RG, 16.11.1883 - II 363/83
In welchem Umfange begründet die gemäß §. 20 Ziff. 1 des Markenschutzgesetzes gegebene Erklärung, sich der Gerichtsbarkeit des Handelsgerichtes (jetzt Landgerichtes) zu Leipzig zu unterwerfen, die Zuständigkeit dieses Gerichtes?
Aus den Gründen
"Gegenstand der Revision bildet nur die Frage, ob das Landgericht zu Leipzig betreffs des zweiten Antrages der erhobenen Klage zuständig sei. In diesem zweiten Klagantrage ist begehrt: "die Beklagte für nicht berechtigt zu erklären sich der Firma bezw. des Namens: " Jönköpings Nya Tändsticksfabrik" und deshalb insbesondere der unter Nr. 2956 eingetragenen Marke zur Bezeichnung ihrer Waren oder deren Verpackung zu bedienen oder die bezeichneten Waren in Verkehr zu bringen oder feil zu halten." Die Zuständigkeit des besagten Gerichtes wird lediglich auf die Erklärung gegründet, welche die Beklagte bei Anmeldung ihrer Marke Nr. 2956, gemäß §. 20 Ziff. 1 des Markenschutzgesetzes, dahin abgegeben hat, daß sie sich für Klagen auf Grund dieses Gesetzes der Gerichtsbarkeit des Handelsgerichtes (jetzt Landgerichtes) zu Leipzig unterwerfe.
Das Oberlandesgericht geht, und mit Recht, von der Ansicht aus, daß sich die Beklagte durch jene Erklärung der Gerichtsbarkeit des besagten Gerichtes nur in dem Sinne habe unterwerfen wollen, wie es das Gesetz von ihr verlangte, und prüft daher Sinn und Tragweite der bezeichneten Gesetzesbestimmung.
Seiner bezüglichen Auslegung des Gesetzes ist aber nicht in allen Punkten beizustimmen.
Wenn das Markenschutzgesetz vom Ausländer, der ein Warenzeichen anmeldet, fordert, daß er mit der Anmeldung zugleich die Erklärung verbinde, sich für Klagen auf Grund dieses Gesetzes der Gerichtsbarkeit des Handelsgerichtes zu Leipzig zu unterwerfen, so können hiermit der Natur der Sache nach nur solche Klagen gemeint sein, zu welchen die in Frage stehende Anmeldung bezw. Eintragung Anlaß giebt. Eine Unterwerfung so allgemeiner Art, daß sie alle Klagen umfaßte, welche irgendwie wegen Mißbrauches eines Warenzeichens oder der Firma auf Grund des Markenschutzgesetzes erhoben werden könnten, ganz ohne Rücksicht darauf, ob sie im Zusammenhange mit dem angemeldeten Warenzeichen stehen, wäre etwas so Abnormes und den gewöhnlichen Prinzipien Widerstreitendes (wie sie denn von der Civilprozeßordnung in §. 40 ausdrücklich für wirkungslos erklärt ist), daß unmöglich angenommen werden kann, sie sei vom Gesetzgeber gewollt.
Hierfür spricht entschieden auch die Entstehungsgeschichte der in Frage stehenden Bestimmung.
Dieselbe lautete im Gesetzentwurfe dahin:
"mit der Erklärung zu erfolgen, daß sich der Anmeldende für Klagen auf Grund des §. 11 der Gerichtsbarkeit dieses Gerichtes unterwirft."
Nach dem Inhalte des §.11 a. a. O. (gleichlautend mit dem jetzigen §. 11) konnte kein Zweifel bestehen, daß nur die Klagen auf Löschung des angemeldeten und eingetragenen Warenzeichens gemeint waren. Der Vorschlag, die jetzige Fassung zu wählen, wurde mit der Erwägung begründet, daß kein Anlaß bestehe, die Unterwerfung auf die Löschungsklagen zu beschränken, vielmehr es sich empfehle, sie auf alle anderen Klagen auszudehnen. Diesem Vorschlage traten die Vertreter der Regierung bei, und es wurde ohne weitere Diskussion die jetzige Fassung vom Reichstage beschlossen.
Hiernach könnte behauptet werden, es sei nichts weiter beabsichtigt gewesen, als die zu enge Fassung des Gesetzes auch auf alle anderen Klagen, welche das angemeldete Warenzeichen als solches betreffen, z. B. auf einfache Feststellungsklagen, Entschädigungsklagen etc. auszudehnen, sodaß also Klagen, zu denen zwar das angemeldete Warenzeichen Anlaß giebt, die aber nur den Mißbrauch der Firma betreffen, ausgeschlossen wären. Allein, wenn auch eine so beschränkende Auslegung der allgemeinen Ausdrucksweise des Gesetzes gegenüber unstatthaft erscheint, so ist doch jedenfalls soviel außer Zweifel, daß dem Gesetzgeber die Absicht ferngelegen hat, eine ganz allgemeine, von jedem Zusammenhange mit dem angemeldeten Warenzeichen absehende, Unterwerfung zu verlangen. Könnten übrigens noch Zweifel betreffs der Absicht des Gesetzes bestehen, so würden diese, da eine Ausnahmsbestimmung in Frage steht, in einschränkendem Sinne zu lösen sein.
Nach den vorerörterten Prinzipien erscheint die Zuständigkeit des Landgerichtes zu Leipzig begründet, soweit die Klage darauf gerichtet ist, der Beklagten den Gebrauch der angemeldeten Marke Nr. 2956 zu untersagen, jedoch nicht begründet, soweit der Beklagten allgemein untersagt sein soll, sich der in Frage stehenden Firma zur Bezeichnung ihrer Waren zu bedienen."