BGH, 15.03.1951 - III ZR 153/50

Daten
Fall: 
Art. 131 GG und Landesgesetzgebung
Fundstellen: 
BGHZ 1, 274; NJW 1951, 405; DB 1951, 328
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
15.03.1951
Aktenzeichen: 
III ZR 153/50
Entscheidungstyp: 
Urteil
Richter: 
Schelb, Delbrück, Meiß, Pagendarm, Lisco

Amtlicher Leitsatz

1) Die Sperrvorschrift des Art. 131 Satz 3 GrundG ist jedenfalls zur Zeit noch anzuwenden.

2) Unter "Ausscheiden" im Sinne des Art. 131 GrundG ist nicht nur eine rechtliche Beendigung des Dienstverhältnisses, sondern jedes tatsächliche Ausscheiden zu verstehen, das als Folge des Zusammenbruchs eingetreten ist. Dabei kommt es auf die Rechtswirksamkeit einer in diesem Zusammenhang ergangenen Entlassungsverfügung nicht an.

3) Unter "anderweitiger landesrechtlicher Regelung" im Sinne des Art. 131 Satz 3 GrundG ist auch eine vor Erlaß des Grundgesetzes ergangene landesrechtliche Regelung zu verstehen, welche die durch Zusammenbruch und Entnazifizierung verursachten Zweifelsfragen über die Rechtsverhältnisse der in Art. 131 genannten Personenkreise materiell regelt.

hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 1951 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Schelb, der Bundesrichter Dr. Delbrück, Prof. Dr. Meiß, Dr. Lisco und Dr. Pagendarm

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 12. Juli 1949 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger war seit dem 1. Juli 1940 bei der damaligen Provinzialverwaltung der Provinz Schleswig-Holstein als Provinzialoberverwaltungsrat angestellt. Während des Krieges leistete er Wehrdienst und geriet am 10. Mai 1945 in russische Kriegsgefangenschaft. Dienstbezüge wurden ihm bis zum 30. Juni 1945 gezahlt. In September 1946 wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Er meldete sich am 8. November 1946 bei der Landesverwaltung Schleswig-Holstein - Amt für Inneres - zum Dienst zurück. Es wurde ihm eröffnet, seine Wiederbeschäftigung sei mit Rücksicht auf seine Zugehörigkeit zur NSDAP und zur SA von dem Ergebnis des Entnazifizierungsverfahrens und unter Umständen noch von der Entscheidung der Militärregierung abhängig. Auf die Antrage des Klägers, auf Grund welcher Bestimmungen er aus seinen Beamtenverhältnis entlassen sei, erteilte ihm das Amt für Inneres am 16. Dezember 1946 den Bescheid, daß er bisher aus seinen Amte nicht entlassen sei, daß aber seine Wiedereinstellung von dem Ergebnis der Entnazifizierung und der Genehmigung der Brit. Militärregierung abhänge. Der Kläger wurde durch den ihn am 14. Oktober 1947 zugestellten Einreihungsbescheid vom 30. September 1947 in Kategorie III eingestuft mit dem Hinweis, daß derjenige, der endgültig in die Kategorie III eingereiht werde, im einzelnen mitgeteilten Bestimmungen unterliege. Am 5. November 1947 erhielt der Kläger eine unter dem 25. Oktober 1947 ausgestellte Entlassungsurkunde folgenden Inhalts:

"Auf Anordnung des Hauptquartiers der Militärregierung für den Bereich Schleswig-Holstein von 22. Oktober 1947 ... werden Sie aus Ihrem Dienstverhältnis im öffentlichen Dienst entlassen. Gründe für die Entlassung: NSDAP 1937-1945; SA 1933-1945; Sturmführer; RDB 1936-1945; NSV 1935-1945; NSRB 1933-1945; VDA 1920-1925."

Dieser Urkunde lag ein Schreiben folgenden Inhalts bei:

" ... Auf Anordnung der Militärregierung ist Ihnen ein Schreiben folgenden Inhalts zu übersenden:

a)
Sie sind vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen:

b)
Der Ausschluß tritt 14 Tage nach Empfang dieses Schreibens in Kraft, es sei denn, Sie machen von Ihrem Rechte, innerhalb von 14 Tagen bei einem Überprüfungsausschuß Berufung einzulegen, Gebrauch. Falls die Behörde innerhalb dieser Zeit von dem Beschäftigten eine Bescheinigung des Überprüfungsausschusses erhält, kann der Ausschluß nicht ausgesprochen werden, bevor nicht die endgültige Entscheidung des Überprüfungsausschusses bekannt ist ...".

Innerhalb der gesetzten Frist legte der Kläger gegen seine Einreihung in die Gruppe III bei der Abteilung für Entnazifizierung und Kategorisierung der Landesregierung Schleswig-Holstein Berufung ein und benachrichtigte innerhalb der gleichen Frist die Personalabteilung des Ministeriums des Innern. Diese bestätigte ihm den rechtzeitigen Eingang der Berufung und teilte ihm mit, das Ergebnis des Berufungsverfahrens müsse abgewartet werden, bevor er wieder eingestellt werden könne.

Am 16. Dezember 1947 erhielt der Kläger vom Entnazifizierungs-Hauptausschuß einen Bescheid folgenden Inhalts:

"Im Einvernehmen mit der Militärregierung wird folgenden mitgeteilt: In Ihrem Entnazifizierungsverfahren hat der Ausschuß Ihre Entlassung empfohlen. Diese wird mit Eintreten der Rechtskraft wirksam, auch nach dem 31. Dezember 1947. Das Gleiche gilt für den Fall der Berufung."

Auf Anfrage des Klägers nach dem Grunde dieser ... Verfügung teilte die Personalabteilung des Innenministeriums nach Rückfrage beim Entnazifizierungsausschuß am 28. Januar 1948 mit, nach der Zonen-Exekutivanweisung Nr. 3 sei ein Beamter, der gegen seine Entfernung aus dem Amt Berufung eingelegt habe, bis zur Bescheidung über die Berufung in seinen Amte zu belassen, wenn nicht der Ausschuß sofort die Entlassung empfohlen habe. Der Bescheid des Entnazifizierungs-Hauptausschusses sei ergangen, damit die ausgesprochene Entlassung auch nach dem 31. Dezember 1947, an dem die Frist zur Entlassung aus politischen Gründen ablaufe, rechtskräftig werden könne.

Am 19. März 1948 wurde der Kläger vom Berufungshauptausschuß in die Kategorie IV ohne Vermögenssperre eingereiht. Der Kläger bat das Ministerium des Innern, ihm zu bestätigen, daß die unter der Bedingung der Rechtskraft seiner Einreihung in Gruppe III ausgesprochene Entlassung durch seine Einreihung in Gruppe IV mit der Zulassung der Wiederbeschäftigung als Oberverwaltungsrat hinfällig geworden sei; gleichzeitig bot er seine Dienste an. Mit Schreiben vom 22. April 1948 wurde ihm erwidert, er sei auf Grund des erfolgreichen Ausgangs des Berufungsverfahrens im Besitze seiner Beamtenrechte geblieben. Als er jedoch mehrfach um Gehaltszahlung bat, vertrat das beklagte Land mit Bescheid vom 13. September 1948 den Standpunkt, der Kläger sei rechtswirksam aus seinem Amte entlassen. Er habe keinen Anspruch auf Wiedereinstellung bzw. Zahlung von Gehalt.

Der Kläger begehrt Zahlung eines Teilbetrages seines Gehalts für die Zeit vom 1. Juli 1945 bis zum 31. August 1948, hilfsweise auch für die spätere Zeit, in Höhe von 3.000 DM. Das beklagte Land hat um Klagabweisung gebeten und vorgetragen, der Kläger sei als Beamter aus den Dienst entfernt worden und habe demgemäß seine Beamtenrechte verloren. Für die Beurteilung aller Ansprüche aus Anlaß der Entnazifizierung sei das Schleswig-Holsteinische Entnazifizierungsgesetz vom 10. Februar 1948 maßgebend. Danach stehe dem Kläger, der in Gruppe IV eingestuft sei, ein Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung oder Wartegeld nicht zu.

Der Kläger glaubt, seine Beamtenrechte nicht verloren zu haben und hält sich nach wie vor für einen planmäßigen Beamten des beklagten Landes.

Das Landgericht hat durch Zwischenurteil die Ansprüche des Klägers auf Gehaltszahlung für die seit nach dem 15. September 1947 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sodann durch Endurteil das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 3.000 DM mit 4 v.H. Zinsen seit dem 1. Oktober 1948 zu zahlen. Es geht davon aus, für die Zeit vom 1. Juli 1945 bis 14. September 1947 dürfe nach den Anordnungen der Besatzungsmacht Gehalt an den Kläger nicht gezahlt werden, weil er in dieser. Zeit keinen aktiven Dienst geleistet habe. Für die Folgezeit ständen dem Kläger Gehaltsansprüche zu, weil er nicht endgültig aus dem Dienst des beklagten Landes entlassen gewesen sei. Der eingeklagte Teilbetrag von 3.000 DM liege unstreitig innerhalb der auf den Zeitraum nach dem 15. September 1947 entfallenden Gesamtforderung.

Gegen die beiden Urteile hat das beklagte Land Berufung mit dem Antrage auf Klagabweisung eingelegt. Es hält unter Hinweis auf das inzwischen in Kraft getretene Bonner Grundgesetz (Art. 131) den Rechtsweg für unzulässig; es vertritt ferner die Ansicht, daß die Ansprüche des Klägers nicht nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen, sondern nach dem Schleswig-Holsteinischen Entnazifizierungsgesetz vom 10. Februar 1948, mindestens aber nach dem Schleswig-Holsteinischen Gesetz zur Sicherung der öffentlichen Finanzen vom 21. Dezember 1948 zu beurteilen seien; nach beiden Gesetzen habe der Kläger aber keinen Rechtsanspruch auf Gehalt und Wiedereinstellung. Der Kläger ist dieser Rechtsansicht entgegengetreten.

Das Oberlandesgericht hat die Klage als zurzeit unzulässig abgewiesen. Es geht davon aus, daß die Ansprüche des Klägers unter die Regelung des Art. 131 GrundG fielen; der Kläger sei aus dem Amte "ausgeschieden"; das Ausscheiden bedeute nicht die rechtliche Beendigung des Beamtenverhältnisses, sondern sei rein tatsächlich zu verstehen. Der Kläger sei aber zunächst wegen seiner Kriegsgefangenschaft und später mit Rücksicht auf das erst durchzuführende Entnazifizierungsverfahren aus dem Dienst des beklagten Landes tatsächlich ausgeschieden. Eine den Rechtsweg wieder zulassende "anderweitige landesrechtliche Regelung" im Sinne des Art. 131 Satz 3 liege nicht vor, da als solche nur eine landesrechtliche Regelung zu verstehen sei, die nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangen sei und den Rechtsweg ausdrücklich wieder eröffnet habe; eine solche Regelung liege aber nicht vor.

Gegen das Urteil hat der Kläger Revision mit dem Antrage eingelegt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Er rügt im wesentlichen Verletzung des Art. 131 GrundG; dieser verlange ein rechtliches und nicht nur ein tatsächliches Ausscheiden aus dem Dienst; ferner werde selbst bei Anwendung des Art. 131 der Rechtsweg auch durch eine vor Erlaß des Grundgesetzes liegende landesrechtliche Regelung des streitigen Anspruches wieder eröffnet.

Das beklagte Land bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Der form- und fristgerecht eingelegten, nach §547 Ziff 1 und 2 ZPO und §71 Abs. 2 Ziff 1 GVG zulässigen Revision des Klägers, die sich nur auf die Gehaltsansprüche aus der Zeit nach dem 15. September 1947 bezieht, war der Erfolg nicht zu versagen.

1.

Die Verfahrensrüge, die allgemeine Bezugnahme darauf, die Personalakten des Klägers hätten vorgelegen und seien Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, entbehre der erforderlichen Klarheit, welche Bestandteile dieser Akten vorgetragen seien, ist schon deswegen unbegründet, weil die einzelnen Bestandteile der Personalakten, die vorgetragen worden sind, im Tatbestand unter ausdrücklichem Hinweis auf ihre Herkunft aus den Personalakten an zahlreichen Stellen, zum Teil sogar wörtlich wiedergegeben worden sind. Im übrigen könnte diese Rüge, wenn sie begründet wäre, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils nur dann führen, wenn sie in Beziehung zu einem bestimmten Prozeßvorgang gesetzt, insbesondere die prozeßwidrige Erledigung oder Übergehung von Beweisantragen gerügt oder Ungewißheit über das Parteivorbringen geltend gemacht würde (HGZ 131, 120). In dieser Beziehung hat aber die Revision nichts vorgebracht.

2.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß für die vermögensrechtlichen Ansprüche des Klägers auf Zahlung des Gehalts der Rechtsweg zulässig ist, soweit den nicht Art. 131 Satz 3 GrundG zurzeit entgegensteht, der bestimmt, daß Rechtsansprüche der in Art. 131 Satz 1 und 2 genannten Art bis zum Inkrafttreten des dort vorgesehenen Bundesgesetzes "vorbehaltlich anderweitiger landesrechtlicher Regelung" nicht geltend gemacht werden können. Die Revision verneint einen solchen Ausschluß des Rechtsweges, weil Art. 131 ein rechtliches und nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, ein nur tatsächliches Ausscheiden aus dem Dienste voraussetze und weil der Rechtsweg nach Satz 3 des Art. 131 auch durch eine vor Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangene "anderweitige landesrechtliche Regelung" wiedereröffnet werden könne.

Ehe jedoch auf diese Rügen der Revision eingegangen werden kann, muß zu der in Schrifttum und Rechtsprechung aufgeworfenen Frage Stellung genommen werden, ob und inwieweit Art. 131 und insbesondere Satz 3 rechtsgültig ist. Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit des Art. 131 werden daraus hergeleitet, daß sein Inhalt gegen die Grundrechte des Grundgesetzes, gegen das Besatzungsrecht sowie gegen überstaatliches Recht verstoße. Ein Verstoß gegen die Grundrechte des Grundgesetzes scheidet jedoch schon deshalb aus, weil Art. 131 selbst eine Verfassungsbestimmung ist und der Verfassungsgesetzgeber von seinen selbstverkündeten Rechtssätzen Ausnahmen zulassen und daher eine Norm des Grundgesetzes begrifflich nicht mit dem Grundgesetz selbst in Widerspruch stehen kann (Bachof DRZ 1949, 555; Württ.Bad. VGH ÖVerw 1949, 456; Wenzel ÖVerw 1949, 413; Heyland ÖVerw 1950, 363; OVG Lüneburg DVerwBl 1950, 407; OLG Hamburg DVerw 1949, 653, OVG Hamburg DVerw 1949, 588). Der Verstoß gegen das Besatzungsrecht und gegen überstaatliches Recht wird aus der Verletzung des im Besatzungsrecht und übergesetzlichen Recht enthaltenen Grundsatzes der Gleichheit aller hergeleitet (Verstoß bejahend: Wenzel ÖVerw 1949; 413; Heyland ÖVerw 1950, 363; Wenzel: Rechtsstellung der entnazifizierten Beamten S. 89; Verstoß verneinend: Bachof DRZ 1949, 555; LVG Düsseldorf DVerw Bl 1950, 147). Dieser Rechtsgrundsatz sei nicht nur bei Anwendung der Gesetze durch Verwaltung und Rechtsprechung (OLG Hamm DVerw 1949, 654), sondern auch bei Erlaß von Gesetzen durch den Gesetzgeber zu beachten (Menzel: Rechtsstellung der entnazifizierten Beamten S. 63 mit eingehender Literaturangabe).

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz von den Gerichten geprüft werden darf und ob seine Bejahung die Rechtsunwirksamkeit des Art. 131 GrundG zur Folge haben würde. Die Sätze 1 und 2 des Art. 131 enthalten nämlich eine Regelung der Rechtsverhältnisse der dort genannten Personenkreise überhaupt nicht; sie bestimmen nur, daß diese Rechtsverhältnisse "durch ein Bundesgesetz zu regeln sind". Es wäre zwar denkbar, daß ein auf Grund dieser Bestimmung demnächst ergehendes Bundesgesetz den Grundsatz der Gleichheit aller verletzen und damit gegen die Grundrechte, das Besatzungsrecht und das übergesetzliche Recht verstoßen und deshalb vielleicht rechtsunwirksam sein könnte. Durch die Zuweisung dieses Sachgebietes an den Bundesgesetzgeber ist dagegen die Gleichheit aller nicht verletzt, da eine materielle Regelung des Rechtsgebietes überhaupt noch nicht getroffen ist. Satz 1 und 2 des Art. 131 können daher schon aus diesem Grunde nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen; sie können also auch nicht wegen eines solchen Vorstoßes rechtsunwirksam sein.

Wenn in Satz 3 die Geltendmachung der in Satz 1 und 2 genannten Ansprüche, bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes ausgeschlossen wird, so verstößt auch diese Regelung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Durch Satz 3 werden etwa bestehende materielle Ansprüche der entnazifizierten Beamten nicht beseitigt, sondern ihre Geltendmachung wird, worauf Molitor. (SJZ 1949, 857) mit Recht hinweist, nur vorübergehend aus staatspolitischen Gründen bis zum Erlaß des in Aussicht genommenen Bundesgesetzes aufgeschoben. Sind aber etwa bestehende Rechte durch Satz 3 nicht beseitigt, so braucht darauf, ob der Gesetzgeber sich über etwa bestehende Ansprüche hinwegsetzen und diese beseitigen darf oder nicht, nicht weiter eingegangen zu werden, weil es sich bei Satz 3 nicht um die Beseitigung, sondern nur um einen Aufschub der Geltendmachung etwa bestehender Ansprüche handelt.

Ein derartiger Aufschub erhält seine Rechtfertigung aus Sinn und Zweck der Zuweisung des fraglichen Sachgebietes an den Bundesgesetzgeber. Sinn und Zweck der Zuweisung besteht darin, die zurzeit auf diesem Gebiet bestehende Ungleichheit zu beseitigen und eine gerechte Lösung herbeizuführen. Die Ungleichheit, die beseitigt werden soll, ist aber nicht durch den Verfassungsgesetzgeber geschaffen. Sie ist vielmehr eine unmittelbare Auswirkung des Zusammenbruchs von 1945. Alle Beamtengruppen, die ihr Amt infolge des Zusammenbruchs verloren haben, werden daher vom Verfassungsgesetzgeber einheitlich behandelt: Ihre Angelegenheiten sollen durch Bundesgesetz geregelt werden. Zu diesem Personenkreis gehören aber nicht nur diejenigen öffentlichen Bediensteten, die infolge des Zusammenbruchs ihren Dienstherrn verloren haben, wie verdrängte und vertriebene Beamte, Angehörige der Wehrmacht usw., sondern auch diejenigen, die infolge der politischen Umwälzung nicht mehr im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Der Zusammenbruch als Ursache der Unsicherheit der Rechtsverhältnisse bindet nämlich die entnazifizierten sowie die ihres Dienstherrn verlustig gegangenen Beamten stärker aneinander, als der Umstand, daß der Dienstherr noch vorhanden ist, die entnazifizierten aus dem Amte entfernten Beamten an die nicht aus dem Amte entfernten entnazifizierten Beamten des gleichen Dienstherrn bindet (aA Jess ÖVerw 1950, 269). Hinsichtlich des von Art. 131 und damit von den Aufschub betroffenen Personenkreises liegt mithin eine Ungleichheit nicht vor.

Aber auch hinsichtlich des zu regelnden Sachgebietes liegt eine den Gleichheitsgrundsatz verletzende Sonderregelung nicht vor: Bereits die Fülle unterschiedlicher Maßnahmen in den einzelnen Besatzungszonen und in den verschiedenen Ländern hinsichtlich der Entnazifizierung hat dazu geführt, daß die Rechtsgleichheit auf diesem Gebiet völlig verloren gegangen ist. Deshalb erachtet der Württ.Bad.VGH (ÖVerw 1949, 456) den Verfassungsgesetzgeber geradezu für verpflichtet, hier zur Wiederherstellung der Rechtsgleichheit einzugreifen. Diese Umstände haben aber auch weitgehend ungeklärte Rechtsfragen aufgeworfen, so vor allem die Frage, ob die von den Besatzungsmächten und von den deutschen Dienststellen nach Besatzungsrecht und nach deutschem Recht vorgenommenen Entfernungen, aus dem Dienste nur eine vorübergehende Suspension bis zur endgültigen Entnazifizierung (so Wahl ÖVerw 1949, 21 ff und 89 f. Wenzel: Rechtsprobleme des Mitläufers 11 ff; Rechtsstellung der entnazifizierten Beamten 44 ff;

Boos: ÖVerw 1949, 331/2;
Elberich: ÖVerw 1949, 245/6;
Thiele: DVerw 1949, 424 ff;
Schnitzler: NJW 1949, 613;
Jess: ÖVerw Bl 1950, 269;
Bettermann: JR 1950, 298;
Hamburger VG: MDR 1948, 261;
Dienststrafhof Bremen: ÖVerw 1949, 336/7;
LG Düsseldorf: DVerw 1949, 138;
Heyland: ÖVerw 1950, 323 ff)

oder ein endgültiges Ausscheiden aus dem Dienst ohne Rücksicht auf die Ergebnisse des Entnazifizierungsverfahrens

(so Jellinek: ÖVerw: 1949, 67/8;
Ringelmann angeblich in Bayr.Bürgermeister 1948, 103 ff;
Oppler angeblich in Südd. Zeitung v. 1.2.1949;
Hess. VGH NJW. 1949, 635; ohne Entscheidung der Frage Freytag NJW 1949, 634 [VGH Hessen 30.03.1949 - VGH O 75/48])

herbeiführten.

Gerade wenn die Entfernungen aus dem Amte eine endgültige Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht zur Folge gehabt haben und wenn daher die Dienstverhältnisse dieser mit günstigem Erfolg entnazifizierten Beamten weiter bestehen geblieben sein sollten, ergeben sich größte Schwierigkeiten, die dann bestehenden "Rechtsansprüche" dieser öffentlichen Bediensteten zu erfüllen; das erkennen auch die Interessenverbände dieser Gruppen selbst ausdrücklich an (vgl. die Erklärungen in der Karlsruher Protestversammlung vom 14. Januar 1951). Deshalb stellt die vorgesehene bundesrechtliche Regelung dieser Ansprüche sich als ein Teil des durch den Verlust des Krieges notwendig gewordenen Lastenausgleichs dar. Es handelt sich um die Beseitigung der Folgen aus dem Bankrott des "Dritten Reiches" und des vorn "Dritten Reich" verschuldeten Kriegsverlustes, "bei der sich die Bundesregierung als Konkursverwalter des "Dritten Reiches" bemüht, das wieder in Ordnung zu bringen, was von jenem verschuldet worden ist" (Bundesinnenminister Heinemann bei der ersten Lesung des in Art. 131 vorgesehenen Gesetzes; Protokoll der 84. Sitzung des Bundestages; S. 3142). Die Rechtsprechung allein ist zur Regelung der Fülle der zu lösenden Probleme gar nicht in der Lage (Bachof DRZ 1949, 555).

Erstrebt aber Art. 131 für einen einheitlichen Personenkreis die einheitliche Abwicklung der innen- und außenpolitischen Folgen des Zusammenbruchs des "Dritten Reiches", so verstoßt es auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Satz 3 die Geltendmachung solcher zu regelnder Ansprüche vor den Gerichten einstweilen verbietet. Gerade die Durchführung solcher Verfahren würde zur Störung einer gleichmäßigen Abwicklung der Kriegsfolgelasten sowie bei der Ungeklärtheit und zonenweisen Verschiedenheit der Rechtslage zwangsläufig zu einander widersprechenden Gerichtsentscheidungen (Württ.Bad.VGH in ÖVerw 1949, 456) und damit zur Ungleichheit führen. Wenn der Gesetzgeber eine vorübergehende Sperre für die Geltendmachung derartiger Ansprüche in Satz 3 anordnet, so kann das nicht grundsätzlich beanstandet werden, zumal es auch sonst Rechtsvorschriften gibt, welche die Geltendmachung von Ansprüchen zeitweise ausschließen, um eine einheitliche Behandlung eines bestimmten Personenkreises zu erzielen. Aus dieser Rechtfertigung des Verbots der Geltendmachung von Ansprüchen folgert der Württ.Bad. VGH (ÖVerw. 1949, 456; zustimmend Bachof DRZ 1949, 555 und OLG Hamburg Betrieb 1951 S. 96 [OLG Hamburg 04.01.1951 - 3 U 302/50]) "im Hinblick auf die bedenklichen Auswirkungen für die betroffenen Personenkreise, daß der Bundesgesetzgeber mit dem Erlaß der Vorschrift des Art. 131 nicht nur eine moralische Verpflichtung zu einer alsbaldigen gesetzlichen Regelung übernommen habe, sondern daß darüber hinaus diese Vorschrift die stillschweigende Voraussetzung einer derartigen alsbaldigen Regelung in sich trage, so daß sie möglicherweise als von selbst außer Kraft tretend erachtet werden könnte, wenn jene Voraussetzung nicht binnen einer angemessenen und mit Rücksicht auf die schwierige Lage der Betroffenen verhältnismäßig kurz, anzunehmenden Frist eintrete." ähnliche Gedankengänge - allerdings mit dem Ergebnis einer Ungültigkeit des Satzes 3 - werden auch vom Oberlandesgericht Hamburg (DVerw 1949, 653) und vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg (DVerw Bl 1950, 407) erörtert. Soweit die Zulässigkeit des Verbots der Geltendmachung von Ansprüchen nur das dem soeben erörterten Grunde, die einheitliche Behandlung eines bestimmten Personenkreises zu erzielen, hergeleitet wird, übersieht diese Begründung aber den wesentlichsten Umstand: Vor allem rechtfertigt nämlich die Tatsache, daß es sich praktisch um die Abwicklung des Bankrotts des "Dritten Reiches" handelt, einen zeitweisen Aufschub der Geltendmachung der Ansprüche ähnlich wie im Falle des bürgerlichrechtlichen Zusammenbruchs einen zeitweisen Zahlungsaufschub. Geht man von dieser Rechtfertigung für das Verbot der Geltendmachung von Ansprüchen aus, so kann es mindestens zweifelhaft sein, ob von einer stillschweigenden Voraussetzung einer alsbaldigen gesetzlichen Regelung gesprochen werden darf, bei deren Ausbleiben Satz 3 nicht mehr zu beachten sei. Näher liegt es, daß Satz 3 solange angewandt werden muß, bis das in Art. 131 in Aussicht genommene Gesetz ergangen ist und daß Anderes nur gilt, falls der Erlaß des vorgesehenen Gesetzes solange hinausgeschoben wird, daß das Verbot der Geltendmachung der Ansprüche nach Satz 3 zu einem Dauerzustand würde. Jedoch bedarf es einer Entscheidung dieser Rechtsfrage nicht. Denn nach dem gegenwärtigen Zustand der gesetzgeberischen Arbeiten kann nicht einmal von dem Unterbleiben einer "alsbaldigen" gesetzlichen Regelung, mithin erst recht nicht von dem Eintritt eines die Geltendmachung von Ansprüchen verbietenden Dauerzustandes die Rede sein.

Das Hanseatische Oberlandesgericht (Betrieb 1951, 96 [OLG Hamburg 04.01.1951 - 3 U 302/50]) führt in seinem Urteil vom 4. Januar 1951 aus: Die Voraussetzungen der Unanwendbarkeit des Satzes 3 lägen nicht vor; aus den statistischen Erhebungen der letzten Monate und aus den gesetzgeberischen Vorarbeiten ergebe sich, daß der Gesetzgeber die abschließende Regelung nach Art. 131 vordringlich behandle. Demgegenüber behält sich das Landgericht Bonn in dem Arresturteil vom 12. Januar 1951 (NJW 1951, 118) für den anhängig zu machenden Hauptprozeß die Prüfung vor, ob "sachfremde Erwägungen den Erlaß des nach Art. 131 vorgesehenen Gesetzes unangemessen zu verzögern scheinen, nachdem vom Bundesrat in jüngster Zeit eine vorbereitende Teilregelung der ganzen Frage zurückgewiesen worden sei." Auch der Würt.Bad. Verwaltungsgerichtshof hegt in seinem das Armenrecht bewilligenden Beschluß vom 13. November 1950 (Gemeinsames Ministerialblatt des Bundesministers des Innern usw 1951, 9) "auch unter Berücksichtigung der zweifellos besonders großen Schwierigkeiten bei der Regelung gerade dieser Materie gewisse Zweifel an dem weiteren Fortbestand der Sperrvorschrift, wobei auch zu berücksichtigen sei, daß dem Bundestag eine diesbezügliche Regierungsvorlage zwar bereits zugeleitet sei, daß aber die Verhandlungen in Bundestag in nahezu allen Punkten so entgegengesetzte Auffassungen hätten zutage treten lassen, daß es als höchst unwahrscheinlich gelten müsse, eine gesetzliche Regelung werde in absehbarer Zeit zustande kommen."

Selbst wenn von einer stillschweigenden Voraussetzung einer alsbaldigen gesetzlichen Regelung auszugehen wäre, so muß zunächst beachtet werden, daß diese Regelung nicht alsbald nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 ergehen konnte, weil es zunächst der Wählen zum Bundestag, der Bildung einer Regierung und der Organisation der Behörden bedurfte, ehe praktisch an gesetzgeberische Arbeiten herangegangen werden konnte. Trotz der großen Dringlichkeit der Regelung der Rechtsverhältnisse nach Art. 131 mußte zunächst eine Fülle anderer wichtigerer oder mindestens ebenso wichtiger gesetzgeberischer Arbeiten geleistet werden. Einer gesetzlichen Regelung mußten gerade hier besondere Vorarbeiten vorangehen: Es handelt sich um fast eine halbe Million betroffener Personen; die Gesetzesvorschläge mußten auf ihre finanziellen Auswirkungen erst an Hand von statistischen Erhebungen überprüft werden; auch die Gesetzesformulierung bedurfte wegen ihres Hineingreifens in die verschiedensten Bestimmungen des Beamtenrechts eingehender Durcharbeitung durch Fachleute. Trotz dieser Schwierigkeiten ist der Entwurf eines Gesetzes zur "Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 fallenden Personen" nach mehrfacher Umgestaltung der Vorentwürfe bereits im Juli 1950 als Bundesratsdrucksache Nr. 578/50 seitens der Bundesregierung dem Bundesrat zugeleitet worden. Der Bundesrat hat durch Beschluß vom 18. August 1950 (Bundesratsdrucksache Nr. 663/50) erklärt, daß er bei der großen Bedeutung der zu behandelnden Fragen sich in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Frist zu dem umfassenden und aussergewöhnlich wichtigen Gesetzentwurf nicht abschließend erklären könne, jedoch, um eine Verzögerung auf keinen Fall eintreten zu lassen, damit einverstanden sei, daß die Bundesregierung ihren Entwurf ohne Stellungnahme des Bundesrats umgehend dem Bundestag zuleite; der Bundesrat werde seine Stellungnahme nachreichen. Die Bundesregierung hat daraufhin den Gesetzentwurf als Bundestagsdrucksache Nr. 1306 dem Bundestag zugeleitet. Die erste Beratung des Gesetzentwurfes hat in der 84. Sitzung des Bundestages vom 13. September 1950 stattgefunden; der Gesetzentwurf wurde dem Beamtenrechtsausschuß überwiesen (Protokoll der 84. Sitzung des Bundestages vom 13. September 1950, S. 3142 bis 3161). Richtig ist allerdings, daß bei dieser Sitzung in zahlreichen entscheidenden Punkten einander stark widersprechende Ansichten im Bundestag vertreten worden sind. Die vom Württ.Bad. Verwaltungsgerichtshof daran geknüpften Befürchtungen, eine gesetzliche Regelung werde in absehbarer Zeit nicht zustande kommen, sind aber durch die weiteren Verhandlungen vor dem Beamtenrechtsausschuß erheblich gemildert worden. Der Beamtenrechtsausschuß hat den Gesetzentwurf in 45 Sitzungen in der Zeit vom 26. September 1950 bis zum 21. Februar 1951 beraten. Die Beratungen wurden nur zwecks Beratung der Richtlinien für die Überbrückungshilfe an die unter Art. 131 fallenden Personen und des gleich wichtigen Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes unterbrochen. Der Ausschuß ist dabei weitgehend zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangt; es ist zu erwarten, daß der Ausschuß den Gesetzentwurf in Kürze dem Bundestag zu der noch ausstehenden zweiten und dritten Lesung vorlegen wird.

Bei diesem Stand der gesetzgeberischen Arbeiten ist selbst die nach Ansicht des Württ.Bad. Verwaltungsgerichtshofes kurz zu bemessende Frist zur alsbaldigen Regelung nicht abgelaufen: erst recht kann keine Rede davon sein, daß das Verbot der Geltendmachung der Ansprüche entgegen Satz 3 des Art. 131 zu einem Dauerzustand geworden wäre.

Die schwierige Lage der von dem Verbot der Geltendmachung ihrer Ansprüche betroffenen Personen wird vom Senat nicht verkannt. Andererseits muß aber auch berücksichtigt werden, daß der Gesetzgeber durch Bereitstellung von Überbrückungshilfe die äußerste Not der Betroffenen zu mildern versucht hat.

Unter Abwägung aller Umstände ist daher das in Art. 131 Satz 3 ausgesprochene Verbot der Geltendmachung der fraglichen Ansprüche als rechtswirksam anzusehen.

3.

Die Ansicht der Revision, Art. 131 lasse nicht ein tatsächliches Ausscheiden des Beamten genügen, sondern verlange ein rechtliches Ausscheiden, geht fehl. Art. 131 setzt voraus, daß der Beamte "aus anderen als beamtenrechtlichen Gründen ausgeschieden" ist. Der Begriff "ausscheiden" wird teils dahin ausgelegt, das Ausscheiden müsse eine rechtswirksame Beendigung des Dienstverhältnisses bewirkt haben oder bewirken sollen (so Freytag DVerw 1949, 585; Wahl ÖVerw 1949, 415; Hecker DVerw Bl 1950, 455; Arb Ger Köln NJW 1949, 718; LAG Düsseldorf DRZ 1949, 476, allerdings durch spätere Rechtsprechung in DRZ 1950, 38 und NJW 1950, 480 ausdrücklich aufgegeben), teils dahin, es genüge ein tatsächliches Aufhören der Tätigkeit als Beamter (so das angefochtene Urteil; OLG Düsseldorf DRZ 1949, 476; OLG Celle DRZ 1949, 499; OLG Hamm DVerw 1949, 654; Hess VGH DVerw 1949, 585 und Württ. Bad VGH DRZ 1949, 544 sowie nunmehr in seiner neueren Rechtsprechung LAG Düsseldorf DRZ 1950, 38 und NJW 1950, 480). Die erste Ansicht stellt es darauf ab, der öffentliche Dienst sei kein tatsächliches, sondern ein rechtliches Verhältnis; deshalb sei auch das Ausscheiden kein tatsächlicher, sondern ein Rechtsvergang (Freytag DVerw 1949, 585.). Die Zeit nach dem Zusammenbruch habe zwar neue, nicht beamtenrechtliche, aber dennoch Verwaltungsakte darstellende Formen der Beendigung des Beamtenverhältnisses geschaffen, wie Befehl der Militärregierung oder Entnazifizierung. Nur wenn die auf diesen nichtbeamtenrechtlichen neuen Bestimmungen beruhenden Entlassungsakte rechtswirksam ergangen seien, könne von einem "Ausscheiden" aus anderen als beamtenrechtlichen Gründen die Rede sein" (Hecker DVerw Bl 1950, 455, Wahl ÖVerw 1949, 415). Nichtige Verwaltungsakte anläßlich der Entlassungsverfügung seien nicht zu beachten und bewirkten daher kein Ausscheiden (Freytag DVerw, 1949, 585).

Der Begriff "Ausscheiden" setzt wesensmäßig das Vorliegen eines das Ausscheiden bewirkenden Verwaltungsaktes nicht voraus. Es genügt schon nach dem Deutschen Beamtengesetz (§§51- 56) ein tatsächlicher Akt wie Z.B. die "Verlegung des Wohnsitzes in das Ausland" (§52 DBG) zum Ausscheiden. Im Rahmen des Art. 131 genügt ein tatsächlicher Vorgang für das Ausscheiden sicherlich soweit, als Art. 131 auf den Verlust des Dienstherrn durch Auflösung der Behörde, Vertriebensein usw. abstellt. Daneben kennt allerdings das Deutsche Beamtengesetz auch, für das Ausscheiden gewisse Rechtsakte als Voraussetzung an, wie z.B. strafgerichtliche Verurteilung. Es fragt sich, ob man die Unterscheidung zwischen tatsächlichen Vorgängen und Rechtsakten, die ein Ausscheiden bewirken, auch auf den Begriff des Ausscheidens im Sinne des Art. 131 übertragen darf. Ohne weiteres ist dies nicht angängig. Die Rechtsakte, die ein Ausscheiden nach dem Reichsbeamtengesetz zur Folge haben (z.B. gerichtliche Verurteilung, §53 DBG) ergehen von einer anderen Stelle als dem Dienstherrn des Beamten in einem förmlichen Verfahren. Bei der Anordnung des Ausscheidens aus politischen Gründen handelt es sich jedoch häufig um Maßnahmen des Dienstherrn selbst. Der Dienstherr prüft daher beim Ausscheiden nicht nur wie im Rahmen des Beamtengesetzes das formelle Vorliegen der Voraussetzung (rechtskräftige gerichtliche Verurteilung), sondern entscheidet selbst materiell über die Voraussetzungen des Ausscheidens. Dieses Tätigwerden ähnelt eher einer Entlassung aus dem Dienste (§§57- 66 DBG) als einem Ausscheiden aus dem Dienst. Im Beamtenrecht handelt es sich aber sowohl beim Ausscheiden wie bei der Entlassung um eine Beendigung des Beamtenverhältnisses mit der Wirkung des Verlustes von Gehalt und Versorgungsbezügen (§56 DPG). In diesem Falle bedarf es daher unbedingt eines wirksamen, die Entlassung oder das Ausscheiden bewirkenden Verwaltungsaktes. Art. 131 umfasst dagegen durchaus nicht nur solche Gruppen, deren Beamtenverhältnisse beendet sind; im Gegenteil ist hier geradezu unstreitig, daß das Beamtenverhältnis trotz des Ausscheidens im Sinne des Art. 131 nicht beendet zu sein braucht. Handelt es sich aber nicht um so einschneidende Wirkungen wie die Beendigung des Dienstverhältnisses, sondern nur um die Möglichkeit der Schaffung einer gesetzlichen Neuregelung, wie sie in Satz 1 und 2 vorgesehen ist, so wäre es auch zu verantworten, mit geringeren Anforderungen als nach dem Deutschen Beamtengesetz an solche das Ausscheiden bewirkende Akte auszukommen. Wahl (ÖVerw 1949, 23) spricht zwar davon, daß es sich um ein Entlassung-"Verfahren" der Militärregierung und damit um Vorgänge gehandelt hat, die ihrer Gestaltung nach eine gewisse rechtliche Form voraussetzen, so daß man geneigt sein kann, sie als Verwaltungsakte zu behandeln. Verfahren und Zuständigkeit waren jedoch so unbestimmt gehalten, erfolgten häufig notgedrungen in größter Eile, waren summarisch, ohne Rechtsmittel und ohne rechtliches Gehör, so daß Wahl selbst sie als "politische Maßnahmen tatsächlicher Art" bezeichnet, Gerade ein Vergleich mit dem gesetzestechnischen Ausdruck "Ausscheiden" des Beamtengesetzes zeigt in diesem Zusammenhang, daß der Gesetzgeber im Art. 131 den Ausdruck "Ausscheiden" möglicherweise nicht in dem bisherigen Sinn, der teilweise auch Rechtliches umfasst, gebraucht hat.

Der vom Gesetzgeber gewählte Ausdruck "Ausscheiden" ist daher farblos und gibt für sich allein keine eindeutige Auslegungsmöglichkeit. Es muß vielmehr nach Zweck und Ziel der in Art. 131 getroffenen Regelung entschieden werden. Der im Art. 131 erfolgter Ausschluß "des Ausscheidens aus beamtenrechtlichen Gründen" zeigt, daß eine besondere Art des Ausscheidens aus dem Dienst geregelt werden sollte, also nicht das beamtenrechtliche Ausscheiden, das zur Beendigung des öffentlichen Dienstverhältnisses führt. Die Hervorhebung der Flüchtlinge und Vertriebenen sowie das Abstellen auf den Tag der Kapitulation weist auf den Zusammenhang des Ausscheidens mit dem Zusammenbruch, dem Verlust der Ostgebiete und der politischen Umwälzung hin. Es sollen also für die im öffentlichen Dienst beschäftigt gewesenen Personen, die infolge dieser Umstände ihre Stellung verloren haben, die Rechtsverhältnisse aus ihrem bisherigen öffentlichen Amt geregelt werden. Die Umstände wie Zusammenbruch, Auflösung der Wehrmacht, Verlust der Ostgebiete und politische Umwälzung sind aber im wesentlichen tatsächlicher Natur. Berücksichtigt man weiter, daß der grösste Teil insbesondere auch der Fälle des Ausscheidens aus dem Dienst aus politischen Gründen unmittelbar nach der Besetzung, vor Wiederaufbau einer neuen Staatsverwaltung in der Auflösung des Zusammenbruchs und der politischen Umwälzung stattgefunden hat, so würde man, wollte man an die Form dieser Ausscheidungsakte einen friedensmässigen Maßstab anlegen, in keiner Weise den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragen, wie sie durch Zusammenbruch und politische Umwälzung während der Übergangszeit bedingt waren (Bachof DRZ 1949, 554). Deshalb liegt es näher, anzunehmen, Art. 131 wolle keinen Unterschied wie das Beamtengesetz zwischen Ausscheiden aus tatsächlichen Gründen und einem Ausscheiden auf Grund einer rechtlichen Verfügung machen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß auch das Ausscheiden aus politischen Gründen allein als Tatsache des Ausscheidens gemeint ist, ohne daß es eines rechtswirksamen Verwaltungsaktes für das Ausscheiden bedürfte. Es ist durchaus denkbar, daß der Gesetzgeber im künftigen Gesetz auch regeln will, wieweit die politischen Maßnahmen tatsächlicher Art aus jener Übergangszeit sanktioniert werden sollen. Demnach genügt bereits die Tatsache, daß der Beamte aus politischen Gründen aus dem Dienst ausgeschieden ist, zur Anwendung des Art. 131.

Ob bei Vorliegen von Willkürakten, die sich nur unter Verschiebung des politischen Momentes als Ausscheiden aus politischen Gründen tarnen, eine andere Beurteilung Platz greifen kann (Württ. Bad VGH DRZ 1949, 544; Bachof DRZ 1949, 554 und DVerw Bl 1950, 148), darf hier dahingestellt bleiben. Der Kläger hat Umstände, die eine solche Beurteilung zuließen, nicht vorgetragen. Vielmehr trägt er selbst vor, daß sein Ausscheiden aus dem Dienst bzw. seine Nichtwiederverwendung deshalb erfolgt ist, weil seine Entnazifizierung noch nicht abgeschlossen war. Die Fragen, die er aufwirft, gehen vielmehr ausschließlich darauf hinaus, ob die gegen ihn ergangenen Verfügungen eine rechtliche Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Folge gehabt haben. Den Zusammenhang seines Ausscheidens mit der Entnazifizierung bestreitet er nicht. Gerade die von ihm aufgeworfenen Streitfragen aber will Art. 131 der Regelung durch den Gesetzgeber vorbehalten. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gehören daher zu denjenigen Ansprüchen, die "vorbehaltlich anderweitiger landesgesetzlicher Regelung" bis zum Erlaß des vorgesehenen Bundesgesetzes nicht geltend gemacht werden können.

Ob der Kläger etwa auch deshalb, weil er, wie das Berufungsgericht meint, als Kriegsgefangener tatsächlich aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden ist, unter den Personenkreis des Art. 131 BGG fällt, bedarf bei dieser Rechtslage keiner Prüfung mehr.

4.

Dagegen greift die Revision insoweit durch, als sie die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage angreift, ob in Schleswig-Holstein eine "anderweitige landesrechtliche Regelung" im Sinne des Satzes 3 erfolgt ist.

Die Frage, ob die "anderweitige landesrechtliche Regelung" im Sinne des Art. 131 Satz 3 nach Erlaß des Grundgesetzes ergangen sein muß (so das Schlesw.Holst-OLG in der angefochtenen Entscheidung und in ständiger Rechtsprechung z.B. DVerw 1949, 590; OVG Hamburg DVerw 1949, 588), oder ob sie auch vorher, jedoch zur Regelung der seit dem Zusammenbruch aufgetretenen Zweifelsfragen bei Beurteilung der Rechtsverhältnisse des von Art. 131 umfassten Personenkreises getroffen sein kann (so OLG Düsseldorf DRZ 1949, 476; LAG Kiel BB 1949, 742; LAG Schleswig - Schl HA 1950, 23; OVG Lüneburg DVerw Bl 1950, 407; Bachof DRZ 1949, 555; Krüger NJW 1950, 162), oder ob jede landesrechtliche Beamtenrechtsgesetzgebung schlechthin darunter zu verstehen ist (so Wenzel: Rechtsprobleme des Mitläufers und ÖVerw 1949, 413), ist bestritten.

Das Berufungsgericht (im angefochtenen Urteil und in DVerw 1949, 590) und das OVG Hamburg (DVerw 1949, 588) verlangen, daß die "anderweitige landesrechtliche Regelung" sich gerade auf den in Art. 131 angeordneten Stillstand der Rechtspflege bezieht, also den durch das Grundgesetz verschlossenen Rechtsweg wieder ausdrücklich öffnet; es sei nach Erlaß des Grundgesetzes ein neues Landesgesetz erforderlich, das den Rechtsweg entgegen der Bestimmung des Art. 131 Satz 3 eröffne; es könne nicht etwa aus dem Umstand allein, daß das Landesrecht beim Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits die nach dem Zusammenbruch zweifelhaft gewordenen Rechtsverhältnisse des betroffenen Personenkreises vollständig oder teilweise geregelt habe, der Schluß gezogen werden, daß schon darin eine Zulassung des Rechtsweges liege.

Diese Ansicht wird zunächst aus dem Wortlaut des Art. 131 begründet, der, wenn nach dem Willen des Gesetzgebers eine landesrechtliche Regelung der nach dem Zusammenbruch entstandenen Zweifelsfragen über die Rechtsverhältnisse dieses Personenkreises zur Wiedereröffnung des Rechtsweges hätte genügen sollen, habe lauten müssen "vorbehaltich landesrechtlicher Regelung" oder "bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes verbleibt es bei etwaiger landesrechtlicher Regelung". Sicherlich wäre die zuletzt genannte Fassung völlig eindeutig gewesen und hätte die jetzt aufgetauchten Zweifelsfragen ausgeschlossen. Die vom Gesetzgeber verwandte Wendung "vorbehaltlich anderweitiger landesrechtlicher Regelung" kann sich jedoch dem Zusammenhang nach sowohl auf die prozessuale Regelung in Satz 3 wie auch auf die in Satz 1 und 2 in Aussicht genommene materielle Regelung beziehen (Bachof ERZ 1949, 555; LVG Düsseldorf DVerw Bl 1950, 147). Dann besteht aber nach dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut die Möglichkeit, daß der Gesetzgeber auch bei materieller landesrechtlicher Regelung dieser in ihrem Bestande zweifelhaft gewordenen Rechtsverhältnisse schon keinen Anlaß mehr gesehen hat, die Geltendmachung der Ansprüche aus solchen inzwischen landesrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen auszuschliessen. Mit dem Wortlaut des Art. 131 ist daher auch die Auslegung vereinbar, daß unter der vorbehaltenen "landesrechtlichen Regelung" jede landesrechtliche Regelung zu verstehen ist, welche die seit 1945 zweifelhaft gewordenen Rechtsverhältnisse des fraglichen Personenkreises - gleichgültig ob materiell oder durch ausdrückliche Wiedereröffnung des Rechtsweges - regelt. Rein aus dem Wortlaut des Art. 131 kann die Streitfrage also nicht gelöst werden.

Das Berufungsgericht leitet seine Ansicht weiter auch aus dem Zweck des Satzes 3 her, den es darin erblickt, "eine (wegen der vorgesehenen einheitlichen bundesrechtlichen Lösung) nur vorläufige Rechtsprechung auf diesem Gebiete zu verhindern"; es führt dazu weiter aus: Würde es bis zum Inkrafttreten des vorgesehenen Bundesgesetzes bei der inzwischen etwa eingeführten landesrechtlichen Regelung verbleiben, so müsste es entgegen dem Sinn des Art. 131 zu einer vorläufigen Rechtsprechung auf diesem Gebiete kommen, umsomehr, als es unklar bliebe, wieweit zur Auslegung und Ergänzung der landesrechtlichen Bestimmungen auf das Reichsbeamtenrecht zurückgegriffen werden könne. Den Zweck des Satzes 3 glaubt das Berufungsgericht der Entstehungsgeschichte des Art. 131 entnehmen zu können. Art. 131 Satz 3 sei in der 40. Sitzung des Hauptausschusses des parlamentarischen Rates gerade eingefügt worden, um "untragbar erscheinende Auswirkungen inzwischen ergehender Urteile abwenden zu können." Dabei hat das Berufungsgericht aber diesen Satz aus dem Protokoll des Hauptausschusses nicht seinem Zusammenhang nach gewürdigt. Zwar hat Ministerialdirektor D.. Ringelmann in jener Sitzung nach dem Protokoll ausgeführt (S. 2 des Kurzprotokolls der 40. Sitzung des Hauptausschusses des parlamentarischen Rates in Bonn vom 14. Januar 1949):

"Die Rechtsverhältnisse der durch Art. 131 erfassten Beamten seien bisher nicht einheitlich geregelt, die einzelnen Länder hätten verschiedenartige Bestimmungen erlassen. Zumindest die vermögensrechtlichen Ansprüche dieser Personengruppen ... müssten zusammenfassend geregelt werden".

Er hat daher nur die Vereinheitlichung der unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen als Zweck des Art. 131 betont. Demgegenüber hat der Abgeordnete Zinn sein Befremden darüber ausgesprochen (S. 3 des genannten Kurzprotokolls),

"daß die Fassung zu sehr auf Beamte abgestellt sei, wobei er die Frage dahingestellt lassen wolle, ob der persönliche Eid auf Hitler, den diese Beamten doch alle abgelegt hätten, das Reich bzw. den Bund überhaupt verpflichte, Außerdem vermisse er eine Vorschrift darüber, daß ein Anspruch auf Wiedereinstellung nicht bestehe. Die ersten Gerichtsurteile lägen schon vor, daß der betreffende entlassene Beamte in Anbetracht seines günstigen Entnazifizierungsbescheides Beamter geblieben sei; die Auswirkungen solcher Urteile auf die Bundes- und Länderfinanzen seien nicht ab zusehen."

Er stellt seine Ausführungen also gerade nicht auf die nach dem Zusammenbruch ergangenen landesrechtlichen Regelungen ab, sondern weist auf die Zweifelsfrage hin, wieweit der in Art. 131 erfasste Personenkreis überhaupt Rechtsansprüche habe; er bezweifelt solche Ansprüche, befürchtet aber nicht abzusehende Auswirkungen von Gerichtsurteilen, die solche Ansprüche bejahen. Er erwähnt also gerade nicht die Ansprüche aus den inzwischen - allerdings uneinheitlich - erfolgten landesrechtlichen Regelungen; seine Befürchtungen wegen der Auswirkung etwa ergehender Gerichtsurteile beziehen sich also nicht auf die Auslegung dieser seit 1945 ergangenen landesrechtlichen Regelungen, sondern allein auf die etwaige Bejahung von Ansprüchen ohne eine nach dem Zusammenbruch erfolgte gesetzliche Regelung. Wenn dann der Abgeordnete Höpker-Aschoff (S. 4 des genannten Protokolls) die Einfügung des Satzes 3 in Art. 131 anregt, um "untragbar erscheinende Auswirkungen inzwischen ergehender Urteile abwenden zu können", so kann sich das nur auf Urteile beziehen, die nicht auf Grund nach dem Zusammenbruch erlassener rechtlicher Regelungen ergangen sind. Nur soweit Ansprüche des hier fraglichen Personenkreises aus den beamtenrechtlichen Bestimmungen dar Zeit vor dem Zusammenbruch hergeleitet werden, sollte eine Rechtsprechung demnach verhindert werden. Das Berufungsgericht fasst also den Sinn des Art. 131 Satz 3 zu weit, wenn es ihn darin erblickt, daß jegliche Rechtsprechung über die Ansprüche des fraglichen Personenkreises einstweilen verhindert werden sollte. Soweit der Gesetzgeber - und zwar auch der Landesgesetzgeber - nach dem Zusammenbruch eine Regelung der zweifelhaft gewordenen Rechtsverhältnisse getroffen hatte, konnte eine inzwischen aufkommende Rechtsprechung die bundesrechtliche Regelung der Ansprüche kaum beeinträchtigen. Dagegen konnte eine Rechtsprechung, die ohne eine solche gesetzliche Regelung die Ansprüche der fraglichen Personenkreise bejahte, die demnächstige bundesrechtliche Regelung wesentlich erschweren, da dann dieser Regelung hätte entgegengehalten werden können, sie setze sich zu dieser Rechtsprechung ganz oder teilweise in Widerspruch und erkenne von dieser Rechtsprechung etwa zugebilligte Ansprüche nicht an. Diese zu befürchtende Gegensätzlichkeit zwischen Rechtsprechung und künftiger bundesrechtlicher Regelung würde umso bedenklicher sein, weil die nach dem Zusammenbruch aufgetretenen Zweifelsfragen über die Rechtsverhältnisse der Flüchtlings- und entnazifizierten Beamten in letzten politische Fragen sind und daher eine politische Gestaltung durch den Gesetzgeber verlangen und durch eine auslegende Rechtsprechung der für die völlig veränderten tatsächlichen Verhältnisse gar nicht mehr zutreffenden alten gesetzlichen Regelungen aus der Zeit vor dem Zusammenbruch in vielen Beziehungen kaum zu lösen sind (so insbesondere bezüglich der Flüchtlingsbeamten Bachof DRZ 1949, 555). Ist es aber der Sinn des Art. 131 Satz 3, die Lösung der durch den Zusammenbruch entstandenen Zweifelsfragen der politischen Gestaltung durch den Gesetzgeber vorzubehalten und nicht der auslegenden Rechtsprechung durch die Gerichte zu überlassen, so steht die Entstehungsgeschichte des Art. 131 keinesfalls einer Auslegung des Satzes 3 dahin entgegen, daß auch die nach dem Zusammenbruch, aber vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangenen landesrechtlichen Regelungen als "anderweitige landesrechtliche Regelungen" im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, und mithin Ansprüche aus ihnen trotz Satz 3 auch schon vor dem Erlaß des vorgesehenen Bundesgesetzes geltend gemacht werden können; denn auch bei dieser Auslegung wird die politische Gestaltungsfreiheit der Gesetzgebung durch die auslegende Rechtsprechung der Gerichte nicht eingeengt.

Auch die mehrfache Erwähnung der finanziellen Auswirkungen einer solchen unerwünschten Rechtsprechung, zu deren Ausschluß Satz 3 des Art. 131 vom Hauptausschuß eingefügt wurde, ergibt einen weiteren Anhaltspunkt dafür, daß auch vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangene landesrechtliche Regelungen die in Satz 3 angeordnete Unzulässigkeit der Geltendmachung von Ansprüchen beseitigen. Der Abgeordnete Zinn (S. 3 des genannten Protokolls) weist gerade auf die "nicht abzusehenden Auswirkungen etwa ergehender solche Ansprüche bejahender Urteile auf die Bundes- und Länderfinanzen" hin. Auch der Abgeordnete Dr. Menzel erörtert an der gleichen Stelle die finanzielle Auswirkung des Problems der Pensionslasten der Beamten, die noch keine Stellung gefunden haben, auf die Länderfinanzen. Zur Vermeidung solcher untragbar erscheinenden Auswirkungen inzwischen ergehender Urteile (vgl. S. 4 des genannten Protokolls), also gerade zur Vermeidung finanzieller Belastungen durch solche Urteile ist die Geltendmachung der Ansprüche einstweilen ausgeschlossen worden (KG DKZ 50, 413). Bedenken wegen untragbarer Belastung der Länderfinanzen können aber nur auftreten als Auswirkungen solcher Gerichtsurteile, die Rechtsansprüche ohne eine landesrechtliche Anerkennung bejahen (Bachof DRZ 1949, 555). Vor den Auswirkungen solcher Gerichtsurteile sollten der Bund, die Länder und die Gemeinden geschützt werden. Ein solcher Schutz war aber insoweit nicht erforderlich, als die Länder bereits selbst durch ihre Gesetzgebung eine Regelung als notwendig und eine Belastung, als tragbar anerkannt hatten (LAG Schleswig in Schl HA 1950, 23); denn landesgesetzliche Regelungen sind im Zweifel unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Länder erlassen werden (OVG Lüneburg DVerw Bl 1950, 407). Ein Grund, die Länder, vor den finanziellen Auswirkungen ihrer eigenen Gesetzgebung auf diesem Gebiet zu schützen, liegt daher nicht vor.

Ferner würde der Ausschluß der Geltendmachung solcher Ansprüche, die aus seit dem Zusammenbruch erfolgten landesrechtlichen Regelungen hergeleitet werden, einen schweren Eingriff in die Sphäre der Länder bedeuten. Er würde außerdem die von Art. 131 erfassten Personenkreise mindestens zeitweise um die Ansprüche bringen, die ihnen die landesrechtliche Regelung nach dem Zusammenbruch gegeben hat; es würde sich damit um eine konfiskatorische Maßregel handeln (Krüger NJW 1950, 162). Daß eine solche Regelung vom Gesetzgeber beabsichtigt, wäre, könnte nur bei völlig eindeutiger Fassung angenommen werden: eine ausdehnende Auslegung des Art. 131 würde nicht genügen, wäre auch nicht zulässig, da das Verbot der Geltendmachung von Ansprüchen des Art. 131 Satz 3 GrundG in seinen Auswirkungen eine Ausnahme von der grundsätzlichen Eröffnung des Rechtsweges für vermögensrechtliche Ansprüche der Beamten darstellt und deshalb eng auszulegen ist (Krüger NJW 1950, 162; Wahl ÖVerw 1949, 450, Wenzel ÖVerw 1949, 413; LAG Schleswig Schl HA 1950, 23 gegen Naumann DVerw 1949, 691).

Unter "anderweitiger landesrechtlicher Regelung" im Sinne des Art. 131 Satz 3 sind daher auch solche landesrechtlichen Regelungen der infolge des Zusammenbruchs zweifelhaft gewordenen Rechtsverhältnisse der fraglichen Personenkreise zu verstehen, die vor Erlaß des Grundgesetzes ergangen sind.

Dagegen ist die von Wenzel (Rechtsprobleme des Mitläufers und ÖVerw 1949, 413) vertretene Ansicht, schlechthin jede landesrechtliche Beamtengesetzgebung, also auch eine solche aus der Zeit vor dem Zusammenbruch, sei eine "anderweitige landesrechtliche Gesetzgebung" im Sinne des Satzes 3, dieser finde deshalb auf Landesbeamte überhaupt keine Anwendung, abzulehnen. Bereits aus den Protokollen (S. 2/3 der 40. Sitzung des Hauptausschusses des parlamentarischen Rates) ergibt sich, daß auch Landesbeamte mitumfasst werden sollten, da gerade auch die Verschiedenheit der landesgesetzlichen Regelungen beseitigt werden sollte (vgl. Bachof DRZ 1949, 553 und 555). Aber auch der Sinn des Satzes 3 steht einer so weiten Auslegung des landesrechtlichen Vorbehalts entgegen. Der Sinn dieses Satzes ist nämlich gerade. Auswirkungen solcher Urteile zu vermeiden, die etwa ohne eine landesrechtliche. Regelung der zweifelhaft gewordenen Ansprüche ergehen würden. Da die Ansprüche aber erst durch den Zusammenbruch zweifelhaft geworden sind, kann die Regelung dieser Schwierigkeit erst nach dem Zusammenbruch erfolgt sein. Mithin kann als "anderweitige landesrechtliche Regelung" im Sinne des Art. 131 nur ein später erlassenes Gesetz in Betracht kommen.

Es bedarf daher der Prüfung, ob im Lande Schleswig-Holstein die hier geltend gemachten Ansprüche nach dem Zusammenbruch durch ein Landesgesetz geregelt worden sind. Ist das zu bejahen, so können die Ansprüche trotz Art. 131 Satz 3 geltend gemacht werden. Aber auch wenn ohne ausdrückliche Regelung der hier eingeklagten Ansprüche etwa eine generelle Regelung von Rechtsverhältnissen entnazifizierter Beamter in Schleswig-Holstein erfolgt wäre, so könnte darin eine abschließende Regelung des Landesgesetzgebers bezüglich der gesamten Rechtsverhältnisse der entnazifizierten Beamten liegen, die das Verbot des Art. 131 Satz 3 auf Geltendmachung solcher Ansprüche beseitigt.

In Schleswig-Holstein sind zur Regelung der Rechtsverhältnisse der entnazifizierten Beamten zwei Gesetze ergangen: Das Gesetz zur Fortführung und zum Abschluß der Entnazifizierung vom 10. Februar 1948 (GVBl SchlH 1948, 39) sowie das Gesetz zur Sicherung der öffentlichen Finanzen auf dem Gebiete der persönlichen Ausgaben vom 21. Dezember 1948 (GVBl SchlH 1949, 39). Die Bedeutung dieser Gesetze ist im Rahmen der vorstehenden Erörterungen zu prüfen. Das angefochtene Urteil hat diese Prüfung nicht vorgenommen, weil es von der rechtsirrtümlichen Vorstellung ausgeht, das in Art. 131 Abs. 3 vorbehaltene Landesgesetz müsse den Rechtsweg für die fraglichen Ansprüche ausdrücklich eröffnen. Da das Urteil auf diesem Rechtsirrtum beruht, war es aufzuheben.

Der Senat könnte die allein noch ausstehende Überprüfung jener Landesgesetze im Rahmen der vorstehenden Erörterungen selbst vornehmen. Bei dieser Prüfung handelt es sich jedoch um die Auslegung nicht revisiblen Landesrechts. Der Senat überläßt deshalb gemäß §565 Abs. 4 ZPO die Prüfung dem Berufungsgericht in eigener Zuständigkeit, zumal hierbei unter Umständen auch die in anderen Verfahren bereits bezweifelte Rechtsgültigkeit des Gesetzes zur Sicherung der öffentlichen Finanzen vom 21. Dezember 1948 erforderlich werden wird und die dafür benötigten Unterlagen von dem Berufungsgericht infolge der räumlichen Verbundenheit mit dem Lande Schleswig-Holstein leichter beschafft werden können. Die Sache wird deshalb zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht wird in erster Linie zu prüfen haben, ob die eingeklagten Ansprüche trotz Art. 131 Abs. 3 GrundG infolge "anderweitiger landesrechtlicher Regelung" geltendgemacht werden können; erst bei Bejahung dieser Frage wird es in der Sache selbst zu entscheiden haben.

Da eine abschließende Entscheidung zurzeit noch nicht ergeht, hat das Berufungsgericht auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs mit zu entscheiden.