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RG, 20.09.1918 - VII 133/18

Daten
Fall: 
Schadensersatzanspruch bei Werkverträgen
Fundstellen: 
RGZ 95, 2
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
20.09.1918
Aktenzeichen: 
VII 133/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Duisburg
  • OLG Düsseldorf

Zur Lehre vom Schadensersatzanspruch bei Werkverträgen.

Tatbestand

Auf Grund eines Werkvertrags hat die Beklagte im Jahre 1907 der Klägerin die Maschinen für eine Schotteranlage geliefert und in den von der Klägerin errichteten Gebäuden auf den von derselben hergestellten Unterlagen angebracht. Die Klägerin erhob verschiedene Bemängelungen, vor allem die, daß die Anlage nicht die zugesicherte Leistungsfähigkeit besitze. Sie erhob nach längeren Verhandlungen die Wandlungsklage auf Rücknahme der Maschinen und Rückzahlung der bezahlten 4000 M. Die Klage drang in der Hauptsache durch; nur ein Teilbetrag von 545,60 M wurde abgewiesen, weil die Klägerin in dieser Höhe Nutzen aus der Anlage gezogen hatte. Ihr Versuch, insoweit mit einer Schadensersatzforderung wegen entgangenen Gewinns aufzurechnen, wurde abgelehnt, da kein Verschulden der Beklagten dargetan sei. Am 14. November 1911 entfernte die Beklagte die Maschinen, und am 11. Januar 1912 erhob die Klägerin die gegenwärtige Klage, mit der sie aus dem Gesichtspunkte des Schadensersatzes Zahlung von 16877,04 M und Zinsen verlangt. Diesen Betrag behauptete sie aufgewendet zu haben, um die Gebäude und die Unterlagen für die Maschinen herzustellen.

Das Landgericht gab durch ein Teil- und ein Schlußurteil der Klage in Höhe von zusammen 12150 M und Zinsen statt, weil die Klägerin diese Summe über den Vertragspreis hinaus aufwenden müsse, um unter Verwendung der von ihr errichteten Gebäude und Maschinenunterlagen ein Schotterwerk zu erhalten, wie es dem Vertrage mit der Beklagten entspreche. Die Beklagte legte gegen beide Urteile, die Klägerin gegen das ihre Klage zum Teil abweisende Schlußurteil Berufung ein. Das Oberlandesgericht beschränkte die Verhandlung auf die von der Beklagten erhobenen Einwände der rechtskräftig entschiedenen Sache und der Verjährung und auf die weitere Frage, ob die Klägerin nach durchgeführter Wandlung ihren Schadensersatzanspruch überhaupt noch geltend machen könne. Es gelangte alsdann zur Abweisung der Klage.

Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.

Gründe

"Das Oberlandesgericht geht ebenso wie das Landgericht davon aus, daß die Beklagte bei Erfüllung des Vertrags mit der Klägerin fahrlässig gehandelt habe, weist die Klage aber gleichwohl ab, weil der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht neben, sondern nur statt der Wandlung verfolgt werden könne. Die dagegen erhobenen Angriffe der Revision gehen fehl. Das Oberlandesgericht unterscheidet in Anlehnung an die reichsgerichtliche Rechtsprechung (RGZ. Bd. 62 S. 119, Bd. 64 S. 41, Bd. 66 S. 12, Bd. 71 S.173; Warneyer 1915 S.204) zutreffend zwischen dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, den der Besteller eines Werkes nach § 635 BGB. gegen den Unternehmer statt der Wandlung oder Minderung geltend machen kann, und dem aus § 276 abzuleitenden weiteren Schadensersatzanspruch. Den Unterschied zwischen den beiden Ansprüchen findet es mit Recht darin, daß im ersteren Falle ein unmittelbarer Zusammenhang des Schadens mit den beiderseitigen Leistungen aus dem Werkvertrage gegeben ist, während der Schaden im zweiten Falle erst durch das Hinzutreten eines besonderen selbständigen Ereignisses vermittelt wird, und daß er für den Besteller in dem ersteren Falle schon zu dem Zeitpunkt erwachsen sein muß, zu dem die kurze Verjährung nach § 638 zu laufen beginnt, was im zweiten Falle nicht erforderlich ist. In dem ersten Falle ist es derselbe Mangel des Werkes, der das Recht auf Wandlung oder Minderung entstehen läßt und auch den Schaden herbeiführt, in dem zweiten Falle erwächst der Schaden dem Besteller nicht lediglich aus jenem Mangel. Liegt ein Schaden der ersteren Art vor, so gibt der § 635 dem Besteller die Wahl, ob er Wandlung oder Minderung oder Schadensersatz fordern will. Die Vorschrift des § 635 ist in dieser Beziehung unzweideutig, sie gewährt keinen Anhalt für die gegenteilige Auslegung der Revision, daß der Schadensersatzanspruch des § 635 auch neben einer durchgeführten Wandlung oder Minderung gegeben sei. Zutreffend hebt die Revision hervor, daß die beiden Schadensersatzansprüche sich in der Frage der Verjährung unterscheiden - für den Anspruch aus § 635 läuft die kurze Frist des § 638, für den Anspruch aus § 276 die dreißigjährige Frist des § 195 -; aber dieser Unterschied ist nicht der einzige, wie die Revision will, er ist nur einer von mehreren, er ist auch nicht grundlegend, vielmehr nur eine Folge der oben hervorgehobenen wesentlichen Abweichungen.

In der Entscheidung des Senats vom 18. Juni 1918 (RGZ. Bd. 93 S. 158) wird anerkannt, daß eine auf die Fahrlässigkeit des Unternehmers gestützte Klage auf Ersatz besonderer schadenbringender Wirkungen einer fehlerhaften Werklieferung trotz einer und neben oder nach einer wegen des Fehlers durchgeführten Wandlungsklage zulässig ist. Wenn es dort weiter heißt, daß dafür die §§ 635, 276 BGB. in Betracht kommen, so könnte das mißverständlich erscheinen, allein die zum § 635 angeführte Entscheidung RGZ. Bd. 58 S.173 rückt die Bedeutung des Satzes sofort in das rechte Licht. Sie sagt nämlich auf S. 178, daß das Gesetz die Geltendmachung der mehreren nach den §§ 634, 635 zulässigen Ansprüche im Eventualitätsverhältnis nicht verbiete. In diesem Sinne kann also ein Schadensersatzanspruch aus § 635 auch neben der Wandlung oder Minderung verfolgt werden. Durchdringen kann aber auch dann immer nur einer der drei mehrgenannten Rechtsbehelfe, und das ist der entscheidende Punkt in den obigen Ausführungen.

Beizutreten ist dem Oberlandesgericht endlich in seiner - von der Revision nicht bemängelten - Entscheidung, daß der Schadensersatzanspruch, wie ihn die Klägerin verfolgt, lediglich auf dieselben Mängel des Werkes gegründet ist, wegen deren die Klägerin die Wandlung erklärt hat. Unerheblich ist dabei, ob man mit der Klägerin die von ihr für die Maschinen hergestellten Gebäude und Unterlagen als nunmehr wertlos erachtet, oder ob man sie mit dem Landgericht als zur Herstellung einer vertragsmäßigen Anlage noch verwendbar und deshalb noch einen gewissen Wert darstellend ansieht. Als die Klägerin sich für die Wandlung entschied, konnte sie bereits übersehen, daß ihre eigenen Arbeiten und Leistungen ganz oder mindestens teilweise wertlos geworden seien. Deshalb mußte sie sich damals bereits entscheiden, ob sie wandeln oder Schadensersatz fordern wolle. Von der einmal getroffenen Wahl kann sie, nachdem sie mit der Wandlung durchgedrungen ist, nach § 635 nicht mehr abgehen.

In einer Entgegnung auf Ausführungen der Revisionsbeklagten hat die Revisionsklägerin noch erklärt, nach ihrer Auffassung sei es zwar nicht nötig, aber, falls erforderlich, könne ja die Klage im Vorprozeß auch als auf Schadensersatz gerichtet gewesen angesehen, werden; es sei dann damals eben ein Teil des Schadens verfolgt worden. Dem steht indessen zunächst die formelle Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils entgegen. In Rechtskraft erwächst nicht bloß die Urteilsformel; sie und die Gründe bilden zusammen die Entscheidung, vgl. RGZ. (BZG.) Bd. 33 S. 4, und danach ist im Vorprozeß nur die Wandlungsklage erhoben und durchgedrungen. Das ist bisher auch weder in dem früheren noch in dem jetzigen Rechtsstreite, weder von den Parteien noch von den Gerichten in Zweifel gezogen worden. Weiter aber kommt auch materiell in Betracht, daß die Schadensersatzklage immer nur auf ein Verschulden der Beklagten hätte gegründet werden können. Der Versuch der Klägerin, im Vorprozeß mit einer Schadensersatzforderung wegen entgangenen Gewinns gegen gewisse Gegenansprüche der Beklagten aufzurechnen, ist aber gerade deshalb zurückgewiesen worden, weil ein Verschulden der Beklagten nicht dargetan sei. Auch deshalb kann die Klage, mit der die Klägerin in dem früheren Rechtsstreit obgesiegt hat, nicht die Schadensersatzklage gewesen sein." ...