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Art. 1 GG - Menschenwürde, Menschenrechte, Grundrechtsbindung (Kommentar)

(1) ¹Die Würde des Menschen ist unantastbar. ²Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

1. Bedeutung und Grundrechtscharakter

Der in Art. 1 I GG verankerte Schutz der Menschenwürde steht bewusst an erster Stelle des Grundgesetzes. Der Schutz der Menschenwürde hat eine derart herausragende Rolle und Wichtigkeit, dass sie sich über alle Grundrechte legt und mittelbar auf diese einwirkt. Als oberstes Gut der Verfassung und höchster Rechtswert im Staat kommt diesem Grundrecht eine Sonderstellung zu, so dass es in keinerlei Weise berührt werden darf. Die Menschenwürde als Wurzel aller Grundrechte ist mit keinem Einzelgrundrecht abwägungsfähig.

2. Schutzbereich

2.1. Persönlich

In persönlicher Hinsicht umfasst der Schutzbereich der Menschenwürde gem. Art. 1 I GG zunächst Jedermann, also alle Menschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Ausgenommen sind jedoch juristische Personen. Der Schutzbereich des Art. 1 I GG umfasst nicht nur den Zeitraum von der Geburt bis zum Tode, sondern beginnt bereits vor der Geburt und geht über den Tod hinaus.

2.2. Sachlich

Eine positive Umschreibung des sachlichen Schutzbereichs der Menschenwürde gem. Art. 1 I GG fällt wegen des umfassenden Schutzes sehr schwer.

3. Eingriff in den Schutzbereich

Der Schutz der Menschenwürde besitzt zwei Funktionen:

  1. Einerseits dient es als Abwehrrecht gegen verletzende staatliche Maßnahmen, wendet sich also unmittelbar gegen den Staat;
  2. andererseits dient es aber auch dem Schutz gegen Verletzungen durch Dritte, wodurch ein Schutzanspruch durch den Staat gewährt werden soll.

In Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I GG folgt aus Art. 1 I GG zudem ein Leistungsanspruch gegen den Staat auf Gewährleistung des Existenzminimums.

Literaturverzeichnis
Zitierte Literatur: 
  • Martin Alexander Blok, Die Garantie der Menschenwürde (Art. 1 I GG) - Schema
  • Die Menschenwürde - Art. 1 I GG - Jura Individuell
  • Die Menschenwürde in der Verfassungsordnung: zur Dogmatik des Art. 1 GG, Christoph Enders.
  • Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1.
  • Beck’scher Online-Kommentar, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 1.
Rechtsprechung: