RG, 18.10.1884 - I 269/84
Unterliegt das Urteil, welches ein nach §. 430 C. P. O. ergangenes Versäumnisurteil nach erfolgtem Einsprüche aufrecht erhält, der Berufung?
Tatbestand
Dem Beklagten war in erster Instanz über die Einrede der Unzuständigkeit ein Eid auferlegt. Er blieb im Schwurtermine aus, worauf der Eid durch Versäumnisurteil für verweigert erklärt wurde. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde, da im Termine nur der Anwalt des Beklagten erschien, der Beklagte selbst dagegen ausblieb, durch Urteil vom 19. Februar 1884 verworfen. Auf Berufung änderte das Oberlandesgericht dies Urteil ab. Auf Revision dagegen wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung als unzulässig verworfen.
Aus den Gründen
... "Der §. 472 C. P. O. beschränkt die Berufung auf Endurteile; §. 474 fügt in betreff der Versäumnisurteile eine weitere Beschränkung hinzu. Versäumnisurteile, welche sowohl Endurteile als Zwischenurteile sein können, sind mithin nur dann durch Berufung anfechtbar, wenn sie Endurteile oder den Endurteilen hinsichtlich der Rechtsmittel gleichgestellte Zwischenurteile sind und außerdem die Erfordernisse des §. 474 a. a. O. vorliegen. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der gegen das Landgerichtsurteil vom 19. Februar 1884 eingelegten Berufung nach §. 474 geprüft und in dieser Hinsicht mit Recht bejaht. Die Zulässigkeit derselben war aber auch nach §. 472 a. a. O. zu prüfen und in dieser Hinsicht zu verneinen. Das mit der Berufung angefochtene Landgerichtsurteil vom 19. Februar 1884, welches den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 11. Januar 1884 verwirft oder mit anderen Worten das Versäumnisurteil aufrechterhält, enthält, wie letzteres, gemäß §. 430 C. P. O. lediglich den Ausspruch, daß der Eid des Beklagten als verweigert anzusehen sei. Ein solches Urteil hat, wie die Motive zu §§. 302. 413 des Entwurfes der C. P. O. hervorheben, die Eigenschaft eines Zwischenurteiles über die Frage, ob der Eid als verweigert anzusehen sei; es bildet die Grundlage für das weitere Urteil, durch welches nach Ablauf der Einspruchsfrist oder Verwerfung des Einspruches nach weiterer Verhandlung die Folgen der Eidesweigerung ausgesprochen werden. Wäre im vorliegenden Falle letzteres bereits geschehen, nämlich auf Grund der Eidesweigerung des Beklagten die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichtes verworfen worden, so würde dieses Urteil nach §. 248 Abs. 2 C. P. O. durch Berufung anfechtbar und vermittels dieser Berufung nach §. 473 auch das Urteil vom 18. Februar 1884 angreifbar gewesen sein. An sich dagegen ist letzteres ein Zwischenurteil, welches nicht zu denjenigen gehört, welche in Ansehung der Rechtsmittel den Endurteilen gleichgestellt sind."