BGH, 15.04.1964 - Ib ZR 201/62

Daten
Fall: 
Doppelnatur eines Prozessvergleichs
Fundstellen: 
BGHZ 41, 310; MDR 1964, 653; NJW 1964, 1524; ZZP 1964, 406
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
15.04.1964
Aktenzeichen: 
Ib ZR 201/62
Entscheidungstyp: 
Urteil
Richter: 
Krüger-Nieland, Pehle, Schneider, Sprenkmann, Mösl
Instanzen: 
  • OLG München - 08.05.1962
  • LG München I

Amtlicher Leitsatz

Haben die Parteien den Rechtsstreit durch einen Prozeßvergleich beendet, so können sie diese verfahrensrechtliche Wirkung des Vergleichs nicht durch eine übereinstimmende Verzichtserklärung auf die Rechte aus dem Vergleich mit der Folge beseitigen, daß der Rechtsstreit fortgesetzt werden kann (Ergänzung zu BGHZ 16, 388 und BGHZ 28, 171).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Mai 1962 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Kläger, der die Beklagte 1) von Dezember 1955 bis August 1956 in zahlreichen Rechtsangelegenheiten als Anwalt vertreten hatte, hat gegen sie mit der Klage restliche Honoraransprüche in Höhe von 52.742,35 DM nebst 10 v.H. Zinsen seit 3. September 1956 geltend gemacht; den Beklagten 3) - den Ehemann der Beklagten 1) - hat er in Höhe von 13.530,40 DM neben der Beklagten 1) als Gesamtschuldner für die Honorarforderung in Anspruch genommen; den Beklagten 2), Ludwig Ke., den Bruder der Beklagten 1), hat er daneben als Gesamtschuldner verklagt, weil dieser wertvolle Schmuckstücke der Beklagten 1) als sein angebliches Eigentum in verschiedenen Leihhäusern vorpfändet und dadurch in sittenwidriger Weise dem Zugriff der Gläubiger der Beklagten 1) und damit auch des Klägers entzogen habe.

Das Landgericht hat die Beklagte 1) - in Höhe von 9.841,50 DM samtverbindlich mit dem Beklagten 3) - zur Zahlung von 42.567,89 DM nebst den verlangten Zinsen, den Beklagten 2) zur Duldung der Befriedigung des Klägers wegen seiner Ansprüche gegen die Beklagte 1) aus den bei den Leihhäusern in Augsburg, Nürnberg und München auf den Namen des Beklagten 2) verpfändeten Schmuckstücken oder den an ihre Stelle tretenden Erlösen verurteilt.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt.

Im Berufungsrechtszug haben die Parteien am 4. Februar 1960 folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:

I.
"Die Beklagte 1) verpflichtet sich, zur endgültigen Abfindung aller Honoraransprüche des Klägers den Betrag von 30.000 DM samt 10 % Zinsen hieraus vom 3. September 1956 an zu bezahlen.

II.
Der Beklagte 3) verpflichtet sich, samtverbindlich mit der Beklagten zu 1) einen Teilbetrag von 9.841,50 DM nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 22. August 1958 zu bezahlen.

III....

IV.
Der Beklagte 2) erklärt seine Einwilligung damit, daß der bei den Leihämtern München, Nürnberg und Augsburg hinterlegte bzw. zu hinterlegende Mehrerlös aus der Versteigerung von den auf seinen Namen verpfändeten Schmuckstücken an den Kläger bzw. an den Nebenintervenienten bis zur Höhe der vorgenannten Schuldsummen ausbezahlt wird.

Im übrigen duldet der Beklagte 2) die Zwangsvollstreckung des Klägers aus dem vorstehenden Vergleich in die auf seinen Namen bei den genannten Leihämtern verpfändeten Schmuckstücke.

..."

Dieser Vergleich wurde, da die Parteien von einem vereinbarten Widerrufsrecht keinen Gebrauch machten, am 18. Februar 1960 wirksam. Der Kläger hat aufgrund des Vergleichs aus dem Versteigerungserlös gepfändeter Schmuckstücke 31.408,91 DM erhalten.

Im Juni 1960 hat der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens beantragt; er behauptet, von der Beklagten 1) durch arglistige Täuschung zum Abschluß des Vergleichs veranlaßt worden zu sein. Zu dem in dem Vergleich gewährten erheblichen Nachlaß von seiner Forderung habe er sich nur in der Erwartung bereitgefunden, daß die Beklagten den Vergleich loyal erfüllen würden; diese seien aber weder willens noch in der Lage gewesen zu zahlen.

Der Kläger hat Anschlußberufung eingelegt und beantragt,
die Beklagte 1) zur Zahlung von 29.825,52 DM,
den Beklagten 3) samtverbindlich mit der Beklagten 1) zur Zahlung von 13.225,10 DM,
den Beklagten 2) zur Duldung der Befriedigung des Klägers aus den bei den Leihhäusern München und Nürnberg verpfändeten Schmuckstücken bzw. aus dem an deren Stelle tretenden Versteigerungserlös sowie zur Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Pfandscheine der Leihhäuser München, Augsburg und Nürnberg
zu verurteilen.

Die Beklagten haben beantragt,
festzustellen, daß der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist.

Sie tragen vor, daß sie ebenfalls den Vergleich von 4. Februar 1960 wegen arglistiger Täuschung durch den Kläger angefochten hätten, da dieser arglistig verschwiegen habe, daß er in einer anderen Rechtssache einen Arrestantrag gegen die Beklagten gestellt habe; bei Kenntnis dieser Tatsache hätten sie den Vergleich noch rechtzeitig widerrufen. Sie könnten sich aber nicht mehr auf die Anfechtung berufen, da diese nach dem 14. März 1961, also verspätet erklärt worden sei.

Der Kläger hat neben dem vorliegenden Rechtsstreit vor den Landgericht am 26. Juli 1960 eine neue Klage anhängig gemacht mit dem Ziel, seine Ansprüche aus dem überdies von ihm erklärten Rücktritt vom Vergleich durchzusetzen, da er entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 16, 388) davon ausging, daß über die Berechtigung eines Rücktritts vom Vergleiche nicht durch Fortsetzung des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits entschieden werden könne. Diese Klage hat das Landgericht durch Prozeßurteil abgewiesen, da es sich der bezeichneten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht angeschlossen, sondern die Auffassung vortreten hat, daß auch über die Berechtigung des Rücktritts vom Vergleich durch Fortsetzung des alten Verfahrens zu entscheiden sei. Auf die dagegen eingelegte Berufung erklärten in jenem Verfahren (5 U 1162/61) die Parteien zur Niederschrift vom 2. November 1961 übereinstimmend, daß "der Vergleich vom 4. Februar 1960 in Verfahren 5 U 1853/59" - dem vorliegenden Verfahren - "infolge erklärter Anfechtung wegen arglistiger Täuschung beseitigt" sei und "daß sie gemeinsam auf die Rechte aus diesem Vergleich verzichten, um zu erreichen, daß das Verfahren 5 U 1853/59 fortgesetzt werden kann."

Das Oberlandesgericht hat durch Urteil festgestellt, daß der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 4. Februar 1960 beendet ist, und hat die Anschlußberufung des Klägers als unzulässig verworfen.

Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen,
begehrt der Kläger die Aufhebung dieses Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne einen den Kläger beschwerenden Rechtsirrtum festgestellt, daß der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 4. Februar 1960 beendet ist.

I.

1.

Die Revision wendet sich in erster Linie gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten durch die am 2. November 1961 in dem Verfahren 5 U 1162/61 u.a. zu Protokoll gegebene Erklärung, "daß sie gemeinsam auf die Rechte aus diesen Vergleich verzichten, um zu erreichen, daß das Vorfahren 5 U 1853/59 fortgesetzt werden kann", die das Vorfahren beendigende Wirkung des Vergleichs nicht beseitigen können.

Das Berufungsgericht führt dazu aus, daß durch diese Parteivereinbarung die Rechtswirksamkeit des Vergleichs nicht habe beseitigt werden können. Die Parteien hatten mit ihrer Erklärung zwar die materiellrechtlichen Wirkungen des Vergleichs aufheben können, doch gelte dies nur für die Zeit vom 2. November 1961 an; eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt vor dem Vergleichsabschluß könne in diesen Erklärungen nicht liegen, insbesondere werde damit die prozeßrechtliche Wirkung des Vergleichs, die Beendigung des Rechtsstreits, nicht beseitigt.

Die Beanstandung der Revision, mit diesen Darlegungen sei verkannt, daß ein Aufhebungsvertrag Rechtswirkungen nicht nur für die Zukunft zu entfalten brauche, sondern mit rückwirkender Kraft ausgestattet werden könne (vgl. BGH LM ZPO § 138 Nr. 4), kann auf sich beruhen. Denn die etwaige Rückwirkung einer materiellrechtlichen Abänderung oder Aufhebung des Vergleichs hat nichts mit der hier allein entscheidenden Frage zu tun, ob die den Rechtsstreit beendende verfahrensrechtliche Wirkung des Prozeßvergleichs durch nachträgliche Parteivereinbarung wieder beseitigt und der Rechtsstreit danach fortgeführt werden kann.

2.

Der Proseßvergleich hat eine rechtliche Doppelnatur; als Prozeßhandlung bestimmt sich seine Wirksamkeit nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts, als privatrechtlicher Vertrag unterliegt er den Regeln des materiellen Rechts (BGHZ 16, 388, 390; 28, 171, 172). Seine verfahrensrechtliche Wirkung besteht darin, daß er den Rechtsstreit beendet, also die Rechtshängigkeit beseitigt.

Die Frage, ob die materiellrechtliche Unwirksamkeit eines Prozeßvergleichs auch die prozeßbeendende Wirkung beseitigt, ob also der Streit um die Wirksamkeit des Vergleichs in einem neuen Rechtsstreit geführt werden muß oder ob der durch den Vergleich beendete Rechtsstreit fortgeführt werden kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dahin entschieden, daß die Rechtswirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs dann in Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits nachzuprüfen ist, wenn seine Nichtigkeit - sei es aufgrund einer Anfechtung, sei es als von vornherein bestehende - geltend gemacht wird (BGHZ 28, 171, 176; vgl. auch BAGE 4, 84 = NJW 1957, 1127), daß aber im Falle des Rücktritts von Vergleich (§ 326 BGB) der Rechtsstreit nicht weitergeführt werden kann, sondern die aus dem Rücktritt sich ergebenden Einwendungen in einem neuen Rechtsstreit geltend gemacht werden müssen (BGHZ 16, 388, 393; a.A. BAGE 3, 43 = NJW 1956, 1215).

Die Frage, ob die prozeßbeendende Wirkung eines Prozeßvergleichs auch durch einen Abänderungsvertrag der Parteien beseitigt werden kann, ob also die Parteien auch nach Ablauf einer Widerrufsfrist und damit eingetretener Erledigung des Rechtsstreits aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung den Rechtsstreit wieder fortführen können, hat der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Das Reichsgericht hat dazu gelegentlich bemerkt (RGZ 78, 286, 289), die Fortsetzung des alten Rechtsstreits müsse möglich sein, wenn beide Parteien übereinstimmend erklären, der Prozeßvergleich solle keine Wirkung haben und dem früheren Rechtsstreit solle Fortgang gegeben werden, als ob der Prozeßvergleich nicht geschlossen worden wäre; im Schrifttum vertreten Rosenberg (Lehrbuch 9. Aufl. § 128 III 2 i S. 630) und Lehmann (Der Prozeßvergleich (1911) S. 240) die Auffassung, daß der Prozeßvergleich von den Parteien durch übereinstimmende Erklärung beseitigt werden könne und dann der Fortsetzung des Rechtsstreits nicht im Wege stehe.

Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Vielmehr sprechen die Gründe, die für die Geltendmachung der Rücktrittsfolgen in einem neuen Rechtsstreit ausschlaggebend sind, in verstärktem Maße dafür, die verfahrensrechtliche Wirkung des Prozeßvergleichs nicht durch Parteivereinbarung beseitigen zu lassen. Den entscheidenden Unterschied zwischen den verfahrensrechtlichen Folgen von Anfechtung und Rücktritt vom Vergleich hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 16, 388, 392) darin gesehen, daß im Falle der Anfechtung eine von Anfang an mangelhafte Erklärung beseitigt wird, während der Rücktritt eine zunächst mangelfreie Vereinbarung nachträglich wegen später eingetretener Umstände wirkungslos macht, wobei der Eintritt dieser Folge im Falle des Rücktritts gemäß § 326 BGB von der Ausübung des Wahlrechts durch den Berechtigten im Sinne des Rücktritts oder der Schadensersatzforderung abhängt. Ist also in dem einen Falle - besonders deutlich beim nichtigen Prozeßvergleich - die Rechtshängigkeit nie beendet worden, weil ein mangelfreier Prozeßvergleich nicht vorgelegen hat, so handelt es sich im anderen Falle darum, ob die wirksam beendete Rechtshängigkeit dadurch Wiederaufleben kann, daß die Parteien durch übereinstimmende Erklärungen außerhalb des Rechtsstreits die Wirkung ihrer Prozeßhandlung wieder beseitigen. Dabei steht außer Zweifel, daß sie zwar durch einen Abänderungs- oder Aufhebungsvertrag die materiellrechtlichen Wirkungen des Prozeßvergleichs abändern oder beseitigen können, doch hat das nichts mit der Frage zu tun, ob insoweit auch die prozeßbeendigende Wirkung des Vergleichs aufgehoben wird. Davon geht offenbar auch Bonin (Der Prozeßvergleich (1957) S. 94/95) aus, wenn er bemerkt, daß die Parteien in der Lage seien, durch eine außergerichtliche Vereinbarung die in einem Prozeßvergleich begründeten Rechte und Pflichten ganz oder zum Teil abzuändern oder aufzuheben, daß aber, falls gleichwohl die Zwangsvollstreckung aus dem Prozeßvergleich weiter betrieben werde, dagegen nur in Wege der Klage nach § 767 ZPO vorgegangen werden könne.

Daß Bedenken dagegen bestehen, den Parteien allgemein die Fortführung eines bereits beendeten Rechtsstreits in die Hand zu geben, hat auch Lehmann nicht verkannt, der es (a.a.O. S. 240) als ungewöhnlich bezeichnet, daß - nach seiner Auffassung - eine schon erloschene Rechtshängigkeit ohne Klageerhebung wieder aufleben soll. Demgegenüber ist es nicht überzeugend, wenn er an seiner Auffassung nur deshalb festhält, "weil wir nirgendwo in der ZPO eine Situation von dieser Eigenart geregelt finden", Vielmehr ist entscheidend darauf abzustellen, daß eine außerhalb des beendeten Rechtsstreite getroffene Vereinbarung der Parteien die Sache nicht von Neuem rechtshängig machen kann (vgl. auch OLG Kassel HRR 1936 Nr. 136); andernfalls wäre, da dann auch eine zeitliche Begrenzung für eine solche Vereinbarung schwerlich zu finden wäre, der Rechtsunsicherheit und dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet.

Das Berufungsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Erklärung der Parteien vom 2. November 1961, soweit sie durch den übereinstimmenden Verzicht auf die Rechte aus dem Vergleich die Fortführung des Rechtsstreits ermöglichen sollte, die verfahrensrechtliche Wirkung des Prozeßvergleichs, nämlich die Beendigung des Rechtsstreits, nicht beseitigen konnte.

II.

Die Darlegungen des Berufungsgerichts zu der Frage, ob der Kläger den Vergleich Wirksam angefochten hat, greift die Revision unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten an.

1.

Sie meint zunächst, der Berufungsrichter habe in eine sachliche Prüfung, ob der Kläger zur Anfechtung berechtigt gewesen sei, gar nicht eintreten dürfen, da er an die Erklärung der Parteien vom 2. November 1961 gebunden gewesen sei, der Vergleich sei "infolge erklärter Anfechtung wegen arglistiger Täuschung beseitigt."

a)

Soweit damit die Auffassung vertreten werden sollte, das Berufungsgericht sei deshalb an diese Erklärung gebunden gewesen, weil die Parteien durch übereinstimmende Willenserklärungen den Vergleich abgeändert oder aufgehoben hätten, kann auf die Darlegungen unter I verwiesen werden. Denn eine Einigung der Parteien über die Wirksamkeit ihrer Anfechtungserklärungen wäre rechtlich als Aufhebungsvertrag zu werten (vgl. BGH LM ZPO § 138 Nr. 4), der, wie dargelegt, die prozeßbeendigende Wirkung des Vergleichs nicht beseitigen könnte. Es kommt deshalb für die Entscheidung nicht mehr darauf an, ob eine solche"Einigung" schon deshalb nicht vorliegen kann, weil jede Partei die vom Gegner erklärte Anfechtung für unwirksam hielt und jeweils mit ihrer eigenen Anfechtung den Vergleich zu Fall bringen wollte.

b)

Im übrigen hat das Berufungsgericht rechtlich unangreifbar festgestellt, daß die Anfechtung der Beklagten unwirksam war, weil sie erst im Schriftsatz vom 15. September 1961, also nach dem Ende der am 14. März 1961 abgelaufenen Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 124 BGB) erklärt wurde.

2.

Soweit es sich darum handelt, ob sich die Parteien - falls ihre Erklärung so auszulegen wäre - darüber geeinigt haben, daß die Anfechtung des Klägers durchgreife, übersieht die Revision, daß die Parteien durch eine übereinstimmende Kundgabe von Rechtsansichten eine eigene rechtliche Beurteilung der unstreitigen oder erwiesenen Tatsachen durch das Gericht nicht ausschließen könnten (BGH a.a.O. m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht nachgeprüft, ob der Kläger den Vergleich wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte (§ 123 BGB). Für diese Prüfung war im vorliegenden Verfahren Raum; denn ob ein Prozeßvergleich aus sachlichrechtlichen Gründen anfechtbar ist, kann, wie bereits ausgeführt, durch Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits geklärt werden (BGHZ 28, 171).

a)

Das angefochtene Urteil legt insoweit dar, die Beklagten 1) und 3) hätten sich in dem Vergleich zur Zahlung der Vergleichssumme verpflichtet, sie hätten aber keine Garantieerklärung des Inhalts abgegeben, daß sie diesen Betrag bezahlen würden, ohne daß der Kläger die ihm durch den Vergleich eröffnete Vollstreckungsmöglichkeit (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ausschöpfen müsse. Der Kläger sei sich vielmehr darüber klar gewesen, daß er möglichst rasch einen Vollstreckungstitel erlangen müsse, da er aus seiner Tätigkeit für die Beklagten gewußt habe, daß diese - die Beklagten 1) und 3) wohnten damals in der Schweiz - im Inland außer den verpfändeten Schmuckstücken kaum greifbares Vermögen besaßen.

Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagten einen Zahlungswillen nur vorgetäuscht hätten; sie hätten vielmehr angeboten, die nach Einziehung der Versteigerungserlöse durch den Kläger noch verbleibende Schuld von 9.000 bis 10.000 DM in monatlichen Teilbeträgen von 1.000 DM zu bezahlen, doch habe der Kläger die Annahme der ersten Rate von 1.000 DM verweigert.

Auch die weitere Behauptung des Klägers, die Beklagten hätten noch vor Ablauf der Widerrufsfrist für den Vergleich durch die - von ihm gewährte - Bitte um Stundung bis zum 18. März 1960 die Zahlung der Vergleichssumme bis zu diesem Zeitpunkt zugesagt, berechtige nicht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Denn die Stundung habe nach dem eigenen Vortrag des Klägers den Zweck gehabt, die Vollstreckbarkeit des Vergleichs bis zum 18. März 1960 hinauszuschieben; eine Zusage des Inhalts, die ganze Vergleichssumme tatsächlich an diesem Tage bezahlen zu wollen, sei darin nicht gelegen.

b)

Diese Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung ist möglich und als Ergebnis tatrichterlicher Beweiswürdigung nur in engem Rahmen mit der Revision angreifbar.

aa)

Unerheblich ist danach die Rüge, es verstoße gegen die Lebenserfahrung anzunehmen, daß der Kläger auf einen Teil seiner Ansprüche verzichtet hätte, wenn nicht die Beklagten - wider besseres Wissen - vorgespiegelt hätten, im Rahmen des Vergleichs zahlungsfähig und zahlungswillig zu sein. Dem steht die unangreifbare Feststellung entgegen, der Kläger habe die Vermögensumstände der Beklagten gekannt und sei gerade deshalb bestrebt gewesen, durch den Vergleich eine Zugriffsmöglichkeit auf den einzigen greifbaren Vermögenswert, die Schmuckstücke oder deren Erlös, zu erhalten.

bb)

ÄUG demselben Grunde bleiben die Rügen ohne Erfolg, daß Beweiserbieten übergangen worden seien (§ 286 ZPO), die zum Nachweis der schlechten Vermögenslage der Beklagten geführt hätten. Die Revision könnte damit allenfalls durchdringen, wenn den Vergleich, entgegen der rechtlich unanfechtbaren Auslegung des Tatrichters, eine Garantieerklärung für freiwillige und pünktliche Zahlung entnommen werden könnte.

cc)

Damit entfällt auch die tatsächliche Grundlage für die Meinung der Revision, der Berufungsrichter hätte prüfen müssen, ob "die Erklärung der Beklagten, den im Vergleich festgesetzten Betrag auf alle Fälle zu erfüllen", Geschäftsgrundlage des Vergleichs gewesen sei mit der Folge, daß das Festhalten an einem auf irriger Geschäftsgrundlage zustande gekommenen Vergleich gegen § 242 BGB verstoße. Auch insoweit steht dem Revisionsangriff die vom Berufungsgericht festgestellte Kenntnis des Klägers von der Vermögenslage der Beklagten entgegen.

c)

Das Berufungsgericht kommt sonach ohne einen den Kläger beschwerenden Rechtsfehler zu dem Ergebnis, daß die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht begründet und für die Fortsetzung des durch den Vergleich abgeschlossenen Verfahrens auch insoweit kein Raum ist.

III.

Die Revision des Klägers war sonach mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Einer Kostenentscheidung über die Streithilfe bedarf es nicht, da die Streithel erin sich nicht am Revisionsverfahren beteiligt hat und daher kostenrechtlich nicht als Rechtsmittelpartei zu behandeln ist (RG HRR 1938, 687).