RG, 15.10.1918 - VII 175/18

Daten
Fall: 
Einzahlungen auf Anteilscheine
Fundstellen: 
RGZ 94, 39
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
15.10.1918
Aktenzeichen: 
VII 175/18
Entscheidungstyp: 
Urteil

Wann dienen Einzahlungen auf Anteilscheine gewerkschaftlich betriebener Bergwerke zur Deckung von Betriebsverlusten, wann sind sie zum Erhaltung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange bestimmt, und wann werden sie dazu verwendet?

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ihr Bergwerk in der Weise, daß sie die geförderte Braunkohle an Ort und Stelle in zwei Brikettfabriken -- im folgenden mit I und II bezeichnet -- zu Briketts preßt und diese dann verkauft. Ihr Geschäftsjahr läuft vom 1. April des einen bis zum 31. März des folgenden Jahres. Die für den 31. März 1912 aufgestellte Gewinn- und Verlustrechnung schloß mit einem Verluste von 673 747,51 M ab. Zu dessen Deckung schrieb die Klägerin im Mai 1912 eine Einzahlung (Zubuße) von 675000 M aus. Den vom Beklagten nach Tarifnr. 1 d des Reichsstempelgesetzes vom 15. Juli 1909 erforderten Stempel hat die Klägerin mit 20250 M unter Vorbehalt der Rückforderung bezahlt. Ihre Klage auf Zurückzahlung dieses Betrags wurde vom Landgericht abgewiesen, die schließlich nur in Höhe von 20211 M aufrecht erhaltene Berufung vom Oberlandesgerichte zurückgewiesen. Auch ihre Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

... "Nach den Vorschriften der Tarifnr. 1 d RStempG. vom 15. Juli 1909 -- jetzt Tarifnr. 1 b RStempG. vom 3.Iuli 1913 -- unterliegen alle Einzahlungen, die nach dem 1. August 1909 auf Anteilscheine gewerkschaftlich betriebener Bergwerke ausgeschrieben sind, einem Stempel von 3 v. H. des Betrags der Einzahlung, soweit solche nicht zur Deckung von Betriebsverlusten dienen oder zur Erhaltung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange bestimmt sind und verwendet werden. Die Klägerin vertritt die Ansicht, daß die von ihr ausgeschriebene Einzahlung unter die Befreiungsvorschrift falle, soweit sie zur Deckung des rechnungsmäßigen Verlustes von 673747,51 M bestimmt gewesen sei. Über die Entstehung des Verlustes hat sie folgende, vom Beklagten bestrittene, aber von den Instanzgerichten als richtig unterstellte Behauptungen vorgetragen.

Im Jahre 1906 habe sie mit der Erschließung der Grube und dem Baue der erforderlichen Anlagen begonnen. Die Brikettfabrik I mit einer Leistungsfähigkeit von 150000 Tonnen jährlich sei am 1. April 1909, die Brikettfabrik II mit einer Leistungsfähigkeit von 250000 Tonnen jährlich sei im Sommer 1910 betriebsfähig geworden. Die Bauten habe sie zum größten Teile mit geliehenem Gelde ausgeführt, die während der Bauzeit aufgewendeten Zinsen und Kosten habe sie den Anlagekonten zugeschrieben. Das erste Geschäftsjahr 1909/10, während dessen nur die Brikettfabrik l in Betrieb gewesen sei, habe bei 75977.48 M Einnahmen, 111177,02 M Generalunkosten und 19206,24 M laufenden Zinsen mit einem Verluste von 54405.78 M abgeschlossen. Im zweiten Geschäftsjahre sei außer der Brikettfabrik l während etwa 6 Monaten auch die Brikettfabrik ll in Betrieb gewesen. Dieses Jahr habe bei 147575,82 M Einnahmen, 105536,17 M Generalunkosten und 461840,22 M laufenden Zinsen zu einem Verluste von 419600,82 M - rechnerisch richtig 419600,57 M -- geführt. Im Geschäftsjahre 1911/12 endlich seien beide Brikettfabriken in Betrieb gewesen, es habe bei 569463.84 M Einnahmen, 112146,22 M Generalunkosten, 509043,53 M laufenden Zinsen und Anlage einer Erneuerungsmasse von 148015,00 M einen Verlust von 199740,91 M ergeben. Der Gesamtverlust von 54405,78 + 419600,82 + 199740,91 = 673747,51 M sei darauf zurückzuführen, daß die Klägerin wegen mangelnder Aufträge die Leistungsfähigkeit ihrer Fabriken nicht habe ausnützen können. Die Beschäftigung habe im Jahre 1909/10 nur 2567 Tonnen. 1910/11 42530 und 1911/12 148015 Tonnen betragen.

Bei seiner Beurteilung des Sachverhalts geht das Oberlandesgericht übereinstimmend mit der herrschenden Lehre und Verwaltungsübung richtig davon aus, daß die Brikettfabriken der Klägerin, weil am Gewinnungsorte der Kohle zur Bearbeitung der eigenen Förderung errichtet, als zum Bergwerke selbst gehörige Betriebsanstalten anzusehen sind. Es weist die Klage ab, weil die für das Baukapital gezahlten Zinsen mit dem Betriebe des Bergwerks nichts zu tun hätten und deshalb aus den Betriebseinnahmen nicht zu decken seien, und weil die Erneuerungsmasse nur buchmäßig zurückgestellt sei, also keine tatsächliche Ausgabe für die Erhaltung des Betriebes im bisherigen Umfange bedeute.

Der Revision ist zuzugeben, daß die Auffassung des Oberlandesgerichts über die Zinsen nicht gebilligt werden kann. Seine Forderung kommt darauf hinaus, daß jede Gewerkschaft an sich nur mit eigenem Kapitale bauen darf und daß sie, wenn sie dazu fremdes Kapital verwendet hat, die Zinsen für dieses bei der Ermittelung eines etwaigen Betriebsverlustes außer Betracht lassen muß. Das Gesetz schränkt indessen die finanzielle Bewegungsfreiheit gerade der Gewerkschaften in dieser Weise nicht ein, droht ihnen auch nirgends steuerliche Nachteile für das Arbeiten mit fremdem Kapital an; vgl. die Entscheidung des erkennenden Senats vom 1. März 1907. VII. 199/06. bei Holdheim Bd. 17 S.75 flg. und Jur. Wochenschr. 1907 S. 286, in der ebenfalls die finanzielle Bewegungsfreiheit der Gewerkschaften anerkannt ist. Auch für sie muß, und zwar auch in steuerlicher Beziehung, der allgemeine Grundsatz gelten, daß die laufenden Ausgaben aus den laufenden Einnahmen zu decken sind. Ein Unternehmen, das mit fremdem Kapital arbeitet, hat Zinsen aufzuwenden, einem Unternehmen, das mit eigenem Kapital arbeitet, entgehen die Zinsen für dieses, im wirtschaftlichen Ergebnis gleicht sich das aus (vgl. Rehm, Bilanzen der Aktienges. 2. Aufl. S. 374). Wie ein Unternehmen sich einrichten will, muß mangels einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen ihm allein überlassen bleiben.

Bei der Beratung der in Rede stehenden Tarifvorschrift in der Reichstagskommission (Session 1898/1900 Drucks. Nr. 870 S. 24) ist darauf hingewiesen worden, daß die Gewerkschaften nicht gleich bei Beginn ihres Unternehmens den vollen Kapitalbetrag einforderten, sondern erst allmählich mit fortschreitendem Ausbau des Bergwerks von den Gewerken Einzahlung forderten, daß aber gerade die großen und kapitalkräftigen Unternehmen, die man in erster Linie zu der Steuer heranzuziehen wünsche, durch Ausnützen ihres Bankkredits das Einfordern von Zubußen und damit das Zahlen der Steuer vermeiden könnten. Ähnliche Gedanken sprach der preußische Handelsminister in der Vollversammlung des Reichstags vom 8. Juni 1900 aus (Sten. Ber. S. 5876). Es wird also damit gerechnet, daß fremdes Kapital zum Baue des Bergwerks verwendet wird, es wird das aber nicht als unzulässig oder irgendwie bedenklich, vielmehr als ganz selbstverständlich hingestellt. Es wird auch nicht der Versuch gemacht, daran steuerliche Nachteile zu knüpfen, etwa durch Ausschalten der Zinsen des fremden Baukapitals aus der Berechnung eines Betriebsverlustes, wie es jetzt das Oberlandesgericht vornimmt. Dieses folgt dabei im wesentlichen dem in dem vorliegenden Stempelstreit ergangenen Erlaß des preußischen Finanzministers vom 29. März 1913 -- IV. 1429 --, der zwischen den Zinsen für ein aufgenommenes Baukapital und den allein aus den Einnahmen zu bestreitenden Zinsen für Darlehen unterscheiden will, die zur Deckung von Betriebsverlusten oder zur Erhaltung des Betriebes im bisherigen Umfang aufgenommen sind. Der Erlaß geht also noch etwas weiter als das Oberlandesgericht, denn dieses scheidet bei der Ermittelung eines Betriebsverlustes nur gewisse Zinsen aus, während der Erlaß überhaupt nur bestimmte Zinsen zulassen will, z. B. also nicht die Zinsen für ein bei Beginn des Betriebes aufgenommenes Betriebskapital: Worauf sich die von ihm vorgenommene Unterscheidung gründet, sagt der Erlaß nicht, eines näheren Eingehens darauf bedarf es deshalb nicht.

Mit dieser Ablehnung des vom Oberlandesgerichte hinsichtlich der Zinsausgaben vertretenen Standpunkts -- auf seine Ausführungen über die Erneuerungsmasse wird später zurückzukommen sein -- ist über die Frage noch nicht entschieden, ob die streitige Befreiungsvorschrift zugunsten der Klägerin anzuwenden ist. Der Stempel auf Kuxe ist aus einem im Reichstage gestellten Antrage (Drucks. Nr. 713 a. a. O.) hervorgegangen, der auch bei den Bergwerksgesellschaften den allgemeinen Gedanken der Stempelgesetzgebung durchführen, das auf dem öffentlichen Markte sich zeigende Kapital mit einer Steuer belegen wollte (Sten. Ber. S. 5879). Im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit sollten die Bergwerksgesellschaften den "Aktiengesellschaften möglichst gleichgestellt werden (KommBer. S. 22. Sten. Ber. S. 5877 u. öfter). Die Einzahlungen auf Kuxe sind erst durch Anträge in der Reichstagskommission (Ber. S. 23 flg.) steuerlich erfaßt worden. Dabei wurde erwogen, daß die Einzahlungen nicht immer, "als Kapitalzuwachs und eine Verbesserung der Vermögenslage" anzusehen seien, daß sie vielfach "zur Deckung von unerwarteten Betriebsverlusten" eingefordert werden müßten. Stempelpflichtig wollte man deshalb nur diejenigen Zahlungen machen, die nicht nachweislich zur Deckung von Betriebsverlusten dienten. Die Kommission verkannte nicht, daß es im einzelnen Falle schwierig sein werde, zu entscheiden, ob ein Betriebsverlust vorliege, hielt es nicht für möglich, im Gesetze selbst genaue Bestimmungen darüber zu treffen, konnte sich aber auf Vorschläge (a. a. O. S. 25), diese Entscheidung dem Bundesrat oder den Steuerdirektivbehörden zu übertragen, nicht einigen. Die daraufhin zunächst gewählte Fassung, daß stempelpflichtig seien Einzahlungen, soweit sie nicht zur Deckung von Betriebsverlusten dienten, wurde bei der zweiten Beratung in der Vollversammlung allgemein als unbefriedigend empfunden; Sten. Ber. S.5872 (Abg. Graf v. Oriola), 5873 (Abg Richter), 5875 (Abg. Hilbek: "es ist durchaus nicht alles Betriebsverlust, was unglückliche Zufälle dem Bergbau aufbürden"), 5876 (Handelsminister Brefeld). Als neues Unterscheidungsmerkmal wurde hervorgehoben, daß nur Einzahlungen stempelpflichtig sein sollten, die zur Erweiterung des Geschäftsbetriebes dienten -- a. a. O. S. 5872 (Abg. Graf v. Oriola) --, auch dieser Begriff wurde aber bemängelt, a. a. O. S.5876 (Handelsminister Brefeld). Ein Antrag "zur näheren Kennzeichnung des Begriffs Betriebsverlust", der in der zweiten Beratung angekündigt war (a. a. O. S. 5872), wurde zur dritten Beratung gestellt (Drucks. Nr.902 a. a. O.) und gab dem Gesetzentwurfe durch Einfügung der Worte: "oder zur Erhaltung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange bestimmt sind und verwendet werden" die zum Gesetze erhobene Fassung. Zur Begründung des Antrags wurde vom Abg. Hilbek (a. a. O. S. 6017) ausgeführt, daß beim Bergbau eine große Menge Ausgaben erforderlich sei, nicht um den Betrieb zu erweitern, sondern um ihn im Kampfe mit den Naturgewalten in seinen seitherigen Grenzen weiterzuführen, und daß die dafür nötigen Ausgaben, wenn sie durch Zubuße aufgebracht würden, nach dem Sinne der Antragsteller von der Steuer freibleiben sollten. Über die dabei in Frage kommenden Aufwendungen fügte er eine Aufzählung von Beispielen an, die später in die AusfBest. des Bundesrats zum Reichsstempelgesetz und sodann in die Grundsätze zur Auslegung des Reichsstempelgesetzes (I. 3 das.) übergegangen ist (Kunckels Ztschr. 1912 S. 149). Die Beispiele betreffen sämtlich Ausgaben, die in dem eigentlich bergmännischen Betrieb und in den dabei vorkommenden Ereignissen begründet sind.

Nach dieser Entstehungsgeschichte des Gesetzes handelt es sich bei beiden Ausnahmen der Steuerpflicht, bei den Einzahlungen zur Deckung eines Betriebsverlustes und zur Erhaltung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange, weniger um zwei verschiedene Fälle als um zwei verschiedene Erscheinungsformen desselben Falles, daß nämlich durch "Unglücksfälle" oder sonstige Ereignisse, wie sie die "Natur des Bergwerkbetriebes" und der dort herrschende "Kampf mit den Naturgewalten" mit sich bringt, "unerwartete" Ausgaben entstehen, die entweder sofort durch Einzahlungen gedeckt werden oder am Schlusse des Rechnungsjahres einen Verlust begründen. Jedenfalls bedeutet aber -- und das verkennt die Revision -- das Wort "Betrieb" in der Verbindung "Betriebsverlust" dasselbe wie in der Verbindung "zur Erhaltung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange", nämlich den technischen Betrieb des Bergwerks und der zu ihm gehörigen Anstalten im Gegensatze zu dem allgemein-geschäftlichen, mehr kaufmännischen Betriebe des ganzen Unternehmens. Diesen zu begünstigen, lag kein Anlaß vor. Es würde das sogar gegenüber den Aktiengesellschaften eine Unbilligkeit bedeutet haben.

So hat denn auch der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 30. September 1902 (RGZ. Bd. 52 S.189 flg., bei Gruchot Bd. 47 S. 435 flg.) ausgesprochen, daß von einem Betriebsverlust erst die Rede sein könne, wenn mit der ertragbringenden Tätigkeit der Förderung des Minerals begonnen sei, und in dem Urteile vom 9. Januar 1917 (RGZ. Bd.89 S.311 flg., 314) wird unter Betrieb der technische Betrieb verstanden. Für steuerpflichtig ist danach stets erachtet worden das in Form von Zubußen aufgebrachte, zur ersten Herstellung des Bergwerks oder zu seiner Erweiterung verwendete Kapital, das sogenannte Anlagekapital und sein wirklicher Zuwachs. Für nicht stempelpflichtig dagegen ist angesehen worden eine Zubuße, welche erhoben wurde, um das Anlagekapital unversehrt zu lassen oder in seinem ursprünglichen Umfange wiederherzustellen. (vgl. die oben bereits angezogene Entscheidung des Senats vom 1. Mrz 1907 und RGZ. Bd. 89 S. 311 flg.). In dem ersteren Falle handelte es sich um nicht näher bezeichnete Anlagen, die aber erweislich unter die in die Ausführungsbestimmungen übergegangenen Beispiele des Abg. Hilbek fielen, in dem zweiten Falle stand die Wiederherstellung eines durch ein Schlagwetter zum großen Teile zerstörten Bergwerks in Frage.

Im Gegensatze dazu ist vorliegend der Verlust durch mangelnde Beschäftigung des Bergwerks und durch das Ausscheiden einer Erneuerungsmasse entstanden. Die ungenügende Beschäftigung hat mit dem eigentlichen technischen Betrieb und seinen Gefahren nichts zu tun, sie beeinträchtigt auch nicht das Anlagekapital, sie führt nur zu einer stärkeren Beanspruchung des Betriebskapitals. Dieses hat vorliegend nicht ausgereicht und mußte deshalb durch Einfordern einer Zubuße vergrößert, oder, wenn man es durch die Zinszahlungen als teilweise aufgezehrt ansehen will, zu diesem Teile wieder ergänzt werden. In dem ersteren Falle würde man von einer wirklichen Kapitalerweiterung sprechen können, in dem zweiten Falle würde es sich zwar um eine Wiederherstellung des Kapitals in seinem bisherigen Umfange handeln, aber nicht des Anlage-; sondern des Betriebskapitals. In beiden Fällen ist die Steuerpflicht gegeben. Zutreffend heißt es in dem Erlasse des Reichskanzlers (Reichsschatzamts) vom 28. Juni 1912 (abgedr. in Kunckels Ztschr. Bd. 12 S. 212): "Ist der Bergwerksbetrieb selbst in ordnungsmäßigem Stande und haben nur die Betriebskapitalien der Gewerkschaft aus welchem Grunde immer eine Verminderung erfahren, so bedeuten m. E. die zu ihrer Auffüllung ausgeschriebenen Zubußen übrigens auch einen Kapitalzuwachs und eine Verbesserung der Vermögenslage. ... Von dieser Auffassung habe ich mich sowohl in dem in Rede stehenden Falle" -- d. h. bei der Einziehung einer Zubuße zur Tilgung einer Wechselverbindlichkeit der Gewerkschaft, die dadurch entstanden war, daß der Grubenvorstand widerrechtlich einen Wechsel mit dem Giro versehen hatte -- "als auch in einem andern, in dem die Geschäftsbetriebsmittel der Gewerkschaft durch ungünstigen Verkauf der Bergwerkserzeugnisse zurückgegangen waren, für die Steuerpflichtigkeit der ausgeschriebenen Zubußen ausgesprochen." Die Erläuterungsbücher zum Reichsstempelgesetze von Greiff, 2. Aufl., S.457 und Weinbach, 2. Aufl.. S. 368 meinen, daß diesen Sätzen die oben bereits erwähnten Entscheidungen des Senats vom 30. September 1902 widersprächen. Ein solcher Widerspruch ist aber nicht ersichtlich. In den dort entschiedenen Fällen war vor der Eröffnung des Bergwerkbetriebes Anlagekapital durch Zubußen aufgebracht, und diese sind für steuerpflichtig erachtet worden. Erwähnt ist aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, daß man alle Einzahlungen von der Besteuerung befreien wollte, die nicht der Erweiterung des Betriebes dienten. Dieser Satz bezieht sich aber nach dem ganzen Zusammenhang, in dem er gesprochen ist, nur auf Einzahlungen, die das Anlagekapital, nicht solche, die das Betriebskapital betreffen. Nur in diesem Sinne ist er auch in jenen Entscheidungen angeführt.

Zu den Ausführungen des Berufungsrichters über die Erneuerungsmasse bemerkt die Revision, daß das Ausscheiden der Erneuerungsmasse einer Abschreibung gleichstehe und daß es sich in beiden Fällen um den Ausgleich einer wirtlichen Entwertung der Anlagen handele. Diese sei jetzt schon vorhanden, könne aber der Natur der Sache nach durch tatsächliche Auslagen erst dann beseitigt werden, wenn zu einer Neuanschaffung geschritten werden müsse. Es ist der Revision zuzugeben, daß die Entwertung der Anlagen durch den Gebrauch einen Verlust darstellt, und zwar einen Betriebsverlust, da er auf dem eigentlichen, technischen Betriebe des Werkes beruht; vermindert wird das Anlagekapital, nicht das Betriebskapital. Aber durch das Ausscheiden einer Erneuerungsmasse und durch die zu diesem Behufe ausgeschriebene Einzahlung wird der Betriebsverlust nicht gedeckt, es wird nur eine Masse geschaffen, aus der er künftig einmal gedeckt werden kann und nach der gegenwärtigen Absicht der Klägerin auch gedeckt werden soll. Was in Zukunft wirklich mit der Erneuerungsmasse geschehen, in welcher Weise die Klägerin darüber verfügen, zu welchem Zwecke sie sie ausschütten wird, steht noch dahin. Die Klägerin ist in ihren Entschließungen darüber frei, sie kann die Masse z. B. auch zu einer Erweiterung des Betriebes, d. h. zu einer steuerpflichtigen Vergrößerung des Anlagekapitals verwerten. Die Ausführung der Revision, daß bereits das Ausscheiden der Masse der tatsächlichen Deckungsausgabe gleich, zu achten sei, trifft nach dem Gesagten offenbar nicht zu. Das wird durch die in Tarifnr. 1 d a. a. O. aufgestellte zweite Möglichkeit der Steuerfreiheit einwandfrei klargestellt. Wenn die Klägerin ohne Feststellung eines rechnungsmäßigen Verlustes Einzahlungen zum Ankaufe neuer Maschinen an Stelle der alten ausgeschrieben hätte, so würde es sich um Einzahlungen zur Erhaltung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange gehandelt haben. Solche müssen nach dem Gesetz aber nicht nur dazu bestimmt sein, sondern auch dazu verwendet werden, um Steuerfreiheit zu genießen. Es wird also hier ausdrücklich verlangt, daß die ausgeschriebene Einzahlung zu dem gesetzlich bevorzugten Zwecke auch tatsächlich ausgegeben wird, und das muß bei der Gleichartigkeit der Fälle auch für die andere im Gesetze vorgesehene Möglichkeit gelten." ...