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RG, 07.11.1883 - I 355/83

Daten
Fall: 
fidejussio und constitutum debiti alieni
Fundstellen: 
RGZ 10, 186
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
07.11.1883
Aktenzeichen: 
I 355/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Neustrelitz
  • OLG Rostock

Ist auch nach heutigem gemeinem Rechte bei einer Intercession, welche lediglich zum Zwecke der Sicherheit des Gläubigers erfolgt, zwischen fidejussio und constitutum debiti alieni zu unterscheiden?

Tatbestand

Die Klage ist auf die Behauptung begründet, daß der Beklagte unter der Herrschaft des gemeinen Rechtes die Bezahlung einer von seinem Schwiegersohne unter der Herrschaft des preußischen Landrechtes kontrahierten Schuld versprochen habe. Beklagter hat sich auf Verjährung der ursprünglichen Schuld auf Grund des preußischen Gesetzes vom 31. März 1838 berufen, und der Berufungsrichter, welcher das behauptete Versprechen des Beklagten dahin charakterisiert, daß mit demselben eventuell eine kumulative Intercession eingegangen, ein Bürgschaftsversprechen erteilt sein würde, und zwar in der Form des constitutum debiti alieni, hat die ursprüngliche Schuld für verjährt und die Berufung des Beklagten auf diese Verjährung für zulässig erachtet. Die hiergegen in der Revisionsinstanz erhobene Rüge ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

... "Die Revision rügt ferner, daß der Berufungsrichter die Verschiedenheit der Rechtsinstitute der f idejussio und constitutum debiti alieni verkannt, eventuell aber jedenfalls dadurch rechtlich geirrt habe, daß nach Annahme eines constitutum debiti alieni l. 18 §.1 Dig. de pec. const. 13, 5 unbeachtet geblieben sei. Diese Rüge kann nicht für begründet erachtet werden. Der Berufungsrichter sagt nicht, daß das fragliche Zahlungsversprechen ein constitutum debiti alieni sei; er erklärt vielmehr nur, daß mit demselben eventuell eine kumulative Intercession eingegangen, ein Bürgschaftsversprechen erteilt sein würde und zwar in der Form des constitutum debiti alieni. Er nimmt also Bürgschaft in der Form des Konstitutes an, letzteres augenscheinlich, weil Beklagter unmittelbar Zahlung, also Erfüllung der Verbindlichkeit des Hauptschuldners, versprochen haben soll. Nun ist es nach heutigem Rechte bei Intercessionen ganz unerheblich, ob die Verpflichtung des Intercedenten sich in das Versprechen der Erfüllung der Verbindlichkeit des Hauptschuldners oder in die Erklärung, daß er neben dem Schuldner schuldig sein wolle, einkleidet, wie ja auch im späteren römischen Rechte das Konstitutum selbst, an sich ein pactum auf Zahlung der Schuld, wie sie zur Zeit des pactum besteht, dahin geschlossen werden konnte, daß der Konstituent zu schulden versprach, was der Schuldner schuldet. Das heutige Recht nimmt, soweit der Intercedent eben nur verspricht, was der Schuldner zu leisten hat, nur einen Bürgschaftsvertrag an, auf welchen es die Grundsätze der fidejussio anwendet, soweit nicht letztere aus der Begründungsform originieren. Steht nicht bloß die Sicherheit des Gläubigers zur Frage, sollen dem Gläubiger noch darüber hinaus Vorteile eingeräumt werden, so wird allerdings in Frage kommen, ob noch die besonderen Rechtssätze des Konstitutes Anwendung zu finden haben, bezw. ob und inwieweit in dem Übereinkommen des Intercedenten mit dem Gläubiger eine vertragsmäßige Modifikation des Bürgschaftsverhältnisses nach der einen oder anderen Richtung enthalten ist. Daß ein solcher Fall hier vorliegt, hat der Revisionskläger selbst nicht behaupten können; der Berufungsrichter aber spricht mit dem Satze, daß mit dem behaupteten Versprechen "ein Bürgschaftsversprechen" erteilt sein werde, unzweifelhaft aus, daß er die fragliche Zusicherung eben nur als Bürgschaft, also allein als ein Eintreten des Intercedenten in die ursprüngliche Verpflichtung des Hauptschuldners zur größeren Sicherheit des Gläubigers, auffasse. Wenn er daneben erwähnt, daß die Bürgschaft in Konstitutsform übernommen sei, so ist aus dieser an sich unwesentlichen Bemerkung schlechterdings nicht zu entnehmen, daß er sich über die einschlagenden Rechtsgrundsätze, bezw. doch über die Bestimmung der I. 18 §. 1 a. a. O. in Irrtum befunden habe. Hat aber der Richter ohne Rechtsirrtum Bürgschaft angenommen und hat er, in dessen Bezirk das preußische Landrecht nicht gilt, mit bindender Kraft für den Revisionsrichter die ursprüngliche Schuld aus dem preußischen Gesetze vom 31. März 1838 für verjährt erachtet, so hat er auch die Einrede der Verjährung gegen die Zahlungsversprechen aus den Jahren 1876 und 1877 anerkennen müssen.