BGH, 18.09.1984 - VI ZR 223/82
Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, wenn der Eigentümer eines Kraftfahrzeugs geltend macht, er sei durch Staubauswürfe einer Schmelzanlage (Kupolofen), die die in der TA-Luft vorgesehenen Emissionsgrenzwerte überschreiten, geschädigt worden.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 1984
durch
die Richter Dr. Steffen, Dr. Kullmann, Dr. Ankermann, Dr. Lepa und Bischoff
für Recht erkannt:
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 13. Juli 1982 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beklagte betreibt in einem Industriegebiet seit März 1979 eine nach § 4 BlmSchG genehmigte Anlage zum Einschmelzen von Roheisen und Rohstahl (Heißwind-Kupolofen-Schmelzanlage) mit einer Naßentstaubung. Eine Überprüfung der Anlage im Januar 1980 hat ergeben, daß der Staubauswurf, der mit dem Abgas aus dem Kupolofen getragen wird, den in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) vom 28. August 1974 (GMBl. 1974 S. 426) vorgesehenen Grenzwert nicht erreicht.
Die Kläger sind Betriebsangehörige der Firma O., deren Betriebsparkplatz östlich an das Gelände der Beklagten angrenzt. Sie stellen während der Arbeitszeit ihre PKWs auf diesem Parkplatz ab. Mit der Klage verlangen sie von der Beklagten Ersatz des Schadens, der ihnen dadurch entstanden sei, daß ihre Fahrzeuge durch Staub aus dem Kupolofen der Beklagten beschädigt worden seien. Um die Monatswende November/Dezember 1980, am 26. Januar 1981 sowie am 1. und 10. April 1981 sei es zu ungewöhnlich kräftigen Auswürfen von Eisenoxydstaub gekommen. Infolge fehlerhafter Bedienung und Wartung der Anlage seien an diesen Tagen die zulässigen Emissionsgrenzwerte überschritten worden; dies sei mit Duldung der Betriebsleitung der Beklagten geschehen. Der Staub habe sich in den Lack, das Glas und die Chromteile ihrer Fahrzeuge eingefressen. Schon der erste Niederschlag habe zu den eingetretenen Schäden geführt.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, daß der Kupolofen täglich kontrolliert werde; die Höchstemissionswerte würden nicht überschritten. Ihre Kontrollunterlagen wiesen aus, daß an den genannten Tagen keine Besonderheiten aufgetreten seien; allenfalls seien die zulässigen Emissionswerte weitergehend als in der übrigen Zeit ausgeschöpft worden. Als Schadensverursacher kämen vier weitere Werke in Betracht. Im übrigen treffe die Kläger an den behaupteten Schäden ein überwiegendes Mitverschulden.
Die Kläger sind in beiden Vorinstanzen unterlegen. Mit der Revision verfolgen sie ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht unterstellt, daß die Beschädigungen der Fahrzeuge der Kläger auf den Staubauswurf der Kupolofen-Anlage der Beklagten zurückzuführen sind. Nach seiner Auffassung stehen den Klägern die geltend gemachten Schadensersatzansprüche weder aus §§ 823 ff. BGB noch aus §§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB, 14 BlmSchG zu. Ansprüche aus unerlaubter Handlung scheiterten schon deshalb, weil die Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, daß den Angestellten der Beklagten eine unzulässig hohe Staubemission vorzuwerfen sei. Hierzu hätten die Kläger konkret die schadensauslösenden Vorgänge im Betrieb der Beklagten darlegen müssen. Die Behauptung, die Angestellten der Beklagten hätten mit Duldung der Betriebsleitung durch unsachgemässe Anordnung eine Entstaubungspflicht außer Acht gelassen, deren Verletzung hingenommen oder Fertigungsvorgänge durchführen lassen, bei denen über das zulässige Maß hinaus Eisenoxydstaub in die Luft entwichen sei, genüge nicht dem Substantiierungserfordernis; es handele sich vielmehr um eine Aufzählung theoretisch denkbarer Möglichkeiten, so daß die Erhebung der hierzu angebotenen Beweise auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen würde. In §§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB, 14 BlmSchG fänden die Klagebegehren schon deshalb keine Stütze, weil die Kläger nicht eine Entschädigung für einen durch die Staubeinwirkung geminderten Grundstückswert, sondern Schadensersatz wegen der Beschädigung ihrer Fahrzeuge verlangten.
II.
Diese Erwägungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1.
Allerdings hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, daß die Klageansprüche weder aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB noch aus § 14 BlmSchG begründet sind.
a)
Es kann auf sich beruhen, ob die Kläger als Arbeitnehmer, denen die Benutzung des Betriebsparkplatzes der Firma O. von ihrer Arbeitgeberin gestattet ist, überhaupt zum Kreis der Träger des Anspruchs aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB, den die Rechtsprechung über die Grundstückseigentümer hinaus auf die zur Abwehrklage aus § 862 BGB befugten Besitzer erweitert hat (vgl. BGHZ 30, 273, 276, 280), zählen. Jedenfalls erfaßt - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - der Anspruch aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB seinem Inhalt nach nicht das Begehren der Kläger. Dieser Anspruch, der Entschädigung für eine Beeinträchtigung der Benutzung oder des Ertrages des Grundstücks gewährt, wird durch den Bezug zu dem von der Immission betroffenen Grundstück bestimmt und begrenzt. Es ist ein aus dem Grundstückseigentum abgeleiteter Anspruch (vgl. BGHZ 69, 105, 110). Auch Folgeschäden erfaßt er allenfalls, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks selbst entwickeln.
Im Streitfall handelt es sich aber nicht um Ansprüche aus einer derartigen Beeinträchtigung. Vielmehr geht es um Ersatzansprüche für Schäden, die an den Fahrzeugen der Kläger nicht über das Grundstück der Firma O. und seine Benutzung, sondern durch die Immissionen der Beklagten unmittelbar herbeigeführt worden sein sollen.
b)
Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht weiter entschieden, daß auch § 14 S. 2 BlmSchG die Klageansprüche nicht trägt. Die Zuerkennung von Ansprüchen aus dieser Vorschrift scheitert bereits daran, daß die Kläger nicht zum Kreis der Anspruchsträger gehören. § 14 S. 2 BlmSchG gewährt Schadensersatz als Surrogat demjenigen, dem § 14 S. 1 BlmSchG einen bürgerlich-rechtlichen, aus Eigentum oder Besitz des betroffenen Nachbargrundstücks hergeleiteten Anspruch auf Einstellung des Betriebes der Anlage abschneidet, unter der weiteren Voraussetzung, daß auch Schutzvorkehrungen gegen die benachteiligenden Wirkungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind (vgl. Baur, JZ 1974, 657, 658 f.; Engelhardt, Bundesimmissionsschutzgesetz, 2. Aufl. 1980, § 14 Rdn. 9; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Anm. 7 und 9 zu § 14 BlmSchG). Als bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes haben die Kläger keinen Besitz an dem Grundstück der Firma O. gehabt. Ansprüche auf Einstellung des Betriebes der Anlage haben ihnen jedenfalls aus einer derartigen Rechtsstellung nicht zugestanden. Ihre Eigentümerstellung an den betroffenen Fahrzeugen allein vermag Ersatzansprüche aus § 14 S. 2 BlmSchG nicht auszulösen. Um Ersatzansprüche aus einer Beeinträchtigung von dinglichen Rechten am Grundstück geht es nicht.
Abgetretene Rechte der Firma O. können die Kläger nicht in Anspruch nehmen, weil die geltend gemachten Schäden eigene Schäden der Kläger sind. Das Rechtsinstitut der Drittschadensliquidation darf hier nicht herangezogen werden, da diese in derartigen Fällen nicht zum Ausgleich einer bloßen Schadensverlagerung, sondern zu einer Haftungserweiterung führen würde (vgl. auch BGHZ 51, 91, 93) [BGH 26.11.1968 - VI ZR 212/66].
2.
Deshalb hat das Berufungsgericht zu Recht für die Klageforderungen nur Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung in Betracht gezogen. Der Senat vermag jedoch nicht den das Berufungsurteil tragenden Erwägungen zur Behauptungs- und Beweislast für diese Ansprüche zu folgen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Kläger nicht allein die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die Beklagte für den von ihr verursachten Fahrzeugschaden wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten verantwortlich ist. Vielmehr ist es Sache auch der Beklagten, zur Klärung des Sachverhalts beizutragen.
a)
Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß die Schäden an den Fahrzeugen der Kläger auf Staubemissionen aus dem Kupolofen der Beklagten zurückzuführen sind. Hiervon ist für die revisionsrechtliche Prüfung auszugehen. Mithin kann auf sich beruhen, ob dem Anspruchsteiler, der aus unerlaubter Handlung Ersatz für die Schadensfolgen von ihn treffenden Immissionen begehrt, wegen der regelmässig erheblichen Beweisschwierigkeiten aus dem Gesichtspunkt der Schadensnähe Beweiserleichterungen für den Nachweis des ursächlichen Zusammenhanges zugutekommen können. Auch wenn grundsätzlich der Geschädigte zu behaupten und zu beweisen hat, daß vom Anspruchsgegner ausgehende Emissionen die behauptete Rechtsgutsverletzung verursacht haben, sind solche Beweiserleichterungen bei festgestellter Überschreitung der durch Verwaltungsvorschriften festgelegten Emissions- oder Immissionswerte denkbar (vgl. BGHZ 70, 102, 107 m. Anm. Walter in NJW 1978, 1158 f.). Im Einzelfall mag sogar eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen sein (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Januar 1983 - VI ZR 24/82 - VersR 1983, 441, 442). Auch mögen die Maßstäbe des § 287 ZPO (vgl. BGHZ 66, 70, 75) Bedeutung erlangen (vgl. im Schrifttum zu diesem Fragenkreis: Diederichsen/Scholz, WiVerw. 1984, 23, 28 ff.; Köndgen, UPR 1983, 345, 352 f., jeweils m.w.N.).
b)
Die allgemeinen Grundsätze der Verteilung der Beweislast im Rahmen von deliktischen Schadensersatzansprüche greifen hinsichtlich der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens im Streitfall nicht ein. Vielmehr ist der Senat in Anlehnung an die Beweisgrundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 906 BGB sowie in Fortführung der von dem erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für eine Beweislastumkehr in den Fällen der Produzentenhaftung der Auffassung, daß es Sache der Beklagten ist, darzutun und zu beweisen, daß die von ihrem Grundstück ausgehenden Emissionen sich im Rahmen einer ortsüblichen Benutzung ihres Grundstücks gehalten haben und daß sie die ihr wirtschaftlich zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um eine Schädigung der Fahrzeuge der Kläger durch Staubimmissionen ihres Kupolofens zu verhindern.
aa)
Im Verhältnis zu den durch seine Immissionen beeinträchtigten anderen Grundstückseigentümern ist der Emittent nicht unter allen Umständen verpflichtet, von ihnen derartige Beeinträchtigungen fernzuhalten. Gemäß § 906 Abs. 2 S. 1 BGB können die betroffenen Eigentümer sich gegen seine Emissionen nicht wehren, wenn der Emittent sich im Rahmen einer ortsüblichen Benutzung seines Grundstücks hält. Allerdings hat er auch in diesem Fall die Maßnahmen zur Verhinderung derartiger Belastungen zu treffen, die technisch möglich und einem durchschnittlichen Besitzer dieser Immissionsquelle wirtschaftlich zumutbar sind. Können jedoch auch bei Beachtung dieser Pflicht die Beeinträchtigungen nicht verhindert werden, so muß er die emittierende Benutzung seines Grundstücks nicht einstellen; die beeinträchtigten Grundstückseigentümer müssen sich mit der Entschädigung nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zufriedengeben.
Dafür, daß die schädlichen Emissionen auf einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks beruhen und daß sie durch mögliche und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen nicht verhindert werden können, legt das Gesetz dem Emittenten die Darlegungs- und Beweislast auf (vgl. BGH, Urt. v. 4. Dezember 1970 - V ZR 79/68 - WM 1971, 278, 280 m.w.N.).
bb)
Nach Auffassung des Senats muß entsprechendes auch für die hier in Frage stehenden Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Fahrzeuge der Kläger durch Staubimmissionen der Beklagten gelten.
Allerdings geht es hier nicht um negatorische Abwehransprüche von Grundeigentümern, auf die § 906 BGB zugeschnitten ist, sondern um Ersatzansprüche außerhalb eines nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses stehender Sacheigentümer aus der behaupteten Verletzung deliktischer Verkehrssicherungspflichten der Beklagten. Der Senat sieht jedoch in § 906 Abs. 2 S. 1 BGB eine gesetzgeberische Aussage zur Pflichtenstellung des Emittenten, die auch für diese Rechtsbeziehungen mit zu beachten ist. Das gilt sowohl für die Hinnahme schädlicher, aber ortsüblicher Grundstücksemissionen durch die Betroffenen, als auch für die Darlegungs- und Beweislast des Emittenten im vorerwähnten Sinn. Da die nachbarrechtlichen Vorschriften in dem von ihnen erfaßten Regelungsbereich maßgebend dafür sind, ob eine widerrechtliche Handlung i.S. des § 823 Abs. 1 BGB vorliegt, führen Immissionen nicht zu einer Deliktshaftung des Emittenten gegenüber den betroffenen Grundstückseigentümern, wenn diese sich nach § 906 Abs. 2 S. 1 BGB nicht gegen sie wehren können, weil sie auf einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks beruhen und die dem Emittenten wirtschaftlich zumutbaren Vorkehrungen gegen sie versagen (BGH, Urt. v. 2. März 1984 - V ZR 54/83 - VersR 1984, 655 (zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen); BGB - RGRK/Steffen, 12. Aufl., § 823 Rdn. 17). Dann aber kann der deliktische Schutz anderer Eigentümer nicht weitergehen; insoweit zieht die Vorschrift auch für ihr Schutzgut eine äußerste Grenze. Denn das Interesse der beeinträchtigten Grundstückseigentümer wird durch die Immissionen durchweg am nachhaltigsten betroffen; wenn das Gesetz dem Emittenten ihnen gegenüber die emittierende Benutzung seines Grundstücks erlaubt, können sie Dritte wegen ihrer Immissionsbelastung nicht verbieten. Auch daß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB diesen keine Entschädigung zum Ausgleich gewährt, kann nicht dazu führen, die Zulässigkeit einer derartigen Grundstücksnutzung ihnen gegenüber anders zu beurteilen.
Ebenso erscheint es gerechtfertigt, auch im Verhältnis zu ihnen dem Emittenten die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzuerlegen, daß seine Emissionen sich im Rahmen einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks gehalten haben und er die ihm wirtschaftlich zumutbaren Vorkehrungen zur Eindämmung der Umweltbelastung getroffen hat. Zwar ist auch insoweit die auf den Interessenkonflikt zwischen Grundstückseigentümern zugeschnittene Regelung des § 906 BGB nicht ohne weiteres für die hier in Frage stehenden Rechtsbeziehungen anwendbar. So geht es nicht an, für die Frage, ob eine Immission das Sacheigentum oder seine Nutzung in einem Maß beeinträchtigt, daß der Eigentümer sie als Eingriff in das Schutzgut grundsätzlich nicht dulden muß, von der Regelung des § 906 Abs. 1 BGB auszugehen, die im Verhältnis zu den betroffenen Grundeigentümern dem Emittenten den Nachweis dafür auferlegt, daß es sich nur um eine nicht wesentliche Beeinträchtigung handelt. Denn die Ausgangslage der Vorschrift, daß die Benutzung eines Grundstücks durch die Einwirkung von Immissionen, wie sie dort beispielhaft aufgeführt sind, prinzipiell betroffen wird, ist auf bewegliche Sachen, schon weil sie häufig nicht im Einzugsbereich von Immissionen genutzt werden müssen, und wegen ihrer durchweg geringeren Anfälligkeit nicht übertragbar. Im Streitfall ist indes angesichts des vom Berufungsgericht unterstellten Unifangs der Beschädigungen der Fahrzeuge von einer wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen.
Steht aber eine derartige Immissionsschädigung fest, und geht es darum, ob der Geschädigte sie im Blick auf die in § 906 Abs. 2 S. 1 BGB gemachten Zugeständnisse an das Benutzungsrecht des Emittenten hinzunehmen hat, dann erscheint es gerechtfertigt, die Beweislast Verteilung an derjenigen auszurichten, die die Vorschrift für das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis vorgesehen hat. Insoweit geht es auch für die Sacheigentümer um Berechtigungen des Emittenten, die das Gesetz als Ausnahmen statuiert.
cc)
Allerdings müssen schädliche Immissionen nicht allein schon deshalb, weil sie nach Maßgabe von § 906 Abs. 2 S. 1 BGB ein Grundstückseigentümer nicht zu dulden brauchte, stets auch zu Schadensersatzansprüchen der von ihnen betroffenen außerhalb des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses stehenden Sacheigentümer führen. Die Vorschrift des § 906 Abs. 2 S. 1 BGB zieht, wie schon gesagt, für ihr Schutzgut nur eine äußerste Grenze; soweit die Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen, sind auch für die Sacheigentümer deliktische Ersatzansprüche auf jeden Fall ausgeschlossen. Das besagt jedoch nicht, daß solche Ansprüche immer schon dann gegeben sein müßten, wenn die Voraussetzungen des § 906 Abs. 2 S. 1 BGB fehlen, weil der Emittent ihm zumutbare Vorkehrungen zur Abwehr der Immissionen von den Grundstückseigentümern nicht in hinreichendem Maß getroffen hat. Zwar ist der Emittent grundsätzlich auch den außerhalb des Nachbarschaftsverhältnisses Betroffenen gegenüber verpflichtet, schädliche Immissionen von ihnen fernzuhalten; das folgt aus seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, die hier nicht deshalb geringer zu bewerten ist, weil es sich um "körperlose" Immissionen handelt. Indes können bessere Möglichkeiten des Betroffenen zum Selbstschutz oder die geringere Anfälligkeit seines Schutzgutes gegenüber Immissionen im Einzelfall Abstriche an den dem emittierenden Grundstückseigentümer obliegenden Sicherungsvorkehrungen rechtfertigen. Insoweit kommt es auf die jeweils konkret betroffene Interessenlage an.
Auch bei derartiger Fallgestaltung hat aber, wenn eine wesentliche Immissionsbeeinträchtigung - etwa wie hier eine Sachbeschädigung - durch seine Emissionen feststeht, der Emittent darzulegen und zu beweisen, daß er die in diesem Fall erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Immissionen ergriffen hat. Insoweit treffen die Gesichtspunkte, die der erkennende Senat einer Beweislastumkehr in Fällen der Produzentenhaftung zugrunde gelegt hat (BGHZ 51, 91, 106 f. [BGH 26.11.1968 - VI ZR 212/66]; 80, 186, 196 ff.), auch hier zu. Wie in jenen Fällen ist auch hier den Geschädigten die Einsicht in die Verhältnisse, unter denen der Emittent sein emittierendes Unternehmen betrieben hat, entzogen. Andererseits gehört es zur Verkehrssicherungspflicht des Emittenten, die erforderliche Kontrolle zur Einhaltung unschädlicher Emissionswerte zu schaffen. Der Anlagenbetreiber steht hinsichtlich der Emission seiner Anlage in der Situation des Produzenten hinsichtlich des Produkts, wenn die Emission die vom Verkehr hinzunehmende Belastungsgrenze überschreitet. Die Emission bleibt dann nicht mehr in dem Bereich des Sicherheitsstandes, den Dritte erwarten dürfen. Allein der Betreiber vermag zu übersehen, ob die Emission unter Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen unter Beachtung aller zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen bewirkt worden ist. Er ist eher als der Geschädigte, der den emissionsträchtigen Vorgängen regelmässig fernsteht, in der Lage, diese Vorgänge aufzuklären.
c)
Daraus ergibt sich, daß entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Kläger einen Pflichtenverstoß der Beklagten darzutun haben, sondern daß es vielmehr grundsätzlich Sache der Beklagten ist, darzulegen und nachzuweisen, die ihr zumutbaren Vorkehrungen getroffen zu haben, um eine Schädigung der Kläger durch Staubimmissionen ihres Kupolofens zu verhinden. Allerdings dürfen die Anforderungen an diesen Entlastungsbeweis nicht überspannt werden, da gewährleistet bleiben muß, daß die Beklagte nicht mit einer bloßen Verursacherhaftung belastet wird, sondern nur für ein Verschulden einzustehen hat.
Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, bei dem Betrieb des Kupolofens seien zu keiner Zeit - insbesondere nicht an den von den Klägern genannten Tagen - die nach der TA-Luft zulässigen Emissionsgrenzwerte überschritten worden. Das Berufungsgericht wird die von der Beklagten angebotenen Beweise zu erheben haben. Zwar handelt es sich bei der TA-Luft um Verwaltungsvorschriften. Die darin genannten Werte können jedoch bei der Kupolofen-Anlage der Beklagten einen Anhalt dafür ergeben, bis zu welcher Grenze die staubförmigen Emissionen auch von den Klägern hinzunehmen sind. Die Beklagte als Anlagebetreiberin darf sich bei dem Betrieb ihrer Anlage an den Emissionswerten der TA-Luft ausrichten. Für die schadensrechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, daß bei Einhaltung solcher Werte regelmässig schädliche, unzulässige Immissionen nicht eintreten werden. Der der TA-Luft zugrunde liegende Zweck, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, steht im Gleichklang mit der vom Haftungsrecht geforderten Pflichtenstellung des Betreibers. Die Werte der TA-Luft sind allerdings nur ein allgemeiner Richtwert dafür, daß bei Einhaltung ihrer Emissionswerte schädliche Immissionen für die umliegenden Grundstückseigentümer verhindert werden (vgl. BGHZ 70, 102, 111; ferner BGH NJW 1983, 751 f. zur Bedeutung von VDI-Richtlinien; Baur a.a.O. S. 660 und JZ 1981, 278, Walter a.a.O.). Die konkreten Verhältnisse können anders liegen; an ihnen hat sich der Emittent auszurichten. Zwar entlastet ihn die Einhaltung der Emissionswerte der TA-Luft regelmässig von dem Verschuldensvorwurf. Anderes kann sich indes ergeben, wenn den Emittenten besondere Umstände zu Zweifeln daran veranlassen mußten, daß die Beachtung der Werte der TA-Luft nicht ausreicht, um unzulässige Immissionen zu vermeiden. Dann sind dem Anlagebetreiber zusätzliche Gefahrabwendungspflichten über die TA-Luft hinaus auferlegt, deren Befolgung er in Anlehnung an das Kriterium der Ortsüblichkeit zu seiner Rechtsverteidigung auch haftungsrechtlich nachzuweisen hat.
Im Streitfall sind derartige besondere Umstände nicht geltend gemacht; sie wären grundsätzlich von den Klägern nachzuweisen. Gelingt der Beklagten der Beweis, daß sich die Emissionen ihrer Anlage während der fraglichen Zeiträume innerhalb der Emissionswerte der TA-Luft gehalten haben, wird sie danach grundsätzlich den Beweisanforderungen genügen.
III.
Der Rechtstreit war danach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Feststellungen - auch zu der bisher als wahr unterstellten Behauptung der Kläger, daß ihre Fahrzeuge durch Staub aus dem Kupolofen der Beklagten beschädigt worden sind - zu treffen. Sollte es im weiteren Verfahren darauf ankommen, ob die Beklagte einem Schuldvorwurf ausgesetzt ist, wird zu beachten sein, daß der Verkehrssicherungspflichtige in erster Linie eigenverantwortlich zu prüfen hat, welche Maßnahmen geboten sind. Möglicherweise wird auch dem Mitverschuldenseinwand der Beklagten noch nachzugehen sein.