgrunde, auf einer acceptierten Anweisung beruht, so mußte bei der durch den §. 253 a. a. O. für die Annahme geforderten Schriftlichkeit auch in der von dem Beklagten ausgestellten Urkunde ebendiese Annahme zu einem unzweideutig erkennbaren Ausdrucke gebracht werden. Da dies nicht geschehen ist, so fehlt es auch an einem wesentlichen Erfordernisse für die Klagbarkeit der streitigen Forderung."
- 1. Vgl. Erk. des preuß. Ober-Trib. vom 15., Juli 1851, in Striethorst, Archiv Bd. 3 S. 45.