RG, 05.03.1884 - I 498/83

Daten
Fall: 
Kontrahieren unter Hinweis des Fonds
Fundstellen: 
RGZ 12, 229
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
05.03.1884
Aktenzeichen: 
I 498/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Frankfurt a.M.
  • OLG Frankfurt a.M.

Welche rechtliche Wirkung hat es, wenn mehrere Personen, welche zu einem bestimmten Zwecke einen Fonds zusammengebracht haben, unter Hinweis auf diesen Fonds kontrahieren?

Tatbestand

In Frankfurt a./M. hat im Jahre 1881 eine "Allgemeine Deutsche Patent- und Musterschutzausstellung" stattgefunden. Dieselbe hat mit einem bedeutenden Defizit abgeschlossen. Der Kläger hat zu dieser Ausstellung Arbeiten geliefert, für welche er sich eine Restforderung von 4812,47 M zuschreibt. Er hat wegen derselben die drei Beklagten in Anspruch genommen, welche den Ausstellungsvorstand gebildet haben.

Die Klage wurde in den beiden Vorinstanzen abgewiesen und die Revision des Klägers zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Es kann den Gerichten beider Vorinstanzen darin nicht beigetreten worden, daß die Personen, welche im Jahre 1879 in Frankfurt a./M. zusammengetreten sind, um eine Ausstellung zu veranstalten, oder daß der aus den Beschlüssen dieser Personen hervorgegangene Gesamtausschuß oder die Ausschüsse, von denen die vorgelegten Satzungen und die Geschäftsordnung, welche vom Ausstellungsvorstand vollzogen sind, reden, im rechtlichen Sinne einen Verein mit einem selbständigen, von dem seiner Mitglieder unabhängigen Vermögen gebildet haben. Allerdings ist der Versuch mehrfach unternommen worden, jede Gesamtheit von Personen, welche thatsächlich einen gemeinsamen Zweck verfolgen, zu dessen Erreichung sie gemeinsamer vermögensrechtlicher Mittel bedürfen, welche sie, unabhängig von dem jeweiligen Bestande der Mitglieder und getrennt von dem Vermögen der einzelnen, thatsächlich zusammen innehaben und verwenden, in einer den Korporationen analogen Weise zu behandeln. Allein diese Versuche haben außer acht gelassen, daß es zur Begründung von Rechtsverhältnissen bestimmter Gestaltung nicht ausreicht, daß Thatsachen dieser Gestaltung mit dem Anspruche auf rechtliche Anerkennung auftreten. Erst, wenn das objektive Recht solchem Anspruche die Wege öffnet, wird aus dem thatsächlichen Verhältnisse ein Rechtsverhältnis entsprechender Art.

Nun giebt es keinen Rechtssatz, welcher einer Vereinigung derart, wie sie sich zum Zwecke der Frankfurter Patent- und Musterschutzausstellung gebildet hat, ein besonderes Vereinsvermögen zuspricht, welches dieselben in vermögensrechtlicher Beziehung als Korporation gelten läßt. Wo es sich darum handelt, Eigentum oder dingliche Rechte zu erwerben, können es deshalb immer nur die jeweiligen Vereinsglieder sein, welche das Eigentum oder die dinglichen Rechte erwerben. Wenn diese Vereinsglieder mit oder ohne ihren Willen in Verhältnisse treten, an welche das objektive Recht die Entstehung einer obligatorischen Verpflichtung knüpft, so reicht die von dem objektiven Rechte als vermögensrechtliche Gesamtheit anerkannte Vereinigung nicht aus, um Träger der Verpflichtung zu werden; diese kann vielmehr nur an die Personen der Vereinsglieder geknüpft werden.

Daraus ist nun aber mit dem Revisionskläger nicht zu folgern, daß die Vereinsglieder, wenn sie durch ihre Vertreter unter Hinweis auf den von ihnen zusammengebrachten Fonds kontrahieren, für die Erfüllung wie römische Sozien solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen haften. Auch wenn eine einzelne Person mit der Erklärung kontrahiert, sie wolle für die Erfüllung nur mit einem bestimmten Vermögensobjekte haften, so würde dem Gläubiger, welcher sich diese beschränkende Erklärung gefallen ließ, die Einrede der Arglist entgegenstehen, wenn er unter Beiseitesetzung der getroffenen Abrede Befriedigung aus dem übrigen Vermögen seines Mitkontrahenten beanspruchen wollte. Es ist nicht einzusehen, weshalb sich die Sache anders verhalten sollte, wenn eine Mehrheit von Personen unter einer ähnlichen Beschränkung kontrahiert. Daß nun aber der Kläger auf solche Weise mit den Beklagten oder deren Beauftragten kontrahiert hat, geht aus seinen eigenen Erklärungen auf das Deutlichste hervor. Er hat nach seinen eigenen Angaben mit ihnen, als den Inhabern eines besonderen Vermögens, kontrahiert, aus welchen: er und alle diejenigen, welche wie er kontrahiert, zu befriedigen seien. Er kann also an sich auch nicht mehr fordern, als Befriedigung aus jenem Vermögen, dem Garantiefonds und den gemachten Einnahmen. Daß diese zur Befriedigung der Gläubiger verwendet worden sind, steht außer Frage. Allerdings haben sie dazu nicht hingereicht; allein das reicht nicht aus, um den Rückgriff auf das übrige Vermögen der einzelnen Mitglieder oder gar nur der drei Beklagten für ihre Person behufs Befriedigung der gesamten Restforderung des Klägers zu rechtfertigen.

Auch die Erwartung des Klägers, daß der Vorstand oder die einzelnen Ausschüsse ordnungsmäßig wirtschaften würden, reicht, wenn jener sich in dieser Erwartung getäuscht und infolgedessen Schaden erlitten hat, nicht aus, um die Vorstandsmitglieder für ihre Person und mit ihrem gesamten Vermögen für den Schaden verantwortlich zu machen. Denn jene Erwartung ist nicht mehr und nichts anderes als die Erwartung, welche jeder Kontrahent hegt, der Kredit gewährt. Er hat das Vertrauen zu seinem Mitkontrahenten, welchem er Kredit gewährt, dieser werde so wirtschaften, daß er ihn befriedigen kann. Täuscht sich der Gläubiger in diesem Vertrauen, so wird darum allein der Anspruch, welchen er gegen seinen Schuldner aus dem Vertrage auf dessen Erfüllung hat, zu keinem anderen. Will der Kontrahent diese Gefahr der Kreditierung nicht laufen, so muß er nicht Kredit geben, sondern Zug um Zug leisten, oder er muß sich nicht auf den reinen Personalkredit beschränken.

Auch der Gesichtspunkt hilft dem Kläger nicht weiter, daß die Beklagten etwa durch die Satzungen besondere Verpflichtungen übernommen hatten. Denn diese Verpflichtungen hatten sie nur gegen die Mitteilnehmer an dem Unternehmen übernommen. Der dritte Kontrahent kann aus diesem Grunde keine Rechte ableiten.

Auch sonst verpflichtet das Amt nur gegenüber demjenigen, für welchen es geführt wird, sofern das Gesetz nicht auch dem Dritten einen Anspruch auf Schadloshaltung wegen mangelhafter Amtsführung giebt. Für Fälle der vorliegenden Art giebt es aber keine entsprechende Gesetzesbestimmung.

Hiernach ist es nicht erforderlich, in eine Erörterung darüber einzutreten, ob das Oberlandesgericht mit seinen Ausführungen darüber, daß die Beklagten der ihnen gemachte Vorwurf nicht treffe, das Gesetz verletzt habe. Denn die Entscheidung würde auch in dem Falle begründet bleiben, daß diese Frage zu bejahen wäre."