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RG, 02.12.1918 - V 282/18

Daten
Fall: 
Wechselindossatar
Fundstellen: 
RGZ 94, 227
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
02.12.1918
Aktenzeichen: 
V 282/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Hamburg
  • OLG Hamburg

1. Kann der deutsche Wechselindossatar, der den Wechsel im Jahre 1914 vor Beginn des Krieges an eine französische Bank weiterbegeben hat, vor Rückerwerb des Wechsels gegen den deutschen Akzeptanten bedingungsweise auf Zahlung klagen?
2. Ist in diesem Falle die Verjährung des Wechselanspruchs gegen den Akzeptanten durch die Bundesratsverordnungen vom 30. September und 20. Oktober 1914 (RGBl. S. 421, 443) einstweilen ausgeschlossen?
3. Kann eine Feststellungsklage mit der Begründung erhoben werden, daß die Frage unter 2 wegen Zweifelhaftigkeit der einschlägigen Bestimmungen von einem anderen Richter zuungunsten des Klägers entschieden werden könnte?

Tatbestand

Die Klägerin hat drei über je 50000 M lautende mit dem Fälligkeitstermine des 20. August 1914 von der Beklagten angenommene Wechsel, die sie diskontiert hatte, vor Ausbruch des Krieges an eine französische Bank indossiert und dieser übergeben, und zwar nach ihrer Behauptung nur zum Zwecke der Verpfändung für eine Kontokurrentschuld. Aus Besorgnis, daß das Wechselrecht verjähren oder sonst untergehen könnte, hat die Klägerin beantragt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, ihr gegen Aushändigung jedes der drei Wechsel oder eines entsprechenden Ausschlußurteils 50000 M zu zahlen;
  2. hilfsweise, die Verpflichtung der Beklagten zu der Zahlung gegen Aushändigung des Wechsels oder des Ausschlußurteils festzustellen.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte, die der Klägerin die Klagebefugnis bestritten und sich überdies auf die Bundesratsverordnungen vom 30. September und 20. Oktober 1914 berufen hatte, nach dem Hauptantrage. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage überhaupt ab.

Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

1.

Das Berufungsgericht hat der Klägerin zwar zugestanden, daß sie ihrer seinerzeit durch Indossament erworbenen Wechselrechte nicht dadurch verlustig gegangen ist, daß sie die Wechsel demnächst an die französische Bank weiter indossiert und begeben hat, zumal wenn dies nach der Behauptung der Klägerin nur verpfändungshalber erfolgt wäre. Den in erster Linie erhobenen Leistungsanspruch erachtet das Berufungsgericht jedoch zunächst schon deshalb für hinfällig, weil die Klägerin sich nicht im Besitze der Wechsel befindet. Und daß die Klägerin dieserhalb nicht die Zahlung sofort und schlechthin fordern kann, ist unzweifelhaft (Art. 39 WO.). Auch die Revision selbst zieht das nicht in Zweifel. Sie hält hier nur entgegen, daß die Klägerin den Zahlungsanspruch überhaupt nur als einen bedingten geltend gemacht und das Berufungsgericht dieses verkannt habe. Letzteres trifft indes insofern nicht einmal zu, als das Berufungsgericht die Berechtigung des Leistungsanspruchs tatsächlich auch vom Gesichtspunkte des § 259 ZPO. aus geprüft hat, augenscheinlich also davon ausgehend, wovon übrigens auch die Revision nur ausgehen kann, daß die Zahlung, entsprechend dem Klagantrage, nur unter der Bedingung beansprucht sein sollte, daß sich die Klägerin durch den Wiedererwerb der Wechsel zu deren Herausgabe nebst Quittung (Art. 39 WO) instand gesetzt oder daß sie ein auszuhändigendes Ausschlußurteil erlangt hätte. Allein die Revision übersieht gänzlich, daß der Leistungsanspruch, der als bedingter allem in § 259 ZPO. seine Grundlage finden könnte, nur dann als zulässig anzusehen gewesen wäre, wenn den Umständen nach die Besorgnis bestände, daß die Beklagte sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Solche Umstände hat nun aber das Berufungsgericht vermißt, und auch die Revision vermochte auf keinen solchen Umstand hinzuweisen. Sie wendet nur noch ein, daß unerörtert geblieben sei, ob nicht die Klägerin ihrer Behauptung gemäß noch die mittelbare Besitzerin der Wechsel geblieben sei. Aber inwiefern der etwaige mittelbare Besitz der Klägerin (§ 868 BGB.) über die aus Art. 39 WO. oder aus § 259 ZPO. sich ergebenden Bedenken hinweghelfen könnte, ist von der Revision nicht gesagt und läßt sich überhaupt nicht einsehen.

Die Abweisung des Leistungsanspruchs erweist sich mithin in jeder Hinsicht als rechtlich unbedenklich.

2.

Die Abweisung der hilfsweise erhobenen Feststellungsklage ist erfolgt, weil der Klägerin das gemäß § 256 ZPO. erforderliche rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung fehle. Auch dies Ergebnis ist entgegen der Meinung der Revision zu billigen.

Ob nicht schon entscheidend wäre, daß die Klägerin sich nicht oder noch nicht wieder im Besitze der Wechsel befindet, ist der Feststellungsklage gegenüber unerörtert geblieben und bedarf auch jetzt keiner Entscheidung. Die Klägerin hatte ihr rechtliches Interesse bisher lediglich auf die Behauptung gestützt, daß die Erhebung der Feststellungsklage (im Falle einer Abweisung des Leistungsanspruchs) zur Unterbrechung der Verjährung ihrer Wechselforderungen (§ 209 BGB.) notwendig sei; auch die schriftliche Revisionsbegründung hatte nur diesen Standpunkt vertreten. Diese Begründung muß aber schon dann versagen, wenn die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, daß die befürchtete Verjährung in Wahrheit überhaupt nicht droht. Die bezeichnete Annahme erscheint in der Tat als gerechtfertigt.

Allerdings kann dem Berufungsgerichte insoweit nicht beigetreten werden, als es annahm, daß die Verjährung tatsächlich nicht einmal begonnen habe, und zwar deshalb nicht, weil die durch § 2 der Verordnung vom 30. September 1914, betreffend das Zahlungsverbot gegen England, in Verb. mit der gegen Frankreich gerichteten Verordnung vom 20. Oktober 1914 vorgesehene Stundung auch im Verhältnis zwischen den beiden Parteien Platz greife. Denn gemäß Art. 77 WO. konnte und mußte die Verjährung beginnen schon vom Tage des Verfalls der Wechsel, also vom 20. August 1914 ab, weil damals bis zum Inkrafttreten der Verordnung vom 20. Oktober 1914 der Beginn der Verjährung noch durch nichts gehindert war. Aber eine andere Frage ist es, ob die in der Verordnung vorgesehene Stundung nicht derart zurückwirkt, daß man jetzt die Sache so anzusehen hat, als sei die vormals begonnene Verjährung in Wirklichkeit dennoch nicht in Lauf gekommen. Und diese Frage ist allerdings zu bejahen, sofern man grundsätzlich davon auszugehen hat, daß die Bestimmung der Verordnung auch im Verhältnisse zwischen den Parteien Anwendung verlangt. Der § 2 der Verordnung vom 30. September 1914, der auch im Rahmen der Verordnung vom 20. Oktober Geltung hat, bestimmt nämlich hinsichtlich derjenigen Forderungen, welche erst an einem späteren Tage als dem 30. Juli 1914 fällig werden, daß sie von diesem späteren Tage an bis auf weiteres als gestundet gelten. Der Sinn dieser Vorschrift ist also augenscheinlich der, daß schon der Zeitpunkt der Fälligkeit der in Betracht kommenden Forderungen als "bis auf weiteres" hinausgeschoben gelten muß. Ist das aber der Fall, dann muß es sich auch für den gegenwärtigen Fall ergeben, daß die Sache jetzt so anzusehen ist, als wären die Wechselforderungen der Klägerin an die Beklagte als die Akzeptanten der Wechsel nicht schon am 20. August 1914 fällig geworden, als wären vielmehr diese Verfalltage ebenfalls bis auf eine weitere, noch unbestimmte Zeit hinausgeschoben worden; und dann wäre die letzte Folge der Bestimmung - immer ihre Anwendbarkeit auch gegenüber der Klägerin vorausgesetzt - in der Tat die, daß die vormals tatsächlich begonnene Verjährung als nicht begonnen gelten müßte, weil sie mangels der Voraussetzung der Fälligkeit noch nicht beginnen konnte (Art. 39 WO., § 198 BGB.). - Hätte man übrigens in der durch § 2 VO. vorgesehenen Stundung nur einen Hemmungsgrund im Sinne des § 202 Abs. 1 BGB. zu finden, dann wäre das Ergebnis des Beginnes der Verjährung kein anderes. Denn in diesem Falle müßte man dem Hemmungsgrunde der Stundung, der Verordnung gemäß, entsprechend die rückwirkende Tragweite beimessen.

Die hier in erster Linie vorliegende Frage nunmehr, ob die Vorschriften der Verordnung vom 30. September 1914 auch im Verhältnisse zwischen den Parteien überhaupt anwendbar sind, und ob mithin auch die etwaigen Forderungen der Klägerin an die Beklagte wirklich als im Sinne des § 2 VO. gestundet gelten müssen, war aus folgenden Erwägungen zu bejahen.

Bedenken gegen die Bejahung könnte freilich die Tatsache erregen, daß der Zweck der beiden Verordnungen vom 30. September und 20. Oktober 1914 nur der ist, Zahlungen an das betroffene feindliche Ausland zu hindern, und daß sonach im Sinne der Verordnungen kein ausreichender Anlaß bestünde, auch in die Beziehungen zwischen zwei in Deutschland befindlichen Parteien einzugreifen. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß gemäß § 4 VO. vom 30. September 1914 gerade bei Wechselforderungen die in § 2 vorgesehene Stundung unterschiedslos allen Wechselgläubigern gegenüber, also auch den im Inlande befindlichen, wirksam sei, könnte ebenfalls bedenklich sein. Diese Vorschrift lautet: "Bei Wechseln, bei denen zur Zeit des Inkrafttretens dieser Verordnung die Frist für die Vorlage zur Zahlung und für die Protesterhebung wegen Nichtzahlung noch nicht abgelaufen ist, wird durch das Zahlungsverbot und die Stundung die Zeit, zu der die Vorlage zur Zahlung und die Protesterhebung wegen Nichtzahlung zulässig und erforderlich ist, bis nach dem Außerkrafttreten dieser Verordnung hinausgeschoben. ..." Es ließe sich also vielleicht einwenden, daß die Vorschrift ihrem eigenen Wortlaute nach, abgesehen vom Zahlungsverbote, auch gestundete Wechselforderungen voraussetzt und daß über die Stundung nicht der § 4, sondern der vorausgehende § 2 handelt. Überdies verhält sich der § 4 nur über die Erstreckung der Fristen zur "Vorlage" der Wechsel oder zur "Protesterhebung", demnach anscheinend nur über Fälle, wo diese beiden Rechtshandlungen eine wechselrechtliche Rolle spielen, und bei Wechselforderungen an den Akzeptanten, wie hier der Fall, ist weder die Vorlage im technischen Sinne, wie beim Sichtwechsel, noch die Protesterhebung von Wechselrechtlicher Bedeutung. Indes man wird dem Willen der Verordnungen doch nur dann gerecht, wenn man ihre Anwendung, namentlich auch die des § 2 von der Stundung, und insbesondere wenn es sich um Wechselforderungen handelt, in der hier befürworteten Ausdehnung gestattet.

Zunächst scheint bei Wechselforderungen schon das Ergebnis kein wünschenswertes und kein befriedigendes, daß die Fälligkeit des Wechselanspruchs eine verschiedene sein sollte, je nachdem der Gläubiger in feindlichen Gebiete oder im Inlande seinen Wohnsitz hat. Vielmehr scheint es mehr einer natürlichen und sachgemäßen Auffassung zu entsprechen, daß für alle Gläubiger ein gleicher Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs im Sinne des Art. 39 WO. besteht, und daß daher, wenn die Fälligkeit gegenüber dem einen Gläubiger, dem im Auslande befindlichen, hinausgeschoben ist, dieses gegenüber allen etwaigen Gläubigern wirksam ist. Es scheint doch in der Natur der Dinge zu liegen, daß es bei Wechseln gleichmäßig nur einen und denselben Tag des Verfalls geben kann.

Die Berechtigung der Annahme, daß in Fällen der hier gegebenen Art, wo ein in Deutschland befindlicher Indossatar den Wechsel an eine im betroffenen feindlichen Auslande befindliche Person weiter begeben hat und demnächst dem im Inlande befindlichen Akzeptanten gegenüber von seinem alten Wechselrechte Gebrauch machen will, diese Wechselforderung oder die Wechselschuld ebenfalls als gestundet gelten muß, ergibt sich aber positiv aus der Bestimmung des Abs. 2 Satz 1 des § 2 VO., wonach die Stundung auch gegen "jeden Erwerber des Anspruchs" wirkt, es sei denn, "daß der Erwerb vor dem 31. Juli 1914, oder, wenn der Erwerber im Inland seinen Wohnsitz oder Sitz hat, vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung stattgefunden hat". Denn hiernach steht es fest, daß jeder Wechselgläubiger, der sich als "Erwerber des Anspruchs" ansehen und behandeln lassen muß, auch die gemäß § 2 Abs. 1 eingetretene Stundung gegen sich gelten zu lassen hat oder anderseits für sich geltend machen kann (was für den Fall der Verjährung in Betracht kommt). Fraglich könnte hier allerdings immer noch sein, ob oder inwiefern auch die Klägerin als "Erwerber des Anspruchs" angesehen werden kann. Es ist nicht zu übersehen, daß sie ihrer Klage nach lediglich das Recht verfolgen will, das sie aus dem vormals auf sie ausgestellten Indossamente herleitet. Und zuzugeben ist ihr freilich, daß sie durch die Weiterbegebung der Wechsel an die französische Bank, zumal wenn es nur verpfändungshalber geschehen wäre, ihres alten Wechselrechtes nicht verlustig gegangen ist, daß sie es, vielmehr behalten hat. Es entspricht diese Auffassung den ständig anerkannten Rechtsgrundsätzen, wie sie in der Plenarentscheidung des ROHG. Bd. 24 S. 1 entwickelt und demnächst auch vom Reichsgericht in Bd. 77 S. 187 der Sammlung angenommen worden sind. Indes anderseits kommt in Betracht, daß die Klägerin ihr altes Recht gleichwohl noch nicht ungehindert zur Geltung bringen kann, denn dazu bedarf sie erst der weiter begebenen Wechsel, und diese muß sie erst einlösen. Tut das aber die Klägerin, dann hat sie damit erst die Möglichkeit oder das Recht erlangt, von der Beklagten gegen Aushändigung der quittierten Wechsel Zahlung fordern zu können (Art. 39 WO.), und insofern träfe auch die Voraussetzung der Verordnung zu, daß die Klägerin Erwerberin "des Anspruchs" geworden wäre: ihr altes Recht hätte einstweilen geruht und erst durch die Einlösung und Wiederverschaffung der Wechsel wäre es wieder voll wirksam geworden. Ob endlich die Klägerin diesen Erfolg schon während der Herrschaft der Verordnung vom 20. Oktober 1914 oder erst nach ihrer Außerkraftsetzung erzielen würde, kann einen Unterschied in Ansehung der vorliegenden Fragen nicht machen. Es ginge nicht an, die Klägerin, falls sie die eingelösten Wechsel erst nach Außerkraftsetzung der Verordnung wieder erwürbe, anders und zwar in gewissem Sinne schlechter zu stellen, als sie stehen würde, wenn sie sich noch während der Herrschaft der Verordnung die Möglichkeit verschafft hätte, ihr Recht voll wirksam zu machen. Im letzteren Falle müßte die Klägerin nach diesseitiger Auffassung zweifellos als "Erwerber des Anspruchs" angesehen werden, und würde für sie daher, auch unbedingt die Gefahr der Verjährung ihrer Ansprüche infolge deren Stundung beseitigt sein; kann die Klägerin aber erst in späterer Zeit die Wechsel wieder erwerben, dann muß auch dieser Erwerb als ein solcher angesprochen werden, wie ihn der Abs. 2 des § 2 VO. im Auge hat, so daß auch jetzt die daraus sich ergebenden Folgen zu ziehen sein würden. Daß im übrigen die Klägerin die bestimmte Absicht hat, ihre Wechsel, die sie lediglich in Pfand gegeben haben will, wieder einzulösen, kann nach Lage der Sache nicht zweifelhaft sein.

Gegen die ausdehnende Auslegung der Vorschrift des Abs. 2 a. a. O. kann auch der Umstand nicht sprechen, daß die Klägerin durch die Einlösung und durch den Wiedererwerb der Wechsel nicht die Rechtsnachfolgerin der französischen Bank werden und gegebenenfalls nicht deren Anspruch, sondern nur ihr altes Wechselrecht zur Geltung bringen würde. Schon der Ausdruck "jeder Erwerber" a. a. O. verbietet eine so enge Auslegung, als sollte nur der mit einer Rechtsnachfolge im rechtlichen Sinne verbundene Erwerb als ein Erwerb im Sinne der Verordnung verstanden werben. Der Ausdruck "jeder Erwerb" ist offenbar gewählt worden, um auch jede Art von Erwerb in möglichst weiter Umgrenzung hierher rechnen zu können. Und daß das wirklich so ist, erhellt um so mehr, wenn man die Zweckbestimmung des Abs. 2 ins Auge faßt, die nach der Begründung der Verordnung und wie es auch auf der Hand liegt dahin geht, eine Umgehung des gegen das feindliche Ausland gerichteten Zahlungsverbots, die durch Abschiebung der Forderung an eine im Inlande befindliche Persönlichkeit bewerkstelligt werden könnte, auszuschließen. Dieser Zweck kann aber dann allein mit Sicherheit erreicht werden, wenn man alle einschlägigen Fälle in das Anwendungsgebiet des Abs. 2 hineinzieht, in denen ein Inländer sich in die Lage versetzt hat, den Anspruch, der zuvor dem im Auslande befindlichen Gläubiger zugestanden hatte, nunmehr seinerseits geltend zu machen, sei es aus dem Rechte des Ausländers, sei es nach den obwaltenden Umständen aus eigenem Rechte, wie das beim Wiedererwerbe eines rückläufigen Wechsels nach der hierfür geltenden, zuvor bezeichneten Rechtskonstruktion vorkommen kann. Ob der Wiedererwerb in derartigen Fällen ein rechtlich wohl begründeter oder ob es auf eine Umgehung des Gesetzes abgesehen gewesen war, wird überdies ohne eingehende Untersuchung des Falles gar, nicht erkennbar sein. - Daß die Vorschrift des Abs. 2 a. a. O. möglichst weit verstanden sein will, erweist endlich auch die Schlußbestimmung des Abs. 2, die dem "Erwerber des Anspruchs" auch den gleichstellt, der durch dessen Erfüllung einen Erstattungsanspruch erlangt hat. Auch hier kann jedenfalls von einem Rechtsübergange keine Rede sein. Unmittelbar kann diese Bestimmung im gegebenen Falle allerdings nicht Anwendung finden, weil die Klägerin ausschließlich die Wechselsumme selbst verlangen will.

Nach alledem scheint es somit geboten, der Auffassung des Berufungsrichters dahin zu folgen, daß, weil die in der Verordnung vorgesehene Stundung auch der Klägerin gegenüber wirksam ist, zu ihren Ungunsten wie zu ihren Gunsten, die Gefahr der Verjährung ihrer Forderungen nach den jetzigen Verhältnissen ohnehin nicht besteht, und daß die Klägerin sonach auch eines besonderen Schutzmittels gegen die Gefahr der Verjährung, wie es hier die Feststellungsklage darstellen soll, überhaupt nicht bedarf. Alsdann fehlt es ihr aber auch an dem gemäß § 256 ZPO. erforderlichen Feststellungsinteresse.

Um der Feststellungsklage für alle Fälle trotzdem die nötige prozessuale Grundlage zu geben, hat der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch ausgeführt, daß die Tragweite der Verordnungen vom 20. Oktober und 30. September 1914 sicherlich sehr zweifelhaft und ungewiß sei, und daß aus diesem Grunde auch nicht abzusehen sei, wie der mit der künftigen Leistungsklage befaßte Richter die Frage der Verjährung beurteilen würde. So habe jetzt schon in zwei gleich liegenden Sachen ein anderes Oberlandesgericht eine dem hier angefochtenen Berufungsurteil entgegengesetzte Auffassung dahin vertreten, daß der Ablauf der Verjährung durch die genannten Verordnungen nicht gehindert sei. Abgesehen nun davon, daß die Klägerin bisher in der dargestellten Weise ihre Hilfsklage nicht gerechfertigt hatte, auch nicht gerügt worden ist, daß das Berufungsgericht eine solche Begründung unbeachtet gelassen hatte, so vermag auch das jetzige Vorbringen der Revision die Hilfsklage nicht zu halten. Die Ungewißheit, um deren willen das Feststellungsinteresse der Klägerin als vorhanden angenommen werden soll, liegt nicht in dem gegebenen Rechtsverhältnisse selbst, sondern bestände allein in den Besorgnissen der Klägerin und allerdings auch der Möglichkeit wegen, daß die zu entscheidenden Fragen in Ansehung der Verjährung demnächst eine ihr ungünstige Entscheidung, je nach der Auffassung des befaßten Richters, erfahren könnten. Das alles vermag jedoch die Voraussetzungen des § 256 ZPO. nicht zu erfüllen. Als rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ist zwar jedes Interesse anzusehen, das sich "in irgendeiner Weise auf die Rechtsverhältnisse des Klägers bezieht" (RGZ. Bd. 35 S. 393; Jur. Wochenschr. 1906 S. 121 Nr. 29). und dahin kann auch ein bloß wirtschaftliches Interesse gehören, wie in zahlreichen Entscheidungen angenommen worden ist. Aber immer müßte doch die Gefährdung, gegen die sich der Kläger schützen will, in dem Rechtsverhältnisse selbst, in dessen eigener Zweifelhaftigkeit oder Ungewißheit ihren Grund haben, und das liegt nicht vor, wenn der Kläger seine Rechtslage einzig und allein deswegen für gefährdet ansieht, weil er über die Tragweite der anzuwendenden Rechtsnorm Zweifel hegt, wie das im gegebenen Falle bei der Klägerin der Fall ist. Daß im übrigen die nämliche Rechtsnorm von mehrfachen Gerichten je verschieden gedeutet und angewendet wird, entspricht der Erfahrung; aber es würde das der Feststellungsklage durch § 256 ZPO. zugewiesene Gebiet weit überspannt werden, wenn man schon aus jenem Grunde den Feststellungsklagen Raum geben wollte. Was insbesondere die Feststellungsklage als Schutzmittel gegen die Verjährung anlangt, so ist sie bisher auch nur in Fällen, "drohender Verjährung" zugelassen worden (RGZ. Bd. 49 S. 114, Bd. 61 S. 168; Jur. Wochenschr. 1910 S. 239 Nr. 23), wenigstens standen nur solche Fälle in Frage. Hier aber droht die Verjährung eben nicht."