RG, 25.04.1884 - II 498/83

Daten
Fall: 
Einrede "der mangelnden Passivlegitimation"
Fundstellen: 
RGZ 11, 389
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
25.04.1884
Aktenzeichen: 
II 498/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Metz
  • OLG Kolmar

1. Ist gegen ein Zwischenurteil, welches die s. g. Einrede "der mangelnden Passivlegitimation" verwirft, die Berufung statthaft?
2. Ist dieselbe eventuell statthaft, wenn in den Gründen die Zulässigkeit des Rechtsweges erörtert und bejaht, darüber aber im Dispositiv des Urteiles nicht entschieden worden ist, auch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges gar nicht vorgeschützt war?

Tatbestand

Kläger hat vom deutschen Militärfiskus, vertreten durch den Festungsgouverneur zu Metz, Schadensersatz gefordert, weil zwei ihm gehörige Grundstücke beim Bau eines Forts benutzt worden waren. Der Beklagte hat in erster Instanz seine Passivlegitimation bestritten, weil die Klage gegen die Unternehmer (Akkordanten) des Baues zu richten gewesen wäre. Das Landgericht hat erkannt: "Die Einrede der mangelnden Passivlegitimation wird unter Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten verworfen." Der Beklagte hat Berufung eingelegt und die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges vorgeschützt. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichtes aufgehoben und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges abgewiesen. Die Gründe gehen davon aus, daß die Berufung zwar unzulässig erscheine, soweit die Einrede der mangelnden Passivlegitimation verworfen werde, nichtsdestoweniger aber zulässig sei, weil durch ebendiese Entscheidung der Beklagte thatsächlich für verpflichtet erklärt worden, sich auf die Klage einzulassen. Dieser Thatsache gegenüber sei es unerheblich, daß die Einrede der Unzulässigst des Rechtsweges nicht vorgeschützt worden. Das Reichsgericht hat das Urteil des Oberlandesgerichtes aufgehoben und die Berufung als unzulässig verworfen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Daraus, daß in den Gründen zum landgerichtlichen Urteile die Zulässigkeit des Rechtsweges erörtert und bejaht wird, und daß die getroffene Entscheidung dazu führt, daß der Beklagte sich auf die Klage einzulassen hat, folgt keineswegs, daß ein Zwischenurteil vorliege, gegen welches nach §. 248 Abs. 2 C.P.O. die Berufung stattfindet. Ein solches Urteil setzt vielmehr voraus, daß ein Streitpunkt entschieden, daß nämlich die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges als prozeßhindernde geltend gemacht, darüber besonders verhandelt und entschieden worden sei. Eine solche Einrede war aber nicht vorgeschützt worden, mithin konnte auch nicht über sie entschieden werden. Wenn auch das Landgericht, wie ihm oblag, von Amts wegen die Zulässigkeit des Rechtsweges geprüft und sie in den Gründen bejaht hat, so hat es doch hierüber keine der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen; es war vielmehr durch die Bemerkung in den Gründen nicht gehindert, in der Folge von seiner Rechtsansicht abzugehen und die Klage als vor den bürgerlichen Gerichten unstatthaft abzuweisen.

Sofern die Entscheidung "die Einrede der mangelnden Passivlegitimation" verwirft, ist sie gleichfalls kein Zwischenurteil, das mit der Berufung angegriffen werden kann. Es ist in der Wissenschaft und Rechtsprechung längst außer Zweifel, daß die Bestreitung der Passivlegitimation keine Einrede, sondern die Verneinung sei, daß der geltend gemachte Anspruch dem Kläger gegen den Beklagten zustehe;1 daher ist auch ein Zwischenurteil, welches diese angebliche Einrede verwirft, kein solches über ein einzelnes selbständiges Verteidigungsmittel, sondern über einen Teil des Anspruches, darüber nämlich, ob dieser, wenn überhaupt begründet, gegen diesen Beklagten verfolgt werden könne. Weil aber hiernach nicht über den Anspruch nach allen Richtungen, in seiner Gesamtheit, vorab entschieden wird, ist das Zwischenurteil kein solches im Sinne des §. 276, sondern fällt unter §. 275 C.P.O. und findet daher keine Berufung gegen dasselbe statt."

  • 1. vgl. Wetzell, System §. 16, S. 134; Bethmann-Hollweg, Versuche S. 100 flg.; Renaud, Civilprozeß §. 87; Seuffert, Archiv Bd. 5 Nr. 233, Bd. 14 Nr. 270;