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RG, 02.04.1884 - I 54/84

Daten
Fall: 
Wechselordnung durch Teilindossament
Fundstellen: 
RGZ 11, 148
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
02.04.1884
Aktenzeichen: 
I 54/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

Werden nach den Grundsätzen der allgem. deutschen Wechselordnung durch ein s. g. Teilindossament Wechselrechte erzeugt oder übertragen?

Gründe

In den Gründen des Revisionsurteils, welches, in Übereinstimmung mit dem Berufungsurteile, die in der Überschrift gestellte Frage verneint hat, heißt es zunächst bei Erörterung eines im übrigen hier nicht mitzuteilenden Revisionsgrundes wegen angeblicher Verletzung von Normen des Prozeßrechtes:

"Bei ihrem ersten Angriffe gegen das Berufungsurteil geht die Klägerin ersichtlich von der Voraussetzung aus, daß das Indossament der nach wechselgerechter Aufhebung der Wechselrechte auf einen Teil der Wechselsumme, bezw. Wechselregreßsumme, überhaupt noch bestehenden Rechte aus dem Wechsel kein Teilindossament, sondern das Indossament des Wechsels sei. Diese Voraussetzung ist eine begründete. Korrekt bezeichnet wird mit dem Ausdrucke Teilindossament nur diejenige (in Form eines Indossamentes auf den Wechsel, eine Kopie desselben, oder eine Allonge geschriebene) Erklärung des Wechselinhabers, welche (nach ihrem und dem sonstigen Wechselurkundsinhalt) für den betreffenden Indossatar Wechselrechte nur in bezug auf einen Teil der laut Wechsel noch geschuldeten Wechselsumme, oder Wechselregreßsumme, oder Wechselsumme und Wechselregreßsumme kreieren, bezw. auf den Indossatar als Indossament übertragen soll, während inhalts der Wechselurkunde den Wechselrechten des Teilindossatars qualitativ gleichartige Wechselrechte einer von dem Teilindossatar verschiedenen Person (z, B. des Teilindossanten), oder mehrerer von dem Teilindossatar verschiedenen Personen (z, B. anderer Teilindossatare) auf den Rest der wechselmäßig geschuldeten Summen als koexistent erscheinen."

Darauf wird in den Gründen des Revisionsurteiles in bezug aus die in der Überschrift gestellte Frage gesagt:

"Der Prüfung der einschlagenden Bestimmungen der Allgemeinen deutschen Wechselordnung sind folgende Bemerkungen vorauszuschicken.

In dem Geltungsgebiete des englischen und nordamerikanischen Rechtes sind Teilindossamente von jeher für ungeeignet erachtet, die Begebung eines zur Cirkulation im Verkehre bestimmten Papieres zu bewirken. In Übereinstimmung damit bestimmt das englische Gesetz vom 18. August 1882 (45. 46 Victoria cap. 61) unter Nr. 32 für Tratten (bills of exchange):

"Ein Indossament muß, um als Begebung (negotiation) zu wirken, folgenden Erfordernissen entsprechen:

2. Es muß ein Indossament der ganzen Tratte sein. Ein Teilindossament, d. h. ein Indossament, welches die Übertragung nur eines Teiles der zu zahlenden Geldsumme an den Indossatar oder die Übertragung der Tratte an zwei oder mehrere Indossatare zu getrenntem Rechte als seinen Gegenstand bezeichnet, bewirkt nicht eine Begebung der Tratte."

Nach der Bestimmung unter Nr. 89 desselben Gesetzes findet vorstehender Grundsatz auch auf eigene Wechsel (promissory notes) Anwendung.

Der Art. 23 des revidierten Entwurfes einer Wechselordnung für das Russische Reich lautet:

"Der Wechsel kann auf mehrere Indossatare, jedoch nur als an eine Gesamtheit, übertragen werden. Die Übertragung des Wechsels kann nicht auf einen Teil beschränkt werden."

In einzelnen früheren partikularen Wechselordnungen in Deutschland, z. B. in der brandenburg-onolzbachschen Wechselordnung von 1739 und der weimarischen Wechselordnung von 1819, sind Teilindossamente ausdrücklich verboten.

Die Lehrer des Wechselrechtes in Deutschland vor Geltung der Allgemeinen deutschen Wechselordnung und in Frankreich, woselbst der Code du Commerce keine Bestimmung über Teilindossamente enthält, streiten über die Zulässigkeit von Wechselteilindossamenten.

Darüber ist man indessen einig gewesen, daß solche Indossamente im Wechselverkehre (bei den Formen der Durchführung des Wechselregresses und bei der Bedeutung der Inhaberschaft des Wechselbriefes und des Verfügungsrechtes über diesen Wechselbrief für die Erzwingbarkeit des Wechselanspruches) zu den mannigfachsten und widerwärtigsten Verwickelungen und Schwierigkeiten führen müssen. Nouguier, der gewiegteste Kenner des französischen Wechselrechtes, sagt unter Nr. 665 der vierten Ausgabe seines Werkes über dasselbe: "Ist das Teilindossament eines Wechsels gültig? Ich halte es für schwierig, aus dem Gesetze einen Grund gegen denjenigen, welcher einen solchen Akt versuchen würde, herzuleiten. Indessen der Verkehrsgebrauch erkennt solche Akte nicht an, und würde sich ihnen in dem praktischen Leben eine Menge von Anständen entgegenstellen. Diese Schwierigkeiten in der Durchführung sind so groß, daß dieselben das Verbot des Teilindossamentes herbeiführen sollen."

Daß der doktrinelle Streit über die Zulässigkeit der Teilindossamente sowohl in Frankreich, als auch in Deutschland schon längere Zeit vor Einführung der allgemeinen deutschen Wechselordnung, lediglich ein akademischer gewesen ist, während im Lebensverkehr die (früher vielleicht öfters versuchten) Teilindossamente wegen der dadurch verursachten Unzuträglichkeiten so gut wie gar nicht vorgekommen sind, wird dadurch schlagend angezeigt, daß in den umfassenden Sammlungen der Rechtsprechung französischer Gerichtshöfe bis in die neueste Zeit kein Urteil erfindlich gewesen ist, welches sich mit der Frage der Gültigkeit von Teilindossamenten befaßte, während von den durch Druck veröffentlichten Urteilen deutscher Gerichtshöfe nur drei Urteile diese Frage in der Decisivbegründung zu entscheiden gehabt haben und ein viertes Urteil die Frage gelegentlich berührt.

  1. Erkenntnis des Hamburger Handelsgerichtes vom 21. April 1864 in der Hamburger Gerichtszeitung von 1864 S. 137. 138.
  2. Bescheid des Oberappellationsgerichtes Rostock vom 5. Februar 1866 im 6. Bande der von Buchka und Budde herausgegebenen Entscheidungen des genannten Oberappellationsgerichtes Nr. 60 S. 226. 227.
  3. Erkenntnis des Oberappellationsgerichtes zu Dresden vom 3. September 1875, abgedruckt in Pöschmann's Annalen, N. F. Bd. 22 S. 265.
  4. Erkenntnis des preußischen Obertribunales IV. Senat vom 13. März 1860, abgedruckt in den Entscheidungen des Obertribunales Bd. 43 S. 264.

Ein erfahrener Kenner des Handels- und Wechselverkehres, Karl Peter Kheil, bezeichnet in der dritten Auflage seines Wechselrechtes S. 136. 137 und im Archive für deutsches Wechselrecht Bd. 10 S. 176 "die Teilindossamente als eine Antiquität, welche gegenwärtig im Handelsverkehr niemals vorkomme". Brentano sagt in der 4, Aufl. der "Lehre Schiebe's von den Wechselbriefen" S. 74. 75, "die von theoretischem und praktischem Standpunkte verwerflichen Teilindossamente kämen im Handelsverkehr kaum vor".

Diese Ungebräuchlichkeit der Teilindossamente kann es erklären, daß (trotz jenes akademischen Streites über ihre Zulässigkeit) der Teilindossamente weder in den Beratungen der Leipziger Konferenz, deren Frucht die Allgem. deutsche Wechselordnung war, noch auf der Nürnberger Konferenz über mehrere zur Allgem. deutschen Wechselordnung in Anregung gekommene Fragen gedacht ist,

Da die Allgem. deutsche Wechselordnung eine besondere Bestimmung über Teilindossamente nicht enthält, ist in der deutschen Doktrin des Wechselrechtes nach jenem Gesetze die alte Kontroverse aufgelebt. Für die Zulässigkeit des Teilindossamentes haben sich namentlich erklärt:

Brauer, Bluntschli, Blaschke, Borchardt, Dernburg, Hoffmann, Hartmann, Renaud, für die Unzulässigkeit derselben Thöl, Jolly, Volkmar und Löwy, Oskar Wächter, Brentano, Kheil, Gareis, Georg Cohn und Rehbein. In den oben allegierten Urteilen haben

  1. das preußische Obertribunal in einem Falle, in welchem es sich in dem konkreten zu entscheidenden Rechtsstreite nicht um die Rechtswirkung eines Teilindossamentes, sondern um die Gültigkeit der executivischen Teilcession einer Wechselforderung gegen den Aussteller und den Acceptanten eines an eigene Ordre gestellten, noch nicht weiterbegebenen Wechsels auf Antrag einer Gerichtssalarienkasse zur Befriedigung wegen eines Kostenrestes handelte, beiläufig bemerkt, die Ansicht, daß eine Wechselforderung nicht teilweise indossiert werden könne, möchte sich kaum rechtfertigen lassen;
  2. das Oberappellationsgericht zu Dresden (wie in dem betreffenden Urteil wörtlich gesagt ist) "wenigstens für den damals in Frage stehenden Fall der Existenz eines einzigen Indossamentes auf dem Wechsel, welches auf einen Teil der Wechselsumme gerichtet war," das Teilindossament für zulässig erachtet;
  3. das Hamburger Handelsgericht die Wechselklage des Teilindossatars eines Sichtwechsels abgewiesen, weil die Vorlegung eines Sichtwechsels durch einen nur zur Empfangnahme eines Teils der Wechselsumme Legitimierten nicht als gehörige Präsentation des Wechsels zur Zahlung gelten könne;
  4. das Oberappellationsgericht zu Rostock die Klage des Teilindossatars gegen den Wechselaussteller abgewiesen, weil aus Art. 4 Nr. 4. 39 Allgem. deutsch. W.O. folge, daß durch an Teilindossament für den Teilindossanten ein erzwingbares Recht gegen den Wechselaussteller und den Wechselacceptanten nicht entstehe. Beiläufig wird (ohne Begründung) die Ansicht ausgesprochen, daß zwischen dem Teilindossanten und dessen Nachmännern eine Wechselobligation erzeugt werde.

Die Prüfung der gesamten, zur Ziehung von Folgerungen in bezug auf diese Kontroverse geeigneten Bestimmungen der Allgem. deutschen Wechselordnung seitens des Revisionsgerichtes hat dasselbe zu dem Schlusse geführt, daß nach den Grundprinzipien dieses Gesetzes durch ein sogenanntes Teilindossament Wechselrechte überhaupt weder kreiert noch wechselrechtlich übertragen werden können. Diejenigen, welche das Gegenteil annehmen, gründen ihre Auffassung darauf, daß regelmäßig Forderungen auf Zahlung einer Geldsumme teilbar, sowie Teile solcher Forderungen übertragbar seien, und daß die Allgem. deutsche Wechselordnung kein besonderes ausdrückliches Verbot der teilweisen Übertragung von Wechselansprüchen enthalte.

Diese Argumentation erregt schon deswegen Bedenken, weil nicht ersichtlich ist, daß ein Verhältnis zwischen einem geltenden objektiven Recht zur Allgem. deutschen Wechselordnung gegeben sei, welches rechtfertige, in dieser Wechselordnung nicht ausgesprochene Regeln jenes Rechtes als Normen für die Zulässigkeit wechselrechtlicher Akte zu erblicken.

Jedenfalls bedarf es keines ausdrücklichen Verbotes, um solche Verfügungen über ein eigenartiges Recht auszuschließen, welche dem eigenartigen Wesen dieses Rechtes widerstreben. Die streitige Frage kann daher nicht durch Aufstellung solcher vagen Sätze, sondern nur dadurch ihre Lösung finden, daß man die Eigenart der Wechselobligation überhaupt und die Bedeutung des Wechselindossamentes insbesondere nach den Bestimmungen der für sich in das Auge gefaßten Allgem. deutschen Wechselordnung klarlegt und dann prüft, ob Akte der Art, wie diejenigen, welche man doktrinell als Teilindossamente bezeichnet, wiewohl ihrer in der Allgem. deutschen Wechselordnung ausdrücklich gar nicht gedacht wird, doch nach den Grundprinzipien dieses Gesetzes als Akte anzuerkennen sind, welche wechselrechtlich Wechselrechte erzeugen, bezw. übertragen. Aus dem Inbegriff der Bestimmungen der Allgem. deutschen Wechselordnung (insbesondere aus den Artt. 4-7, 39. 54. 96, 98 Nr. 1-6) ergiebt sich, daß die Wechselgläubigerrechte (insoweit die Allgem. deutsche Wechselordnung selbst nicht ausdrücklich einzelne Ausnahmen statuiert), an die Inhaberschaft einer mit ganz bestimmten unerläßlichen Eigenschaften versehenen Urkunde, des Wechsels, als ihres einheitlichen Trägers geknüpft ist, und die Erfüllung der Wechselverpflichtung zur Zahlung der Wechselsumme (insoweit die Allgem. deutsche Wechselordnung selbst nicht ausdrücklich einzelne Ausnahmen statuiert) nur gegen Aushändigung des quittierten Wechsels, die Erfüllung der Wechselverpflichtung zur Zahlung der Wechselregreßsumme nur gegen Aushändigung des Wechsels, des Wechselprotestes und einer quittierten Retourrechnung gefordert werden darf, als Gegenstand eines perfekten erzwingbaren Wechselrechtes besteht. Schon daraus folgt (bei der Nichtexistenz einer in der Allgem. deutschen Wechselordnung für den Fall der Verwirklichung einer Operation, wie die als Teilindossament bezeichnete, bestimmten Ausnahme von diesen Normen der Wechselobligation), die wechselrechtliche Unwirksamkeit einer solchen Operation, welche bezweckt, das Ergebnis zu erzielen, daß die Wechselgläubigerrechte gleichzeitig mehreren Individuen in der Weise zustehen, daß jedes dieser Individuen für sich das selbständige perfekte Wechselrecht besitze, einen Teil der Wechselsumme, beziehungsweise Wechselregreßsumme, zu fordern. Das ist unmöglich, weil das gleichzeitige Innehaben des Wechsels dieses einheitlichen Trägers aller Wechselrechte durch jedes dieser mehreren Individuen für sich nicht realisierbar ist, auch keines dieser Individuen für sich durch jene Operation berechtigt wird, den einheitlichen Träger aller Wechselrechte zu quittieren und über denselben durch Aushändigung an den Wechselverpflichteten zu verfügen. Es ist unrichtig, daß die in den Artt. 66-72 Allgem. deutschen WO. über Wechselduplikate und Kopien gegebenen Normen geeignet seien, die Stringenz vorstehender Argumentation zu schwächen. Die Wechselduplikate und Kopien sind bestimmt ganz anderen Zwecken zu dienen. Das einzelne dem Teilindossatar zum Innehaben gegebene Duplikat oder die einzelne ihm übergebene Kopie ist nicht der Wechsel. Die Möglichkeit, daß etwa mehrere Individuen sich dahin verständigen können, sei es einem Dritten, sei es einem unter ihnen, die Befugnis zu übertragen, den Wechsel, dessen Summe oder Regreßsumme jeder von ihnen zum Teil für sich zu fordern prätendiert, zur gleichzeitigen Geltendmachung der sämtlichen Teilrechte gegen den Wechselverpflichteten innezuhaben, in ihrem Namen die Zahlung der Wechselsumme, beziehungsweise Wechselregreßsumme zu fordern und gegen Zahlung derselben darüber zu quittieren, den Wechsel dem Wechselverpflichteten auszuhändigen und schließlich an jedes Individuum den entsprechenden Teil der gezahlten Summe abzuführen, erscheint irrelevant für den Schluß auf die wechselrechtliche Existenz einer solchen Operation, wie das Teilindossament, als Wechselaktes. Das Wechselrecht giebt keinesfalls ein Recht auf ein Zusammenwirken der gekennzeichneten Art. Ein von einer solchen Zufälligkeit in feiner Realisierung abhängiges Recht ist nicht ein für sich bestehendes perfektes Recht, ist kein kraft Wechselrecht bestehendes Recht, d. h. kein Wechselrecht. Die Allgem. deutsche Wechselordnung kann nicht stillschweigend Normen in sich schließen, deren Anwendbarkeit derartig zufällige Singularitäten voraussetzen soll.

Außer diesen Gründen dafür, daß die Koexistenz für sich bestehender Rechte verschiedener Individuen auf Teile der Wechselsumme, beziehungsweise Wechselregreßsumme, gegen die Grundprinzipien der Allgem. deutschen Wechselordnung verstößt, sprechen dafür die Normen des Art. 4 Allgem. deutsch. W.O. über die Wechselsumme und die Zahlungszeit des Wechsels. Nach Art. 4 Nr. 2 gehört zu den wesentlichen Erfordernissen des Wechsels die Angabe der zu zahlenden Geldsumme. Die Norm des Art. 4 über die Wechselzahlungszeit lautete ursprünglich:

Die wesentlichen Erfordernisse eines gezogenen Wechsels sind
4. die Angabe der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll, die Zahlungszeit kann nur festgesetzt werden auf einen bestimmten Tag, auf Sicht" etc.

Infolge der Verhandlungen der zur Beratung eines allgem. deutschen Handelsgesetzbuches in Nürnberg niedergesetzten Kommission über mehrere zur Allgem. deutschen Wechselordnung in Anregung gekommene Fragen ist gegenwärtig die Fassung jener gesetzlichen Bestimmung dahin präzisiert:

"Die wesentlichen Erfordernisse des gezogenen Wechsels sind
4. die Angabe der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll, die Zahlungszeit kann für die gesamte Geldsumme nur eine und dieselbe sein, und nur festgesetzt werden auf einen bestimmten Tag, auf Sicht" etc.

Diese Fassung wurde veranlaßt, durch die (nach Emanation der Allgem. deutschen Wechselordnung aufgelebte) Kontroverse, ob Ratenwechsel gültig seien. Die Kommission war sich indessen nach dem Inhalt ihrer betreffenden Verhandlungen vollständig bewußt, in den eingefügten Worten kein neues Prinzip gesetzt, sondern lediglich eine notwendige Konsequenz der allgemeinen Prinzipien der allgem. deutschen Wechselordnung noch ausdrücklich ausgesprochen zu haben. Es heißt in ihrem Bericht:

"Die Festsetzung mehrerer Verfalltage, an welchen die einzelnen Raten der Wechselsumme zahlbar werden, widerspricht dem Wesen des Wechsels, als eines negoziabeln Papiers, und würde (wie auch Brauer, welcher Ratenwechsel zulassen will, zugiebt) zu den größten Inkonvenienzen, namentlich in bezug auf den Regreß führen. Daß die Leipziger Konferenz nicht die Absicht gehabt hat, Ratenwechsel zuzulassen, geht aus Artikel 54 Allgem. deutsch. W.O. hervor, nach welchem der Regreßpflichtige nur gegen Auslieferung des Wechsels etc Zahlung zu leisten verbunden ist, und muß man daher annehmen, daß Art, 4 unter Nr. 4 eine und dieselbe Zahlungszeit für den gesamten Wechselbetrag, als wesentliches Erfordernis, habe feststellen wollen."

Die Kommission schlug daher vor, im Art. 4 Nr. 4 nach den Worten des Art. 4 Nr. 4 in der ursprünglichen Fassung die Worte einzuschalten:

"für die gesamte Geldsumme nur eine und dieselbe sein und"

In der zweiten Sitzung der Nürnberger Konferenz vom 2. März 1858 wurde als Bedenken gegen diesen Vorschlag geltend gemacht:

"Die Gründe des Kommissionsberichts könnten höchstens dahin führen, daß man eine Regreßnahme aus dem Ratenwechsel für unmöglich halte. Dieses bedinge aber noch nicht die Ungültigkeit des Wechsels; denn die Möglichkeit der Regreßnahme sei kein wesentliches Erfordernis eines Wechsels. Es gebe vielmehr anerkannt gültige Wechsel, bei denen ein Regreß unmöglich oder doch beschränkt sei, z. B. wenn der Indossant ohne Obligo indossiert habe. Aber nicht einmal das könne zugegeben werden, daß bei Ratenwechseln eine Regreßnahme unmöglich sei, namentlich könne das nicht aus Art. 54 gefolgert werden, denn eine Abschreibung (Quittierung) der von dem Regreßpflichtigen gezahlten Rate aus dem Wechsel könne die Rückgabe desselben vertreten. Selbst, wenn man nicht geneigt sei, dies zuzugeben, erscheine die Regreßnahme nicht überhaupt als undenkbar; denn ein Gläubiger könne hinreichenden Grund haben, gegen Bezahlung einer einzigen Rate dem Regreßpflichtigen den Wechsel im Original zurückzugeben, z, B" wenn er außerdem gar nichts erhalten würde, weil der Acceptant in Konkurs geraten sei. Daraus, daß Art. 4 die Requisite des Wechsels aufzähle, ohne ein den Ratenwechsel ausschließendes Requisit zu statuieren, folge mit Notwendigkeit die Statthaftigkeit desselben. Bloße tatsächliche Inkonvenienzen bei der Realisierung des Wechselrechts könnten nicht für die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Wechsels entscheiden."

Als dem entgegen betont worden war:

"die faktischen Inkonvenienzen im Wechselverkehr seien nicht das Entscheidende, wohl aber sei der Schluß aus Art. 4 Nr. 4 in Verbindung mit Art. 54 darauf, daß die Zahlungszeit für die gesamte Wechselsumme eine und dieselbe sein müsse, durchaus stringent und die Gegenausführung, daß nach den Normen der Allgem. deutschen Wechselordnung eine Quittierung der Rate auf dem Wechsel die Rückgabe des Wechsels vertreten könne, eine unrichtige,"

wurde der Kommissionsantrag mit 13 gegen 1 Stimme angenommen. Diese zutreffenden Erwägungen, welche zur Rechtfertigung der konnexen Präzisierung der Gesetzesführung geführt haben, legen klar, daß im Sinne der Allgem. deutschen Wechselordnung die Wechselsumme und Wechselzahlungszeit als Essentialien des Wechsels, als feste, nicht zu zerstückelnde Einheiten gedacht sind. Nun müssen diejenigen Regeln des Wechselrechts, welche nicht in der Allgem. deutschen Wechselordnung ersichtlich auf eine bestimmte Art von Wechseln oder auf bestimmte Momente des Wechselrechtsverhältnisses beschränkt sind, als wechselrechtlich allgemein geltend angesehen werden, sodaß eine in der Allgem. deutschen Wechselordnung nicht erwähnte Operation, welche überhaupt bei einzelnen Arten von Wechseln bei Realisierung in der Allgem. deutschen Wechselordnung geregelten Akte zu jenen allgemeinen Regeln widerstrebenden Ergebnissen führen würde, für wechselrechtlich unstatthaft erachtet werden muß. Der hiernach zu führende Beweis der wechselrechtlichen Unzulässigkeit der in der Allgem. deutschen Wechselordnung nicht erwähnten Operation, welche man doktrinell als Teilindossament bezeichnet, wird geführt vermöge der Annahme, daß diese Operation vor der Sicht bei einem Wechsel auf Sicht oder auf bestimmte Zeit nach Sicht realisiert wird. Thätigen dann (was ihnen, wenn sie jeder ein selbständiges Wechselrecht besitzen, zustehen muß) die verschiedenen Teilbesitzer der Wechselgläubigerrechte die Vorlegung zur Sicht in bezug auf ihr Teilrecht zu verschiedenen Zeiten, so würde (nach den Normen der Artt. 31. 32 Allgem. deutsche W.O.) die Zahlungszeit für die gesamte Wechselsumme (gegen das wesentliche Erfordernis des Wechsels nach Art. 4 Nr. 4 bezw. Art. 96 Nr. 4 Allgem. deutsche W.O.) für die gesamte Wechselsumme nicht eine und dieselbe sein. - Daß solches nicht der Fall sein werde, wenn die Teilung der Wechselgläubigerrechte nach bewirkter Sicht des Wechsels durch dessen Inhaber zu realisieren versucht würde, sowie daß durch verabredetes gemeinschaftliches Zusammenwirken der mehreren anzeiglich selbständig Teilberechtigten (auch bei der Realisierung der gekennzeichneten Operation vor der Sicht) dieselbe Zahlungszeit für alle Teile der im ganzen zu zahlenden Summe herbeigeführt werden könnte, ist (nach gleichartigen Gesichtspunkten, wie die bei der Erörterung der Bedeutung der Artt. 39. 54 Allgem. deutsche W.O. für die Streitfrage der Zulässigkeit von Teilindossamenten entwickelten) irrelevant.

Die vorstehend gezogenen Folgerungen aus den Bestimmungen der Allgem. deutschen Wechselordnung gegen die wechselrechtliche Zulässigkeit der Teilindossamente können auch nicht durch den Hinweis darauf abgeschwächt werden, daß die Allgem. deutsche Wechselordnung doch Teilzahlungen auf den Wechsel kenne. Es unterstützen vielmehr die betreffenden Bestimmungen die gezogene Folgerung. Nirgends spricht die Allgem. deutsche Wechselordnung von einem Wechselrecht, eine Teilzahlung von dem Wechselverpflichteten zu fordern. Die Artt. 22. 38. 98 Nr. 5 Allgem. deutsche W.O. legen klar, daß die Allgem. deutsche Wechselordnung Teilzahlungen nicht als Gegenstand des erzwingbaren Wechselgläubigerrechts, sondern nur als anomale Akte der Wechselverpflichteten auffaßt, welche der Wechselinhaber nicht zurückweisen darf. Ausweislich des Protokolles der 14. Sitzung der Leipziger Wechselkonferenz ist diese Anomalie, welche im §. 38 des Entwurfes einer Wechselordnung für den preußischen Staat nicht statuiert war, nur aus praktischen Rücksichten auf das Interesse der Wechselregressaten gegen die juristische Konsequenz der sonstigen Prinzipien des Wechselrechtes zugelassen worden. - Gelangt man auf dem Wege der bisherigen Eroberungen, schon ohne Heranziehung der in der Allgem. deutschen Wechselordnung speziell vom Indossamente handelnden Bestimmungen, zu dem Schlusse, daß die Allgem. deutsche Wechselordnung weder ausdrücklich noch implicite einen wechselrechtlichen Akt zulassen könne, welcher eine Zerstückelung des einheitlichen Wechselgläubigerrechts in mehrere koexistente koordinierte Teilrechte herbeiführe, und zwar deswegen nicht, weil eine solche Koexistenz dem in der Allgem. deutschen Wechselordnung ausgeprägten Wesen der Wechselobligation widerspreche, so wird außerdem die Richtigkeit dieses Schlusses bestätigt und die Überzeugung von seiner Stringenz erhöht durch die Fassung der besonderen Normen über das Indossament unter Nr. 3 des 2. Abschnittes der Allgem. deutschen Wechselordnung, d. h. der Artt. 9 bis 17 dieses Gesetzes, welche nach Art. 98 Nr. 2 desselben auch für eigene Wechsel maßgebend sind. Die Allgem. deutsche Wechselordnung spricht in diesen Normen, mit welchen der Art. 36 des Gesetzes verknüpft werden kann, nicht von dem Indossamente als der wechselrechtlichen Übertragungsform einzelner Rechte aus dem Wechsel, sondern lediglich von dem Indossamente des Wechsels, durch welches alle Rechte aus dem Wechsel auf den Indossatar übergehen. - Neben diesen für sich schlüssigen Gründen dafür, daß die mit dem Ausdrucke "Teilindossament" bezeichnete Operation den Normen der Allgem. deutschen Wechselordnung über die wesentlichen Erfordernisse des Wechsels und über die Vorbedingungen, unter denen der Wechselgläubiger sein Wechselrecht realisieren kann, sowie der Fassung der speziell für das Indossament in jenem Gesetze gegebenen Bestimmungen widerspreche und deswegen als wechselrechtlicher Akt nach der Allgem. deutschen Wechselordnung nicht anerkannt werden dürfe, kommt adminikulierend für die Annahme der wechselrechtlichen Unzulässigkeit derartiger Operationen in Betracht, daß die Annahme ihrer Zulässigkeit (unstreitig und unzweifelhaft) im Wechselverkehr zu den mannigfachsten Schwierigkeiten und Verwickelungen, namentlich bei der Verwirklichung der Wechselregreßrechte, führen könnte, während doch die Allgem. deutsche Wechselordnung auf das Entschiedenste anstrebt, die größtmögliche Einfachheit und Sicherheit der Durchführung des Wechselrechts in das Dasein zu rufen.

Existiert hiernach das s. g. Teilindossament nach der Allgem. deutschen Wechselordnung nicht, so können in dem Geltungsgebiete dieses Gesetzes durch eine Operation der mit jenem Ausdrucke bezeichneten Art weder Wechselrechte gegen den Aussteller eines Eigenwechsels oder gegen den Acceptanten einer Tratte, noch Wechselregreßrechte wechselrechtlich kreiert oder übertragen werden. Der Unterschied, welchen das Oberappellationsgericht zu Rostock in dem obenerwähnten Bescheide zwischen dem Wechselrechte des Teilindossatars gegen den Aussteller, bezw. Acceptanten des Wechsels und einem Wechselrechte des Teilindossatars gegen den Teilindossanten betont hat, erscheint nicht stichhaltig. Selbst wenn, man dem Theorem eine Berechtigung zugestehen wollte, daß das Indossament eine neue Tratte sei, so ist dieses Theorem doch stets nur mit der Bestimmung verteidigt worden, daß diese Tratte sich an den indossierten Wechsel anschließe und (abgesehen von dem neuen Schuldner) seinen Inhalt aus dem indossierten Wechsel nehme, also auch in bezug auf die Wechselsumme mit demselben übereinstimmen müsse. Ebensowenig sind bei der wechselrechtlichen Nichtexistenz der als Teilindossament bezeichneten Operation die Singularitäten des konkreten Falles, namentlich die Herbeiführung der Sicht des Klagwechsels vor dem Versuche des Teilindossamentes, die Thätigung dieses Versuches nach erhobenem Wechselproteste mangels Zahlung, oder der Umstand, daß der (sein Wechselrecht aus einem s. g. Teilindossamente herleitende) Kläger sich gegen Zahlung der Klagsumme zur Aushändigung des Klagwechsels an den Beklagten bereit erklärt hat, geeignet, zu dem Ergebnisse zu führen, daß die in dem vorliegenden Wechselprozesse angestrengte Wechselklage begründet sei."