BGH, 09.03.1990 - V ZR 244/88

Daten
Fall: 
Ablehnung einer wegen Beweisnot beantragten Parteivernehmung
Fundstellen: 
BGHZ 110, 363; DNotZ 1991, 374; FamRZ 1990, 860; MDR 1990, 705; NJW 1990, 1721; Rpfleger 1990, 287; WM 1990, 1077; ZIP 1990, 797
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
09.03.1990
Aktenzeichen: 
V ZR 244/88
Entscheidungstyp: 
Urteil

1. Bildet die von einem Minderjährigen erteilte Vollmacht mit einem Vertrag eine rechtliche Einheit, nimmt die Bevollmächtigung an der Genehmigungsfähigkeit des Vertrages teil.
2. Die Beweisnot einer Partei, die Parteivernehmung nach § 448 ZPO beantragt, führt nicht dazu, daß an ihre Behauptung ein geringerer Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen ist. Wohl aber ist an die Begründung, mit der der Tatrichter die Wahrscheinlichkeit verneint, eine erhöhte Anforderung zu stellen. Die Gründe müssen erkennen lassen, daß er die Beweisnot der Partei in Erwägung gezogen hat.

Tatbestand

Der Kläger, der als Einzelkaufmann einen Schrotthandel betrieb, überließ dem Beklagten, seinem Sohn, am 17. Dezember 1973 mehrere Betriebsgrundstücke durch notariellen Vertrag "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge". Dem Kläger und seiner damaligen Ehefrau, der Mutter des Beklagten, wurde auf Lebenszeit ein Nießbrauchsrecht an dem Grundbesitz eingeräumt. Der Verkauf und die Belastung der Grundstücke wurden auf 29 Jahre ausgeschlossen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Kläger ein "Rückkaufsrecht" eingeräumt. In einer weiteren notariellen Urkunde vom gleichen Tage bevollmächtigte der Beklagte den Kläger unwiderruflich unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, ihn in allen den übertragenen Grundbesitz betreffenden Angelegenheiten zu vertreten. Der Kläger wurde insbesondere ermächtigt, die Grundstücke zu belasten, an Dritte zu verkaufen oder auf sich selbst zu übertragen.

Bei Abschluß der Geschäfte war der Beklagte 19 Jahre alt und nach damaligem Recht minderjährig. Beim Grundstücksüberlassungsvertrag war er durch einen Pfleger vertreten. Die Bevollmächtigung nahm er persönlich vor.

Durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 22. März 1974 wurde der Beklagte für volljährig erklärt. Am 9. April 1974 ließ er eine, mit der vorangegangenen inhaltsgleiche, Vollmacht beurkunden.

Mit einer dem Kläger am 11. März 1986 zugegangenen Erklärung widerrief der Beklagte die Vollmachten. Am gleichen Tage, aber nach Zugang der Widerrufserklärung, übertrug der Kläger, zugleich im Namen des Beklagten handelnd, den überlassenen Grundbesitz unentgeltlich auf sich zurück. Das Grundbuchamt hat die Eintragung der Eigentumsübertragung von der Zustimmung des Beklagten abhängig gemacht.

Der Kläger hat den Beklagten auf Zustimmung zur Auflassung der Grundstücke und deren Vollzug, hilfsweise auf Feststellung in Anspruch genommen, daß die Vollmacht vom 9. April 1974 wirksam sei. Dieses Begehren hat er darauf gestützt, daß der Grundbesitz dem Beklagten lediglich treuhänderisch überlassen und das Treuhandgeschäft in seinem alleinigen Interesse abgeschlossen worden sei. Der Beklagte hat demgegenüber behauptet, das Geschäft habe sich in einer vorweggenommenen Erbfolge, der steuerliche Erwägungen zugrunde gelegen hätten, erschöpft; jedenfalls hätten für den Widerruf der Vollmacht wichtige Gründe vorgelegen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Vor dem Berufungsgericht hat der Kläger in erster Linie das Feststellungsbegehren geltend gemacht und den Antrag dahin erweitert, daß die Vollmacht auch nicht wirksam widerrufen worden sei. An dem weiteren Antrag hat er hilfsweise festgehalten. In letzter Linie hat er Verurteilung des Beklagten zur Auflassung beantragt. Die Hilfsanträge hat er auf Schenkungswiderruf wegen groben Undanks gestützt.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Anträge aus der Berufungsinstanz weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat zum Feststellungsantrag ausgeführt, die Gültigkeit der Vollmacht vom 9. April 1974 stehe nicht fest. Da die nach altem Recht mögliche Volljährigkeitserklärung erst mit ihrer Rechtskraft wirksam geworden sei (§ 56 Abs. 2 FGG, aufgehoben durch das Gesetz zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. Juli 1974, BGBl I 1713), setze der Erfolg der Klage voraus, daß der die Volljährigkeit des Beklagten aussprechende Gerichtsbeschluß den Beschwerdeberechtigten spätestens am 25. März 1974 (Montag) zugestellt worden sei. Andernfalls sei bei der Beurkundung vom 9. April 1974 die zweiwöchige Beschwerdefrist (§§ 60 Abs. 1 Nr. 6, 22 Abs. 1 FGG) noch nicht abgelaufen gewesen. Die rechtzeitige Zustellung habe der Kläger nicht beweisen können. Da nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit für seine Darstellung spreche, der Gerichtsbeschluß sei allen Beschwerdeberechtigten am 22. März 1974 zugestellt worden, sei der Kläger auch nicht nach § 448 ZPO zu vernehmen gewesen.

Dies hält der Verfahrensrüge nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, von einer Parteivernehmung des Klägers nach § 448 ZPO Abstand zu nehmen, zwar begründet. Es ist dabei auch von einem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt ausgegangen, nämlich der von ihm verneinten Frage, ob für die zu beweisende Tatsache nach dem Ergebnis der Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit spreche. Die Revision rügt aber mit Recht, daß ihm bei den dazu erforderlichen Feststellungen Rechtsfehler unterlaufen sind.

a) Nach seinem unbestrittenen Vorbringen ist der Kläger wegen des Zeitpunktes, zu dem die Volljährigkeitserklärung den Beschwerdeberechtigten zugestellt wurde, in Beweisnot. Zeugenbeweis kann er nicht antreten, denn seine frühere Ehefrau, der gemeinsam mit ihm das Recht auf Antragstellung und Beschwerde im Verfahren der Volljährigkeitserklärungszustand (§§ 1626, 1627, 1629 BGB; vgl. Keidel/Winkler, freiwillige Gerichtsbarkeit, 10. Aufl. 1972, § 56 Rdn. 7, 16) und der daher die gerichtliche Entscheidung zuzustellen war, ist inzwischen verstorben. Verstorben ist auch der Notar, der im Verfahren die Rechte des Antragstellers wahrnahm. Die vom Amtsgericht geführten Akten sind vernichtet. Dem Kläger ist somit auch der Urkundsbeweis durch Antrag, das Gericht um Mitteilung der Zustellungsurkunde zu ersuchen (§ 432 ZPO), verschlossen.

b) Befindet sich die beweisbelastete Partei in Beweisnot, beantragt sie Parteivernehmung und spricht für die Richtigkeit ihres Vortrags eine gewisse Wahrscheinlichkeit, muß das Gericht in nachprüfbarer Weise darlegen, weshalb es von der Parteivernehmung abgesehen hat. Andernfalls kann nicht davon ausgegangen werden, daß es von seinem ihm nach § 448 ZPO eingeräumten Ermessen überhaupt Gebrauch gemacht hat (BGH Urt. v. 20. Mai 1987, IVa ZR 36/86, BGHR ZPO § 448 - Ermessensgrenzen 2; vgl. auch BGH Urt. v. 6. März 1957, IV ZR 303/56, L M ZPO § 448 Nr. 2). Verneint das Gericht die Wahrscheinlichkeit der Beweistatsache und lehnt es deshalb die Parteivernehmung ab, so müssen seine Feststellungen in einer § 286 ZPO genügenden Weise getroffen sein. Die Beweisnot führt allerdings nicht dazu, daß an die Behauptung der beweisbelasteten Partei nur ein geminderter Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen wäre. Auch ein unverschuldeter Mangel an Beweismitteln rechtfertigt keine Vergünstigung gegenüber der anderen Partei. Wohl aber sind an die Gründe, mit denen der Tatrichter die Wahrscheinlichkeit der Behauptung verneint, erhöhte Anforderungen zu stellen. Sie müssen erkennen lassen, daß sich das Gericht der Beweisnot der Partei bewußt war. Mit dem Prozeßstoff und vorhandenen Beweisergebnissen müssen sie sich umfassend und widerspruchsfrei auseinandersetzen. Besondere Bedeutung kommt dabei, da das Wahrscheinlichkeitsurteil auf Indizien beruht, der erschöpfenden Würdigung aller Beweisanzeichen zu (vgl. BGH Urt. v. 4. Juli 1989, VI ZR 309/88, BGHR ZPO § 286 - Indizienbeweis).

c) Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil nicht gerecht, da es nicht erkennen läßt, ob das Berufungsgericht die Beweisnot des Klägers in Erwägung gezogen hat.

Darüber hinaus sind die für die Wahrscheinlichkeit der Zustellung an dem vom Kläger angegebenen Tage, dem 23. März 1974, sprechenden Umstände unvollständig gewürdigt. In dem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Vormundschaftsgerichts vom 19. Dezember 1973 wird der Notar ausdrücklich aufgefordert, zu begründen, warum er dem Antrag auf Volljährigkeitserklärung Eilbedürftigkeit zumesse. Damit ist die Feststellung des Berufungsgerichts unvereinbar, dem Schreiben lasse sich nicht entnehmen, daß dem Vormundschaftsgericht die Eilbedürftigkeit, die der Notar der Sache beigemessen hatte, bekannt gewesen sei. Es ist nicht auszuschließen, daß die unzutreffende Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts in diesem Punkt auch Auswirkungen auf die Bewertung anderer Beweisumstände, etwa der Reaktion des Vormundschaftsgerichts auf das Schreiben vom 18. März 1974, mit dem der Notar eine Entscheidung angemahnt hatte, nach sich gezogen hat. Dies wiederum kann für die Beurteilung, ob das Gericht die Zustellung des Beschlusses beschleunigt hat, von Bedeutung sein.

Daraus, daß über den im Dezember 1973 gestellten Antrag auf Volljährigkeitserklärung erst in der zweiten Märzhälfte des folgenden Jahres entschieden wurde, folgert das Berufungsgericht, auch die weitere Behandlung der Sache, also die Zustellung der Entscheidung, sei ohne Beschleunigung verlaufen. Hierbei läßt es indessen außer acht, daß zwischen der Anmahnung und dem Erlaß der angemahnten Entscheidung nur vier Tage liegen, das Gericht sich also offensichtlich veranlaßt sah, dem Drängen des Notars auf Beschleunigung zu entsprechen.

Unvollständig ist die Beweiswürdigung bei der Erwägung, die Geschäftserfahrung des Notars schließe es nicht aus, daß dieser irrtümlich angenommen habe, für die Wirksamkeit der Volljährigkeitserklärung gelte die allgemeine Regel des § 16 Abs. 1 FGG, wonach die gerichtlichen Verfügungen bereits mit Bekanntgabe ihre Wirkung entfalten. Die vom Berufungsgericht nach § 291 ZPO festgestellte Geschäftserfahrung des Notars sprach zunächst einmal dafür, daß dieser bei Bestimmung des Beurkundungstermins den Eintritt der Rechtskraft der Volljährigkeitserklärung bedacht hatte. Statt dessen hat sich das Berufungsgericht nur dem weniger wahrscheinlichen Fall zugewandt, daß der Notar trotz seiner Geschäftserfahrung eine unmittelbar dem Gesetzestext zu entnehmende Rechtsfolge außer acht gelassen hatte. Dadurch hat es sich den für eine sachgerechte Tatsachenwürdigung erforderlichen Blick verstellt.

2. Das Berufungsurteil beruht auf dem festgestellten Verfahrensfehler.

Zu Unrecht hebt der Beklagte in der Revisionserwiderung darauf ab, auch bei Bejahung der Beweisbehauptung des Klägers stehe die Rechtskraft der Volljährigkeitserklärung am Beurkundungstage nicht fest, da auch das Jugendamt zum Kreis der Beschwerdeberechtigten gehört habe. Eine Beschwerdebefugnis stand dem Jugendamt im Verfahren der Volljährigkeitserklärung nach einem Teil der Literatur in keinem Falle (Jansen, FGG 2. Aufl., § 56 Rdn. 19 m.w.N.), nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (OLGZ 1966, 235; ihm folgend Keidel/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Aufl., § 56 Rdn. 16) ausnahmsweise dann zu, wenn sein Anhörungsrecht nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz nicht gewahrt worden war. Die Darlegung, daß dieser Ausnahmefall nicht vorlag, war, da die Rechtsverteidigung die Frage unberührt ließ, zum schlüssigen Klagevortrag nicht erforderlich (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO).

II.

Das Berufungsgericht hat die Abweisung des Feststellungsantrags weiter damit begründet, im Falle der gültigen Erteilung der Vollmacht vom 9. April 1976 sei diese doch wirksam widerrufen worden. Die Vollmacht sei ohne eine entsprechende Innenbeziehung erteilt worden. Daran ändere der wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Grundstücksüberlassungsvertrag vom 17. Dezember 1973 nichts, denn dieser räume dem Kläger kein Recht ein, über die Grundstücke zu verfügen. Ein anderweites, jedenfalls der Formvorschrift des § 313 BGB entsprechendes Grundgeschäft sei nicht erkennbar. Die isolierte Vollmacht sei aber frei widerruflich.

Dies hält der Sachrüge nicht stand.

1. Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß eine Vollmacht, der keine Kausalvereinbarung zugrunde liegt, auch entgegen ihrem Wortlaut frei widerruflich ist (BGH Urt. v. 26. Februar 1988, V ZR 231/86, BGHR BGB § 168 Satz 2 - Widerruf 1 = NJW 1988, 2603). Der Kläger hat aber eine Kausalvereinbarung unter Beweisantritt vorgetragen

Die Übertragung der Grundstücke auf den Beklagten habe dem Zweck gedient, Betriebsvermögen der Risikosphäre des einzelkaufmännischen Unternehmens zu entziehen. Er, der Kläger, habe wirtschaftlicher Eigentümer des Grundbesitzes bleiben und die Möglichkeit behalten sollen, diesen zum Zwecke des Unternehmenskredits einzusetzen und auch auf seine eigene Person zurückzuübertragen. Da die Pflegschaft ein solches Geschäft aber nicht erfaßt habe, seien die Parteien und der Pfleger am 17. Dezember 1973 auf Vorschlag des Notars übereingekommen, es beim Wortlaut des von diesem entworfenen Vertrages zu belassen, zusätzlich aber den Beklagten die gleichzeitig beurkundete Vollmacht erteilen zu lassen, sodann dessen Volljährigkeitserklärung zu betreiben und die Beurkundung der Vollmacht nach deren Eintritt zu wiederholen.

Trifft dieser Vortrag zu, wovon für die Revisionsentscheidung auszugehen ist, haben die Parteien durch schlüssiges Verhalten einen Treuhandvertrag abgeschlossen, der allein oder überwiegend den Interessen des Klägers diente und dem persönlich handelnden Beklagten die Rolle eines fremdnützigen Treuhänders zuwies (BGH Urt. v. 25. November 1964, V ZR 144/62, WM 1965, 173, 174; Urt. v. 9. Februar 1990, V ZR 149/88, zur Veröffentlichung in BGHR bestimmt). Der beurkundete Grundstücksüberlassungsvertrag stellte sich dann als ein nach § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft dar. Der gemäß § 117 Abs. 2 BGB maßgebliche Treuhandvertrag konnte Grundlage der unwiderruflich erteilten Vollmacht sein (BGH Urt. v. 8. Februar 1985, V ZR 32/84, WM 1985, 646; Urt. v. 26. Februar 1988, V ZR 231/86, WM 1988, 714). Die beiden Mängel dieses Vertrages, die fehlende Beurkundungsform (§§ 313 Satz 1, 125 BGB) und seine schwebende Unwirksamkeit wegen der Minderjährigkeit des Beklagten beim Abschluß des Geschäfts (§§ 106, 108, 1625 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB), sind behoben.

a) Der Beurkundungsmangel wurde durch die wirksam erklärte Auflassung, bei der der Beklagte durch den Pfleger vertreten wurde, und deren Vollzug im Grundbuch geheilt (§ 313 Satz 2 BGB). Die Auflassung lag innerhalb des unstreitig einen Grundstücksüberlassungsvertrag in vorweggenommener Erbfolge erfassenden Aufgabenbereichs des Pflegers und wurde somit von dessen Vertretungsmacht für den Beklagten erfaßt (§§ 1909, 1915, 1793 BGB). Von der Nichtigkeit des nur zum Schein abgeschlossenen Grundgeschäftes blieb die Auflassung unberührt, da davon auszugehen ist, daß die Beteiligten den Eigentumswechsel zur Erfüllung des wirklich gewollten Geschäfts, der Treuhandabrede, vollzogen (BGH Urt. v. 18. Oktober 1951, IV ZR 63/50, MDR 1952, 33; Urt. v. 14. Mai 1958, V ZR 26O/56, MDR 1958, 593; BGB-RGRK-Ballhaus, 12. Aufl., § 313 Rdn. 113).

b) Die schwebende Unwirksamkeit des Treuhandvertrages wurde mit Rückwirkung auf den Tag seines Abschlusses durch Genehmigung des Beklagten beseitigt (§§ 108 Abs. 3, 182, 184 Abs. 1 BGB). Die erneute Erteilung der Vollmacht am 9. April 1974 stellte zum einen eine Bestätigung der früheren Vollmacht (§ 141 BGB), zum andern aber auch eine Genehmigung des vom Beklagten noch als Minderjährigem abgeschlossenen Treuhandgeschäftes mit dem Kläger dar. Sie diente der Beseitigung des den Parteien bekannten Mangels des früheren Geschäfts. Der am 9. April 1974 bestätigten und mit diesem Zeitpunkt wirksamen Vollmacht lag damit ein Treuhandverhältnis zugrunde, welches die Unwiderruflichkeit der Ermächtigung rechtfertigte.

2. Eine Genehmigung hätte allerdings ausscheiden müssen, wenn der Treuhandvertrag nicht lediglich schwebend, sondern voll unwirksam gewesen wäre. Dies käme in Betracht, wenn die Vollmacht vom 17. Dezember 1973 mit dem zugleich formlos abgeschlossenen Treuhandvertrag eine rechtliche Einheit im Sinne des § 139 BGB gebildet hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann im Verhältnis der Vollmachtserteilung zu dem zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft eine Verknüpfung bestehen, die den Mangel des Grundgeschäfts auf die Vollmacht durchschlagen läßt (BGH Urt. v. 15. Oktober 1987, III ZR 235/86, ZIP 1987, 1454, 1455 m.w.N.). Das gleiche ist in umgekehrter Richtung möglich. Dies könnte zu dem Schluß führen, der an sich genehmigungsfähige Treuhandvertrag sei bei Geschäftseinheit mit der Vollmacht von deren nach § 111 Satz 1 BGB bestehender Unwirksamkeit erfaßt. Die Vollmachtsbestätigung vom 9. April 1974 bliebe isoliert und damit frei widerruflich. Dies trifft indessen nicht zu.

Die gesetzliche Ausgestaltung des Schutzes des Minderjährigen bei Rechtsgeschäften, aus denen er nicht lediglich rechtlichen Vorteil zieht, verbietet es nach ihrer Zielsetzung, der Unwirksamkeit des einseitigen Geschäfts über § 139 BGB den Vorrang vor der Genehmigungsfähigkeit des mit ihm verbundenen Vertrags zukommen zu lassen. Der dem Minderjährigen günstige Schwebezustand des ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters abgeschlossenen Geschäfts, der beim Vertrag lediglich eine Einschränkung im Widerrufsrecht des im Sinne des § 109 Abs. 2 BGB gutgläubigen Geschäftsgegners findet, ist beim einseitigen Rechtsgeschäft allerdings aufgegeben. Der Gegner soll der Ungewißheit über das Wirksamwerden eines Geschäfts, auf dessen Entstehen er keinen Einfluß hatte, nicht ausgesetzt sein. Es ist ihm nach der Wertung des Gesetzgebers nicht zuzumuten, eine Auflösung der Ungewißheit durch eine ins Belieben der anderen Seite gestellte Entscheidung über die Genehmigung der Willenserklärung des Minderjährigen hinzunehmen (vgl. Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil des bürgerlichen Rechts, 1960, Bd. II S. 938; MünchKomm/Gitter, BGB, 2. Aufl., § 108 Rdn. 1).

Anders liegen die Dinge aber, wenn sich der Gegner darauf einläßt, das einseitige Rechtsgeschäft mit einem Vertrag als Geschäftseinheit (§ 139 BGB) zu verbinden. Die Ungewißheit über das Wirksamwerden der ihn angehenden einseitigen Erklärung des Minderjährigen, im vorliegenden Falle der Bevollmächtigung, trifft den Erklärungsgegner dann nicht mit unbilliger Härte. Andererseits ginge der Minderjährige wegen der Wirkungen des § 139 BGB der ihm eingeräumten Möglichkeit, den Gegner an dem als Vertrag ausgestalteten Teil des einheitlichen Geschäftes festzuhalten, verlustig, könnte nicht auch der Vollmacht durch Genehmigung Wirksamkeit verliehen werden. Die Interessenlage gleicht derjenigen, daß der Geschäftsgegner mit dem Minderjährigen übereingekommen ist, die Wirksamkeit des einseitigen Geschäfts, abweichend von § 111 BGB, von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (oder des Minderjährigen nach Eintritt der vollen Geschäftsfähigkeit) abhängig zu machen. In diesem Falle ist nach herrschender Meinung § 108 BGB auf das einseitige Rechtsgeschäft des Minderjährigen entsprechend anzuwenden (RGZ 76, 89, 91; Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl., § 111 Rdn. 1; StaudingerDilcher, BGB 12. Aufl., § 111 Rdn. 9; MünchKomm/Gitter, aaO, § 111 Rdn. 7; BGB-RGRK/Krüger-Nieland, BGB 12. Aufl., § 111 Rdn. 1, Flume, Allg. Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. II § 13, 7 c, cc). Die Erstreckung der Genehmigungsfähigkeit des Vertrags auf das mit ihm zur rechtlichen Einheit verbundene einseitige Geschäft gilt allerdings auch dann, wenn der Geschäftsgegner die Minderjährigkeit nicht kannte. Dem trägt indessen die gesetzliche Ausgestaltung der schwebenden Unwirksamkeit Rechnung, die dem Gegner mit dem Widerrufsrecht des § 109 BGB die Möglichkeit gibt, seinerseits den Schwebezustand zu beenden.

Ist daher die von dem Minderjährigen erteilte Vollmacht Bestandteil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts, dessen weitere Regelungen als Vertrag schwebend unwirksam sind, so nimmt sie selbst an der Genehmigungsfähigkeit des Vertrags teil (weitergehend Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, S. 246 und ihm folgend Larenz, Allg. Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., S. 621, die die Vollmacht zum Abschluß eines Vertrags schlechthin. der Regel des § 108 BGB unterstellen).

III.

Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache an das Berufungsgericht zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Senat hat hierbei von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Sollte das Berufungsgericht zu der Feststellung kommen, daß ein Treuhandvertrag mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt vorlag, so muß es der Frage nachgehen, ob ein die Widerrufsmöglichkeit gleichwohl eröffnender wichtiger Grund bestand (BGH Urt. v. 8. Februar 1985, V ZR 32/84, WM 1985, 646, 647). Darüber hinaus wird es zu prüfen haben, ob der Beklagte, was naheliegt, mit dem Widerruf schlüssig auch das Treuhandverhältnis gelöst hat. Ein fremdnütziger Treuhänder, der den Treugeber umfassend zur Verwaltung und Verfügung bevollmächtigt hat, kann die Vollmacht nämlich nicht ohne Kündigung des Treuhandverhältnisses wirksam widerrufen (BGH Urt. v. 20. März 1972, II ZR 52/71, WM 1972, 588; Urt. v. 26. Februar 1988, V ZR 231/86, NJW 1988, 2603, 2604 = WM 1988, 714).

Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß zwischen den Parteien ein Treuhandvertrag bestand, der Feststellungsantrag aber gleichwohl unbegründet ist, wird es sich mit den hilfsweise geltend gemachten Ansprüchen auch unter dem Gesichtspunkt des § 667 BGB auseinandersetzen müssen.