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RG, 27.02.1884 - V 325/83

Daten
Fall: 
Eigentumserwerb eines zur notwendigen Subhastation gezogenen Grundstückes
Fundstellen: 
RGZ 11, 275
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
27.02.1884
Aktenzeichen: 
V 325/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Essen
  • OLG Hamm

Erwirbt der Adjudikatar das Eigentum eines zur notwendigen Subhastation gezogenen Grundstückes, welches nur irrtümlich für den Subhastaten, zugleich aber für den wahren Eigentümer auf einem anderen Blatte des Grundbuches eingetragen und nicht diesem Blatte entsprechend in dem Patente bezeichnet war?

Aus den Gründen

"Das streitige Grundstück ist zur notwendigen Subhastation gezogen und dem Kläger zugeschlagen, auch für ihn als Ersteher im Grundbuche eingetragen worden. Der Beklagte, der sich im Besitze befindet, verweigert die verlangte Herausgabe und beantragt widerklagend, daß Kläger verurteilt werde, das Eigentum des Beklagten anzuerkennen und in die Löschung der betreffenden Eigentumseintragung zu willigen. Dabei stützt sich der Beklagte auf folgende, nach der Feststellung des Berufungsrichters unstreitige Thatsachen. Das Grundstück hatte bereits vor Einleitung der Subhastation und hat auch noch jetzt zwei verschiedene Blätter im Grundbuche. Es wurde vor Einleitung der Subhastation an den Beklagten veräußert und aufgelassen und als dessen Eigentum auf einem jener Blätter eingetragen, während es auf dem anderen Blatte als Eigentum der Veräußerer stehen blieb. Gegen diese wurde es zusammen mit anderen auf demselben Blatte eingetragenen Parzellen zur Subhastation gebracht, bei welcher der Hypothekenschein über das Grundbuchblatt zum Anhalte diente, auf welchem die Subhastaten als Eigentümer verzeichnet waren. Eine Zuziehung des Beklagten zum Verfahren unterblieb; derselbe hat sich auch auf das Aufgebot der unbekannten Realberechtigten nicht gemeldet.

Der Berufungsrichter hat, soweit es für diese Instanz interessiert, die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, welche zur Klage verurteilte, zur Widerklage abwies. Sein Urteil beruht auf der Erwägung, daß Beklagter durch das im Subhastationspatente enthaltene Aufgebot und die mit dem Zuschlagsbescheide verbundene Präklusoria betroffen worden sei und deshalb sein Eigentum verloren habe.

Dieser Entscheidungsgrund ist rechtsirrtümlich. Er übersieht entweder, daß die im §. 13 Nr. 7 und §. 43 der Subhastationsordnung vom 15. März 1869 vorgesehene Präklusion nur dann Wirkung hat, wenn das betreffende Grundstück so bezeichnet ist, daß der betreffende Realberechtigte aus der öffentlichen Aufforderung es von anderen Grundstücken unterscheiden kann (§. 13 Nr. 2 a. a, O.). Oder der Berufungsrichter irrt bezüglich der gesetzlichen Voraussetzungen jener Bezeichnung.

Daß der Beklagte nicht zu den im §. 14 a. a. O. bezeichneten bekannten Subhastationsinteressenten gehört, welche nach §. 18 a. a. O. besonders geladen werden müssen, ist zuzugeben. Mit Rücksicht auf die in den Motiven zur Subhastationsordnung ausgesprochene, im Gesetze festgehaltene Tendenz, im Interesse des Realkredites den Ersteher nach Möglichkeit gegen alle Anfechtungen sicherzustellen und wegen der dadurch für den Zweifelsfall gebotenen Auslegung muß gefolgert werden, daß Unrichtigkeiten in dem zu den Subhastationsakten gebrachten Grundbuchsauszuge im allgemeinen nur einen Regreß gegen den Grundbuchrichter, nicht aber eine Nichtigkeit des Subhastationsverfahrens mit sich bringen. Von diesem Gesichtspunkte kann der Beklagte nur als unbekannter Realberechtigter in Betracht kommen. Aber es würde zu weit gehen, wollte man aus jenem Grundsatze die Konsequenz ziehen, es müsse für das Recht der unbekannten Realberechtigten gleichfalls allein der bei den Subhastationsakten befindliche Auszug aus dem Grundbuche, und nicht der wirkliche Inhalt des letzteren entscheidend sein, wenn der Auszug das zur Subhastation gestellte Grundstück unrichtig bezeichnet. Während bei anderen Fehlern oder Lücken durch die richtige Bezeichnung des Grundstückes dem Aufmerksamen immer noch die Möglichkeit bleibt, sein durch die Subhastation betroffenes Recht zu wahren, fehlt diese Möglichkeit beim Mangel solcher Bezeichnung wenigstens für den unbekannten Realberechtigten vollständig. Es würde gegen die Grundprinzipien des Rechtes und der Gerechtigkeit verstoßen, den seines Rechtes für verlustig zu erklären, der absolut nicht in der Lage gewesen ist, sich vor dem Richter, der ihn verurteilt, Gehör zu verschaffen. Es würde damit auch das Prinzip verletzt werden, von welchem die dem Adjudikatar günstigen Bestimmungen der Subhastationsordnung beherrscht werden, das Interesse des Realkredites, welches dadurch auf der einen Seite gewahrt, auf der anderen Seite aber gleichzeitig in gleichem Grade gefährdet erscheinen müßte. Das Reichsgericht hat auch bereits, in Übereinstimmung mit dem früheren preußischen Obertribunale, angenommen, daß eine Präklusion unbekannter Realberechtigter nicht eintrete, wenn in der öffentlichen Aufforderung das betreffende Grundstück ungenügend bezeichnet worden.1

Im Mangel einer genügenden Bezeichnung ist auch der Erfolg nicht bloß der, daß das Präklusionsurteil mit dem gesetzlichen Rechtsmittel angefochten werden kann, sondern eine Präklusion erfolgt überhaupt nicht, weil es dafür an einer zu präkludierenden Person fehlt. Diese wird, weil es sich nicht um Namen handelt, durch die öffentliche Aufforderung erst gegeben und kann, wenn die letztere inhaltsleer ist, selbst ebensowenig Gestaltung gewinnen. Weil Ladung und Präklusion sich decken, so bietet, falls die erstere ungenügend, auch die letztere nicht die Möglichkeit zu erkennen, wer präkludiert sein soll, also auch nicht die Möglichkeit, gegen das Präklusionsurteil zu remedieren. Zu demselben Resultate gelangt man durch Einsicht des §. 834 C.P.O., in welchem die Voraussetzungen der Anfechtungsklage bestimmt werden, welche jetzt nach §. 16 Abs. 2 preuß. Ges. vom 4. März 1879 betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen das Rechtsmittel gegen das Ausschlußurteil bildet, Voraussetzungen, welche den hier gesetzten Fall nicht berühren und doch berühren müßten, wenn in demselben von einer Präklusion die Rede sein könnte.

Ist sonach der Beklagte nicht präkludiert, so muß weiter geprüft werden, welche Bedeutung ihm gegenüber das Zuschlagsurteil hat. Daß dasselbe bei einer Kollision von Rechten auch konstitutiv wirken kann, insoweit und insofern es rechtskräftig wird, ist außer Zweifel. Es steht in dieser Beziehung jedem anderen Urteile gleich. Aber es teilt damit auch die Beschränkung, daß es nur unter den Parteien Recht schaffen kann, im Subhastationsverfahren also nur die berührt, denen gegen dasselbe das Rechtsmittel der Beschwerde zusteht. Dazu gehört aber der Beklagte nach §. 47 a. a. O. nicht. Denn dort wird neben dem Bieter und Ersteher nur den im §. 14 aufgeführten Subhastationsinteressenten jenes Rechtsmittel gewährt, zu welchen die unbekannten Realberechtigten nicht zählen.

Weder Präklusions-, noch Zuschlagsurteil haben also den Beklagten des Eigentumes an seinem Grundstücke verlustig gemacht, wenn angenommen werden muß, daß dieses im Subhastationspatente eine ungenügende Bezeichnung erhalten hatte. Der Kläger kann sich auch nicht auf den Glauben des Grundbuches berufen. Darin war sowohl der Subhastat, wie auch der Beklagte als Eigentümer ein und desselben Grundstückes eingetragen. In einem solchen Falle, in dem die Beurkundungen des Grundbuches sich widersprechen, hat weder die eine noch die andere den öffentlichen Glauben für sich. Das ist bereits zutreffend und erschöpfend ausgeführt in dem, Bd. 75 S. 333 flg. der Entscheidungen abgedruckten Erkenntnisse des preußischen Obertribunales.

Weil nun aber der angegriffenen Entscheidung der Vorwurf, sie habe sich mit den vorstehend entwickelten Rechtsgrundsätzen in Widerspruch gesetzt, nur als Teil der oben aufgestellten Alternative gemacht werden darf, so muß, wenn die Revision Erfolg haben soll, weiter dargethan werden, daß der Berufungsrichter sich eines Rechtsirrtumes schuldig gemacht hat, wenn er davon ausgegangen ist, es sei die im Subhastationspatente enthaltene Bezeichnung des streitigen Grundstückes im Sinne des Gesetzes eine genügende gewesen. Es ist unstreitig, daß bei jener Bezeichnung das Grundbuchblatt unrichtig angegeben worden ist. Nur der Beklagte war bei Einleitung der Subhastation und bei Erlaß des Patentes Eigentümer des Grundstückes, und bei richtigem Verlaufe der bei dem Grundbuche infolge der an den Beklagten bewirkten Auflassung vorzunehmenden Operationen würde zu jener Zeit nur das Grundbuchblatt in Frage gekommen sein, auf welchem der Beklagte eingetragen ist. Nach diesem mußte sich also auch die Bezeichnung im Subhastationspatente richten. Seit der Herrschaft des Gesetzes vom 5. Mai 1872 über den Eigentumserwerb ist für diesen die Bedeutung des Grundbuches so erheblich erweitert worden, daß wenigstens in einem Falle, wie dem vorliegenden, in welchem es sich um den Verlust des durch Auflassung und Eintragung gültig erworbenen Eigentumes handelt, eine dem Grundbuche nicht entsprechende Bezeichnung des zur Subhastation gestellten Grundstückes generell nicht für genügend erachtet werden kann zur Präklusion des auf dem nicht genannten Blatte eingetragenen Eigentümers. Das Gesetz verlangt im §.13 Nr. 2 a. a. O. eine Bezeichnung, welche genügt, das Grundstück von anderen zu unterscheiden. Das heißt in Anwendung auf den Beklagten, es mußte die Bezeichnung derartig sein, daß er darüber nicht in Zweifel sein konnte, es handle sich um sein Grundstück und nicht um ein anderes. Paßte auf das seinige die dem Grundbuche entnommene Bezeichnung nicht, so konnte ihm eine weitere Nachforschung, ob unter den verschiedenen Katasternummern der einzelnen zum Verkaufe gestellten Parzellen die seines Grundstückes enthalten sei, nicht abverlangt werden. Das würde selbst über das Maß des hohen Grades von Aufmerksamkeit hinausgehen, welche die Subhastationsordnung von den Realinteressenten fordert.

Sonach war die Aufhebung des angegriffenen Urteiles geboten. Die in der Sache selbst getroffene Entscheidung - Abweisung zur Klage und Verurteilung zur Widerklage - ergab sich ebenso als eine Konsequenz der die Aufhebung begründenden Ausführung."

  • 1. Vgl. Wallmann's Zeitschrift für preuß. Recht Bd. 1 S. 730 und Entsch. des Obertrib. Bd. 78 S. 292.