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Art. 49 GG - (weggefallen) (Kommentar)
(weggefallen)
1. Wortlaut des Art. 49 GG (alt)
Der Text des aufgehobenen Artikels lautete:
Artikel 49 GG (alte Fassung)
Für die Mitglieder des Präsidiums, des ständigen Ausschusses, des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Ausschusses für Verteidigung sowie für deren erste Stellvertreter gelten die Artikel 46, 47 und die Absätze 2 und 3 des Artikels 48 auch für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden.
2. Allgemeines
Der ehemalige Art. 49 GG diente der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit wichtiger Ausschüsse und dem Schutz ihrer Mitglieder während der Übergangszeit zwischen zwei Wahlperioden. Er garantierte, dass die Rechte der Abgeordneten gemäß den Artikeln 46, 47 und 48 GG auch in dieser besonderen Phase gelten. Der Wegfall des Artikels im Jahr 1976 war eine logische Folge der stabilisierten parlamentarischen Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland und der Erkenntnis, dass der Schutz der Abgeordneten auch ohne diese Übergangsregelung ausreichte.
3. Auslegung
3.1. Betroffener Personenkreis
„Für die Mitglieder des Präsidiums, des ständigen Ausschusses, des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Ausschusses für Verteidigung sowie für deren erste Stellvertreter…“
Diese Passage spezifiziert die betroffenen Personen. Es handelt sich um Mitglieder, die auch in der Zwischenphase zwischen zwei Wahlperioden eine herausgehobene Rolle innerhalb des Bundestags innehaben. Konkret umfasst dies:
- Mitglieder des Präsidiums: Das Präsidium des Bundestags besteht aus dem Bundestagspräsidenten und seinen Stellvertretern. Diese haben zentrale administrative und repräsentative Aufgaben, die für das Funktionieren des Bundestags auch zwischen Wahlperioden wichtig sind.
- Mitglieder des ständigen Ausschusses: Der ständige Ausschuss ist gemäß Art. 45 GG für die Übergangszeit zwischen den Wahlperioden vorgesehen und soll sicherstellen, dass wesentliche parlamentarische Aufgaben auch in dieser Phase ausgeführt werden.
- Mitglieder des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten: Dieser Ausschuss ist für die Außenpolitik der Bundesrepublik verantwortlich. Da außenpolitische Fragen oft auch außerhalb von Wahlperioden hohe Relevanz haben, wurde hier der Schutz der Abgeordneten als notwendig erachtet.
- Mitglieder des Verteidigungsausschusses: Die Bedeutung des Verteidigungsausschusses ergibt sich aus seiner Rolle in der militärischen und sicherheitspolitischen Kontrolle. Sicherheitsfragen haben jederzeit Dringlichkeit, weshalb der Ausschuss auch zwischen Wahlperioden funktionsfähig bleiben muss.
- Erste Stellvertreter: Auch die ersten Stellvertreter der genannten Gremien wurden in den Schutz einbezogen, um eine lückenlose Absicherung zu gewährleisten und sicherzustellen, dass bei Ausfall eines Mitglieds auch die Stellvertretung ausreichend geschützt ist.
3.2. Geltungsbereich
„…gelten die Artikel 46, 47 und die Absätze 2 und 3 des Artikels 48…“
Hier wird explizit geregelt, welche Grundrechte und Privilegien für die betroffenen Abgeordneten weiterhin gelten sollen, und zwar:
- Artikel 46 GG: Dieser Artikel regelt die Indemnität und Immunität der Abgeordneten. Indemnität bedeutet, dass ein Abgeordneter für Äußerungen und Abstimmungen im Bundestag nicht gerichtlich oder dienstlich verfolgt werden darf, während die Immunität den strafrechtlichen Schutz regelt. Beide Schutzmechanismen bleiben für die genannten Ausschussmitglieder in der Übergangszeit bestehen.
- Artikel 47 GG: Dieser Artikel bezieht sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht von Abgeordneten in Bezug auf Informationen, die ihnen in ihrer Funktion als Abgeordnete anvertraut wurden. Auch dieses Recht gilt uneingeschränkt für die betroffenen Mitglieder in der Zeit zwischen zwei Wahlperioden.
- Artikel 48 Abs. 2 GG: Hier wird das Recht der Abgeordneten festgelegt, das Amt ungehindert ausüben zu können. Eine Kündigung oder Entlassung aufgrund der Übernahme eines Abgeordnetenmandats ist unzulässig. Diese Schutzregelungen gelten auch für die in Art. 49 genannten Abgeordneten in der Übergangszeit.
- Artikel 48 Abs. 3 GG: Dieser Absatz garantiert den Abgeordneten eine angemessene Entschädigung, die ihre Unabhängigkeit sicherstellt, sowie das Recht der freien Benutzung staatlicher Verkehrsmittel. Auch diese Rechte gelten für die betroffenen Mitglieder während der Zeit zwischen den Wahlperioden.
3.3. Zeitliche Geltung
„…auch für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden.“
Das besondere Schutzniveau, das Art. 46, 47 und Art. 48 Abs. 2 und 3 für die Abgeordneten regeln, wird hier auf die Zeit zwischen zwei Wahlperioden ausgeweitet. Diese Phase stellt eine potenziell vulnerable Zeit dar, da das Parlament nach einer Wahl zunächst aufgelöst wird, bis es sich neu konstituiert. Es besteht die Gefahr, dass in dieser Zeit wichtige Funktionen des Parlaments eingeschränkt oder politische Akteure angreifbar werden könnten. Um dieser Gefahr vorzubeugen und das Funktionieren des Parlaments und seiner Ausschüsse sicherzustellen, wurde dieser erweiterte Schutz gewährt.
4. Zweck und rechtliche Bedeutung von Art. 49 GG
Der Zweck von Art. 49 GG bestand darin, einen kontinuierlichen Schutz der Funktionsfähigkeit des Parlaments sicherzustellen, auch wenn das Parlament formell aufgelöst ist. Besonders in der Zeit zwischen zwei Wahlperioden, in der es keine formale Parlamentsarbeit gibt, besteht dennoch die Notwendigkeit, bestimmte Ausschüsse und Organe arbeitsfähig zu halten. Durch den besonderen Schutz der in Art. 49 genannten Ausschüsse und deren Mitglieder sollte die Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Kontrolle und Entscheidung auch in dieser Zeit gewährleistet bleiben.
Die betroffenen Ausschüsse – insbesondere der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und der Verteidigungsausschuss – haben eine herausragende Bedeutung für die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik. Gerade in Krisensituationen ist es notwendig, dass diese Ausschüsse handlungsfähig bleiben. Der Schutz der Abgeordneten in diesen Gremien durch die Artikel 46, 47 und 48 GG war daher von großer Bedeutung.
5. Wegfall des Art. 49 GG
Der Art. 49 GG wurde durch eine Änderung des Grundgesetzes am 23. August 1976 aufgehoben. Die Gründe für den Wegfall sind vor allem in einer veränderten parlamentarischen Praxis und der Weiterentwicklung der parlamentarischen Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland zu suchen.
- Stärkung des parlamentarischen Systems: Die Stabilität des parlamentarischen Systems und die klare Definition der Rechte und Pflichten der Abgeordneten führten dazu, dass der besondere Schutz der in Art. 49 GG genannten Ausschüsse nicht mehr als notwendig erachtet wurde. Der reguläre verfassungsrechtliche Rahmen der Artikel 46 bis 48 GG gewährleistete bereits hinreichend den Schutz der Abgeordneten, auch in der Zeit zwischen den Wahlperioden.
- Funktionsfähigkeit auch ohne spezielle Regelung: Die Funktionsfähigkeit der genannten Ausschüsse und die Rechte der Abgeordneten konnten durch die allgemeine gesetzliche und verfassungsrechtliche Regelung auch ohne eine explizite Übergangsregelung wie Art. 49 GG sichergestellt werden.
- Vereinfachung des Grundgesetzes: Mit dem Wegfall von Art. 49 GG wurde das Grundgesetz in diesem Bereich übersichtlicher und kohärenter gestaltet. Die allgemeine Immunität und der Schutz der Abgeordneten waren bereits in Art. 46 und 48 GG ausreichend geregelt, sodass eine zusätzliche Übergangsregelung obsolet wurde.