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RG, 26.01.1884 - I 428/83

Daten
Fall: 
Anschließung des Berufungsbeklagten an die Berufung
Fundstellen: 
RGZ 12, 434
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
26.01.1884
Aktenzeichen: 
I 428/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Konsulargericht Konstantinopel

Anschließung des Berufungsbeklagten an die Berufung, wenn der Berufungskläger im Termine nicht erscheint und Versäumnisurteil wider ihn beantragt wird.

Aus den Gründen

"Daß der Berufungskläger nicht erschienen ist, hindert den Berufungsbeklagten nicht, seine durch vorbereitenden Schriftsatz angekündigte Anschließung an die Berufung geltend zu machen. Die Anschließung verliert zwar ihre Wirksamkeit, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird (§. 483 C.P.O.). Aber weder der eine noch der andere Fall liegt vor, und der Umstand, daß der Berufungskläger im Verhandlungstermine nicht erschienen ist, steht in dieser Beziehung der Zurücknahme der Berufung nicht gleich, was in betreff der Revision von dem Reichsgerichte, vgl. Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 8 S. 380, aus Gründen angenommen worden ist, welche auch auf die Berufung passen. Die gegen diese Entscheidung erhobenen Bedenken, vgl. Zeitschrift für deutschen Civilprozeß Bd. 7 S. 67, erscheinen nicht erheblich. Richtig ist die Bemerkung, daß es sich bei der vorliegenden Frage nicht oder doch nicht allem darum handelt, ob die Anschließung dadurch ihre Wirkung verliert, daß der Berufungskläger sich kontumazieren läßt, sondern vor allem darum, ob beim Ausbleiben des Berufungsklägers die Anschließung des Berufungsbeklagten allererst wirksam geschehen kann. Unrichtig dagegen ist die Behauptung, daß letzteres unmöglich sei, weil die Anschließung dem Gegner erklärt werden müsse, was in Abwesenheit desselben nicht geschehen könne. Zur Begründung dieser Behauptung wird geltend gemacht, die Anschlußberufung finde in der Hauptberufung ihr natürliches Vorbild; wie letztere dem Gegner zugestellt werden müsse, so müsse auch die Anschlußberufung dem Gegner erklärt werden, nur mit dem Unterschiede, daß die Berufung schriftlich, die Anschlußberufung gewissermaßen mündlich zugestellt werde. Diese Ausführung verkennt, daß die Anschließung an die Berufung des Gegners, für welche die Civilprozeßordnung den Ausdruck Anschlußberufung nicht gebraucht, keineswegs gleich der Berufung ein Rechtsmittel ist, vielmehr, abgesehen von dem Falle des §. 483 Abs. 2, nur die Bedeutung hat, daß der Berufungsbeklagte befugt ist, auch seinerseits Anträge zu stellen, welche die Grenze bestimmen, innerhalb welcher der Rechtsstreit vor dem Berufungsgerichte von neuem zu verhandeln und zu entscheiden ist.1

Es ist daher unzulässig, aus den Bestimmungen, welche die Einlegung der Berufung betreffen, Schlüsse bezüglich der Geltendmachung der Anschließung zu ziehen. Zu letzterem Zwecke ist die Stellung des Antrages bei der mündlichen Verhandlung erforderlich, aber auch genügend.

Die Anträge der Parteien werden aber nicht an den Gegner, sondern an das Gericht gerichtet. Der Gegner kommt dabei nur insofern in Betracht, als der Entscheidung des Gerichtes über den Antrag eine Verhandlung unter den Parteien vorausgehen muß. Hierzu aber ist nicht erforderlich, daß wirklich eine Verhandlung unter den Parteien stattfindet, sondern es genügt, daß denselben unter Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften (vgl. §. 300 Nr. 2. 3) Gelegenheit zur mündlichen Verhandlung gegeben war. Durch die Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze rechtfertigt sich das in Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 8 S. 380 abgedruckte Erkenntnis.

Die Zulässigkeit der Anschließung des Berufungsbeklagten an die Berufung der Klägerin unterliegt demnach keinem Bedenken."

  • 1. Vgl. Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 7 S. 345.