RG, 02.11.1881 - I 603/81
1. Bezieht §. 293 C. P. O. sich auch auf die Rechtskraft von Urteilen, welche schon vor Einführung der C. P. O. ergangen sind?
2. Wird nach dem (vormaligen) gemeinen Prozeßrechte durch die Feststellung eines Rechtsverhältnisses nur für den konkreten Fall oder auch für künftige Fälle Rechtskraft begründet?
Aus den Gründen
"Das Oberlandesgericht nimmt mit Recht an, daß die Bestimmungen des §. 293 C. P. O. über die Rechtskraft hier nicht zur Anwendung kommen, weil der Vorprozeß noch nach dem früheren, vor Einführung der Reichscivilprozeßordnung in Hamburg geltenden Verfahren verhandelt und entschieden ist. Denn diese Bestimmungen stehen in untrennbarem Zusammenhange mit anderweiten Vorschriften des Gesetzes. z. B. mit den §§. 231. 253. 467, und können daher sich nur auf die Wirkung und den Umfang der Rechtskraft solcher Urteile beziehen, welche auf Grund eines durch die Civilprozeßordnung geregelten Verfahrens ergangen sind. Für die Bedeutung und Tragweite der Vorerkenntnisse ist daher das früher in Hamburg geltende gemeine Recht, unter dessen Herrschaft sie ergangen sind, maßgebend.1
Nach der über die Frage, ob und wieweit die Gründe eines Erkenntnisses der Rechtskraft fähig sind, für das gemeine Recht vorherrschenden Ansicht, welcher sich auch das vormalige Reichsoberhandelsgericht in mehrfachen Entscheidungen (vgl. z. B. Seuffert, Archiv Bd. 25 Nr. 278 u. Entsch. d. R. O. H. G.'s Bd. 5 S. 84 u. Bd. 14 S. 359 und die dortigen Ausführungen) angeschlossen hat und von welchen abzugehen das Reichsgericht keine Veranlassung findet, hat ein Erkenntnis, welches auf der Feststellung eines Rechtsverhältnisses beruht und diese bezweckt, die Wirkung der Rechtskraft nicht bloß für den in jenem Rechtsstreite aus der Existenz oder Nichtexistenz des Rechtsverhältnisses hergeleiteten konkreten Anspruch, sondern auch für alle künftigen Fälle, bei welchen dasselbe Rechtsverhältnis wieder in Frage kommt."
- 1. Vgl. Entsch. d. R. G.'s in Civils. Bd. 3 Nr. 79 S. 290 u. Bd. 5 Nr. 90 S. 335.