BVerfG, 17.12.1953 - 1 BvL 59/52
1. Es besteht kein Rechtsanspruch des einzelnen Gemeindeangestellten gegen den früheren Dienstherrn auf Unterbringung nach dem G 131.
2. Bei der Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG erstreckt sich die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts auf die Vereinbarkeit der Norm mit allen in Betracht kommenden Bestimmungen des Grundgesetzes; das vorlegende Gericht kann die Prüfung nicht auf die Frage der Vereinbarkeit mit einem bestimmten Artikel des Grundgesetzes beschränken.
3. Der Auftrag des Art. 131 GG, die Rechtsverhältnisse des betroffenen Personenkreises durch Bundesgesetz zu regeln, hindert den Bundesgesetzgeber nicht daran, seine Befugnis zur Rechtsetzung im Rahmen des Art. 80 Abs. 1 GG zu übertragen.
4. § 52 G 131 stellt durch die Bezugnahme auf die Abschnitte II und IV des Gesetzes die Rechtsverhältnisse der versorgungsberechtigten Angestellten so weit klar, daß mit den üblichen Mitteln richterlicher Auslegung Einzelfälle entschieden werden können. Daß sich dabei Zweifel ergeben können, berechtigt den Richter nicht dazu, die Auslegung überhaupt abzulehnen.
5. Der Auftrag des Art. 131 GG ging nicht dahin, allen Betroffenen auch dann neue subjektive Rechte zu verleihen, wenn sie nach dem 8. Mai 1945 keine Rechtsansprüche hatten.
6. Gehaltsforderungen für die Zeit zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Termin, an dem ein Angestellter zum Zwecke der politischen Überprüfung von seinem Arbeitsplatz entfernt wurde, werden durch § 77 Abs. 1 G 131 nicht berührt.
7. Die von der britischen Militärregierung durchgeführten oder veranlaßten Amtsentfernungen haben das Angestelltenverhältnis nicht nur suspendiert, sondern rechtswirksam beendet.
Urteil
des Ersten Senats vom 17. Dezember 1953
- 1 BvL 59/52 -
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 52 Satz 1 erster Halbsatz des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 in der Neufassung vom 1. September 1953 (BGBl. I S. 1288) auf Antrag des Landesarbeitsgerichts - I. Kammer - in Kiel im Berufungsverfahren der Stadtgemeinde Kiel gegen den Ingenieur Erich Sch. - 1 Sa 88/52 -.
Entscheidungsformel:
§ 52 Satz 1 erster Halbsatz des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S 307) in der Neufassung vom 1. September 1953 (BGBl. I S. 1288) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und § 6 Abs. 1 des Gesetzes
a) bestimmt, daß diejenigen Angestellten als mit Ablauf des 8. Mai 1945 entlassen gelten, die zu diesem Zeitpunkt einen vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn hatten und deren Arbeitsverhältnis nach den am 8. Mai 1945 geltenden Vorschriften nicht nur aus wichtigem Grunde gekündigt werden könnte,
und
b) sich auf Gemeindeangestellte im Lande Schleswig-Holstein bezieht, die durch die britische Militärregierung oder auf ihre Veranlassung wegen ihrer Verbindung zur NSDAP entlassen worden sind.
Gründe
I.
1. In der Arbeitsrechtsstreitigkeit des Ingenieurs Erich Sch. gegen die Stadtgemeinde Kiel hat das Landesarbeitsgericht - I. Kammer - in Kiel als Berufungsinstanz durch Beschluß vom 10. Juli 1952 das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 52 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 307; im folgenden: G 131) mit Art. 131 Satz 1 des Grundgesetzes vereinbar ist. § 52 Abs. 1 G 131 lautet folgendermaßen:
"Die Vorschriften der Abschnitte II und IV finden auf Angestellte und Arbeiter (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2), die am 8. Mai 1945 einen vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn hatten, und auf ihre Hinterbliebenen entsprechende Anwendung; auf die Versorgungsbezüge werden Renten aus der Sozialversicherung, soweit sie nicht auf freiwilligen Beiträgen beruhen, angerechnet. Die Ausführung regeln die Bundesminister des Innern und der Finanzen durch Rechtsverordnung."
Nach Erlaß des Vorlagebeschlusses hat das Erste Änderungsgesetz vom 19. August 1953 (BGBl. I S. 980) mit rückwirkender Kraft auf den 1. April 1951 die Absätze 2 und 3 des § 52 G 131 abgetrennt und sie mit gewissen Änderungen als §§ 52a und 52 b eingefügt. § 52 Abs. 1 G 131 ist mit unverändertem Wortlaut als § 52 bestehen geblieben. Nur auf ihn bezieht sich nunmehr die Vorlage.
2. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war seit dem 27. November 1933 bei der Beklagten als Angestellter, zuletzt als Ingenieur mit einer Vergütung nach Gruppe V TOA (Tarifordnung A für Angestellte im öffentlichen Dienst) tätig. Am 6. Juni 1945 wurde er auf Anordnung der britischen Militärregierung entlassen. Nachdem er im Entnazifizierungsverfahren am 15. Mai 1951 in die Kategorie V Entlastete) eingestuft worden war, beantragte er am 29. Mai 1951 seine Wiedereinstellung in den städtischen Dienst. Der Antrag wurde abgelehnt. Das ihm gemäß § 48 Abs. 4 des schleswig-holsteinischen Gesetzes zur Fortführung und zum Abschluß der Entnazifizierung vom 10. Februar 1948 (GVBl. S. 33; im folgenden: EG) gezahlte Übergangsgeld im Betrage von 1506.62 DM hat der Kläger nur unter Vorbehalt seiner Rechte angenommen. Bei der Beklagten besteht eine von den Stadtkollegien am 27./28. Februar 1911 beschlossene Ruhelohnordnung, deren § 1 folgendes bestimmt:
"Den im Dienst der Stadt stehenden, nicht beamteten Angestellten sowie den ständigen städtischen Arbeitern wird, wenn sie infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung ihrer Dienste dauernd unfähig sind, ein Ruhelohn, ihren Hinterbliebenen ein Gnadengeld und ein Witwen- und Waisengeld ohne Verleihung eines Rechtsanspruchs gewährt."
Als Voraussetzungen für die Gewährung des Ruhelohns sind in § 2 der Ruhelohnordnung vorgesehen: die volle Erwerbsfähigkeit bei Eintritt in den Dienst der Stadt Kiel, zehnjährige, nach vollendetem 20. Lebensjahr zurückgelegte ununterbrochene Dienstzeit bei der Stadt Kiel und Vollendung des 35. Lebensjahres.
Der Kläger hatte im ersten Rechtszuge geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, ihn nach § 48 Abs. 3 des schleswig- holsteinischen EG wieder einzustellen; mindestens müsse sie ihn nach dem G 131 "unterbringen" und ihm bis zu seiner Wiedereinstellung ein Übergangsgehalt nach § 5 Abs. 2, § 37 Abs. 1 G 131 zahlen. Denn auf Grund seiner Dienstzeit von mehr als zehn Jahren habe er am 8. Mai 1945 einen "vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn" im Sinne des § 52 Abs. 1 G 131 gehabt.
Der Kläger hatte demgemäß beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihn wieder einzustellen, hilfsweise:
2. festzustellen, daß er zu dem Personenkreis gehört, der nach Abschnitt II in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und § 63 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen unterzubringen ist,
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab 1. April 1951 Übergangsgehalt nach den zu 2. genannten Bestimmungen in Verbindung mit der Ruhelohnordnung der Beklagten vom 27./28. Februar 1911 zu zahlen.
Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Urteil vom 26. Februar 1952 unter Übergehung des Hauptantrages dem Hilfsantrag zu 2. und 3. mit der Maßgabe stattgegeben, daß das von der Beklagten bereits gezahlte Übergangsgeld und anderweitig erzielter Verdienst vom Übergangsgehalt abzusetzen seien. Das Arbeitsgericht hat angenommen, nach § 52 Abs. 1 G 131 seien auch die kündbaren Angestellten mit Anspruch auf Ruhelohn wie Beamte auf Lebenszeit zu behandeln.
Bei Erlaß des Urteils war die Dritte Durchführungsverordnung zum G 131 vom 7. April 1952 (BGBl. I S. 230; im folgenden: Dritte Durchführungsverordnung) noch nicht verkündet. Sie bestimmt in § 2, daß diejenigen versorgungsberechtigten Angestellten, deren Arbeitsverhältnis nach dem am 8. Mai 1945 geltenden Recht nur aus wichtigem Grunde gekündigt werden konnte, wie Beamte auf Lebenszeit, die übrigen Angestellten wie Beamte auf Widerruf zu behandeln sind.
Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung, der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Nach Ansicht der Beklagten hatte der Kläger am 8. Mai 1945 keinen Anspruch auf Versorgung oder Ruhelohn im Sinne des § 52 G 131. In keinem Falle könne er Übergangsgehalt nach § 63 Abs. 1 Ziff. 1 in Verbindung mit § 52 Satz 1 und § 37 G 131 verlangen. Denn da sein Arbeitsverhältnis nicht nur aus wichtigem Grunde, sondern mit der tariflichen Frist kündbar gewesen sei, könne der Kläger - selbst wenn er unter § 52 Satz 1 G 131 fallen sollte - gemäß § 2 der Dritten Durchführungsverordnung nicht wie ein Beamter auf Lebenszeit, sondern nur wie ein Beamter auf Widerruf behandelt werden; er gelte also als mit Ablauf des 8. Mai 1945 entlassen. Der Kläger könne daher lediglich nach § 48 Abs. 3 des schleswig- holsteinischen EG das ihm bereits ausgezahlte Übergangsgeld beanspruchen, nicht jedoch Wiedereinstellung verlangen, weil alle für ihn in Betracht kommenden Arbeitsplätze besetzt seien.
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen,
1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihn wieder einzustellen und ihn vom 1. Juli 1951 ab nach Gruppe V TOA zu besolden;
2. hilfsweise: das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe, daß die Anrechenbarkeit des anderweit erzielten
Arbeitsverdienstes in Höhe von insgesamt 135.- DM nicht ausgesprochen wird.
Er ist der Ansicht, der Wiedereinstellungsanspruch nach dem schleswig-holsteinischen Landesrecht (§ 48 Abs. 2 EG) sei die günstigere Regelung im Sinne des § 63 Abs. 3 G 131 und gehe daher dem Anspruch auf Unterbringung und Zahlung von Übergangsgehalt nach § 52 Abs. 1 G 131 vor. Der Hilfsantrag auf Unterbringung und Zahlung des Übergangsgehalts sei gerechtfertigt, weil die in § 52 Abs. 1 G 131 vorgesehene "entsprechende" Anwendung der für die Beamten geltenden Regelung dazu führe, daß alle versorgungsberechtigten Angestellten wie lebenslängliche Beamte zu behandeln seien. Wenn § 2 der Dritten Durchführungsverordnung die kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten den Widerrufsbeamten gleichstelle, so überschreite er die Grenzen der Ermächtigung in § 52 Abs. 1 Satz 2 G 131 und sei daher unwirksam.
3. Das Landesarbeitsgericht Kiel hält § 52 Abs. 1 G 131 wegen Verstoßes gegen Art. 131 Abs. 1 GG für verfassungswidrig. Die Frage der Rechtsgültigkeit dieser Bestimmung sei für die Entscheidung erheblich. Denn der Hauptantrag auf Wiedereinstellung sei nur dann begründet, wenn die landesrechtliche Regelung des § 48 Abs. 3 EG günstiger sei als § 52 Abs. 1 G 131. Die Anwendung des § 48 EG hänge also von der Vorfrage ab, "ob bzw. welche Rechte dem Kläger aus § 52 Abs. 1 des Gesetzes zu Art. 131 GG erwachsen".
Die Verfassungswidrigkeit des § 52 G 131 begründet das Gericht wie folgt:
Nach Art. 131 Satz 1 GG seien die Rechtsverhältnisse des betroffenen Personenkreises durch Bundesgesetz zu regeln. Das G 131 habe zwar die Rechtsverhältnisse der Beamten bis ins einzelne geregelt, jedoch für die versorgungsberechtigten Angestellten lediglich die entsprechende Anwendung der für Beamte vorgesehenen Abschnitte II und IV des Gesetzes angeordnet und die Einzelheiten der Regelung im Verordnungswege überlassen. Dies sei keine Regelung "durch Bundesgesetz". Aus dem Gesetz selbst gehe nicht hervor, welche Gruppen von Angestellten den Beamten auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Widerruf gleichzustellen seien. Den einzelnen Beamtengruppen stünden schon im Regelfall keine genau entsprechenden Gruppen von Angestellten gegenüber, abgesehen davon, daß auch vertragliche Sonderregelungen mit Angestellten möglich und üblich seien. Sollte im übrigen § 52 Abs. 1 Satz 1 G 131 so zu verstehen sein, daß lediglich diejenigen versorgungsberechtigten Angestellten, deren Arbeitsverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte, zur Wiederverwendung stehen und Anspruch auf Übergangsgehalt haben, so wäre der weitaus überwiegende Teil der versorgungsberechtigten Angestellten von allen Rechten ausgeschlossen. Dies sei keine Regelung zu Gunsten dieses Personenkreises, wie Art. 131 Satz 1 GG sie vorschreibe.
II.
Das Bundesverfassungsgericht hat gemäß §§ 82, 77 BVerfGG dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, sämtlichen Landesregierungen und den Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Bundestag, Bundesrat und Landesregierungen haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Bundesregierung und der Magistrat der Stadt Kiel halten die verfassungsrechtlichen Bedenken des Landesarbeitsgerichts Kiel gegen § 52 G 131 nicht für begründet. Der Kläger würde § 52 G 131 nur dann für verfassungswidrig halten wenn die Bestimmung so auszulegen wäre, daß nur die unkündbaren versorgungsberechtigten Angestellten den Beamten auf Lebenszeit gleichgestellt sind.
In der mündlichen Verhandlung vom 22. September waren die Bundesregierung und die Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vertreten.
III.
1. Das Landesarbeitsgericht konnte nach § 80 Abs. 1 BVerfGG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar einholen, da das Bundesarbeitsgericht noch nicht errichtet ist.
2. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts kommt es für die Entscheidung über den Hauptantrag auf Wiedereinstellung darauf an, ob § 52 G 131 gültig ist. Wiedereinstellung nach § 48 Abs. 3 EG könne der Kläger nur verlangen, wenn diese landesrechtliche Regelung "günstiger" sei als die Bestimmung des § 52 G 131. Um das prüfen zu können, müsse klargestellt werden, ob § 52 G 131 rechtsgültig sei.
Aus diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts geht hervor, daß es die Entscheidung darüber, welche Regelung günstiger sei, nicht von dem Ergebnis für den Einzelfall, sondern von einem allgemeinen Vergleich der in Betracht kommenden Vorschriften abhängig machen will. Würde es nämlich auf den Einzelfall abstellen, so könnte es über den Hauptantrag entscheiden, ohne die Verfassungsmäßigkeit des § 52 G 131 prüfen zu müssen. Denn welche Auslegung man dieser Vorschrift - für den Fall ihrer Rechtswirksamkeit - auch geben mag: ein Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung kann aus ihr offensichtlich nicht hergeleitet werden. Insbesondere würde auch die Pflicht der Stadtgemeinde Kiel zur Unterbringung gemäß § 63 Abs. 1, § 52, § 11 Abs. 1 G 131 dem Kläger keinen Rechtsanspruch auf Unterbringung geben (vgl. OVG Münster in VerwRspr. 5, 434; Bad.Württ. VGH, Senat Karlsruhe, ebenda, 5, 436 [439], und besonders die eingehenden Ausführungen des LVG Rheinland-Pfalz vom 28. Juli 1953 - 2 A 33/52 -, auszugsweise veröffentlicht in Zeitschrift für Beamtenrecht und Beamtenpolitik 1953, 146). Das Landesarbeitsgericht hätte daher ohne Berücksichtigung des § 52 G 131 prüfen und entscheiden können, ob dem Kläger nach § 48 EG ein Anspruch auf Wiedereinstellung zustehe oder ob der Hauptantrag deshalb unbegründet sei, weil verfügbare Stellen nicht vorhanden seien und daher - jedenfalls entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts - der Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung wegen Unzumutbarkeit entfalle.
Sind dagegen bundes- und landesrechtliche Regelung allgemein zu vergleichen, dann kann der Anspruch auf Wiedereinstellung nicht geltend gemacht werden, wenn allgemein die Regelung des § 52 G 131 günstiger ist als der vom Vorhandensein verfügbarer Stellen abhängige und daher unsichere Wiedereinstellungsanspruch nach § 48 EG. Die herrschende Rechtsprechung lehnt zwar einen solchen allgemeinen Vergleich der bundes- und landesrechtlichen Vorschriften ab. Die entgegengesetzte Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist aber nicht offensichtlich unhaltbar (BVerfGE 2, 181 [191]).
Ob die Regelung nach § 52 G 131 allgemein günstiger ist als die nach § 48 EG hängt davon ab, ob kündbare versorgungsberechtigte Angestellte - wie der Kläger - nach § 52 G 131 den Beamten auf Lebenszeit oder den Beamten auf Widerruf gleichgestellt sind. Das Landesarbeitsgericht sieht sich jedoch an einem solchen allgemeinen Vergleich dadurch gehindert, daß die Regelung des § 52 G 131 unklar und unvollständig und eben deshalb verfassungswidrig sei. Von diesem nicht offensichtlich unhaltbaren Rechtsstandpunkt aus hängt die Entscheidung über den Hauptantrag in der Tat ab von der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 52 G 131.
3. Das Landesarbeitsgericht hat zwar § 52 G 131 (§ 52 Abs. 1 der ursprünglichen Fassung) in vollem Umfang zur Prüfung gestellt. Für die Entscheidung kommt es jedoch weder auf den zweiten Halbsatz von Satz 1 an, der die Anrechnung von Renten aus der Sozialversicherung betrifft, noch auf Satz 2, der die Bundesminister des Innern und der Finanzen zum Erlaß von Ausführungsverordnungen ermächtigt. Ist nämlich der erste Halbsatz des § 52 Satz 1 G 131 verfassungsmäßig, ist also seine Regelung - im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts - hinreichend klar und erschöpfend, dann trägt auch das Landesarbeitsgericht - wie aus seiner bisherigen Rechtsprechung hervorgeht - keine Bedenken dagegen, daß die Ermächtigung, diese Einzelbestimmung durch eine Ausführungsverordnung näher zu regeln, den Erfordernissen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht. Die weitere Frage, ob die Dritte Durchführungsverordnung sich im Rahmen dieser Ermächtigung hält, wäre vom Landesarbeitsgericht selbständig zu prüfen (BVerfGE 1, 184 [189, 201]).
Aber auch § 52 Satz 1 erster Halbsatz G 131 ist nicht schlechthin, sondern nur im Rahmen der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Rechtsfrage (§ 81 BVerfGG) auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. § 52 G 131 betrifft einen großen Kreis von Angestellten und Arbeitern des früheren Reiches, der früheren Länder und der Gemeinden, die aus ganz verschiedenartigen tatsächlichen und rechtlichen Gründen zu dem unter das G 131 fallenden Personenkreis gehören. Zu einer Prüfung, ob der Gesamtinhalt der Bestimmung hinsichtlich aller von ihr Betroffenen verfassungsmäßig sei, kann die Vorlage nicht führen. Eine so weitgehende Entscheidung wird durch Sinn und Zweck der vom Einzelfall ausgehenden Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht gefordert.
Die in der Vorlage gestellte Rechtsfrage muß also genauer dahin bestimmt werden, ob der erste Halbsatz des § 52 Satz 1 G 131 insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als er Gemeindeangestellte im Lande Schleswig-Holstein betrifft, die am 8. Mai 1945 einen vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn hatten, deren Arbeitsverhältnis nach dem am 8. Mai 1945 geltenden Recht nicht nur aus wichtigem Grunde gekündigt werden konnte und die durch die britische Militärregierung oder auf ihre Veranlassung wegen Verbindung mit der NSDAP entlassen worden sind.
In diesem Umfang ist § 52 Satz 1 erster Halbsatz G 131 unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Beschränkung der Vorlage auf die Prüfung der Vereinbarkeit mit Art. 131 Satz 1 GG ist demgegenüber ohne Bedeutung.
IV.
§ 52 G 131 ist, soweit er den Gegenstand dieses Verfahrens bildet, mit dem Grundgesetz vereinbar.
1. Ein Verstoß gegen Art. 131 Satz 1 GG liegt nicht vor.
a) Der Auftrag des Art. 131 GG, die Rechtsverhältnisse des betroffenen Personenkreises "durch Bundesgesetz" zu regeln, verpflichtet den Bundesgesetzgeber nicht, alle hierfür erforderlichen Vorschriften bis ins einzelne in einem formellen Gesetz zusammenzufassen. Die Worte "durch Bundesgesetz" haben vor allem kompetenzbegründende Bedeutung. Art. 131 GG schafft für die von ihm umschriebene Rechtsmaterie neben Art. 73 Ziff. 8 und Art. 75 Ziff. 1 GG eine weitere Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstes. Sie berechtigt den Bundesgesetzgeber, seine Befugnis zur Rechtsetzung im Rahmen des Art. 80 Abs. 1 GG zu übertragen. Wenn daher § 52 Satz 1 erster Halbsatz G 131 nur eine grundsätzliche Regelung trifft und in Satz 2 die nähere Ausführung einer Durchführungsverordnung vorbehält, so liegt darin noch kein Verstoß gegen Art. 131 Satz 1 GG.
b) Der Auftrag, die Rechtsverhältnisse "zu regeln", verpflichtet freilich den Bundesgesetzgeber zu einer umfassenden, in sich verständlichen Rechtsetzung für alle in den Bereich des Art. 131 GG fallenden Personengruppen; sie alle müssen erkennen können, ob und welche Rechte ihnen zustehen. Diesen Erfordernissen genügt § 52 Satz 1 G 131.
Die Bezugnahme auf die Abschnitte II und IV des Gesetzes stellt die Rechtsverhältnisse der versorgungsberechtigten Angestellten soweit klar, daß mit den üblichen Mitteln der Auslegung Einzelfälle entschieden werden können. Vorschriften "entsprechend" anzuwenden, ist der Richter oftmals berufen, und immer hat er dabei seine Urteilsfähigkeit einzusetzen, um zu ermitteln, welche Tatbestände, von den Wertmaßstäben des Gesetzes aus gesehen, denen entsprechen, die das Gesetz unmittelbar bezeichnet. Daß sich bei dieser Auslegung Zweifel ergeben können, berechtigt den Richter nicht dazu, die Auslegung überhaupt abzulehnen; denn eine jeden Rechtszweifel ausschließende und jeden Sonderfall ausdrücklich berücksichtigende Regelung eines Rechtsgebietes ist ohnehin nicht möglich.
Das Gesetz hebt lediglich die Angestellten mit Anwartschaft auf Versorgung aus dem Kreis der Angestellten heraus und ordnet nur für sie die entsprechende Anwendung der für die Beamten geltenden Bestimmungen an. Abschnitt II des Gesetzes unterscheidet die beiden großen Gruppen der Beamten auf Lebenszeit und auf Zeit einerseits, der Beamten auf Widerruf andererseits und trifft für beide Beamtengruppen verschiedene Regelungen. Beamte auf Lebenszeit (und auf Zeit) stehen grundsätzlich zur Wiederverwendung, nehmen an der Unterbringung teil und erhalten unter bestimmten Voraussetzungen Übergangsgehalt oder Ruhegehalt (§§ 5, 11, 37 G 131). Beamte auf Widerruf gelten als mit Ablauf des 8. Mai 1945 durch Widerruf entlassen; sie erhalten daher kein Übergangsgehalt, nehmen aber an der Unterbringung teil (vgl. §§ 6, 11 G 131). Wenn das Gesetz die versorgungsberechtigten Angestellten diesen beiden großen Beamtenkategorien gegenüberstellt und die entsprechende Anwendung der für die Beamten geltenden Vorschriften anordnet, so gibt es damit eindeutig zu verstehen, daß entsprechende Unterschiede in der rechtlichen Gestaltung der Dienstverhältnisse der versorgungsberechtigten Angestellten berücksichtigt werden sollen.
Für die Beurteilung der Frage, welche versorgungsberechtigten Angestellten den Beamten auf Lebenszeit und welche den Beamten auf Widerruf gleichzustellen sind, führt eine sinngerechte Auslegung zu folgendem Ergebnis: Den Beamten auf Lebenszeit entsprechen diejenigen Angestellten mit Anwartschaft auf Versorgung, die nur aus wichtigem Grund kündbar waren. Beide Kategorien haben gemeinsam, daß sie nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe aus dem Dienst entlassen werden können, so daß ihre Anwartschaft auf Versorgung in besonderem Maße gesichert ist. Den Beamten auf Widerruf entsprechen die kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten. Das gemeinschaftliche Merkmal dieser beiden Gruppen liegt darin, daß ihr Dienstverhältnis leichter gelöst werden kann, so daß auch ihre Anwartschaft auf Versorgung weniger gesichert ist. Der Widerrufsbeamte ist nicht etwa - wie das Landesarbeitsgericht meint - deshalb weniger stark mit dem Dienstherrn verbunden als der kündbare Angestellte, weil er in der Regel nur zu vorübergehendem Zweck, der Angestellte dagegen zur Erledigung von Daueraufgaben berufen ist. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf ist vielmehr in der Regel eine Übergangs- und Entwicklungsstufe, die zur Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit führt. So bestimmt § 30 Abs.2 DBG, daß der Beamte auf Widerruf, der sich in einer Planstelle befindet und nach Vollendung des 27. Lebensjahres eine Bewährungsfrist von 6 Jahren zurückgelegt hat, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen ist. Nur für einen kleinen Kreis von Beamten auf Widerruf gilt diese Regelung nicht, und zwar vornehmlich - mit Rücksicht auf die besondere Struktur der Hochschulen - für außerplanmäßige Professoren, Dozenten und wissenschaftliche Assistenten (vgl. hierzu die Sonderregelung des § 70 Abs. 2 G 131).
Ähnlich wie die Beamten auf Widerruf haben die kündbaren Angestellten die Möglichkeit, die einem Beamten auf Lebenszeit entsprechende Rechtsstellung eines nur aus wichtigem Grund kündbaren Angestellten zu erlangen. Voraussetzung hierfür ist jedoch gemäß § 16 Abs. 4 TOA die Vollendung einer Dienstzeit von 25 Jahren, während ein Beamter auf Widerruf in der Regel sehr viel früher - spätestens nach 6 Jahren planmäßiger Dienstzeit (§ 30 Abs. 2 DBG) - Beamter auf Lebenszeit wurde. Hiernach hat der Beamte auf Widerruf eher eine stärkere Bindung an den Dienstherrn als der kündbare Angestellte.
Auch die Möglichkeit und die Rechtsfolgen der Beendigung der Dienstverhältnisse sind bei den kündbaren Angestellten und Widerrufsbeamten grundsätzlich gleich geregelt. Den Bestimmungen über den Kündigungsschutz des Angestellten aus § 16 Abs. 2 TOA entsprechen weitgehend die Vorschriften des § 62 DBG über die Zahlung von Übergangsgeld. Der entscheidende Gesichtspunkt dafür, daß die nur aus wichtigem Grunde kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten den Beamten auf Lebenszeit entsprechend, die kündbaren dagegen den Beamten auf Widerruf entsprechend zu behandeln sind, ist das Maß ihrer früheren Bindung an den Dienstherrn. Die Richtigkeit dieser Auslegung wird dadurch bestätigt, daß das G 131 auch bei der unterschiedlichen Regelung der Rechtsverhältnisse anderer Gruppen an die mehr oder weniger starke Bindung zwischen Dienstherrn und Angestellten anknüpft. So gibt § 52 a (früher § 52 Abs. 2) G 131 den nur aus wichtigem Grund kündbaren nicht versorgungsberechtigten Angestellten Anspruch auf Übergangsbezüge und läßt sie an der Unterbringung teilnehmen; dagegen gilt das Dienstverhältnis der mit Frist kündbaren nicht versorgungsberechtigten Angestellten nach § 52 b (früher § 52 Abs. 3) G 131 als mit Ablauf des 8. Mai 1945 beendet.
c) Das Landesarbeitsgericht meint, eine Auslegung - wie die vorstehend entwickelte -, nach der die kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten den Beamten auf Widerruf gleichstehen, verstoße ihrerseits gegen Art. 131 GG. Denn im Hinblick darauf, daß auch das Arbeitsverhältnis der nicht versorgungsberechtigten kündbaren Angestellten als am 8. Mai 1945 beendet gilt (§ 52 b Abs. 1 G 131), würde bei dieser Auslegung "die weitaus überwiegende Mehrheit der Angestellten ... des öffentlichen Dienstes - im Gegensatz zu der Beamtenschaft, innerhalb deren die Widerrufsbeamten am 8. Mai 1945 eine unbedeutende Minderheit bildeten - keine bzw.... nur geringfügige, praktisch nicht durchsetzbare Rechte" erhalten. Eine solche Regelung würde wie das Landesarbeitsgericht meint - "der verfassungsmäßig festgelegten Verpflichtung des Bundesgesetzgebers" widersprechen, "die Rechte der von Art. 131 GG erfaßten Angestellten ... des öffentlichen Dienstes zu ihren Gunsten zu regeln".
Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist nicht haltbar. Der Auftrag des Art. 131 GG, unklar gewordene Rechtsverhältnisse zu regeln, ging nicht dahin, allen Betroffenen auch dann, wenn sie tatsächlich keine Rechtsansprüche mehr hatten, neue subjektive Rechte zu verleihen. Vielmehr hatte der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Rechtsstellung der verschiedenen Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zur Zeit des Zusammenbruchs zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betroffenen neue Rechte erhalten sollten oder inwieweit ihre Wiederbeschäftigung nach den Erfordernissen und Möglichkeiten des öffentlichen Dienstes besonders gefördert werden sollte. Wenn der Gesetzgeber auf Grund dieser Prüfung im Rahmen der Gesamtregelung denjenigen Angestellten, die in einem jederzeit kündbaren öffentlichen Dienstverhältnis standen, Rechtsansprüche versagt, so liegt darin allein noch kein Verstoß gegen Art. 131 GG. Für die kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten, deren Rechtsverhältnisse in § 52 G 131 geregelt sind, gilt das um so weniger, als sie an der Unterbringung teilnehmen; wenn auch der einzelne Angestellte auf die Unterbringung keinen Rechtsanspruch hat, so bietet ihm die entsprechende Verpflichtung des Dienstherrn - im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts - doch eine praktisch bedeutsame Aussicht auf Wiederverwendung im öffentlichen Dienst.
2. Auch Verstöße gegen andere Bestimmungen des Grundgesetzes liegen nicht vor.
a) Aus § 52 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 G 131 ergibt sich, daß das Arbeitsverhältnis der kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten als mit Ablauf des 8. Mai 1945 durch Kündigung beendet gilt. Diese Regelung verletzt nicht das Grundrecht aus Art. 14 GG, jedenfalls nicht, soweit sie die hier allein zu beurteilenden Rechtsverhältnisse von Gemeindeangestellten im Lande Schleswig-Holstein betrifft, die wegen ihrer Verbindung mit der NSDAP von der britischen Militärregierung oder auf ihre Veranlassung entlassen worden sind. Denn mit dieser Entlassung war das Angestelltenverhältnis - wie im folgenden ausgeführt werden wird - rechtswirksam beendet, so daß den Betroffenen für die Zukunft keine Forderungen zustanden, die hätten enteignet werden können. Forderungen für die Zeit zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Tage der Entlassung können durch das G 131 nicht enteignet sein, weil eine sinnvolle "entsprechende" Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Kapitels I des Gesetzes ergibt, daß Gehaltsansprüche aus einem über den 8. Mai 1945 hinaus tatsächlich fortgesetzten Arbeitsverhältnis durch § 77 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1, § 52 G 131 nicht berührt werden (vgl. auch für den Fall der Statusregelung die entsprechende Auslegung bei Anders, Gesetz zu Artikel 131 GG, 2. Aufl. 1952, § 62 Anm. 8 und § 63 Anm. 2).
Die von der britischen Militärregierung durchgeführten oder veranlaßten Entlassungen haben das Angestelltenverhältnis nicht nur suspendiert, sondern rechtswirksam beendet: Nach dem Zusammenbruch waren gemäß Ziffer IV der Proklamation Nr. 1 der Militärregierung Deutschland, Kontroll-Gebiet des Obersten Befehlshabers (ABl. MilReg. Deutschland, Kontroll-Gebiet der einundzwanzigsten Armeegruppe, Nr. 2 S. 1), alle Beamten und Angestellten öffentlicher und gemeinwirtschaftlicher Betriebe verpflichtet, "bis auf weiteres auf ihren Posten zu verbleiben" und die Befehle der Militärregierung auszuführen. Die Dienstverhältnisse aller damals im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen standen also unter dem Vorbehalt, daß die Militärregierung jederzeit in das Rechtsverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Dienstpflichtigen eingreifen, insbesondere auch das Dienstverhältnis beendigen könne (vgl. hierzu die Ausführungen unter C I 2 a des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 1953 - 1 BvR 147/52 -). An Vorschriften des deutschen Rechts war die Militärregierung bei diesen Maßnahmen nicht gebunden (vgl. Gesetz Nr. 6 der Militärregierung Deutschland, Kontroll-Gebiet des Obersten Befehlshabers, über die Befreiung von Vorschriften des deutschen Rechts durch Anordnung der Militärregierung - ABl. MilReg. Deutschland, Kontroll-Gebiet der einundzwanzigsten Armeegruppe, Nr. 3 S. 14 -).
Die Militärregierung griff in die Dienstverhältnisse der nach dem Zusammenbruch weiterbeschäftigten oder neu eingestellten Behördenbediensteten vornehmlich zum Zwecke der Entnazifizierung ein. Rechtsgrundlage für diese Maßnahme war - wie in allen anderen Zonen - auch im britischen Besatzungsgebiet die Kontrollrats-Direktive Nr. 24. Die von ihr angeordnete Entfernung aus dem Amt zum Zwecke der politischen Überprüfung war - wie unter C I 2 c des genannten Urteils dargestellt ist - als endgültige Entlassung gedacht. Ob die Direktive Nr. 24 unmittelbar geltendes Recht war (so der Bundesgerichtshof in BGHZ 7, 156 [158]) oder nur eine interne Anweisung des Kontrollrats an die Militärregierungen, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat die britische Militärregierung sich an die für sie bindende Direktive Nr. 24 gehalten. Das zeigt sich gerade auch darin, daß sie bei der Übertragung der Entnazifizierung auf deutsche Stellen durch die Verordnung Nr. 110 vom 1. Oktober 1947 (ABl. BrMilReg. S. 608) in Art. I die Regierungen der Länder ausdrücklich verpflichtete, "die Grundsätze und Vorschriften der Direktiven Nr. 24 und 38 des Kontrollrats auszuführen".
Aus den einzelnen die Entnazifizierung regelnden Anweisungen der britischen Militärregierung kann nicht entnommen werden, daß sie die auf Grund der Direktive Nr. 24 vorgenommenen Entfernungen aus dem Amt anders als im Sinne einer endgültigen Entlassung aufgefaßt hätte:
Die Zonen-Exekutiv-Anweisung Nr. 54 der britischen Militärregierung vom 30. November 1946 spricht unter Nr. 3 V b davon, daß Nazis und Militaristen von geringerer Bedeutung ... aus ihren Ämtern und leitenden Stellungen entfernt oder von ihnen ferngehalten worden (sind), gemäß den Anweisungen der Kontrollrats-Verordnung Nr. 24 vom 12. Januar 1946". Die Anweisung geht also davon aus, daß die Entfernungen in Übereinstimmung mit der Kontrollrats-Direktive durchgeführt worden sind, also endgültig waren. Nach Nr. 13 II der Zonen- Exekutiv-Anweisung Nr. 54 soll die endgültige Kategorisierung vorgenommen werden, nachdem eine Entscheidung über die Entnazifizierung getroffen ist; in den Fällen jedoch, in denen jemand bereits auf Grund der Bestimmungen der Zonen-Exekutiv- Anweisung Nr. 3 (ursprüngliche Fassung) oder auf Grund von früheren Anordnungen aus dem Amt entfernt oder ausgeschlossen worden ist, "muß der Betreffende einer entsprechenden Kategorie zugewiesen werden". Nach dieser Bestimmung hat also eine spätere Kategorisierung keine Bedeutung für eine bereits früher erfolgte Amtsentfernung.
Art. Il der Verordnung Nr. 79 vom 24. Februar 1947 (ABl. BrMilReg. S. 422) bestimmt zur Ausführung der KontrollratsDirektive Nr. 38, daß die deutschen Entnazifizierungsausschüsse alle Personen endgültig in die Kategorien III, IV und V einzureihen haben, "ganz gleich, ob sie angestellt sind oder nicht oder ob sie sich um eine Anstellung bewerben"; ferner wird in Art. XIII unter Nr. 16 c betont, daß "keine Bestimmung dieser Verordnung ... so ausgelegt werden (soll), daß sie jemandem das Recht gibt, in einer Stellung zu verbleiben oder eine solche zu erhalten, welche er auf andere Weise nicht hätte". Die Einreihung in Kategorien mit den dort als möglich vorgesehenen Amtsentfernungen oder sonstigen Berufsbeschränkungen war demnach auch dann vorzunehmen, wenn der betreffende Angestellte bereits aus dem Amt entfernt war; andererseits sollte eine Kategorisierung. die keine Amtsbeschränkungen zur Folge hatte, nicht etwa einen Rechtsanspruch auf ein früheres Amt verleihen.
Die Zonen-Exekutiv-Anweisung Nr. 3 (Neufassung) vom 7. März 1947 bestimmt im zweiten Teil unter Nr. 11 II, daß "jeder, der auf Empfehlung des Entnazifizierungsausschusses durch Public Safety (Special Branch) aus seinem Amt entfernt worden ist und dessen Berufung stattgegeben wird, ... so schnell wie möglich in sein früheres Amt oder in eine entsprechende Position eingesetzt werden" muß. Hierzu ist im Haushalts- und Besoldungsblatt für das Britische Besatzungsgebiet (1947 Nr. 3 S. 14 ff.) eine grundsätzliche Stellungnahme der britischen Militärregierung - HQ Entnazifizierung, I. A. & C. Abteilung, Zonen-Ausführungs-Behörden, C. C. G. (B. E.), Bünde, 62 H. Q. C.C.G. BAOR - vom 4. März 1947 bekanntgegeben worden. Dort heißt es unter Nr. 4 und 5, daß bei Mitläufern, gegen die besondere Sühnemaßnahmen im Gesetz nicht vorgesehen seien, die Wiedereinstellung zwar zulässig, aber keine Mußvorschrift sei, so daß hier nur eine Neueinstellung in Frage komme; die Einrichtung etwaiger überplanmäßiger Stellen für solchen Zweck sei jedoch kaum zu rechtfertigen. In der Erklärung wird ferner darauf hingewiesen, daß die Exekutiv-Anweisung Nr. 3 mit den Worten "wenn einer Berufung stattgegeben wird" nur an solche Fälle denke, in denen der Berufungskläger entlastet sei, ohne daß ein "Makel" zurückbleibe. Nur in solchen Fällen sei es "offensichtlich erforderlich, daß die betreffende Behörde ihn so schnell wie möglich wieder in den vollen Genuß seines früheren Gehaltes und seiner früheren Stellung einsetzt, unter der Voraussetzung, daß gesundheitlich keine Bedenken bestehen und er nicht pensionsfähig ist". Wenn die britische Militärregierung ausdrücklich hervorhebt, daß die Wiedereinstellung der Mitläufer nicht zwingend vorgeschrieben (keine "Mußvorschrift") sei, so kann daraus gefolgert werden, daß sie gegenüber den "ohne jeden Makel Entlasteten" eine Wiedereinstellungspflicht annimmt. Auch hier aber kann es sich nach dem gesamten Sinnzusammenhang nur um eine Unterbringungspflicht des Dienstherrn handeln, aus der weder auf das Fortbestehen des früheren Beamten- oder Angestelltenverhältnisses geschlossen noch ein individueller Rechtsanspruch des Beamten oder Angestellten auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. Dafür spricht schon, daß die Behörde den Betroffenen "so schnell wie möglich" und nur, wenn "gesundheitlich keine Bedenken bestehen", wiedereinzustellen hat.
Das aus den gesetzlichen Bestimmungen und internen Anweisungen der britischen Militärregierung gefolgerte Ergebnis wird bestätigt durch Nr. 4 f. der Finanztechnischen Anweisung Nr. 89 (Haushalts- und Besoldungsblatt für das Britische Besatzungsgebiet, 1947, Nr. 2 S. 3). Danach sind folgende Zahlungen verboten:
"Gehälter, Löhne ... und andere Arten von Entschädigungen, die an Beamte oder Angestellte des Reichs, der Länder, der Provinzen, der Regierungsbezirke, der Stadt- oder Landkreise sowie der von diesen beherrschten Rechtsgebilde für einen Zeitraum, der mit dem 1. Juli 1945 oder später anfängt, zu zahlen sind, wenn in diesem Zeitraum die in Betracht kommenden Beamten oder Angestellten sich der Ausführung ihrer behördlichen Befugnisse entweder infolge einer Anordnung der Militärregierung oder aus einem anderen Grunde nicht widmen."
"Für diesen Zeitraum gilt das Dienstverhältnis als erloschen.... Die Beendigung eines Dienstverhältnisses oder die Einstellung von Gehältern, Löhnen und anderen Zuwendungen gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sollen sich aber nicht so auswirken, daß dem in Betracht kommenden Beamten oder Angestellten ein ihm aus seinem vorangehenden Dienstverhältnis zustehendes Recht oder eine solche Begünstigung (mit Ausnahme des Anspruchs auf Zuwendungen für den in Frage kommenden Zeitraum) genommen wird, vorausgesetzt, daß die Wiedereinstellung des Beamten oder Angestellten und die effektive Aufnahme der Diensttätigkeit vor dem 1. Januar 1947 stattfinden..."
In der Verordnung Nr. 99, Anhang Nr. 15, vom 15. September 1947 (ABl. BrMilReg. S. 591) wird dieselbe Regelung für "Beamte oder Angestellte deutscher Regierungsstellen über der Länderebene einschließlich Reichspost, Reichsbahn und regierungseigener Dienststellen" aufrechterhalten, jedoch die Bestimmung, daß die Rechte bei Wiedereinstellung aufrechterhalten bleiben sollen, nicht wiederholt.
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß die britische Militärregierung eine endgültige Beendigung der Dienstverhältnisse annahm, und nur für den Fall der Wiedereinstellung die Anrechnung der vor der Entlassung zurückgelegten Dienstzeit zuließ. Wenn später die gesamte Bestimmung durch die Anordnung Nr. 1 vom 1. April 1948 (ABl. BrMilReg. S. 819) aufgehoben wurde, so wurde dadurch der Verlust des Gehaltsanspruchs nicht rückwirkend beseitigt (vgl. BGHZ 7, 156 [160]).
Die Finanztechnische Anweisung Nr. 88 (Haushalts- und Besoldungsblatt für das Britische Besatzungsgebiet, 1947, Nr. 2 S. 4) spricht zwar in Nr. 4 und 5 von "Suspendierung wegen schwebender Denazifizierung". In Nr. 4 kann jedoch dieser Ausdruck nicht im technischen Sinne verstanden werden, da Nr. 4 nur Versorgungsempfänger betrifft, bei denen eine vorläufige Entfernung vom Amt nicht in Betracht kommt. Schon das spricht dafür, daß der Ausdruck "Suspendierung" auch in Nr. 5 nicht im technischen Sinne gemeint ist. Ebenso wie in Nr. 4 unter "Suspendierung" nur die Zeit gemeint sein kann, in der tatsächlich keine Versorgungsbezüge gezahlt wurden, muß der Ausdruck in Nr. 5 dahin gedeutet werden, daß er nur die Zeit meint, in der der Beamte tatsächlich nicht im Amt war. Aus der Verwendung des Wortes "Suspendierung" in diesem Zusammenhang kann deshalb nicht geschlossen werden, daß die britische Militärregierung die Rechtsauffassung habe bekunden wollen, die Entfernung aus dem Amt zum Zwecke der politischen Überprüfung sei als eine Suspension im technischen Sinne zu verstehen, während der das Dienstverhältnis rechtlich weiter bestanden habe. Dies ergibt sich vor allem aus dem Zusammenhang mit der unmittelbar folgenden, oben behandelten Finanztechnischen Anweisung Nr. 89.
Auch die deutsche Gesetzgebung in der britischen Besatzungszone geht offensichtlich davon aus, daß die von der britischen Militärregierung vorgenommene oder veranlaßte Entfernung aus dem Dienst zum Zwecke der politischen Überprüfung das Dienstverhältnis beendet habe. Dies ist im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 1953 - 1 BvR 147/52 - unter C I 2 e näher ausgeführt.
b) § 52 Satz 1 erster Halbsatz G 131 in dem hier zu prüfenden Umfange verletzt auch nicht den Gleichheitssatz. Wenn die nur aus wichtigem Grund kündbaren versorgungsberechtigten Angestellten zur Wiederverwendung stehen, an der Unterbringung teilnehmen und Übergangsbezüge erhalten, während die kündbaren lediglich an der Unterbringung teilnehmen, so folgt die Berechtigung dieser Unterscheidung aus der verschiedenartigen Bindung beider Gruppen an ihren Dienstherrn. Sie ist daher im Rahmen des Art. 3 GG nicht zu beanstanden. Im übrigen hat das G 131 bei der Regelung der Rechtsverhältnisse der kündbaren Angestellten die Anwartschaft auf Versorgung gebührend berücksichtigt und als Grund für eine Differenzierung anerkannt. Denn nach § 52 in Verbindung mit § 11 G 131 nehmen nur diejenigen kündbaren Angestellten, die versorgungsberechtigt sind, an der Unterbringung teil, die übrigen dagegen nicht. Sie können nach § 52 b Abs. 2 G 131 lediglich dann, wenn sie eine Dienstzeit von mindestens zehn Jahren abgeleistet haben, auf den Pflichtanteil angerechnet werden.
Daß auch sonst ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht vorliegt, ist in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 1953 - 1 BvR 323/51 - unter C V 25 dargelegt. Dort ist ferner unter C V 3 ausgeführt, daß Art. 33 Abs. 5 GG für die Dienstverhältnisse der Angestellten nicht maßgebend ist.