RG, 02.02.1884 - I 484/83

Daten
Fall: 
Differenzgeschäft
Fundstellen: 
RGZ 12, 15
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
02.02.1884
Aktenzeichen: 
I 484/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Eisenach
  • OLG Jena

Differenzgeschäft. Finden auf einen Agenten, welcher seinem Auftraggeber falsche Mitteilung über die Offerte eines Dritten macht, die Grundsätze über den falsus procurator Anwendung? Ist der Ausspruch des Berufungsrichters über den Inhalt der Willenserklärung eines Kontrahenten, bei welchem ersichtlich von einer irrigen rechtlichen Auffassung ausgegangen ist, eine den Revisionsrichter bindende thatsächliche Feststellung? Kann bei Auslegung des Inhaltes einer Willenserklärung eine Thatsache verwertet werden, welche der Erklärende bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hatte kennen müssen oder nur eine solche, welche derselbe thatsächlich gekannt hat? Voraussetzung und Umfang der Haftung des Agenten aus einer falschen Mitteilung. Schadensberechnung.

Tatbestand

Die Firma H. in Berlin betreibt Kommissionsgeschäfte in Produkten, tritt aber regelmäßig ihren Kommittenten gegenüber als Selbstkontrahentin ein. Sie hatte mit der Firma W. in Leipzig einen Agenturvertrag dahin abgeschlossen, daß diese ihr Kommittenten zuführe, bezw. die betreffenden Geschäfte vermittele. Durch Vermittelung von W. hat T. in Leipzig der Firma A. H. Auftrag gegeben, 100 Wispel Weizen zum Preise von 212,50 M für 1000 kg zu verkaufen, lieferbar November bis Dezember 1861. H. hat dies Geschäft selbst übernommen. Schlußscheine sind am 2. Juli 1881 mit T. gewechselt.

Am 13. September erhielt H. folgendes Telegramm aus Leipzig: "Weizen bestens decken. Interesse wahren. W."

H. antwortete: "Deckte T. hundert November - Dezember - Weizen 228,50 M."

An demselben Tage schrieb W. in Postkarte an A. H.: "Höflichst bezugnehmend an unseren heutigen Depeschenwechsel nahm von Ihrer Mitteilung bestens Vermerk und bleibe Schlußschein gern erwartend."

H. schickte an W. den Schlußschein des Deckungskaufes, T. unterschrieb denselben jedoch nicht, weil er zum Abschlusse des Deckungskaufes keine Order gegeben habe. Nach der Behauptung W.'s hatte nicht T. selbst, sondern der Kommissionär M., der auch das erste Geschäft mit W. für T. abgeschlossen hatte, ihm für T. den Deckungsauftrag gegeben und selbst an H. telegraphiert. Nach dem Zeugnisse des M. rührt jenes Telegramm vom 17. September 1881 mit der Unterschrift W. von ihm her. H. macht nun die Firma W. für seinen Schaden verantwortlich und belangt auf Ersatz desselben die jetzt in Eisenach lebende damalige Inhaberin der Firma. Den Schaden berechnet er so, daß er die Differenz zwischen dem Preise des ersten im Juli abgeschlossenen Geschäftes und dem des zweiten, des Deckungsgeschäftes vom September, berechnet unter Abzug bezw. Hinzurechnung der Provision und beim Juligeschäfte auch der Kurtage. Er kommt dadurch zu der Summe von 1983 M

In erster Instanz wurde der Schadensersatzanspruch auf Grund der Artt. 55. 298 H.G.B., in zweiter Instanz auf Grund eines in der Postkarte vom 13. September enthaltenen Garantieversprechens der Beklagten für begründet anerkannt. In beiden Instanzen wird die Schadensliquidation als gerechtfertigt gefunden, die Beklagte daher nach dem Klagantrage verurteilt.

Auf Revision der Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

1.

"Der aus der Natur des zwischen der Klägerin und T. abzuschließenden Geschäftes als Differenzgeschäft gegen die Klage entnommene Einwand ist vom Berufungsrichter damit widerlegt, daß der Einwand "im Munde der Beklagten dem Gebote kaufmännischer Vertragstreue widerspreche." Dieser Grund ist nicht stichhaltig, denn, wenn das Recht ein Geschäft nicht als rechtsbeständig anerkennt und folglich eine Klage auf Schadensersatz aus demselben nicht zuläßt, so kann auch gegen denjenigen, durch dessen Verschulden das Geschäft nicht zustande gekommen ist, nicht auf Ersatz des entgangenen Gewinnes geklagt werden, ohne daß es darauf etwas ankommt, ob dieser in Erwartung einer Provision, bezw. um dieselbe zu verdienen, für den Abschluß des Geschäftes thätig gewesen war.

Allem der Einwand ist deswegen unbegründet, weil nach dem Tatbestände des Berufungsurteiles die Beklagte nur behauptet und unter Beweis gestellt hat, im Verkehre zwischen H. und T. auch im vorliegenden Falle sei wirkliche Lieferung von keiner Seite beabsichtigt gewesen, nicht aber, es sei das Begehren wirklicher Lieferung vertragsmäßig ausgeschlossen gewesen, was von der Klägerin ausdrücklich hervorgehoben wird.1

Es handelt sich hier um ein Lieferungsgeschäft der Art, wie sie im Berliner Produktenverkehre abgeschlossen zu werden pflegen. Selbst nach Königl. sächsischem Rechte (§. 1482 Bürgerl. Gesetzbuch), welches übrigens nicht maßgebend ist, würde das Geschäft klagbar sein, nach dem maßgebenden preußischem Rechte ist die Klagbarkeit nicht zu bezweifeln, und es steht auch nicht etwa ein prohibitives weimarsches Gesetz entgegen.

2.

Bei Begründung der Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatze stehen die beiden Vorderrichter auf verschiedenem Standpunkte.

a) Der erste Richter geht davon aus, es liege der Thatbestand des Art. 298 Abs. 2 H.G.B. vor, und verurteilt die Beklagte als falsus prokurator zu dem von der Klägerin gewählten Schadensersatze (Art. 55 H.G.B.). Diese Auffassung ist irrig. Wenn ein Agent, welcher zwischen seinem Auftraggeber und einem Dritten ein Geschäft vermittelt, von diesem Dritten einen neuen Auftrag erhält, welcher zu jenem Geschäfte in Beziehung steht, also in den Kreis der Agenturgeschäfte fällt, und diesen Auftrag seinem ursprünglichen Auftraggeber (Prinzipal) mitteilt, so kann der Agent nicht als Bevollmächtigter des Dritten angesehen werden, sondern er hat bei Empfangnahme des neuen Auftrages und Übermittelung desselben an den Prinzipal als dessen Agent gehandelt. Darum kann, wenn die Beklagte den vermeintlich von T. erhaltenen Auftrag der Klägerin übermittelt, dies Verfahren nicht so aufgefaßt werden, als geriere sie sich als Bevollmächtigte des T. Sie erscheint daher auch nicht als falsus prokurator und es können die im Handelsgesetzbuche über diesen aufgestellten Grundsätze auch nicht analog auf sie angewandt werden. Hätte der Berufungsrichter die Auffassung des ersten Richters zu der seinigen gemacht, so würde das Urteil wegen Verletzung dieser Grundsätze aufzuheben gewesen sein.

b) Der Berufungsrichter läßt es aber dahingestellt, ob die Artt. 55. 298 H.G.B. anwendbar seien, und deutet an, daß dies wegen des bestehenden Agenturverhältnisses wohl nicht anzunehmen sei, er ist aber der Ansicht, mit der Postkarte vom 13. September habe die Beklagte "das Deckungsgeschäft ihrerseits approbiert" und "versprochen, die förmliche Vollziehung desselben vonseiten T.'s herbeizuführen", diesem Versprechen aber "könne nur der einfache Sinn einer Garantieübernahme für den eventuell durch die Weigerung des T. entstehenden Schaden innewohnen." Die Beklagte wird für haftbar erklärt, "nicht, weil sie durch ihre Karte jenes Geschäft veranlaßt hätte, sondern weil sie durch selbe die Genehmigung des T. beizubringen nachträglich versprochen habe."

Es könnte nun den Anschein gewinnen, als bewege sich jene Annahme des Berufungsrichters auf dem Gebiete der thatsächlichen Feststellungen. Allein eine nähere Betrachtung ergiebt, daß dieselbe auf einem Rechtsirrtume beruht, welcher sie hinfällig macht.

Die Annahme, die Beklagte habe durch die Postkarte, deren Wortlaut oben im Thatbestande mitgeteilt ist, das Versprechen, die Unterzeichnung des Schlußscheines durch T. herbeizuführen, geben und die Garantie hierfür übernehmen wollen, ist denkbar überhaupt nur dann, wenn die Beklagte positiv wußte, T. habe dem M. keinen Auftrag zur Offerte des Deckungskaufes gegeben; denn nur unter dieser Voraussetzung konnte für die Beklagte die Möglichkeit einer Veranlassung vorliegen, eine solche ganz ungewöhnliche, durch ihr Agenturverhältnis in keiner Weise motivierte Erklärung abzugeben und eine solche Verpflichtung freiwillig und ohne Gegenleistung zu übernehmen. Nun hat aber der Berufungsrichter nicht festgestellt, daß die Beklagte am 13. September diese Kenntnis gehabt habe, und er konnte dies nicht feststellen, weil es von der Klägerin gar nicht behauptet wird. Nach dem Thatbestande des Berufungsurteiles behauptet die Klägerin nur, die Beklagte habe "längst vor dem 25. Oktober erfahren, daß M. ohne Auftrag von T. gewesen", und es stimmt dies mit der Behauptung der Beklagten überein, sie habe erst, als sie dem T. den Schlußschein zur Unterzeichnung vorgelegt, erfahren, daß er M. nicht beauftragt gehabt habe. Auch zeigt der Berufungsrichter durch die Erörterung der Frage, ob die Beklagte ihren Irrtum zu vertreten habe, daß er davon ausgeht, sie habe sich am 13. September in dem Irrtume befunden, M. habe von T. Auftrag erhalten.

Diese Erörterung geht dahin, die Beklagte könne sich nicht auf ihren Irrtum berufen, sie habe sich vergewissern müssen, ob M. Auftrag von T. habe. Habe sie dies unterlassen, und trotzdem der Klägerin in der Postkarte stillschweigend erklärt, der Antrag rühre von T. her, so habe sie für dieses ihr Versehen einzustehen.

Aus der Behandlung dieser Frage unmittelbar nach der Feststellung der rechtlichen Bedeutung des Inhaltes der Postkarte ergiebt sich nun aber folgender Gedankengang des Berufungsrichters. Weil die Beklagte die Erkundigung unterlassen habe und für dieses ihr Versehen einstehen müsse, also so zu beurteilen sei, wie wenn sie gewußt habe, M. habe von T. keinen Auftrag erhalten, so könne die Erklärung in der Postkarte auch nur so aufgefaßt werden, daß sie dafür einstehen wolle, daß T., trotzdem er keinen Auftrag gegeben, das Geschäft doch durch Unterzeichnung des Schlußscheines anerkenne.

Diese Schlußfolgerung ist eine rechtsirrtümliche. Um eine Willenserklärung zu interpretieren, darf man nicht davon ausgehen, was der Erklärende zu der Zeit, als er die Erklärung abgab, hätte wissen müssen, sondern davon, was er damals thatsächlich gewußt oder nicht gewußt hat. Mag es richtig sein, daß die Beklagte bei Anwendung gehöriger Diligenz am 13. September hätte wissen müssen, M. handle ohne Auftrag T.'s - immer kann für die Interpretation ihrer damals geschriebenen Postkarte nur dasjenige maßgebend sein, was sie wirklich gewußt hat, bezw. was als wirklich gewußt festgestellt ist. Der Verstoß gegen diese Interpretationsregel führt zur Aufhebung des Urteiles, welches, wie auch der Berufungsrichter wiederholt hervorhebt, nur auf der Auffassung des Inhaltes der Postkarte als Garantieübernahme beruht.

3.

Die Sache selbst liegt nach dem, was sich aus dem Thatbestand ergiebt, reif zur Entscheidung vor.

M., durch dessen Vermittlung auch der Auftrag zum ersten Geschäft von T. an die Beklagte gekommen war, will derselben den weiteren Auftrag geben, eine im Namen T.'s gestellte Offerte zu einem Deckungskauf an die Klägerin gelangen zu lassen. Als er den Prokuristen der Beklagten nicht antrifft, telegraphiert er selbst unter dem Namen der Beklagten die Offerte an die Klägerin. Diese acceptiert die Offerte telegraphisch. Einstweilen hat M. dem Prokuristen der Beklagten von seinem eigenmächtigen Verfahren Mitteilung gemacht; dieser hat keinen Grund, dasselbe zu desavouieren oder auch nur der Klägerin den seiner Meinung nach für diese gleichgültigen wahren Hergang mitzuteilen, er giebt deswegen in der Überzeugung, daß M. von T. zur Stellung der Offerte beauftragt gewesen sei, auf der Postkarte die geschäftsübliche schriftliche Bestätigung des unter dem Namen der Beklagten aufgegebenen, sowie des von der Klägerin erhaltenen Telegrammes. Wenn dabei namens der Beklagten noch bemerkt wird: "und bleibe Schlußschein gern erwartend," so kann darin nichts anderes gefunden werden, als eine Bezugnahme auf das von der Klägerin befolgte Verfahren, die ihr erteilten Kommissionen durch Eintritt als Selbstkontrahent auszuführen und mit den Kommittenten Schlußscheine zu wechseln. So heißt es ja schon in dem die Geschäftsverbindung mit der Beklagten eröffnenden, im Thatbestande des ersten Urteiles in bezug genommenen Brief der Klägerin vom 29. Juli 1879:

Ich bemerke hierbei, daß ich Schlußscheine mit meinen Kunden direkt zu wechseln pflege, denselben also stets als Selbstkontrahent gegenüberstehe.

Später erfährt die Beklagte, daß M. ohne Auftrag des T. gehandelt hatte, sie macht diese Mitteilung aber erst am 25. Oktober der Klägerin.

Da die Beklagte durch ihre Bestellung als Agentin der Klägerin von dieser das Mandat, Offerten, welche derselben gemacht wurden, entgegenzunehmen und ihr zu übermitteln, übernommen hatte und sich auch während des Verkaufes ihrer hier in Betracht kommenden Thätigkeit nur als Agentin der Klägerin gerierte, so kommen für Beurteilung der Frage, ob die Beklagte der Klägerin hafte, die Grundsätze über Mandat zur Anwendung. Die Beklagte haftet also der Klägerin, wenn sie bei Ausführung des Mandates nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anwandte (Art. 282 H.G.B.), für den durch dieses ihr Verschulden der Klägerin erwachsenen Schaden.2

Es kann fraglich sein, ob schon darin, daß die Beklagte der Erklärung des M., T. habe ihm Auftrag gegeben, vertraute, ein Verschulden der Beklagten zu finden ist, da M. ihr aus früheren Geschäften als Mandatar bezw. Bevollmächtiger des T. bekannt war. Jedenfalls ist darin ein Verschulden zu finden, daß die Beklagte nicht alsbald, nachdem sie den Sachverhalt erfahren hatte, denselben der Klägerin mitteilte. Allein einer Feststellung hierüber bedarf es nicht, weil die Klägerin keine Thatsachen anführt, aus welchen hervorginge, daß ihr ein solcher Schade entstanden sei, welchen sie auf Grund dieses Verschuldens ersetzt verlangen könnte.

Die Wirkung der irrigen Mitteilung der Beklagten über die Offerte war, daß die Klägerin der Ansicht war, durch ihr Telegramm vom 13. September mit T. einen Vertrag abgeschlossen zu haben, wonach dieser von ihr 100 Wispel Weizen für November-Dezember um den Preis von 228,50 M den Wispel zu beziehen habe, während in der That kein Vertrag zustande gekommen war. Diese Meinung involvierte an sich keinen Nachteil für die Klägerin. Einen Schaden konnte sie nur dadurch erleiden, daß sie auf Grund dieser Meinung eine positive oder negative Handlung vornahm, daß sie also z. B. einen weiteren Kauf schloß oder einen weiteren Verkauf unterließ oder sonstige Geschäftsdispositionen traf, und daß nun diese Dispositionen, welche, wenn der Vertrag mit T. zustande gekommen wäre, vorteilhaft ausgefallen sein würden, einen unvorteilhaften Erfolg hatten. Zwischen einem so entstandenen Schaden und dem Verschulden der Beklagten würde ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Dagegen ist die Schlußfolgerung unhaltbar, daß, weil der von T. vermeintlich offerierte Vertrag einen Gewinn ergeben haben würde, die Beklagte deswegen haften müsse, weil dieser Gewinn nicht eingetreten sei; denn die Ursache, daß dieser Vertrag nicht zustande gekommen, liegt nicht im Verhalten der Beklagten, sondern darin, daß T. keinen Auftrag erteilt hatte. Nur, durch ein irrtümliches Hereinziehen der Grundsätze über den falsus procurator in das vorliegende, ganz verschiedene Rechtsverhältnis könnte eine solche Auffassung entstehen. Nun hat aber die Klägerin keine Thatsache angegeben, aus welcher sich ergäbe, daß die irrtümliche Ansicht, der Vertrag mit T. sei zustande gekommen, ihr Schaden verursacht habe. Es fehlt also nicht sowohl an einer Substanziierung des Schadens, als an der Angabe des unmittelbar und direkt schädigenden Ereignisses. Der Richter kann daher auch nicht durch Ausübung des Fragerechtes nachhelfen. Vielmehr ist die Klage selbst unbegründet.

4.

Ein Schadensanspruch kann auch nicht in der Art begründet werden, daß man, wie dies die Klägerin thut, den vermeintlichen Verkauf vom 13. September in seiner Eigenschaft als Deckungskauf auffaßt und mit dem Kauf vom 2. Juli in Verbindung bringt. Die Differenz zwischen beiden Preisen kann unter keinen Umständen als der der Klägerin zu ersetzende Schade erscheinen, selbst dann nicht, wenn man annehmen müßte, die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin den Gewinn zu ersetzen, welcher ihr dadurch entgangen, daß der Vertrag mit T. nicht zustande gekommen, wie das, wenn die Grundsätze über den falsus procurator zur Anwendung kämen oder ein Garantieversprechen vorläge, der Fall sein würde.

Allerdings wäre, wenn der Deckungskauf mit T. zustande gekommen wäre, die aus beiden Geschäften zusammen der Klägerin an T. zustehende Forderung auf diese Differenz fixiert worden. Allein diesen Betrag hat die Klägerin dadurch, daß der Deckungskauf nicht abgeschlossen wurde, nicht eingebüßt, da sie ja immer die Forderung aus dem ersten Geschäfte behielt. War am Stichtage der Marktpreis 228,50 M, so lukrierte sie aus dem ersten Geschäfte genau die 16 M, war der Marktpreis höher, so verdiente sie mehr als 16 M; das zweite Geschäft kommt dabei gar nicht in Frage. In Berechnung kommt dasselbe nur, wenn der Marktpreis am Stichtage geringer war als 228,50 M. Der entgangene Gewinn belief sich dann auf die Differenz zwischen diesem Marktpreise und dem Kaufpreise des zweiten Geschäftes 228,50 M. Diese Differenz aber war, je nachdem der Marktpreis über oder unter 212,50 M stand, kleiner oder größer als die Differenz zwischen den Preisen aus den beiden Geschäften. In Betracht kommen kann also immer nur die Differenz zwischen dem Marktpreise des Stichtages und 228,50 M.

Die Beklagte hat nun auch darüber, daß Ende Dezember 1881 der Marktpreis 228,50 M betrug, Beweis angetreten. Diese Beweisantretung und den darauf gestützten Einwand, daß durch Inanspruchnahme des T. aus dem ersten Geschäfte jeder Schade verhütet worden wäre, weist der Berufungsrichter damit zurück, daß selbstredend die Beklagte keinerlei selbständiges Recht, dahin erworben habe, daß die Klägerin die ihr gegen T. zustehenden Rechte ausübe.

Dieses Argument ist abwegig; denn, indem die Klägerin als ihren Schaden die Differenz zwischen dem Kaufpreise des ersten Geschäftes und dem Verkaufspreis des vermeintlichen Deckungskaufes fordert, macht sie ja gerade den Gewinn aus dem ersten Geschäfte geltend, und zwar in der Höhe, wie er durch den Abschluß des Deckungskaufes fixiert worden wäre. Sie kann daher jetzt nicht geltend machen, das erste Geschäft gehe die Beklagte nichts an, sondern sie könnte jedenfalls nur den Betrag fordern, um welchen der Gewinn aus jenem ersten Geschäfte ohne Abschluß des Deckungskaufes als geringer sich herausstellt, als die durch den Deckungskauf herbeizuführende Fixierung desselben.

Hiernach würde also, auch wenn die Artt. 55. 298. H.G.B. zur Anwendung kämen, oder die Beklagte auch als Mandatarin für entgangenen Gewinn in dem angegebenen Sinne oder aus dem vom Berufungsrichter angenommenen Garantieversprechen zu haften hätte, das Urteil aufzuheben und die Sache zur Erhebung des Beweises über den Stand des Marktpreises am Stichtage (dem 31. Dezember 1881) in die Berufungsinstanz zurückzuweisen gewesen sein."

  • 1. Vgl. Entsch. des R.O.H.G.'s Bd. 6 Nr. 48 S. 224 und sonst.
  • 2. Vgl. die folgende Nummer 5 S. 23.