BGH, 14.07.1953 - V ZR 97/52

Daten
Fall: 
Eheliches Güterrecht. Gleichberechtigung
Fundstellen: 
BGHZ 10, 266; NJW 1953, 1342; MDR 1953, 605; MDR 1955, 605; DNotZ 1953, 595; DVBl 1953, 603; JR 1953, 379
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
14.07.1953
Aktenzeichen: 
V ZR 97/52
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG
  • OLG
Inhaltsverzeichnis 

Tenor:

Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Oldenburg vom 2. Mai 1952, soweit es die Erstbeklagte betrifft, und im Kostenpunkt aufgehoben. In diesem Umfange wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision der Klägerinnen zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Berufungsgericht übertragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Erstklägerin, deren Ehemann 1904 verstorben ist, lebte mit der am ... geborenen Zweitklägerin, ihrem einzigen in der in Betracht kommenden Zeit noch lebenden Kinde, in fortgesetzter Gütergemeinschaft. Zum Gesamtgut gehörte eine rund 7 ha große landwirtschaftliche Besitzung in O., F. straße ..., die nach Inkrafttreten des Reichserbhofgesetzes in die Erbhöferolle eingetragen wurde. Am 24. August 1939 schloss die Erstklägerin unter Zustimmung der Zweitklägerin mit ihrem Neffen Heinrich M., der damals 23 Jahre alt und Soldat war und von einer landwirtschaftlichen Besitzung stammte, dort aber nicht anerbenberechtigt war, einen Erbvertrag, durch den Heinrich M. zum Anerben eingesetzt wurde; als Grund für diese Maßnahme wurde in dem Erbvertrag angegeben, daß die Zweitklägerin (damals 38 Jahre alt) nicht in der Lage sei, den Hof nach dem Tode der Erstklägerin zu bewirtschaften; sie wisse, daß sie mit den Leuten nicht fertig werde und den Aufgaben, die mit einer Bewirtschaftung des Hofes verbunden seien, allein nicht gewachsen sei. Dieser Erbvertrag wurde anerbengerichtlich genehmigt. Durch Beschluss vom 19. Januar 1940 stellte das Anerbengericht Osnabrück jedoch fest, daß der Hof keine Erbhofeigenschaft habe. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig. Darauf schlossen die Klägerinnen mit Heinrich M. am 27. Dezember 1940 einen notariellen Übergabevertrag, durch den sie den Hof unter Hinweis auf die vorangegangene Einsetzung von Heinrich M. zum Anerben "schon jetzt" ihm übertrugen. Der Übernehmer verpflichtete sich, für die beiden Klägerinnen bis an ihr Lebensende zu sorgen, ihnen auch eine Kammer und eine Küche zu überlassen. Als Stichtag für die Übergabe wurde der 1. Januar 1941 vorgesehen. In Ziffer IV dieses Vertrages heisst es:

"Der Sinn dieses Übergabevertrages ist, die Erbfolge auf diese Weise bereits unter Lebenden zu regeln, da leibliche Erben für den Hof nicht in Frage kommen; ... denn die noch lebende Tochter Agnes M. will den Hof nicht übernehmen ... Gleichzeitig wird mit dieser Übergabe bezweckt, Mutter und Tochter M. für ihr Alter sicherzustellen."

Auf Grund der in Ziffer V des Vertrags erklärten Auflassung wurde Heinrich M. im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Er ist im Februar 1945 gefallen und von 11 Verwandten, darunter der Erstbeklagten, beerbt worden.

Am 13. April 1950 schlossen diese einen Erbauseinandersetzungsvertrag, durch den der Hof gegen Übernahme aller Verpflichtungen aus dem Übergabevertrag vom 27. Dezember 1940 der Erstbeklagten übertragen wurde. Die übrigen Miterben sollten in Geld abgefunden und die erforderlichen Mittel durch Verkauf einiger Hofgrundstücke beschafft werden. Die beiden Klägerinnen gaben in ihrer Eigenschaft als Altenteilsberechtigte die zum Verkauf bestimmten Grundstücke durch notariell beglaubigte Erklärung vom 8. März 1950 aus der Mithaft frei. Zu dem Verkauf kam es jedoch infolge des gegenwärtigen Rechtsstreits nicht. Nach Abschluss dieses Auseinandersetzungsvertrages begannen die beiden Beklagten, sich in die Bewirtschaftung des Hofes einzuschalten.

Die Klägerinnen halten die beiden Verträge vom 24. August 1939 und vom 27. Dezember 1940 für nichtig, da die an ihnen mitwirkende Zweitklägerin sich schon damals in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschliessenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden habe und infolgedessen nicht geschäftsfähig gewesen sei; die Nichtigkeit ihrer Erklärungen führe zur Nichtigkeit der ganzen Verträge. Weiter berufen sie sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage: Die Übergabe des Hofes an Heinrich M. habe auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis beruht, daher müsse der Hof nach seinem Tode wieder an die Klägerinnen zurückfallen. Sie stützen diesen Gedanken auch auf § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, da der mit der Übergabe bezweckte Erfolg, die Erbfolge bereits unter Lebenden zu regeln und den Hof als Ganzes zu erhalten, durch den vorzeitigen Tod des Übernehmers vereitelt worden sei. Schliesslich machen sie geltend, die beiden Beklagten erfüllten ihre Verpflichtungen aus dem Übergabevertrag nicht, die Versorgung der Klägerinnen werde vernachlässigt; sie verstünden von der Landwirtschaft nichts und gefährdeten den Fortbestand des Hofes und die Gesundheit der Zweitbeklagten. In letzter Linie tragen sie vor, der Übergabevertrag stelle eine Schenkung dar, die sie wegen groben Undanks des Beschenkten - nämlich jetzt der Beklagten - widerrufen könnten.

Auf Grund dieser Behauptungen haben die Klägerinnen die 11 Mit erben nach Heinrich M. auf Einwilligung in ihre Wiedereintragung im Grundbuch als Eigentümer verklagt und gegen alle ausser der Erstbeklagten Versäumnisurteil erwirkt. Die Erstbeklagte und ihr nachträglich noch mitverklagter Ehemann, der Zweitbeklagte, sind der Klage entgegengetreten. Sie haben die Behauptungen der Klägerinnen bestritten und vorsorglich ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Verwendungen auf den Hof geltend gemacht. Auf Grund eines Zwischenvergleichs haben die Klägerinnen sich bereit erklärt, zur Sicherung etwaiger Aufwendungsansprüche der Beklagten eine Sicherungshypothek über 5. 000 DM eintragen zu lassen. Dementsprechend haben sie den Antrag gestellt, die Erstbeklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Bewilligung einer Sicherungshypothek in Höhe von 5. 000 DM zu Gunsten der beiden Beklagten zu bewilligen, daß die Klägerinnen wieder als Eigentümer in fortgesetzter Gütergemeinschaft im Grundbuch eingetragen werden; gegenüber dem Zweitbeklagten geht der Antrag auf Verurteilung, diesen Erklärungen der Erstbeklagten zuzustimmen und die Zwangsvollstreckung in ihr eingebrachtes Gut zu dulden. Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten.

Auf Grund der im Armenrechtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere eines eingehenden fachärztlichen Gutachtens des Landesmedizinalrats Dr. Winninghoff über die Zweitklägerin gab das Landgericht der Klage statt. Die Berufung der Beklagten führte zur Abänderung dieses Urteils und zur Klageabweisung. Mit der Revision erstreben die Klägerinnen die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten haben gebeten, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten angezeigt, daß die Erstklägerin schon im April des Jahres 1953 verstorben sei. Von Seiten der Klägerinnen wurde eine Erklärung hierzu nicht abgegeben.

Gründe

I.

Der behauptete Tod der Erstklägerin hat auf das Verfahren keinen Einfluß. Da die Klägerinnen durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten waren, trat eine Unterbrechung nicht ein (§ 246 Abs. 1 ZPO); ein Aussetzungsantrag ist nicht gestellt. Auch zu einer Änderung der Parteibezeichnung im Kopf des Urteils bestand kein Anlaß; sie hätte vorausgesetzt, daß die Klagepartei der nach Schluß der mündlichen Verhandlung nachgebrachten Behauptung der Beklagten, die Erstklägerin sei verstorben, zugestimmt hätte. Das auf den Namen der Erstklägerin lautende Urteil würde im Falle ihres Todes nicht unwirksam sein, sondern ein Urteil für und gegen die Erben bedeuten (RG JW 1929, 1397).

II.

Das Berufungsgericht legt den Klagantrag dahin aus, daß die Klägerinnen in erster Linie die Berichtigung des Grundbuchs durch ihre Wiedereintragung als Eigentümerinnen, hilfsweise aber die Rückauflassung der zum Hof gehörigen Grundstücke anstreben. Diese Auffassung entspricht der Klagbegründung; die Revision hat hiergegen keine Einwendungen.

1)

Den im Vordergrund stehenden Berichtigungsanspruch hält das Berufungsgericht nicht für begründet, da die Klägerinnen nicht mehr Eigentümerinnen seien: Durch die in dem Übergabevertrag vom 27. Dezember 1940 erklärte Auflassung an Heinrich M. und dessen Eintragung als Eigentümer im Grundbuch sei das Eigentum an diesen übergegangen, die Klägerinnen hätten ihr Eigentum durch diese Vorgänge verloren. Anders wäre es nur, wenn diese Auflassung nichtig wäre. Da die Grundstücke zum Gesamtgut der zwischen den Klägerinnen bestehenden fortgesetzten Gütergemeinschaft gehörten, habe die Erstklägerin zu einer Verfügung hierüber der Zustimmung der Zweitklägerin bedurft (§ 1445 verb mit § 1487 BGB). Diese Zustimmung habe in der Form erklärt werden können, daß die Zweitklägerin neben der Erstklägerin an der Auflassungsverhandlung teilnahm, wie dies geschehen sei; die Nichtigkeit der Zustimmungserklärung der Zweitklägerin wegen Geschäftsunfähigkeit würde die Unwirksamkeit der Veräusserung zur Folge gehabt haben. Infolgedessen komme es darauf an, ob die Zweitklägerin bei Abschluss des Übergabevertrags geschäftsunfähig gewesen sei, wie die Klägerinnen behaupten.

Diesen Ausführungen ist beizutreten. Es mag allerdings zweifelhaft sein, ob die im Falle der Geschäftsunfähigkeit der Zweitklägerin nach § 105 Abs. 1 BGB eintretende Nichtigkeit ihrer Erklärung die Nichtigkeit des ganzen Übergabevertrags zur Folge gehabt hätte. Nach §§ 1445, 1448 in Verbindung mit § 1487 BGB musste die Erstklägerin als der überlebende Ehegatte die Auflassung vornehmen; die Zweitbeklagte brauchte hierzu nur ihre Einwilligung zu geben, die - abgesehen von der Formvorschrift des § 29 GBO - formlos erteilt werden konnte und insbesondere der Form der Auflassung nicht bedurfte (RGZ 152, 380). Fehlte eine wirksame Einwilligung, so konnte die Zweitklägerin die Verfügung der Erstklägerin durch nachträgliche Genehmigung wirksam machen und so den Mangel heilen (§ 1396 ff in Verbindung mit § 1448 BGB); bis dahin war die Verfügung schwebend unwirksam. Anders wäre es, wenn mit dem ersten Richter davon ausgegangen werden könnte, daß die Nichtigkeit der Erklärung der Zweitklägerin die Nichtigkeit des ganzen Geschäftes zur Folge hatte, wie nach § 139 BGB im Zweifel anzunehmen ist. Ob dies im vorliegenden Fall zutrifft, mag dahinstehen, denn eine Heilung durch nachträgliche Genehmigung kommt nicht in Betracht. Eine Bestätigung seitens der Zweitklägerin selbst, etwa durch die von ihr gemeinsam mit der Erstklägerin am 8. März 1950 erklärte Freigabe der nach dem Auseinandersetzungsvertrag der Miterben nach Heinrich M. zum Verkauf bestimmten Grundstücke von der Altenteilslast, scheidet aus; denn eine am 27. Dezember 1940 bestehende Geschäftsunfähigkeit würde im Zeitpunkt dieser Freigabeerklärung noch fortbestanden haben, eine, sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend, durch schlüssiges Verhalten erklärte Genehmigung seitens der Zweitklägerin also wiederum nichtig sein. Daß der für sie bestellte Pfleger den Übergabevertrag genehmigt hätte, ist nicht geltend gemacht; hierfür liegt auch nichts vor. Im Gegenteil hat der Pfleger dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerinnen im ersten Rechtszuge seinerseits Prozeßvollmacht erteilt und damit zu erkennen gegeben, daß er den Standpunkt der Klägerinnen billigt und die Genehmigung ablehnt.

2)

Während der erste Richter auf Grund der im Armenrechtsverfahren durchgeführten Erhebungen für bewiesen erachtet hatte, daß die Zweitklägerin bei Abschluss des Übergabevertrags geschäftsunfähig gewesen sei, hat das Berufungsgericht ohne weitere Beweiserhebungen den gegenteiligen Standpunkt eingenommen. Die Revision rügt Verletzung des materiellen Rechts, insbesondere des § 104 Nr. 2 BGB, und der Verfahrensvorschriften der §§ 286, 404 ZPO. Das Berufungsurteil führt aus:

Nach der Beweisaufnahme könne keinesfalls festgestellt werden, daß sich die Zweitklägerin bei Vertragsschluss in einem dauernden oder auch nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschliessenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Die eingeholten ärztlichen Gutachten seien vom Gericht frei zu würdigen; das Gericht sei insbesondere nicht an die rechtlichen Schlussfolgerungen gebunden, die die Ärzte aus ihren tatsächlichen Ermittlungen und dem ärztlichen Befund gezogen hatten. Nur die ermittelten Tatsachen könnten der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden, und diese obliege nicht den Sachverständigen, sondern nur dem Gericht. Von diesem Standpunkt aus erörtert das Berufungsgericht die einzelnen im Armenrechtsverfahren erhobenen oder von den Klägerinnen dort vorgelegten ärztlichen Gutachten. Das von den Klägerinnen eingereichte Gutachten des Nervenfacharztes Dr. M., der die Zweitklägerin einer kurzen Intelligenzprüfung unterzogen habe, bezeichne sie als hochgradig debil, sage aber nichts darüber, ob die von ihm festgestellte Geistesschwäche die freie Willensbestimmung ausschließe; seine Rechtsansicht, daß die Zweitklägerin "nicht geschäftsfähig im Sinne des Gesetzes" sei, sei daher nicht begründet. Das kurze Gutachten des Dr. H., der die Zweitklägerin für geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB erklärt habe, lasse nicht erkennen, welche Untersuchungsergebnisse zu dieser Rechtsansicht geführt hätten, auch sei dieser Arzt nicht Facharzt. Maßgebend müsse daher das eingehende Gutachten des Landesmedizinalrats Dr. W. sein. Dieser gehe aber bei der Beurteilung von irrigen rechtlichen Voraussetzungen aus. Er stelle letzten Endes darauf ab, ob die intellektuellen Fähigkeiten der Zweitklägerin ausgereicht hätten, um alles zu übersehen, was bei der Abfassung des wichtigen Übergabevertrages zu berücksichtigen gewesen sei, verneine das und gelange so zu der Beurteilung, daß die Klägerin für den Abschluss dieses Vertrages "partiell geschäftsunfähig" gewesen sei. Eine solche auf die rechtliche und wirtschaftliche Schwierigkeit des einzelnen Rechtsgeschäfts abstellende beschränkte Geschäftsunfähigkeit sei nicht anzuerkennen; es komme immer darauf an, ob die freie Willensbestimmung allgemein ausgeschlossen sei oder nicht. Nur in Bezug auf einzelne Lebensgebiete habe die Rechtsprechung eine Ausnahme zugelassen und eine partielle Geschäftsunfähigkeit anerkannt. In diesem Sinne sei aber die Zweitklägerin nach dem Gutachten W. nicht geschäftsunfähig und ihre freie Willensbestimmung nicht ausgeschlossen gewesen; die Exploration durch den Sachverständigen habe im Gegenteil nach der Überzeugung des Gerichts deutlich gezeigt, daß sie in allen mit dem Hof zusammenhängenden rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen und nicht nur mit Fragen rein handwerklicher Art gut Bescheid wisse, und daß ihr Denkvermögen und ihre Urteilsfähigkeit nicht unentwickelt seien.

Alle drei von den Vorinstanzen verwerteten Gutachten der ärztlichen Sachverständigen sind nicht im gegenwärtigen Rechtsstreit erhoben bezw. vorgelegt worden, sondern im Laufe des ihm vorangegangenen Armenrechtsverfahrens. Verfahrensrechtlich handelt es sich also nicht um Sachverständigen-, sondern um Urkundenbeweis (Stein-Jonas-Schönke § 286 Anm. III 4 a). Die Parteien haben dieser Verwertung nicht widersprochen, vielmehr zugestimmt, daß die ärztlichen Gutachten auch verfahrensrechtlich als solche behandelt werden. Da die Parteien unter den ärztlichen Beweismitteln frei wählen können, ist es ihnen auch überlassen, Sachverständigenbeweis durch Urkundenbeweis zu ersetzen (RGZ 46, 414); ein Verfahrensmangel liegt insoweit nicht vor. Die Revision ist auf diesen Punkt auch nicht eingegangen.

Die Freiheit des Gerichts bei der Würdigung der Beweise (§ 286 ZPO) erstreckt sich auf Sachverständigengutachten; der Richter ist daran nicht gebunden (RGZ 167, 272) und hat insbesondere nachzuprüfen, ob die von den Sachverständigen auf Grund ihrer besonderen Erfahrung und Sachkunde ermittelten Tatsachen die von ihnen daraus gezogenen Schlüsse rechtfertigen. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung ist es nicht ausgeschlossen, daß der Richter auch von den übereinstimmenden Ergebnissen mehrerer Gutachter abweicht. Insbesondere liegt es im Rahmen der freien Beweiswürdigung, ob durch Sachverständigengutachten die richterliche Überzeugung von der Wahrheit einer behaupteten Tatsache begründet werden kann oder nicht; das gilt auch für Gutachten ärztlicher Sachverständiger ( BGH NJW 1951, 566 [BGH 07.03.1951 - II ZR 67/50]). Es unterliegt daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht ausspricht, daß im vorliegenden Falle die im Ergebnis übereinstimmenden Gutachten aller drei gehörten Ärzte nicht genügen, den Beweis der Geschäftsunfähigkeit der Zweitklägerin bei Abschluss des Übergabevertrags vom 27. Dezember 1940 zu begründen. Allerdings muß das Gericht sich mit den vorhandenen Gutachten auseinandersetzen, die darin niedergelegten Ergebnisse der ärztlichen Exploration würdigen und zu der daran anknüpfenden Beurteilung der Sachverständigen Stellung nehmen. Im vorliegenden Fall ist das geschehen; das Berufungsgericht erörtert den Inhalt aller vorliegenden Gutachten eingehend und begründet, warum es der Ansicht der Sachverständigen nicht zu folgen vermag. Daß das Berufungsgericht davon abgesehen hat, die Sachverständigen oder doch einen von ihnen persönlich zu hören, begründet kein Verfahrensmangel, da dies in seinem Ermessen stand; die Parteien hatten auch einen dahingehenden Antrag nicht gestellt. Die Einstellung des Berufungsgerichts zu den Ausführungen der Grutachter ist um so mehr gerechtfertigt, als seine abweichende Ansicht weniger die medizinische Beurteilung der Zweitklägerin betrifft als die Anwendung von Rechtsbegriffen auf den Sachverhalt. Mit Recht vertritt das Berufungsgericht die Auffassung, daß für diese rechtliche Beurteilung die Ausführungen der Sachverständigen nur die Unterlage geben können, daß dagegen diese Beurteilung selbst allein dem Gericht obliegt.

Die Revision verkennt das nicht, meint aber, im vorliegenden Falle sei das Berufungsgericht verpflichtet gewesen, entsprechend dem Antrage der Klägerinnen ein Obergutachten einzuholen. Dies stehe zwar grundsätzlich im pflichtmässigen Ermessen. Das Berufungsgericht hätte aber diesen Antrag nur dann ablehnen dürfen, wenn es sich selbst die zur Beurteilung der Beweisfrage erforderliche Sachkunde zutraute. Im vorliegenden Falle bestünden Bedenken, ob es diese Sachkunde besessen habe. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht diesen Beweisantrag bescheiden und seine Ablehnung begründen müssen. Das sei nicht geschehen, und damit §§ 286, 404 ZPO verletzt.

Diese Rüge ist nicht begründet. Zwar ist anerkannt, daß trotz der grundsätzlichen Ermessensfreiheit des Gerichts bei der Zuziehung von Sachverständigen doch die Unterlassung derselben dann einen Verfahrensverstoß darstellt, wenn das Gericht die notwendige Sachkunde nicht besitzt und dies sich aus Mängeln seiner Darlegungen ergibt (Urteil des IV. Zivilsenats vom 12. April 1951, Lindenmaier-Möhring § 286 E Nr. 1; RG JW 1938, 391). Im vorliegenden Fall ergeben die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht, daß es die zur rechtlichen Würdigung der vorliegenden Gutachten notwendige Sachkunde nicht besessen hätte. Vor allem aber ist die Frage, ob überhaupt ein Sachverständiger zugezogen werden muß, von der anderen Frage zu unterscheiden, ob die vorhandenen Sachverständigengutachten durch ein Obergutachten überprüft werden müssen. Eine verfahrensrechtliche Pflicht hierzu kann höchstens ausnahmsweise, so bei besonders schwierigen Fragen oder bei groben Mängeln der vorhandenen Gutachten, anerkannt werden. Das gilt auch, wenn diese Gutachten nur als Urkundenbeweis anzusehen sind, aber die Parteien sie wie im Rechtsstreit erstattete Gutachten behandelt wissen wollen. Anlaß zur Einholung eines weiteren Gutachtens (Obergutachtens) im vorliegenden Fall war nicht gegeben. Das Gutachten des Dr. W. ist sehr sorgfältig und eingehend und liefert ausreichende Unterlagen zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit der Zweitklägerin. Daher bedeutet es keinen Ermessensmißbrauch, wenn das Berufungsgericht dem Antrag auf Erhebung eines Obergutachtens nicht entsprochen hat. Daß es diesen Beweisantrag nicht ausdrücklich beschieden hat, ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden.

3)

Die Revision greift die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die von dem Sachverständigen Dr. W. angenommene partielle Geschäftsunfähigkeit ablehnt, als rechtsirrtümlich an. Sie weist darauf hin, daß in der Rechtsprechung eine inhaltlich beschränkte Geschäftsunfähigkeit Anerkennung gefunden habe und hält es für durchaus möglich, daß ein Schwachsinniger zwar einfache Lebensvorgänge so weit zu beurteilen vermöge, daß für diesen Bereich ein die freie Willensbestimmung ausschliessender Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit verneint werden müsse, daß aber dessen ungeachtet für alle schwierigeren Geschäfte eine dauernde Störung der Geistestätigkeit im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB vorliegen könne. Der Abschluss eines Hofübergabevertrages müsse zu den besonders schwierigen Geschäften in diesem Sinne gerechnet werden.

Der Revision ist zuzugeben, daß der Gedanke einer beschränkten Geschäftsunfähigkeit in der Rechtsprechung anerkannt worden ist. Die einschlägigen Entscheidungen beziehen sich aber vornehmlich auf die Gebiete des Querulantenwahns, bei denen das Streben nach Schutz aller Beteiligten zur Verneinung der Geschäftsfähigkeit hinsichtlich des Lebensgebietes geführt hat, welches durch die krankhaften Vorstellungen getroffen wird (Erman, § 104 Anm. 2), und der krankhaften Eifersucht (Soergel § 104 Anm. 2 d, je mit weiteren Stellenangaben aus der Rechtsprechung). In dieser Richtung geht auch die Entscheidung RGZ 162, 223, wo infolge krankhafter geistiger Störungen Willensunfreiheit hinsichtlich Ehe, Ehescheidung und Wiederverheiratung und allen damit zusammenhangenden Fragen in Erwägung gezogen wurde. Abgesehen von diesen hier nicht in Betracht kommenden Sondertatbeständen ist die Rechtsprechung in der Anerkennung einer partiellen Geschäftsunfähigkeit sehr zurückhaltend gewesen. Nach § 104 Nr. 2 BGB sind für die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit nicht so sehr die Fähigkeiten des Verstandes ausschlaggebend als die Freiheit des Willensentschlusses. Es kommt darauf an, ob eine freie Entscheidung auf Grund einer Abwägung des Für und Wider, eine sachliche Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist, oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil der Betroffene fremden Willenseinflüssen unterliegt, oder die Willenserklärung durch unkontrollierte Triebe und Vorstellungen ähnlich einer mechanischen Verknüpfung von Ursache und Wirkung ausgelöst wird (RGZ 103, 400; 130, 69). Ein solcher Ausschluss der freien Willensbestimmung wird seiner Natur nach regelmässig die ganze Persönlichkeit ergreifen und abgesehen von den oben erwähnten Sonderfällen nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt bleiben. Eine auf besonders schwierige Geschäfte beschränkte Geschäftsunfähigkeit kann daher grundsätzlich nicht anerkannt werden. Demzufolge hat die Rechtsprechung sich durchweg auf den Standpunkt gestellt, daß das bloße Unvermögen, die Tragweite einer Willenserklärung zu erfassen, die Anwendung des § 104 Nr. 2 BGB nicht begründen könne (RG Warn 1911, 164; OGHZ 2, 45 [54]; 4, 66 [70 ff] und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Entscheidung des Reichsgerichts JW 1938, 1590, die in vorsichtiger Form ausspricht, daß eine auf nicht alltägliche Geschäfte beschränkte Geschäftsunfähigkeit anerkannt werden könne, und auf die die Revision sich beruft, ist vereinzelt geblieben, und der Senat vermag ihr nicht zu folgen. Zutreffend weist das Berufungsurteil darauf hin, daß der von der Revision vertretene Standpunkt eine große Rechtsunsicherheit zur Folge haben müsse; wenn die Geschäftsfähigkeit einer Person je nach der Schwierigkeit des von ihm vorgenommenen Geschäftes beurteilt werden müsste, wäre jede klare Abgrenzung unmöglich und in zahlreichen Fällen die Entscheidung über die Gültigkeit einer Erklärung davon abhängig, welches Maß von Schwierigkeiten dem einzelnen Geschäft beigemessen und welches Maß von Einsicht dem Erklärenden zugebilligt werden will. Damit wäre der Frage der intellektuellen Fähigkeiten entscheidende Bedeutung zuerkannt, was mit dem in § 104 Nr. 2 BGB zum Ausdruck gelangten Willen des Gesetzes nicht vereinbar ist. Ein bloßes Versagen der intellektuellen Fähigkeiten würde unter den Begriff der Geistesschwäche zu bringen sein; zum Schutze des Geistesschwachen dient die Entmündigung (§ 6 Abs. 1), die den Entmündigten hinsichtlich seiner Geschäftsfähigkeit einem Minderjährigen gleichstellt, der das siebente Lebensjahr vollendet hat (§ 114 BGB) und damit ihm eine beschränkte Geschäftsfähigkeit beläßt. Nur wenn das Versagen des Intellekts so weit geht, daß von einer selbständigen freien Willensentscheidung nicht mehr gesprochen werden kann, reicht es aus, eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB anzunehmen, die dann aber das gesamte Handeln der betroffenen Person beeinflusst und eine nur partielle Geschäftsunfähigkeit nicht zulässt. Der in dem Berufungsurteil ausgesprochenen Rechtsauffassung ist daher beizutreten.

4)

In ihrem Schriftsatz vom 19. März 1952 (Bl 223 f GA) hatten die Klägerinnen eine Reihe von Zeugen, darunter den früheren Ehemann der Zweitklägerin, namhaft gemacht, die bei der Zweitklägerin eine seit langem bestehende hochgradige Geistesschwäche und neuerdings aufgetretene schwere geistige Störungen (Tobsuchtsanfalle, Wahnvorstellungen) bekunden sollten. Das Berufungsgericht ist diesen Beweisanträgen nicht nachgegangen. Soweit es sich um die behauptete Geistesschwäche der Zweitklägerin handelt, hat es dies damit begründet, daß in das Wissen der Zeugen nicht Tatsachen, sondern Werturteile gestellt worden seien, für die Zeugen kein geeignetes Beweismittel seien. Insoweit hat die Revision keine Einwendungen erhoben. Soweit es sich um das Auftreten schwerer geistiger Störungen in den letzten Jahren handelt, hat das Berufungsgericht die Ablehnung der Beweisanträge der Klägerin damit begründet, daß sie trotz Aufforderung in der Schlußverhandlung nicht hinreichend substantiiert hätten, wann, in welcher Form, und wie oft derartige Störungen - Tobsuchtsanfälle und Wahnvorstellungen - aufgetreten seien, insbesondere ob dies auch schon in den Jahren 1939/1940 der Fall gewesen sei, daher sei das Gericht nicht in der Lage, aus etwaigen Bekundungen Schlüsse auf die Geschäftsfähigkeit der Zweitklägerin zur Zeit des Vertragsschlusses zu ziehen.

Diese Begründung beanstandet die Revision mit Recht. Die Klägerinnen hatten behauptet:

a
seit Jahren bekomme die Zweitklägerin Tobsuchtsanfalle, bedrohe ihre Mutter und führe wirre Reden. Vor einigen Monaten sei sie bis nachts 12 Uhr allein im Stall gesessen, wobei sie Verwünschungen ausgestossen und wirr daher geredet habe.

b
Die Zweitklägerin habe öfters erklärt, daß sie scheintot gewesen sei. Sie wolle in der Leichenhalle der J. kirche zusammen mit einem vor einigen Jahren verstorbenen Sohn des Händlers Le. gelegen haben. Diese Wahnideen habe sie schon seit Jahren.

c
In ihren wirren Reden spielten die Bischöfe und Pastoren eine besondere Rolle. Sie habe in der Nachbarschaft erzählt, man habe ihr einmal in der Kirche den Schlüpfer ausgezogen.

Wenn das Berufungsgericht diese Behauptungen nicht für hinreichend substantiiert erachtet, so bedeutet das eine Überspannung der in dieser Hinsicht zulässigen Anforderungen. Unzulässig ist ein Ausforschungsbeweis, bei dem der Beweisantritt erst dazu dienen soll, beweiserhebliche Tatsachen als Grundlage für neue Behauptungen zu gewinnen, bei denen also tatsächliche Unterlagen für schlüssige Behauptungen fehlen. Um einen solchen Ausforschungsbeweis handelt es sich nicht. Umgekehrt muss die Zergliederung und Präzisierung der Behauptungen soweit gehen, daß sie sich auf bestimmte Tatsachen beziehen, und diese Tatsachen müssen soweit bestimmt sein, daß sie für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts erheblich sein können. Eine weitergehende Substantiierung zu verlangen besteht kein Anlaß. Im vorliegenden Falle kommt es darauf an, ob die unter Beweis gestellten Tatsachen so weit präzisiert sind, daß sie im Falle ihrer Bestätigung durch die beantragte Beweisaufnahme für das Urteil eines Sachverständigen Bedeutung haben können. Für die oben wiedergegebenen Behauptungen der Klägerinnen kann dies nicht verneint werden. Diese Rüge ist daher begründet; das Berufungsgericht hätte den Beweisanträgen entsprechen und die benannten Zeugen, und zwar tunlichst in Anwesenheit eines Sachverständigen, vernehmen müssen. Der Rechtsstreit war daher hinsichtlich des Hauptantrags auf Bewilligung der Grundbuchberichtigung gegen die Erstbeklagte unter Aufhebung des Berufungsurteils zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Diesem bleibt es überlassen, ob es nicht auch die Akten über die Scheidung der Ehe der Zweitklägerin beiziehen oder, falls diese nicht mehr zu erhalten sein sollten, Abschriften der in jenem Verfahren ergangenen Urteile sich vorlegen lassen, und weiter für den Fall genauer Beweisantritte auch den früheren Ehemann der Zweitklägerin als Zeugen vernehmen will.

III.

Sollte das Berufungsgericht erneut zu einer Abweisung des Hauptantrags gelangen, so würde es weiter darauf ankommen, ob nicht der Hilfsantrag der Klägerinnen auf Rückübereignung begründet ist. Den Ausführungen des Berufungsurteils kann jedoch insoweit gefolgt werden.

Das Berufungsgericht prüft zunächst, ob nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz des BGB (Nichteintritt des mit einer Leistung bezweckten Erfolges) ein solcher Anspruch sich ergibt. Als Zweck des Übergabevertrages sieht das Berufungsgericht die Regelung der Erbfolge schon zu Lebzeiten der Klägerinnen an, wie das Ziffer IV des Vertrages erkennen lasse. Die Ansicht der Klägerinnen, durch den Tod des Heinrich M. sei dieser Vertragszweck vereitelt worden, hält das Berufungsgericht für irrig. Ein Übergabevertrag diene regelmässig einer vorweggenommenen Regelung der Erbfolge. Dabei bestehe immer die Möglichkeit, daß der Übernehmer mit oder ohne Hinterlassung von Abkömmlingen früher sterbe als erwartet. Gewöhnlich werde davon ausgegangen, daß in einem solchen Falle seine Erben an seine Stelle treten, und das entspreche der gesetzlichen Regelung (§ 1922 BGB). Eine abweichende Vereinbarung sei nicht getroffen. Sie könne nicht dadurch ersetzt werden, daß Heinrich Meyer Bekannten gegenüber geäussert haben möge, wenn er falle, sollten die Klägerinnen den Hof zurückbekommen; eine solche Bemerkung lasse keinen Schluss darauf zu, daß eine solche Willenseinigung zwischen den Vertragsparteien bestanden habe.

Die Revision hat gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Sie sind auch, mindestens im Ergebnis, zutreffend. Dem Vertrage selbst ist ein Heimfallanspruch der Klägerinnen beim Tode des Übernehmers nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht legt den Vertrag auch so aus; da es sich nicht um einen typischen Vertrag handelt, ist das Revisionsgericht nur beschränkt in der Lage, diese Auslegung nachzuprüfen. Bedenken gegen diese Auslegung bestehen nicht, insbesondere entspricht sie dem Wortlaut. - Die weiteren von den Klägerinnen vorgebrachten Gesichtspunkte führen zu keinem anderen Ergebnis. Als "Leistung" im Sinne des § 812 BGB kommt nicht der schuldrechtliche Vertrag, sondern nur die Auflassung in Betracht. Ihr Zweck war die Erfüllung des schuldrechtlichen Übergabevertrags; eine Rückforderung der Auflassung unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung könnte nur begründet sein, wenn das schuldrechtliche Geschäft durch den Tod des Übernehmers hinfällig geworden wäre. In diesem Falle würde zwar nicht § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz, zur Anwendung kommen, wie das Berufungsgericht annimmt, sondern der Halbsatz 1 dieser Bestimmung (Wegfall des Rechtsgrundes der Leistung). Dem Berufungsgericht ist aber darin beizutreten, daß der Bestand des schuldrechtlichen Geschäfts durch den Tod des Übernehmers nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Eine vertragliche Bestimmung, daß im Falle eines frühen Todes des Übernehmers, insbesondere während der Dauer seines ledigen Standes, das Anwesen an die Klägerinnen zurückfallen solle, ist, wie ausgeführt, in dem Vertrage nicht enthalten. Allerdings beruht der Übergabevertrag in der Regel auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Übergeber und Übernehmer, dessen charakterliche Zuverlässigkeit und landwirtschaftliche Tüchtigkeit die beste Sicherung der Altersversorgung des Übergebers und Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenwohnen von Übergeber und Übernehmer auf dem Hofe ist. Die Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts hat unter der Geltung des Reichserbhofgesetzes Anlaß zu eingehenden Erörterungen gegeben darüber, ob der Tod des Übernehmers während des Genehmigungsverfahrens nach § 37 Abs. 2 REG den Übergabevertrag gegenstandslos macht. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichserbhofgerichts (REHG Entsch 7, 171; 9, 300) hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß der Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem Erbhof auf Grund eines Übergabevertrags sich auf den Erben des Übernehmers vererbe, wenn es auch einer zusätzlichen Genehmigung zur Übertragung an diesen Erben des Erwerbers bedürfe (Vogels, Reichserbhofgesetz 4. Aufl. Anm. 176 zu § 37 REG; Wöhrmann, Reichserbhofgesetz, 3. Aufl. Anm. 166 zu § 37 REG; Baumecker, 4. Aufl. Anm. 240 zu § 37 REG). Dieselbe Frage ist für das Höferecht der Britischen Zone aufgetreten; sie ist dort im selben Sinne beurteilt worden (OLG Hamm bei Kollmeyer 1, 158; OGHZ 2, 176; BGH RdLandw 1951, 242 mit Anmerkung von Schulte, ebenso die Entscheidungen des erkennenden Senats als Senat für Landwirtschaftssachen vom 8. April 1952 V Blw 56/51 und vom 4. November 1952 V Blw 51/52; Wöhrmann, Landwirtschaftsrecht, Anm. VI 7 zu § 17 HöfeO; abweichend Lange-Wulff 3. Aufl Bemerkungen 57 und 242). Hierbei handelte es sich aber stets nur darum, ob Übergabeverträge, die wegen Fehlens der erforderlichen Genehmigung oder der Auflassung oder wenigstens der Eintragung des Übernehmers im Grundbuch noch nicht vollzogen sind, nach dem Tode des Übernehmers noch durchgeführt werden können. Anders liegt der hier zu entscheidende Fall, in dem noch zu Lebzeiten des Übernehmers Genehmigung, Auflassung und Eintragung vollzogen worden sind. Es könnte nur in Frage kommen, ob der Übergabevertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage hinfällig geworden öder ein Rücktritt der Klägerinnen unter diesem Gesichtspunkt möglich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, welcher der Bundesgerichtshof gefolgt ist, besteht die Geschäftsgrundlage eines Vertrages in den bei seinem Abschluss zu Tage getretenen Vorstellungen beider Teile oder den von dem Vertragsgegner erkannten und nicht beanstandeten Vorstellungen einer Vertragspartei über das Vorhandensein oder den künftigen Eintritt oder Nichteintritt von Umständen, auf denen sich der Geschäftswille der Parteien aufbaut. Geschäftsgrundlage in diesem Sinne kann das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Übergeber und Übernehmer unter Umständen sein. Dagegen lässt sich nicht ohne weiteres sagen, daß eine bestimmte Lebensdauer des Übernehmers nach Vollzug des Übergabevertrags eine gemeinsame Vorstellung der Vertragsschliessenden oder wenigstens eine dem Übernehmer erkennbare und von ihm nicht beanstandete Vorstellung der Übergeber sei. Die Vertragsschliessenden mögen im vorliegenden Falle eine längere Lebensdauer des Übernehmers erhofft und erwartet haben; daß ihr Wille zum Vertragsschluss auf dieser Erwartung beruhte und davon abhängig war, daß diese Erwartung nicht enttäuscht werde, kann nicht angenommen werden. Im vorliegenden Falle kommt besonders in Betracht, daß nach dem eigenen Vortrage der Klägerinnen in dem Verfahren über eine von ihnen beantragte einstweilige Verfügung (4 Q 26/50, Bl 1 Rs) die Übergabe des Hofes durch den "Druck der Erbhofgesetzgebung" veranlasst wurde, da "Bestrebungen im Gange waren, die Klägerinnen bei Lebzeiten abzumaiern." Hinzuweisen ist weiter darauf, daß der Vertrag am 27. Dezember 1940, also mitten im Kriege, geschlossen worden ist, und daß der Übernehmer Heinrich M. damals Soldat, sein Leben also besonders gefährdet war. Andererseits ist bei einem Übergabevertrag nie vorauszusehen, ob der Übernehmer nicht heiratet und gerade für diesen Fall den Hof als Existenzsicherung für seine Angehörigen benötigt. Als Geschäftsgrundlage lässt sich daher die Hoffnung der Parteien, daß Heinrich M. den Krieg unversehrt überstehen müge, nicht ansehen. Um diese Annahme zu begründen, hätten besondere Umstände vorgetragen werden müssen. Daran fehlt es.

Mit Recht führt das Berufungsgericht weiter aus, die von den Klägerinnen behauptete Nichterfüllung des Übergabevertrages, insbesondere der Altenteilsverpflichtungen seitens der Beklagten, könne ein Rücktrittsrecht nicht begründen, da Artikel 15 §§ 7, 8 PrAGBGB für solche Fälle ein Rücktrittsrecht ausschliesse. Beizutreten ist dem Berufungsurteil auch darin, daß die Klägerinnen sich nicht auf das Recht des Schenkers zum Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks des Beschenkten (§ 530 BGB) stützen können. Dabei mag dahinstehen, ob ein Übergabevertrag überhaupt oder wenigstens der vorliegende Übergabevertrag vom 27. Dezember 1940 eine Schenkung im Sinne der §§ 516 ff BGB enthält; denn nach § 532 Satz 2 BGB ist der Widerruf einer Schenkung nach dem Tode des Beschenkten ausgeschlossen, er kann also den Beklagten gegenüber nicht mehr geltend gemacht werden. Die Revision ist auf diese Punkte nicht zurückgekommen.

IV.

1)

Einer besonderen Prüfung bedarf noch der gegen den Zweitbeklagten erhobene Anspruch auf Zustimmung zu den von der Erstbeklagten geforderten Erklärungen und auf Duldung der Zwangsvollstreckung in deren eingebrachtes Gut. Der erste Richter hat diesem Antrag auf Grund von § 1395 BGB, § 739 ZPO entsprochen. Im Berufungsverfahren haben die beiden Beklagten eingewandt, aus diesen Bestimmungen ergebe sich eine Pflicht des Zweitbeklagten, seine Zustimmung zu erteilen, nicht.

Daß die beklagten Eheleute im gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuches leben, haben die Vorinstanzen nicht ausdrücklich festgestellt. Die Klägerinnen haben dies aber behauptet, und die Beklagten haben es nach der Art ihrer Verteidigung offenbar nicht in Abrede stellen wollen; abgesehen davon wird bei jeder Ehe das Bestehen des gesetzlichen Güterstandes angenommen, solange nicht ein anderer Güterstand behauptet ist (RGZ 127, 110 [114]). Daher ist mit dem ersten Richter davon auszugehen, daß die Beklagten im gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuches, der Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes am eingebrachten Gut der Ehefrau, lebten. Nach diesem Güterstand würde der der Erstbeklagten zustehende Anteil an dem der Erbengemeinschaft nach Heinrich Meyer zur Gesamthand zustehenden Eigentum an dem Hof zu ihrem eingebrachten Gut gehört haben; daß er etwa Vorbehaltsgut geworden wäre, ist nicht geltend gemacht, ein Grund dafür auch nicht erkennbar. Ungeachtet des Rechtes des Ehemanns auf Verwaltung und Nutznießung konnten jedoch die Gläubiger der Erstbeklagten Befriedigung aus dem eingebrachten Gut verlangen; einer der Ausnahmetatbestände der §§ 1412 bis 1414 BGB kommt nicht in Betracht, da der Zweitbeklagte dem Auseinandersetzungsvertrag vom 13. April 1950 zugestimmt hat. Um ihren Anspruch in das eingebrachte Gut zu vollstrecken, konnten die Klägerinnen den Zweitbeklagten auf Duldung der Zwangsvollstreckung - nicht allerdings, wie die Vorinstanzen angenommen haben, auch auf Zustimmung zu den von der Erstbeklagten geforderten Erklärungen - in Anspruch nehmen. Da der Erfolg des Duldungsantrags gegen den Zweitbeklagten davon abhing, ob die in das eingebrachte Gut zu vollstreckenden Ansprüche gegen die Erstbeklagte bestanden, hätte nach dem bisher geltenden Recht die Sache auch insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden müssen.

2)

Mit Ablauf des 31. März 1953, also während des Revisionsverfahrens, hat das gesetzliche Güterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches einschneidende Änderungen erfahren. Nach Art. 3 Abs. 2 GrundG sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Entgegenstehendes Recht blieb nach der Übergangsvorschrift des Art. 117 Abs. 1 GrundG einstweilen in Kraft, aber nicht länger als bis zum 31. März 1953. Eine Anpassung des dem Grundsatz der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter widersprechenden Rechts durch Gesetz ist nicht zustande gekommen; der Bundestag hat den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf nicht mehr verabschiedet, aber auch eine Verlängerung der in Art. 117 Abs. 1 GrundG für die Fortgeltung entgegenstehenden Rechts gesetzten Frist abgelehnt. Infolgedessen ist das bisher geltende Recht, soweit es dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau, wie er in Art. 3 Abs. 2 GrundG niedergelegt ist, widerspricht, seit dem 1. April 1953 außer Kraft. Daß diese Rechtsfolge eingetreten ist, ist die überwiegende Ansicht des Schrifttums: Wemicke, Bonner Korn Art. 3 Anm. I 2 b; Mangoldt, Bonner GrundG Art. 3 Anm. 4; Maßfeller, Das neue Familienrecht Einf S 7; derselbe in Betrieb 1953, 268 und 290; Hagemeyer, Finke, Breetzke NJW 1953, 601; Breetzke NJW 1953, 734; Heinicke NJW 1953, 681; Arnold, Krüger, Scheffler DRZ 1953, 81ff; Finke BB 1953, 271; Patschke BB 1953, 402 und 490; Dölle JZ 1953, 353; Zweigert JZ 1953, 248; Arnold, Anwaltsblatt, Sonderbeilage zu 10, 1953, Knur, DNotZ 1953, 345; Hedemann JR 1953, 197; Hoffmann ebenda 199 mit Angabe weiterer Fundstellen aus dem Schrifttum; Denkschrift des Bundesjustizministeriums über die zur Anpassung des geltenden Familienrechts an den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau erforderlichen Gesetzesbestimmungen, Teil I S 4/5; amtliche Begründung des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucksache Nr. 3802, Vorbem S 40; Bedenken äußern Canter NJW 1953, 850; Stroetzel NJW 1953, 891; ablehnend Schneider NJW 1953, 889; Innerlohner DNotZ 1953, 308. Auch die Rechtsprechung hat sich überwiegend diesem Standpunkt angeschlossen (vgl. vor allem die in NJW 1953, 903/910 [OLG Bamberg 07.05.1953 - 1 W 132/53] veröffentlichten Entscheidungen). Gesetzeslücken, die infolge des ersatzlosen Außerkrafttretens der Bestimmungen, die dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, entstehen, müssen, wie ebenfalls im Schrifttum so gut wie ausnahmslos angenommen wird, durch die Rechtsprechung ausgefüllt werden, solange der Gesetzgeber noch nicht eingegriffen hat. Es muß daher im vorliegenden Falle geprüft werden, wieweit die bisher geltenden Vorschriften, auf denen der Duldungsanspruch gegen den Zweitbeklagten beruhte, mit Art. 3 Abs. 2 GrundG noch vereinbar sind, und gegebenenfalls weiter, welcher Rechtszustand jetzt besteht.

Die Auffassung, daß mit Ablauf des 31. März 1953 das eheliche Güterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs außer Kraft getreten ist, soweit es mit dem Gleichheitssatz in Widerspruch steht, ist im Schrifttum, vor allem aber in der Rechtsprechung auf Widerspruch gestoßen.

Als erstes hat das Landgericht Gießen in einem Beschluß vom 18. April 1953 (NJW 1953 S 666) ausgesprochen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau nach Art. 3 Abs. 2 GrundG sei ein politischer und kein Rechtsbegriff. Rechtsbegriff könnte nur eine vom Gesetzgeber durch Gesetz inhaltlich normierte Gleichberechtigung von Mann und Frau im Familienrecht sein. Diese Eigenschaft habe der Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 2 des GrundG nicht. Mit einem nur politischen Begriff könne ein Rechtssatz nicht in Widerspruch stehen; infolgedessen gebe es der Gleichberechtigung "entgegenstehendes" Recht im Sinne des Art. 117 Abs. 1 GrundG überhaupt nicht, und habe diese Bestimmung nur politische, nicht aber rechtliche. Bedeutung. Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen. Sie verkennen, daß politische Begriffe zu Rechtsbegriffen werden können, und daß sie, um wirkliche Bedeutung im Leben des Volkes zu gewinnen, zu Rechtsbegriffen werden müssen; politischer Begriff und Rechtsbegriff schließen sich nicht gegenseitig aus. Der Beschluß des Landgerichts Gießen verkennt aber auch die Bedeutung der erwähnten Bestimmungen des Grundgesetzes. Mag der Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes, für sich allein betrachtet, vielleicht die Auslegung zulassen, daß es sich um eine nur an den Gesetzgeber gerichtete politische Forderung, bis zu seinem Eingreifen also nur um einen Programmsatz ohne unmittelbare Rechtsgeltung handle, so stehen dem doch sowohl die Entstehungsgeschichte und Art. 1 Satz 3 GrundG wie vor allem Art. 117 Abs. 1 des Grundgesetzes entgegen (so Reinicke NJW 1953, 681; OLG Bamberg NJW 1953, 904). Wenn Art. 117 Abs. 1 des GrundG bestimmt, daß dem Gleichheitsgrundsatz entgegenstehendes Recht für eine Übergangszeit, jedoch nicht länger als bis zum Ablauf des 31. März 1953 in Kraft bleibt, so wird damit zugleich ausgesprochen, daß solches Recht mit diesem Zeitpunkt außer Kraft treten soll; das Grundgesetz ordnet also eine Rechtsänderung für einen bestimmten Zeitpunkt an und setzt eine das in diesem Zeitpunkt geltende Recht abändernde Verfassungsnorm, der nicht nur politische, sondern rechtliche Bedeutung zukommt.

Daß der Wille des Grundgesetzes dahin ging, seinem Art. 117 Abs. 1 nicht nur politische, sondern rechtliche Wirksamkeit zu verleihen, bestätigt die Entstehungsgeschichte der genannten Bestimmungen (vgl. Jahrbuch des öffentlichen Rechts Neue Folge Bd. 1 S 67 ff, S 827 f). Richtig ist, daß bei der Beratung dieser Bestimmungen im Parlamentarischen Rat die Erwartung bestand, die in Art. 117 Abs. 1 gesetzte Frist von annähernd 4 Jahren werde ausreichen, die notwendigen Gesetzesänderungen zu beschließen, und daß diese Fristbestimmung in erster Linie ein Druckmittel auf den Gesetzgeber sein sollte, sich rechtzeitig mit der Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf dem Gebiet des Familienrechts zu befassen (Abgeordneter Zinn, Verhandlungen des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates 1948/49 S 487 ff; Jahrbuch des öffentlichen Rechts a.a.O. S 828). Denn, wie das Oberlandesgericht. Frankfurt in dem sogleich zu besprechenden Beschluß vom 22. April 1953 (NJW 746 f) zutreffend ausführt, der in der Fristsetzung liegende Druck auf den Gesetzgeber war ernstlich gewollt, da, wie in den Verhandlungen des Hauptausschusses a.a.O. geltend gemacht wurde, Gefahr bestand, daß andernfalls eine Anweisung an den Gesetzgeber "graue Theorie" bleibe, und der Zweck der Frist war gerade der, für den Fall, daß die gesetzgeberischen Arbeiten nicht rechtzeitig zu einem Ergebnis führen sollten, die Rechtsgleichheit von Mann und Frau auf alle Fälle zu gewährleisten. Art. 117 Abs. 1 GrundG sollte daher für den Fall, daß eine Abänderung des geltenden Rechts durch Gesetz nicht bis zu dem festgesetzten Zeitpunkt zustande kommen sollte, unmittelbar anzuwendendes Recht sein. Eine nur politische, nicht auch rechtliche Wirkung der genannten Bestimmung hätte den von den Verfassern des Grundgesetzes beabsichtigten Erfolg, die für notwendig gehaltenen gesetzgeberischen Maßnahmen zu erzwingen, nicht haben können. Umgekehrt wollten die Verfasser des Grundgesetzes sicherstellen, daß spätestens am 1. April 1953 die für dringend notwendig gehaltene Gleichberechtigung der Geschlechter tatsächlich durchgeführt werde. Dabei wurde die Gefahr bewußt in Kauf genommen, daß beim Scheitern der notwendigen Gesetzesänderungen bis zur Klärung der Zweifelsfragen durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung der Gerichte eine weitgehende Rechtsunsicherheit eintreten könne.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat dies in dem erwähnten Beschlusse richtig erkannt, aber daraus den Schluß gezogen, Art. 117 Abs. 1 GrundG sei wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht höherer Ordnung nichtig, soweit mit Ablauf der darin gesetzten Frist Teile des geltenden Rechts auf dem Gebiet von Ehe und Familie außer Kraft gesetzt werden sollten. Das Oberlandesgericht Frankfurt, dem Schneider NJW 1953, 889 weithin folgt, sieht einen solchen Verstoß in doppelter Hinsicht.

Einmal wird geltend gemacht, der ersatzlose Wegfall eines großen Teiles der familienrechtlichen Bestimmung des Bürgerlichen Gesetzbuchs müsse zu einer tiefgreifenden Rechtsunsicherheit führen, die durch die Rechtsprechung nur nach längerer Zeit und nur unvollkommen beseitigt werden könne. Die Rechtssicherheit gehöre zu den obersten Zielsetzungen des Rechtsstaates; ihre. Erhaltung sei ein ungeschriebenes Gebot des Grundgesetzes, und zwar ein solches von höchstem Rang. Diesem Gebote könne der Richter nur dadurch gerecht werden, daß er den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bis zu ihrer Anpassung an Art. 3 Abs. 2 GrundG durch den Gesetzgeber unveränderte Weitergeltung zubillige und der in Art. 117 Abs. 1 GrundG gesetzten Frist ihre rechtsändernde Kraft abspreche. Das entspreche auch den Vorstellungen der Verfasser des Grundgesetzes, die mit Sicherheit erwartet hätten, der Gesetzgeber werde rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen treffen, und die das im andern Falle vorausgesehene Rechtschaos nicht ernstlich gewollt hätten.

Zum andern wird ausgeführt, die angeführten Bestimmungen des Grundgesetzes verletzten den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die Durchführung des Gleichheitsgrundsatzes im Bereiche des Familienrechts sei nicht eine richterliche, sondern eine gesetzgeberische Aufgabe. Es handle sich nicht um die Abwägung der Rechte des Ehemannes gegen die der Ehefrau, der Rechte des. Vaters gegen die der Mutter, vielmehr müsse die Entwicklung auch den Notwendigkeiten von Ehe und Familie Rechnung tragen, die Art. 6 GrundG ausdrücklich unter den Schutz des Staates stelle. Ehe und Familie seien aber gegenwärtig kein objektiver, richterlicher Erkenntnis zugänglicher Maßstab; ihre Auffassung sei vom Politisch-Weltanschaulichen her grundsätzlich umstritten; die notwendige Neugestaltung der familienrechtlichen Beziehungen zwischen Mann und Frau sei ureigene Aufgabe des Gesetzgebers, nicht des Richters. Nur der Gesetzgeber könne entscheiden, ob und wieweit der Schutz der Ehe und Familie eine Einschränkung der Gleichberechtigung der Geschlechter in der Ehe erfordere und erlaube. Der Grundsatz der Gewaltenteilung verlange, daß der Richter von einer in Wahrheit rechtsgestalteten Tätigkeit Abstand nehme, die dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müsse. - Dieser doppelte Verstoß gegen Verfahrensrecht höherer Ordnung führe zur Nichtigkeit des Art. 117 Abs. 1 GrundG; auch der Verfassung seien Grenzen gesetzt, und diese Grenzen überschreite Art. 117 Abs. 1 GrundG. Zur Entscheidung über die Nichtigkeit dieser Bestimmung hat das Oberlandesgericht Frankfurt in sinngemäßer Anwendung von Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ausschließlich das Bundesverfassungsgericht für zuständig gehalten, dem es daher die Frage zur Entscheidung vorgelegt hat.

Dem Oberlandesgericht Frankfurt hat sich das Landgericht Flensburg mit einem anscheinend nicht veröffentlichten Beschluß vom 2. Juni 1953 - 6 T 231/53 -, der die Fortgeltung des § 1697 BGB nach dem 31. März 1953 betrifft, und mit eingehenden Ausführungen des Landgerichts Duisburg mit einem Beschluß vom 15. Juni 1953 (DRspfleger 1953, 359) angeschlossen; beide Gerichte haben in diesen Beschlüssen die Frage der Geltung des Art. 117 Abs. 1 GrundG dem Bundesverfassungsgericht unterbreitet.

Das Landgericht Lübeck hat in einem Beschluß vom 18. Juni 1953 ( NJW 1953, 906) diesen Erwägungen noch eine weitere angefügt. Der Kontinentaleuropäische Rechtsstaat sei durch die Vorherrschaft des Gesetzesrechts gekennzeichnet, als solches reiche Art. 3 Abs. 2 GrundG, wenn er als einzige gesetzliche Vorschrift anstelle der eingehenden und sorgfältig durchdachten Vorschriften des bisherigen Rechts treten solle, nicht aus. Art. 3 Abs. 2 GrundG besage bestenfalls - und auch das nur in einer dem fast willkürlichen Ermessen des Einzelnen weiter Spielraum lassenden Weise - was nicht mehr gelte, nicht aber was gelten solle. Die Bestimmung bringe den Gehalt des Gleichheitssatzes nicht zum Ausdruck; sie sei mißverständlich und in sich widerspruchsvoll und verstoße auch deshalb gegen die Grundsätze des Rechtsstaates. Zwar seien die Gerichte im Rahmen der ihnen obliegenden Gesetzesanwendung auch zur Ausfüllung von Gesetzeslücken verpflichtet. Hier werde aber der Rechtsprechung nicht eine Gesetzes- und Rechtsauslegung übertragen, sondern in Wahrheit eine rechtssetzende, also gesetzgeberische Tätigkeit, und das sei mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht vereinbar. - Etwas zurückhaltender äußert sich Schneider (aaO), der sich vor allem gegen eine positivistische Auslegung des Art. 117 Abs. 1 GrundG wendet, ihn nicht für nichtig hält, aber so ausgelegt wissen will, daß er sich im Rahmen der allgemeinen Verfassungsordnung hält. Das führe dazu, ihn so auszulegen, daß ein automatisches Außerkrafttreten des alten Rechtes nicht stattfindet und nur der Gesetzgeber verpflichtet bleibt, ein Anpassungsgesetz zur näheren Regelung zu beschließen.

Diese Bedenken gegen die Gültigkeit des Art. 117 Abs. 1 GrundG erachtet der Senat nicht für begründet. Es mag dahinstehen, ob und in welchem Umfang überkonstitutionelles Verfassungsrecht anzuerkennen ist und wieweit es die Nichtigkeit entgegenstehender Verfassungsbestimmungen zur Folge haben kann. Der II. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in dem Leitsätze Nr. 27 zu seinem Urteil vom 23. Oktober 1951 ( BVerfGE 1, 14, [BVerfG 23.10.1951 - 2 BVG 1/51] Leitsatz Nr. 11 in der Fassung der Beilage zu Nr. 218 des Bundesanzeigers vom 9. September 1951 und JZ 1951, 728) die Geltung überpositiven, auch den Verfassungsgesetzgeber bindenden Rechtes anerkannt und sich für zuständig erklärt, das gesetzte Recht auch an solchen überkonstitutionellen Rechtssätzen zu messen. In der Begründung dieses Urteils hat sich das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich den dahingehenden, von ihm zitierten Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs NF. Bd. II 1949, Teil II S 45; Bd. III 1950, Teil II, S 28) angeschlossen. Bemerkt sei jedoch, daß das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 auf diesen Ausführungen nicht beruht (Klein in seiner Besprechung dieser Entscheidung Archiv für öffentliches Recht 77, 452 [454]), vielmehr in dem Standpunkt des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs nur eine Bestätigung der Ansicht sieht, daß aus dem Gesamtinhalt der Verfassung selbst gewisse verfassungsrechtliche Grundsätze und Grundentscheidungen sich ergeben, denen die einzelnen Verfassungsbestimmungen untergeordnet sind und die dazu führen, sie so auszulegen, daß sie mit diesen Grundsätzen und Grundentscheidungen des Verfassungsgesetzgebers vereinbar sind (S 32 ff aaO; ebenso BVerfGE 1, 208 [BVerfG 05.04.1952 - 2 BvH 1/52] [227]; 1, 299 [314]). Als solche Grundentscheidungen der Verfassung nennt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1951 den Grundsatz der Demokratie als Grundlage des staatlichen Aufbaus, das bundesstaatliche Prinzip und das Prinzip des Rechtsstaates (S 33 f, 45, 60 f). Der Gedanke der Gewaltenteilung wird in diesem Zusammenhang nicht als Grundentscheidung aufgeführt, wenn auch darauf hingewiesen wird, daß das Grundgesetz in Abwägung von der Praxis des Weimarer Staates sich für eine strengere Durchführung der Gewaltenteilung entschieden habe (S 60 aaO). Weitergehend hat der I. Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 23. Oktober 1952 ( BVerfGE 2, 1 [BVerfG 23.10.1952 - 1 BvB 1/51] ) den Grundsatz der Gewaltenteilung zu den Grundlagen der im Grundgesetz festgelegten freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerechnet (S 13. aaO). Der Senat würde jedoch Bedenken tragen, in dem Grundsatz der Gewaltenteilung einen so grundlegenden Gedanken des Verfassungsrechts der Bundesrepublik zu sehen, daß einer Durchbrechung dieses Grundsatzes auf einem einzelnen Rechtsgebiet durch das Grundgesetz selbst die rechtliche Anerkennung versagt werden müßte. Die praktische Durchführung des Grundsatzes der Gewaltenteilung in den modernen Verfassungen ist im einzelnen außerordentlich verschieden, die Ausprägung, die dieser Gedanke in den verschiedenen Staaten erfahren hat, ist wechselnd; es sei nur auf die von dem Grundsatz der Gewaltentrennung beherrschte Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika einerseits, auf die Durchbrechung dieses Grundsatzes durch die Einführung des parlamentarischen Systems in der Mehrzahl der Verfassungen der europäischen Staaten andererseits hingewiesen. Daher läßt sich nicht sagen, daß Verfassungsbestimmungen, die dem Grundsatz der Gewaltenteilungslehre nicht entsprechen, in so hohem Maße gegen die Grundsätze der im Grundgesetz zum Ausdruck gelangten Anschauungen und gegen die Grundsätze des Rechtsstaates verstoßen, daß eine Durchbrechung dieses Grundsatzes auch nur auf einem einzelnen Rechtsgebiet rechtlich mißbilligt und dahingehende Vorschriften des Grundgesetzes als nichtig behandelt werden müßten. Das gilt jedenfalls für das Verhältnis der gesetzgebenden zur vollziehenden Gewalt: Auf die Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung durch das parlamentarische System (Art. 3, 67 GrundG) wurde bereits hingewiesen, es mag hier noch weiter auf das den Grundsatz der Gewaltenteilung durchbrechende Rechtsetzungsrecht der vollziehenden Gewalt (Art. 80 Abs. 1, 129 GrundG) hingewiesen werden; das Bundesverfassungsgericht selbst hat ausgesprochen, daß Art. 59 Abs. 2 GrundG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ist, ohne die Rechtsgültigkeit dieser Bestimmung deswegen in Zweifel zu ziehen ( BVerfGE 1, 351 [BVerfG 29.07.1952 - 2 BvE 3/51] [369] und 1, 372 [394]). Für das Verhältnis der gesetzgebenden zur rechtsprechenden Gewalt gilt nichts anderes. So ist es eine Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung, wenn richterliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unter Umständen Gesetzeskraft haben (Art. 94 Abs. 2 GrundG; § 31 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1931, BGBl I, 243). Derartige Durchbrechungen der Gewaltenteilung stellen die Grundsätze des Rechtsstaates, auf denen die Bundesrepublik und die in ihr vereinigten Länder aufgebaut sind (Art. 20, 28 Abs. 1 Satz 1 GrundG), nicht in einer Weise in Frage, daß solchen und ähnlichen Durchbrechungen die rechtliche Anerkennung versagt werden müßte. In der geschichtlichen Wirklichkeit wird es keine konstitutionelle Verfassung geben können, die nicht mehr oder weniger Ausnahmen von dem Grundsatz der Gewaltenteilung anerkennen muß.

Es kann dahingestellt bleiben, ob Art. 117 Abs. 1 GrundG dann für unwirksam gehalten werden konnte, wenn er in Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung den Gerichten Aufgaben der Rechtssetzung übertragen würde. Denn der Senat kann sich nicht davon überzeugen, daß dies der Fall ist. Dem Oberlandesgericht Frankfurt kann nicht zugegeben werden, daß Art. 117 Abs. 1 GrundG den Richter vor Aufgaben stelle, deren Erfüllung völlig außerhalb des Bereichs der ihm in Art. 92 GrundG zugewiesenen rechtsprechenden Gewalt liegt. Die ihm gestellte Aufgabe ist nicht, das ganze Eherecht neu zu ordnen, Art. 117 Abs. 1 verlangt von ihm lediglich die Prüfung und Entscheidung, wie weit das geltende Recht mit dem Grundsatz der rechtlichen Gleichheit von Mann und Frau vereinbar ist. Daß die Neuschaffung eines dem Art. 3 Abs. 2 GrundG entsprechenden Familienrechts eine gesetzgeberische Aufgabe ist, schließt nicht aus, daß die Überprüfung des bisherigen Rechtes auf seine Übereinstimmung mit dem Gleichheitssatz den Gerichten übertragen wird. Gewiß ist diese Aufgabe in Anbetracht der dem Gleichheitsgrundsatz anhaftenden Unbestimmtheit in der praktischen Anwendung außerordentlich schwierig und im Hinblick darauf, daß ein großer Teil der Bevölkerung von ihr betroffen wird, im höchsten Maße verantwortungsvoll. Ss darf jedoch darauf hingewiesen werden, daß den Gerichten in der Zeit nach dem ersten Weltkriege durch die Geldentwertung (Inflation) und die daraus sich ergebende Aufwertung eine ähnliche Aufgabe gestellt wurde, der sie sich ebenfalls unterziehen mußten, weil der Gesetzgeber nicht rechtzeitig eingriff, und die sie in allen Instanzen durch, wenn auch zunächst sehr unterschiedliche, Entscheidungen gelöst haben, bis der Gesetzgeber eine eigene, beim ersten Ansatz noch nicht endgültige Lösung brachte (3. Steuernotverordnung vom 14. Februar 1924, RGBl I, 74 und Aufwertungsgesetz vom 16. Juli 1925, RGBl I, 117).

Es ist zuzugeben, daß die Schwierigkeiten, vor die die Inflation und die Währungsreform des Jahres 1923 die Gerichte stellten, mehr auf wirtschaftlichem Gebiete lagen, während die durch Art. 3 Abs. 2 GrundG geforderte Überprüfung der eherechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vor allem die sittlichen und damit auch die weltanschaulichen Grundlagen der Ehe berührt. Die daraus sich ergebenden Probleme sind aber im Grundsätzlichen nicht schwieriger, als die Aufgaben, die nach Beendigung des zweiten Weltkrieges sich durch die Ausschaltung des nationalsozialistischen Gedankengutes aus dem deutschen Recht ergaben. Ist auch zuzugeben, daß es dringend erwünscht gewesen wäre, wenn die nähere Ausgestaltung des Gleichheitsgrundsatzes im Eherecht durch den Gesetzgeber vorgenommen worden wäre, so fällt doch die beschränktere Aufgabe der Gerichte nicht aus dem Bereich der ihnen auch sonst gestellten Aufgabe heraus, so daß die Folgerung nicht gezogen werden kann, Art. 117 Abs. 1 enthalte wegen Verstoßes gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz unwirksames Verfassungsrecht.

Berücksichtigt man diese Beschränkungen in der Aufgabe der Gerichte, so kann auch nicht ihre Erfüllung als unmöglich angesehen werden. Gewiß ergibt die grundsätzliche rechtliche Gleichstellung der Geschlechter, wie sie Art. 3 S 2 GrundG anordnet, in ihrer Anwendung auf das geltende Recht eine Fülle von Zweifelsfragen. Bei ihrer Entscheidung werden die Gerichte sich davon leiten lassen müssen, daß nicht jede Rechtsungleichheit durch Art. 3 Abs. 2 GrundG ausgeschlossen wird, daß insbesondere nicht aus doktrinären Gedankengängen heraus eine formale Gleichstellung von Mann und Frau auch dann herbeigeführt werden darf, wo der in Art. 6 Abs. 1 GrundG besonders anerkannte Schutz der Ehe und Familie oder die in Art. 6 Abs. 2 ebenda hervorgehobenen Interessen der Kinder einer völligen Gleichstellung beider Geschlechter in der Ehe Schranken setzen. In diesem Rahmen aber können und müssen die Gerichte dem Willen des Grundgesetzes zur Anerkennung verhelfen.

Von größerem Gewicht ist der Hinweis des Oberlandesgerichts Frankfurt auf die große Rechtsunsicherheit, zu welcher der hier vertretene Standpunkt mindestens für eine gewisse Übergangszeit führen muß (vgl. hierzu Knur, DNotZ 1953, 345). Aber diese Folge kann gegenüber dem eindeutigen Wortlaut und der Geschichte des Art. 117 Abs. 1 GrundG nicht dadurch umgangen werden, daß dieser Bestimmung die Rechtswirksamkeit aberkannt wird. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt messen in dem ständigen Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und Rechtsrichtigkeit dem letzteren Gesichtspunkt zu geringe Bedeutung bei. Gewiß haben die Verfasser des Grundgesetzes nicht erwartet und nicht gewollt, daß mit Ablauf des 31. März 1953 ein "Rechtschaos" entstehe. Sie haben diese Gefahr aber auf sich genommen und sie gegenüber dem vordringlichen Interesse, unter allen Umständen spätestens am 31. März 1953 die Gleichberechtigung von Mann und Frau gerade auch im Eherecht zu verwirklichen, hintangesetzt. An diese im Grundgesetz klar zum Ausdruck gelangte Interessenabwägung ist der Richter gebunden. Das Oberlandesgericht Frankfurt übersieht übrigens, daß die von ihm angenommene Nichtigkeit des Art. 117 Abs. 1 GrundG nicht zur Folge haben würde, dem Gleichheitsgrundsatz widersprechendes Recht bestehen zu lassen, sondern daß nur die dort gesetzte Überleitungsfrist wegfallen würde. Die Folge wäre, daß Art. 3 Abs. 2 GrundG nicht erst am 31. März 1953, sondern schon mit Inkrafttreten des Grundgesetzes seine volle Wirksamkeit entfaltet hätte. Was der Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt in Zweifel stellt, ist in Wahrheit die unmittelbare Geltung des Art. 3 Abs. 2 GrundG. Dieser Bestimmung ihre unmittelbare Wirksamkeit abzusprechen und sie auf die Bedeutung eines Programmsatzes zu beschränken, ist aber mit dem Wortlaut und dem Sinn des Art. 1 Abs. 3 GrundG nicht vereinbar. Wollten die Gerichte dem Art. 3 Abs. 2 GrundG die Anerkennung wegen mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit versagen, so könnten gegen eine Reihe von Grundrechten, insbesondere gegen den in Art. 3 Abs. 1 niedergelegten allgemeinen Gleichheitssatz ähnliche Bedenken erhoben werden. Damit wäre in Widerspruch zu dem in Art. 1 Abs. 3 GrundG ausgesprochenen Willen des Verfassungsgesetzgebers die Anwendbarkeit einer Reihe von für die politische Ordnung in der Bundesrepublik wesentlichen Bestimmungen des Grundgesetzes in Frage gestellt; Patschke ( BB 1953, 490) hat dafür die Formulierung gebraucht, es werde einer "Sabotage der Grundrechte Tür und Tor geöffnet". Die auf dem Gebiete des Familienrechts gewonnene Rechtssicherheit würde durch die politisch überaus bedenkliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Geltung der Grundrechte erkauft. Daher kann der Gedanke der Rechtssicherheit, dem das Oberlandesgericht im übrigen mit Recht grosse Bedeutung beilegt, doch nicht dazu führen, Art. 117 Abs. 1 GrundG als überkonstitutionellem Verfassungsrecht oder Grundentscheidungen des Grundgesetzes widersprechend für nichtig zu erachten, soweit er die Übergangsfrist für dem Gleichheitsgrundsatz widersprechendes Recht bis zum 31. März 1953 begrenzt.

3)

Zu den Rechtssätzen, die mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar sind, gehören im Bereich des ehelichen Güterrechts die Bestimmungen, die beim Güterstande der Verwaltung und. Nutznießung das eingebrachte Gut der Frau kraft Gesetzes der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterstellen. Mögen diese Bestimmungen auch nicht nur den Interessen des Mannes dienen, sondern auch den Schutz der Frau bezwecken und in der Pflicht des Mannes, den ehelichen Aufwand zu tragen, ihr Äquivalent und ihre innere Rechtfertigung finden, so sind sie doch Ausfluß einer Auffassung von der Ehe, bei der der Mann das Haupt und der Herr der Familie ist und seine Stellung gegenüber der der Frau überwiegt. Dem Recht des Mannes, das eingebrachte Gut in Besitz zu nehmen, zu verwalten und zu nutzen, entspricht eine Beschränkung der Rechte der Frau an ihrem eingebrachten Vermögen; sie hat kein eigenes Recht, es zu verwalten und zu nutzen und kann ohne Zustimmung des Mannes nur beschränkt darüber verfügen. Dieser Minderung der Rechte an ihrem Eingebrachten steht eine entsprechende Minderung der Rechte des Mannes hinsichtlich seines Vermögens nicht gegenüber. Eine solche Schlechterstellung der Ehefrau wird durch den Schutz der Ehe und Familie nicht gefordert; sie widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz. Daher muß angenommen werden, daß die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Ehefrau bei der Verfügung über das eingebrachte Gut an die Zustimmung des Mannes binden und von ihr getroffene Verfügungen ohne solche Zustimmung dem Ehemann gegenüber unwirksam machen, seit dem 1. April 1953 außer Kraft sind. Welche Folgerungen sich für das eheliche Güterrecht im übrigen das Art. 3 Abs. 2, Art. 117 Abs. 1 GrundG ergeben, ob als gesetzlicher Güterstand nunmehr der Güterstand der Gütertrennung nach den §§ 1425 ff BGB anzusehen ist oder ob der gesetzliche Güterstand jetzt wenigstens in Anlehnung an diese Bestimmung zu finden ist, bedarf hier nicht der Entscheidung.

Die Durchführung des Gleichheitsgedankens würde allerdings auch die Möglichkeit offen lassen, daß nunmehr der Mann im Verhältnis zur Frau denselben Beschränkungen hinsichtlich seines eingebrachten Vermögens unterliegt wie diese bisher. Es könnte die bei dem gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Ungleichheit der Geschlechter dadurch ausgeglichen werden, daß beide Ehegatten gemeinsam ... die Verwaltung und Nutznießung am eingebrachten Gut beider Ehegatten ausüben. In diese Richtung geht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle NJW 1953, 986 ff, [OLG Celle 19.05.1953 - 4 W 160/53] die wegen der mit der Einführung der Gütertrennung für die Frau verbundenen Nachteile ausspricht, daß anstelle der Verwaltung und Nutznießung des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Errungenschaftsgemeinschaft in Anlehnung an die diesbezüglichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs trete (so auch Jung, DRiZ 1953, 97). Der Senat hält bei aller Würdigung der in dieser Entscheidung ausgesprochenen Bedenken gegen die Annahme, daß ab 1. April 1953 die Gütertrennung der gesetzliche Güterstand im Bereich der Bundesrepublik geworden sei, diesen Weg nicht für gangbar. Der allgemeinen Entwicklung entspricht nicht nur eine Gleichstellung der Frau, sondern eine stärkere Betonung ihrer Selbständigkeit ungeachtet der durch die Ehe begründeten umfassenden gegenseitigen Bindungen der Ehegatten. Entspricht die vermögensrechtliche Beschränkung der Ehefrau durch die Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes am eingebrachten Gut zeitgemäßen Anschauungen nicht mehr, so nicht nur im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch abgesehen davon, weil sie der von der Frau errungenen Stellung im Leben nicht gerecht wird. Es würde auch der Lebensanschauung nicht entsprechen, die Gleichheit von Mann und Frau darin zu suchen, daß nunmehr der Mann in der Verfügung über sein eingebrachtes Vermögen an die Zustimmung der Frau gebunden wird. Daher kommt nur in Betracht, den Gleichheitsgrundsatz in der Weise durchzuführen, daß die Beschränkungen der Frau hinsichtlich des eingebrachten Gutes beseitigt werden. Welche Folgen sich daraus für das gegenseitige Verhältnis der Ehegatten zueinander hinsichtlich ihres Vermögens ergeben, insbesondere ob und in welcher Weise etwa die Frau an einem während der Ehe durch die Arbeit des Mannes erzielten Zugewinn zu beteiligen ist, steht hier, wo es sich nur um die Stellung der Frau Dritten gegenüber handelt, nicht zur Entscheidung.

Bedarf die Ehefrau der Zustimmung des Ehemannes zu Verfügungen über das eingebrachte Gut seit dem 1. April 1953 nicht mehr, so gilt das auch für die Verfügung über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Auch insoweit kann die Frau jetzt ohne Zustimmung ihres Mannes verfügen; eine etwaige Zustimmung des Ehemannes ist - sofern nicht ein vertraglicher Güterstand vorliegt worauf hier nicht eingegangen zu werden braucht - ohne Belang. Für den vorliegenden Fall hat dies zur Folge, daß die Klägerinnen zur Vollstreckung ihres Anspruchs auf Auflassung oder Grundbuchberichtigung gegen die Erstbeklagte nunmehr der Zustimmung des Zweitbeklagten nicht mehr bedürfen. Damit entfällt die Notwendigkeit eines Duldungstitels gegen den Zweitbeklagten; § 739 ZPO ist insoweit nicht mehr in Kraft. Falls die Klägerinnen in dem fortgesetzten Berufungsverfahren ein obsiegendes Urteil erwirken, können sie auch ohne Duldungstitel gegen den Zweitbeklagten wegen ihres Anspruchs auf Auflassung oder Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 ZPO vollstrecken und ihre Eintragung als Eigentümer erwirken. Insoweit besteht für den Duldungsanspruch kein Rechtsschutzinteresse mehr.

4)

Es fragt sich, ob diese erst während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderung im gegenwärtigen Verfahren zu beachten ist. Hierfür kann es keinen Unterschied machen, ob eine solche Rechtsänderung durch ein neu erlassenes Gesetz ausdrücklich vorgenommen wird, oder ob sie wie im vorliegenden Falle dadurch eintritt, daß bereits vor Erlaß des Berufungsurteils bestehende, aber in diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft befindliche Vorschriften während des Revisionsverfahrens durch Ablauf der Übergangsfrist in Kraft treten. Die Frage ist also nicht anders zu beurteilen wie die nach der Anwendung von Gesetzen, die erst während des Revisionsverfahrens erlassen werden.

Hinsichtlich neuer verfahrensrechtlicher Bestimmungen ist nach allgemein, auch von dem erkennenden Senat als Senat für Landwirtschaftssachen ( BGHZ 7, 161 [167] ) vertretener Auffassung für die Entscheidung des Revisionsgerichts das neue Recht anzuwenden. Schon dieser Gesichtspunkt könnte im vorliegenden Fall dazu Anlaß geben, die Anwendbarkeit des neuen Rechts zu bejahen, da § 739 ZPO eine Vorschrift, wenn auch nicht des Erkenntnis-, so doch des Vollstreckungsverfahrens ist. § 739 ZPO soll aber nach dem Regierungsentwurf im Zusammenhang mit der Reform des ehelichen Güterrechts beseitigt werden, und es ist kein Zweifel, daß diese Bestimmung in so engem Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutznießung des Mannes am eingebrachten Gut steht, daß die Beseitigung dieses Rechtes auch die genannte Bestimmung insoweit gegenstandslos macht. - Was die Anwendbarkeit neuer sachlich-rechtlicher Vorschriften anlangt, so ist anerkannt, daß neues Recht jedenfalls dann im Revisionsverfahren anzuwenden ist, wenn seine Anwendung dazu führt, das Berufungsurteil mit anderer Begründung aufrecht zu erhalten ( BGHZ 2, 324 ). In letzter Zeit hat der III. Zivilsenat die Frage hinsichtlich des sachlichen Rechts darüber hinaus allgemein bejaht, sofern der Wille des Gesetzgebers das verlangt (Urteil vom 23.2.1953, BGHZ 9, 101, betreffend die Anwendbarkeit des Lastenausgleichsgesetzes auf schwebende Revisionsverfahren). Ob diesem Urteil in allem gefolgt werden kann, mag dahinstehen (vgl. auch BGHZ 7, 161 ), da bereits der Gedanke der Aufrechterhaltung des Berufungsurteils bei Anwendung des neuen Rechts dazu führen muß, anstelle der aus der Verneinung eines Anspruchs gegen die Erstbeklagte vom Berufungsgericht abgeleiteten Klagabweisung hinsichtlich des Zweitbeklagten nunmehr dieselbe Entscheidung unter anderen Gesichtspunkten zu treffen. Im übrigen handelt es sich hier um die Beachtung eines Rechtssatzes, dem der Verfassungsgesetzgeber als einem Grundrechte vom 1. April 1953 ab unbedingte Geltung verschaffen wollte und der daher dem Willen des Gesetzgebers entsprechend von diesem Zeitpunkt ab von allen Gerichten, auch von dem Revisionsgericht, schlechthin beachtet werden muß.

5)

Die Ablehnung des Duldungsanspruchs gegen den Zweitbeklagten führt dazu, ihm gegenüber die Revision zurückzuweisen. Der Senat hat erwogen, ob nicht wenigstens bezüglich der Kosten des Verfahrens ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den Zweitbeklagten anerkannt werden müßte. Für die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten des Verfahrens, deren Erstattung die Klägerinnen im Falle ihres endgültigen Obsiegens gegenüber der Erstbeklagten fordern könnten, würde in erster Linie eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Erstbeklagten in Betracht kommen. Wenn auch seit dem 1. April 1953 ein Recht des Zweitbeklagten. Teile des Vermögens der Erstbeklagten als "eingebrachtes Gut" in Besitz zu nehmen (§ 1373 BGB), nicht mehr begründet ist, so schließt das doch nicht aus, daß ein vor diesem Zeitpunkt erworbener unmittelbarer Besitz des Zweitbeklagten an den bisher zum eingebrachten Gut gehörenden beweglichen Sachen noch fortbesteht oder daß die Erstbeklagte dem Zweitbeklagten den unmittelbaren Besitz ihr gehörender beweglicher Sachen überläßt. Einer Zwangsvollstreckung in das in seinem Besitz befindliche Vermögen der Erstbeklagten auf Grund eines auf ihren Namen lautenden Titels könnte der Zweitbeklagte auf Grund vollstreckungsrechtlichen Gewahrsams (§ 809 ZPO) Schwierigkeiten bereiten. Die Lage ist in dieser Hinsicht nicht anders als nach bisherigem Rechte im Falle der Gütertrennung oder bei der Zwangsvollstreckung in das Vorbehaltsgut oder in das Vermögen einer Ehefrau, die mit Zustimmung ihres Ehemanns ein Erwerbsgeschäft betreibt (§ 1405 BGB).

Rechtsprechung und Schrifttum haben in diesen Fällen nach bisherigem Recht eine Duldungsklage gegen den Ehemann teilweise für zulässig, wenn auch nicht für notwendig gehalten, um die Schwierigkeiten auszuräumen, die sich bei der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Frau ergeben können, falls der Ehemann zur Herausgabe des in seinem Gewahrsam befindlichen Frauenvermögens nicht bereit ist (§ 809 ZPO), während die Gegenmeinung den Gläubiger darauf verweisen muß, den Herausgabeanspruch der Frau gegen den Mann zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Stein-Jonas-Schönke § 739 Note 3 und § 741 Note 11 und ebenso Baumbach-Lauterbach Einf zu §§ 749-745 Anm. 1, Anhang zu § 52 ZPO Anm. 2 A, die sich dieser Ansicht angeschlossen haben, haben sie als herrschend bezeichnet; sie wird geteilt u.a. von Palandt Vorbem 2 zu § 1426; Erman-Gerstberger Vorbem vor § 1426 Anm. 2 a.E. (vgl. auch § 1405 Anm. 5); RGRK § 1428 Anm. 2; Müller JW 1920, 695; a.A. Staudinger § 1426 Vorbem Anm. 6; Kipp-Wolff, Familienrecht (7. Aufl) § 59 Anm. 17 und die dort angeführten Stellen aus der Rechtsprechung und dem Schrifttum; vgl. auch Lupprian ZZP 62, 332 und Bettermann a.a.O. 210, insbesondere 228.

Die angeführten Erwägungen geben keine Möglichkeit, einen Duldungsanspruch gegen den Zweitbeklagten im vorliegenden Falle zuzubilligen. Der allein gestellte Antrag, die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut zu dulden, ist gegenstandslos, nachdem es beim gesetzlichen Güterstande seit Ablauf des 31. März 1953 ein "eingebrachtes Gut" im Sinne des § 739 ZPO nicht mehr gibt. Es könnte sich nur darum handeln, ob etwa in Fortbildung des dieser Bestimmung zu entnehmenden Grundgedankens der Zweitbeklagte jetzt verurteilt werden könnte, die Zwangsvollstreckung in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen der Erstbeklagten zu dulden. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt. Er hätte auch im Revisionsverfahren nicht nachgebracht werden können, da ihm ein anderer Sachverhalt hätte zu Grunde gelegt werden müssen als dem Duldungsanspruch aus § 739 ZPO. Dieser Duldungsanspruch gründet sich nicht auf den Gewahrsam oder den vermuteten Gewahrsam des Ehemanns an dem Frauenvermögen, sondern auf das nach dem gesetzlichen Güterstand des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Ehemann zustehende Recht der Verwaltung und Nutznießung; er ist unabhängig davon, ob zu dem eingebrachten Gut Gegenstände gehören, die einer Inbesitznahme nach § 1373 BGB zugänglich sind, und ob eine solche Inbesitznahme stattgefunden hat oder nicht.

§ 739 ZPO ist ein Ausfluß des Güterstandes und nicht des Besitzverhältnisses; das zeigt schon seine Stellung im ersten Abschnitt des 8. Buches der Zivilprozessordnung ("Allgemeine Bestimmungen" der Zwangsvollstreckungs), wogegen § 809 ZPO in den 1. Titel des 2. Abschnitts dieses Buches (Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen) eingeordnet ist. Der Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe, der als gesetzlichen Güterstand die Gütertrennung vorgesehen hat, hat demzufolge vorgeschlagen, den § 739 ZPO ersatzlos aufzuheben, allerdings unter Ausdehnung der bisher zugunsten der Gläubiger des Mannes geltenden Eigentumsvermutung des § 1362 Abs. 1 BGB auf die Gläubiger beider Ehegatten (Maßfeller, Das Neue Familienrecht S 90). Der innere Zusammenhang der Vorschrift des § 739 ZPO mit den darin angeführten Güterständen schließt es aus, diese Bestimmung noch anzuwenden, soweit es sich um den bisherigen gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung handelt. Dahinstehen kann, ob etwaigen Einwendungen eines Ehegatten gegen die Vollstreckung in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen des anderen Ehegatten etwa dadurch von vornherein begegnet werden könnte, dass er auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen des letzteren in Anspruch genommen wird. Für einen solchen Anspruch würde der bisherige Vortrag der Klägerinnen keine ausreichende Grundlage geben.

Im Verhältnis zu den Zweitbeklagten war die Revision daher zurückzuweisen, im übrigen das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Diesem wurde auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.