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RG, 12.11.1918 - VII 226/18

Daten
Fall: 
Lieferung aus einem Werkvertrag
Fundstellen: 
RGZ 94, 126
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
12.11.1918
Aktenzeichen: 
VII 226/18
Entscheidungstyp: 
Urteil

Zum Begriffe der Lieferung aus einem Werkvertrag im Sinne der Tarifnr. 10 Zusatz 3 RStempG. in der Fassung des Gesetzes über einen Warenumsatzstempel vom 26. Juni 1916.

Tatbestand

Die Klägerin führt im Betrieb ihres Gewerbes Beton- und Eisenbetonbauten aus eigenen Rohstoffen auf fremdem Grund und Boden aus. Die Wände werden aus einem Gemenge von Zement, Kies und Steinschlag mit Wasser abschnittweise zwischen Einschalungen hergestellt. Bei Eisenbetonbau werden noch Rundeisenstücke hineingelegt. Wenn die Masse getrocknet ist, werden die Einschalungen fortgenommen. Dann stehen die Wandstücke bereits am richtigen Platze, auf ihnen und neben ihnen wird weitergebaut. Für so ausgeführte Bauten hat die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1916 Zahlungen im Gesamtbetrage von 1062965 M erhalten. Sie hat sie auf Anfordern des Beklagten der Steuerstelle angemeldet und dafür 1062,90 M Warenumsatzstempel unter Vorbehalt der Rückforderung bezahlt. Ihre Klage auf Zurückzahlung wurde abgewiesen, ihre Berufung zurückgewiesen. Die Revision hatte Erfolg.

Gründe

"Der Beklagte und ihm folgend das Landgericht und das Kammergericht halten die Anmeldung der Klägerin nach Tarifnr. 10 RStempG. in der Fassung des Gesetzes über einen Warenumsatzstempel vom 26. Juni 1916 für stempelpflichtig. Dm Gegenstand der Besteuerung bilden dort nach der Überschrift Warenumsätze und nach der Tarifnr. 10 selbst Anmeldungen der Gewerbetreibenden über bezahlte Warenlieferungen. Es folgt eine Anzahl von Zusätzen. Zusatz 1 sagt, was außer der wirklichen Barzahlung noch als Bezahlung gilt, Zusatz 2 sagt, was eine Warenlieferung ist, was außerdem als solche gilt und was jedenfalls nicht als Ware gilt, Zusatz 3 bestimmt, was den Warenlieferungen gleichsteht, Zusatz 4 endlich regelt den Fall, daß bei Abwickelung mehrerer Kauf- oder Anschaffungsgeschäfte, die zwischen verschiedenen Personen über dieselben Waren oder über Waren gleicher Art abgeschlossen sind, die Ware nur einmal in Natur übertragen wird. Warenlieferung ist nach Zusatz 2 die entgeltliche Übertragung beweglicher Sachen. Übertragung bedeutet im Sinne der Tarifnr. 10 a. a. O. die Übertragung des Eigentums an der Ware, die, abgesehen von der erforderlichen Willenseinigung der Beteiligten, hinsichtlich des Eigentumsüberganges mittels körperlicher Übergabe (§ 929 Satz 1 BGB.), mittels Übergabe kurzer Hand (§929 Satz 2), durch Besitzkonstitut (§ 930), durch Abtretung des dinglichen Herausgabeanspruchs des Eigentümers (§ 931) oder auch durch Übergabe des Lagerscheins, Ladescheins oder des Konnossements (§§ 424, 450, 647 HGB.) erfolgen kann; vgl. RGZ. Bd. 92 S. 347 (350). Für die handelsrechtlichen Übereignungsmöglichkeiten gibt Zusatz 5 der Tarifnr. 10 eine hier nicht in Frage kommende Sondervorschrift.

Entgeltlich ist eine Übertragung nach Zusatz 4, wenn durch sie ein Kauf- oder sonstiges Anschaffungsgeschäft erfüllt wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juni 1918, VII. 92/18). Eine Ware ist hiernach geliefert, wenn das Eigentum an einer beweglichen Sache auf Grund eines Kauf- oder sonstigen Anschaffungsgeschäfts einem anderen übertragen ist. Zusatz 3 stellt den Warenlieferungen unter bestimmten Voraussetzungen Lieferungen aus Werkverträgen gleich. Da der Zusatz 3 nach dem oben mitgeteilten Plane des Gesetzes sich nicht mit dem Begriffe der Ware beschäftigt, diesen vielmehr Zusatz 2 umgrenzt und teils einschränkt, teils ausdehnt, so handelt es sich in dem Zusatz 3 um den Begriff der Lieferung. Obwohl den Gegenstand eines Werkvertrags an sich nicht der Warenumsatz bildet, sondern die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg (§ 631 Abs. 2 BGB.), so sollen doch den Warenlieferungen gleichstehen Lieferungen aus Werkverträgen, wenn der Unternehmer das Werk aus den von ihm zu beschaffenden Stoffen herzustellen verpflichtet ist und es sich hierbei nicht bloß um Zutaten oder Nebensachen handelt. Das hat seinen guten Grund, denn wenn der Unternehmer das Werk aus einem von ihm zu beschaffenden Stoffe herzustellen hat, so kommt es in der Tat zu einer Lieferung, der Unternehmer hat alsdann dem Besteller die hergestellte Sache zu übergeben und ihm das Eigentum an der Sache zu verschaffen (§ 651 Satz 1 BGB.). Solche Verträge, die in der Rechtslehre Werklieferungsverträge genannt werden, sehen Kaufverträgen ähnlich, und deshalb finden auf sie nach § 631 Satz 2 BGB. grundsätzlich die Vorschriften über den Kauf Anwendung, es sei denn, daß es sich bei den zu beschaffenden Stoffen nur um Zutaten oder Nebensachen handelt (§ 651 Abs. 2 a. a. O.).

Der Wortlaut des Zusatzes 3 a. a. O. stimmt, wie sich gezeigt hat, mit dem Wortlaute des § 651 BGB. in den wesentlichen Punkten überein. Das ist kein Zufall, sondern bewußte Absicht. Die Warenumsatzsteuer ist ein Werk der Reichstagskommission. Bei der dort stattfindenden zweiten Lesung erklärte der Berichterstatter (13. Legislat-Per. II. Sess., Anl. zu den Stenograph. Ber. Aktenst. Nr. 321 S. 638 flg.), einige wichtige Grundgedanken des Gesetzes festlegen zu wollen, und bat die Regierungsvertreter, deren Richtigkeit zu bestätigen. Zum Zus. 3 a. a. O. erklärte er, daß dadurch die Fälle des Werklieferungsvertrags getroffen werden sollten und daß wegen dieses Begriffes auf das bürgerliche Recht zu verweisen sei. Von den Regierungsvertretern wurde ein Widerspruch dagegen nicht erhoben.

Übrigens fallen trotz des Zusatzes 3 nicht alle Werklieferungsverträge in den Rahmen der Tarifnr. 10 a. a. O. Ein Vertrag, durch den jemand sich verpflichtete, auf einem von ihm zu beschaffenden Grundstück und aus den von ihm zu beschaffenden Stoffen ein Gebäude zu errichten und das bebaute Grundstück dem Besteller zu übergeben und zu übereignen, würde ein Werklieferungsvertrag sein (Planck, Anm. 2a zu § 651; Staudinger, Anm. VIIb ebenda, Ortmann, Anm. 2a ebenda), zu einer Warenlieferung i. S. der Tarifnr. 10 würde aber ein solcher Vertrag nicht führen, denn es würden nicht bewegliche Sachen umgesetzt werden, sondern ein Grundstück. Zusatz 2 a. a. O. erfordert, wie schon hervorgehoben, die Übertragung beweglicher Sachen, spricht in seinem Schlußsatz auch noch besonders aus, daß Grundstücke nicht als Waren gelten.

Eine unter die Tarifnr. 10 fallende Lieferung aus einem Werkvertrage liegt nach alledem vor, wenn der Unternehmer auf Grund des Vertrags verpflichtet ist, aus den von ihm zu beschaffenden Stoffen, bei denen es sich nicht bloß um Zutaten oder Nebensachen handeln darf, eine bewegliche Sache herzustellen, sie dem Besteller zu übergeben und ihm das Eigentum daran entgeltlich zu übertragen. Die Geschäfte der Klägerin, um die es sich in dem gegenwärtigen Rechtsstreite handelt, weisen diese Merkmale nicht auf. Die Klägerin stellt dabei überhaupt keine beweglichen Sachen her, sondern sie fügt Baustoffe als neue wesentliche Bestandteile (§ 94 Abs. 1 BGB.) in unbewegliche Sachen der Besteller ein und verändert sie dadurch. Es kann deshalb auch die Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache nicht stattfinden. In einigen vom Kammergerichte gebilligten Bemerkungen des Landgerichts tritt die Auffassung zutage, als ob die Klägerin erst das Eigentum an den Baustoffen als solchen auf die Besteller übertrage und nachher daraus die Gebäude errichte. In einem solchen Falle würde selbstverständlich ein steuerpflichtiger Umsatz von beweglichen Sachen gegeben sein, aber jene Auffassung des Landgerichts widerspricht dem unstreitigen Sachverhalte, nach welchem die Klägerin die noch in ihrem Eigentum befindlichen Baustoffe nach und nach in Grundstücksteile verwandelt und diese, nicht die Baustoffe als solche, in das Eigentum der Besteller übergehen. Die Klägerin entäußert sich zwar ihrer Ware, indem sie sie in das Grundstück des Bestellers hineinbaut, der Besteller empfängt aber keine Ware, und deshalb liegt keine Lieferung von Ware, kein Warenumsatz vor. Der Eigentumsübergang findet auch nicht, wie es zu dem oben entwickelten Begriffe der Warenlieferung gehört, auf Grund der §§ 929 flg. BGB. oder der §§ 424, 450, 647 HGB. statt, sondern auf Grund der sachenrechtlichen Vorschrift des § 946 BGB., nach der sich das Eigentum an dem Grundstück auch auf dessen wesentliche Bestandteile erstreckt. Was wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, tritt in das Eigentum des Grundstückseigentümers, ohne daß es auf den Willen der Beteiligten ankommt, und sogar gegen ihn. Das übersieht das Kammergericht, wenn es ausführt, daß die Besteller Bauwerke bestellt hatten und daß ihnen solche sinngemäß erst nach der Fertigstellung geliefert werden konnten. Ein auf fremdem Grund und Boden errichtetes Bauwerk kann nicht mehr geliefert, d. h. übereignet werden, es gehört ohnehin bereits dem Besteller. An anderer Stelle sagt das Kammergericht auch selbst, daß die Klägerin ihrer vertragsmäßigen Pflicht, Bauten auf fremdem Grund und Boden zu liefern, nicht erst mit Fertigstellung der einzelnen Bauten genüge.

Nicht zu verkennen ist, daß die Auslegungsgrundsätze des Bundesrats zum Warenumsatzstempelgesetze vom 19. Oktober 1916 (nichtamtlicher Teil des Reichsanzeigers Nr. 231 vom 24. Oktober. 1916) auf einem anderen Standpunkte stehen, als er hier vertreten wird. Nach der Vorschrift zu IV 3 das. soll auch die Errichtung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden dem Umsatzstempel unterliegen. Die Auslegungsgrundsätze sind indessen keine Rechtsvorschriften, die den Richter binden, es sind nur Verwaltungsvorschriften, die zwar Beachtung verdienen, weil sie von einer der an der Gesetzgebung beteiligten Stellen ausgehen, denen aber eine entscheidende Bedeutung nicht beigelegt werden kann. Stehen sie mit dem Gesetz in Widerspruch, so müssen sie zurücktreten (vgl. RGZ. Bd. 76 S.19, Urteil des erk. Sen. vom 26. März 1918 VII. 32/1918). Der Satz, in welchem der Bundesrat a. a. O. seine Ansicht klarlegt und aus dem er die oben wiedergegebene Folge herleitet, lautet folgendermaßen:

Unter die Herstellung von Sachen, die als Lieferung aus Werkverträgen anzusehen ist, fällt die Herstellung von Sachen auch dann, wenn in Ausführung des Werkvertrags die hergestellte Sache mit dem Grund und Boden als wesentlicher Bestandteil fest verbunden wird.

Anders ausgedrückt heißt das: Eine Lieferung aus Werkverträgen liegt auch dann vor, wenn usw. wie oben. Es wird also vorausgesetzt, daß erst eine Sache hergestellt und dann mit dem Grund und Boden verbunden wird. Der Eigentumsübergang, der sich durch die Verbindung mit dem Boden nach § 946 BGB. von Gesetzes wegen vollzieht, soll dann als Verschaffung des Eigentums im Sinne des § 651 BGB., als Übertragung beweglicher Sachen im Sinne der Tarifnr. 10 RStempG. angesehen werden. Schon das widerspricht dem oben Ausgeführten. Auch abgesehen davon aber, jener Satz des Bundesrats trägt nicht die daraus gezogene allgemeine Folgerung. Bei dem Errichten eines Gebäudes handelt es sich -- von hier nicht in Frage kommenden Ausnahmefällen abgesehen -- nicht um das Einfügen eines als bewegliche Sache fertiggestellten Gebäudes in das Grundstück, sondern um das allmähliche Herstellen des Bauwerkes aus den verschiedenen Stoffen. Dabei wird eine unbewegliche Sache verändert, keine bewegliche Sache hergestellt, wie oben bereits näher dargelegt ist. Für diesen Fall müßte es in dem Satze des Bundesrats statt: "hergestellte Sache" mindestens heißen: "herzustellende Sache", und auch dann würde bei dem gezogenen Schlusse immer noch das Gebäude als selbständige bewegliche Sache angesehen sein, während es in jedem Augenblicke seines Entstehens immer nur den wesentlichen Bestandteil einer unbewegliche Sache bildet, eines Grundstücks, das durch allmähliches Einfügen von Stoffen, die eben damit zu Gebäudeteilen werden, aus einem unbebauten zu einem bebauten gemacht wird.

Gleich den meisten Erläuterern des Gesetzes über einen Warenumsatzstempel billigt auch Kloß (a. a. O. S. 96 Nr. 33) die Ansicht des Bundesrats; a. M. z. B. Lindemann a. a. O. S. 37 Nr. 13; Jur.Wochenschr. 1916 S.1063, 1917 S. 144. Kloß meint, daß es gleichgültig sei, ob der Unternehmer die auf Bestellung hergestellten Sachen einem Grundstück einfüge oder nicht; in beiden Fällen gebe er Sachen hin und empfange Bezahlung dafür, und das sei das Wesen des Warenumsatzes, den das Gesetz besteuern wolle. Auch hier findet sich also der schon mehrfach hervorgehobene Irrtum. Der Besteller empfängt eben keine Sachen, das "Werk" besteht in der Veränderung einer ihm bereits gehörigen Sache, seines Grundstücks. Ein Umsatz von Waren, den das Gesetz besteuert, findet nicht statt. Die Ware geht nicht als Ware von Hand zu Hand. Was umgesetzt wird, das sind wirtschaftliche Werte. Wenn Kloß diesen Umsatz dem vom Gesetze besteuerten Warenumsätze gleichstellt, so wird er damit dem Sinne und dem Wortlaute des Gesetzes nicht gerecht. Warenumsatz ist nur Umsatz der Ware selbst, nicht des wirtschaftlichen Wertes der Ware, wie der Senat schon RGZ. Bd.92 S. 347 (350) ausgesprochen hat. Soweit die Entstehungsgeschichte des Gesetzes erkennen läßt, hat man auch bei seiner Beratung nicht daran gedacht, alle wirtschaftlichen Werte den Waren gleichzustellen. Was die durch den Werkvertrag umgesetzten Werte anlangt, so hat der Berichterstatter der Reichstagskommission bei der schon erwähnten Gelegenheit -- wiederum ohne bei den Regierungsvertretern Widerspruch zu finden -- erklärt: "Damit freilich müsse man sich bescheiden, daß die Fälle des reinen Werkvertrags von der Steuer nicht ergriffen werden". Für die von dem Revisionsbeklagten angeregte Möglichkeit, daß der Berichterstatter sich über den Begriff des reinen Werkvertrags geirrt, einen solchen nur als gegeben angenommen habe, wenn der Unternehmer überhaupt keinen Stoff zu liefern habe, liegt ein Anhalt nicht vor. Bei reinen Arbeitsverträgen, deren Gegenstand etwa eine Gesangsleistung bildet, kann an einen Warenumsatz keinesfalls gedacht werden. Der Berichterstatter hat denn auch unmittelbar vor seiner oben wiedergegebenen Schlußbemerkung von Kunstwerken gesprochen, Gemälden und Bildwerken, bei denen die Leinwand, die Farbe und der Stein vom Künstler zu beschaffen sind; gerade diese Fälle haben ihn angeregt, jene Bemerkung wegen des reinen Werkvertrags zu machen. Das Gesetz über einen Warenumsatzstempel war ein erster Schritt der Gesetzgebung auf ein neues Gebiet. Dem damaligen Sichbescheiden ist das Umsatzsteuergesetz vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 779) gefolgt, das den Kreis der Steuerpflicht wesentlich erweitert hat.

Der Revisionsbeklagte hat weiter gemeint, daß die Tarifst. 75 preuß. StempG. das Vorbild für den Zusatz 3 der Tarifnr. 10 RStempG. gebildet habe. Die Entstehungsgeschichte des Warenumsatzstempelgesetzes gibt dafür keinen Anhalt. Zutreffen kann es höchstens für Abs. 1 der Tarifst. 75 a. a. O., nach welchem Verträge über die Herstellung beweglicher Sachen aus Stoffen des Übernehmers als Lieferungsverträge versteuert werden sollen. Handelt es sich bei dem Werke um eine nichtbewegliche Sache, so soll es nach Abs. 2 a. a. O. so angesehen werden, als ob über die mit dem Grund und Boden in dauernde Verbindung zu bringenden Stoffe des Unternehmers ein unter Tarifst. 32 fallender Lieferungsvertrag und über die Arbeitsleistung ein unter Tarifst. 72 Nr. 2 a. a. O. fallender Arbeitsvertrag abgeschlossen wäre. Entscheidend ist hier das Merkmal der Trennung in zwei steuerlich besonders zu behandelnde Verträge. Gerade dies fehlt in dem Warenumsatzstempelgesetz. Wenn wirklich die Tarifst. 75 preuß. StempG. vorbildlich gewesen sein sollte, müßte man aus diesem Sachverhalt ebenfalls schließen, daß das Warenumsatzstempelgesetz mit Verträgen, bei denen es sich um eine nicht bewegliche Sache handelt, nichts zu tun hat. Jedenfalls ist aus seinem Inhalte nichts dafür zu entnehmen, daß solche Verträge in einen Lieferungs- und einen Arbeitsvertrag zu zerlegen wären. Der Bundesrat ist denn auch in seinen Auslegungsgrundsätzen (V 3 das.) -- von seinem Standpunkt aus folgerichtig -- dazu gelangt, bei Lieferungen aus Werkverträgen, die den Warenlieferungen gleichzustellen sind, ganz allgemein den Gesamtbetrag der Steuerberechnung zugrunde zu legen, auch wenn für den zu beschaffenden Stoff und für die geleistete Arbeit besondere Preise veranschlagt waren. Das entspricht dem Rechte und der Billigkeit, wenn es sich um bewegliche Sachen handelt, denn die aus dem Stoffe und mit der Arbeit des Unternehmers hergestellte bewegliche Sache ist die Ware, die übergeben und übereignet, also umgesetzt wird. Es widerspricht aber der Billigkeit und, wie der Senat annimmt, auch dem Rechte, wenn es sich um unbewegliche Sachen handelt. Als umgesetzte Waren könnten in einem solchen Falle höchstens die verwendeten Stoffe gelten, eine Besteuerung auch der Arbeit würde ganz aus dem Rahmen des Warenumsatzstempelgesetzes herausfallen.

Der Revisionsbeklagte hat endlich noch gemeint, daß die Steuerpflicht doch sicherlich gegeben sei, wenn die Klägerin die Betonklötze zur Herstellung des Gebäudes auf ihrem eigenen Grundstücke fertigstelle und demnächst auf das fremde Grundstück anliefere, oder wenn sie ein bei ihr bestelltes kleines Bauwerk, z. B. eine Hundehütte, aus Beton auf ihrem eigenen Grundstück anfertige, demnächst nach dem fremden Grundstücke bringe und dort einbaue. Dazu sei kurz bemerkt, daß auch die Betonklötze lediglich Baustoffe sind und die Entscheidung der streitigen Frage bei ihnen wie bei andern Baustoffen davon abhängt, ob sie als solche dem Besteller übereignet und dann erst zum Baue des Hauses verwendet werden, oder ob sie erst durch die Einfügung in das Grundstück in das Eigentum des Bestellers übergehen. Ebenso liegt die Sache im Grunde bei der Hundehütte. Geht sie noch als bewegliche Sache in das Eigentum des Bestellers über, erscheint also die Einfügung in das Grundstück nur als Nebenleistung, so ist die Steuerpflicht gegeben, andernfalls nicht. Als Nebenleistung ist z. B. angesehen worden die Aufstellung und Installation von Herden, die ohne nähere Individualisierung als vertretbare Sachen zu einem bestimmten Neubaue geliefert wurden (Urt. d. RG.s vom I.Oktober 1907 II. 122/07).

Das Kammergericht hat in seinem Urteile noch einen zweiten selbständigen Entscheidungsgrund angeführt. Es meint, daß im vorliegenden Falle eine "untrennbare Verbindung" der einzelnen zur Herstellung des Baues dienenden Teile mit dem Grund und Boden des Bestellers gar nicht stattgefunden habe. Die Klägerin habe in einer durch Einschalungen gebildeten Form eine Mischung hergestellt, sie sei also imstande gewesen, diese Mischung, falls sie sich als ungeeignet erwies, wieder herauszunehmen, zu verändern oder durch eine andere zu ersetzen. Die Klägerin habe daher auch tatsächlich das bestellte Werk erst nach der Fertigstellung und nach Fortnahme der die Form bildenden Einschalungen übergeben. Auch diese Erwägung ist von dem Rechtsirrtum beeinflußt, daß ein auf fremdem Grund und Boden errichtetes Gebäude nach seiner Fertigstellung überhaupt noch übergeben werden kann, während es dann bereits Eigentum des Grundstückseigentümers ist. Unerheblich ist dabei, ob die einzelnen Mischungen zunächst gleichsam versuchsweise dem Grundstück eingefügt werden. Bleiben sie darin, so sind sie eben eingefügt und sind dann mit dem Grund und Boden fest verbundene Sachen im Sinne des § 94 Abs. 1 BGB.

Das Urteil des Kammergerichts war hiernach aufzuheben und das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben wird."