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Art. 48 GG - Kandidatur, Mandatsschutz, Entschädigung (Kommentar)

(1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruch auf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub.

(2) ¹Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. ²Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig.

(3) ¹Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. ²Sie haben das Recht der freien Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel. 3Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

1. Allgemeines

Art. 48 GG stellt eine zentrale verfassungsrechtliche Grundlage für den Schutz und die Unterstützung der Abgeordneten des Bundestages dar. Die Vorschrift trägt dazu bei, dass Abgeordnete ihre parlamentarischen Aufgaben frei und unabhängig wahrnehmen können, ohne durch berufliche, finanzielle oder rechtliche Hindernisse beeinträchtigt zu werden. Insbesondere die Gewährleistung der finanziellen Unabhängigkeit durch angemessene Diäten und die Sicherung gegen berufliche Nachteile sind essenziell, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu wahren.

Der Anspruch auf freien Urlaub für Kandidaten und die Garantie, dass niemand gehindert wird, das Amt eines Abgeordneten auszuüben, fördert den freien Wettbewerb bei Wahlen und sichert die Chancengleichheit im politischen Prozess.

2. Art. 48 Abs. 1 GG

„Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruch auf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub.“

2.1. Wahlvorbereitung und Urlaubsanspruch

Art. 48 Abs. 1 GG gewährt jedem, der sich um ein Bundestagsmandat bewirbt, einen Anspruch auf den „erforderlichen Urlaub“ zur Vorbereitung der Wahl. Diese Regelung soll verhindern, dass potenzielle Kandidaten durch berufliche Verpflichtungen daran gehindert werden, ihre Wahlvorbereitungen in vollem Umfang wahrzunehmen. Im Wesentlichen zielt diese Vorschrift darauf ab, Chancengleichheit bei der Wahl sicherzustellen und sicherzustellen, dass niemand aus beruflichen Gründen benachteiligt wird.

Der Begriff „erforderlicher Urlaub“ ist dabei weit auszulegen. Er umfasst sowohl die Zeit für die Kandidatenaufstellung als auch für den eigentlichen Wahlkampf. In der Praxis bedeutet dies, dass der Bewerber gegenüber seinem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf unbezahlten Urlaub hat, um sich ausreichend auf den Wahlprozess vorzubereiten. Hierbei handelt es sich nicht um einen allgemeinen Anspruch auf Freistellung für jede politische Betätigung, sondern nur für solche, die unmittelbar mit der Vorbereitung der Bundestagswahl zusammenhängen.

2.2. Systematische Einordnung

Diese Bestimmung knüpft an das in Art. 38 Abs. 1 GG verankerte passive Wahlrecht an, das jedem Bürger das Recht gibt, sich zur Wahl in den Bundestag zu stellen. Um dieses Grundrecht effektiv wahrnehmen zu können, ist es notwendig, dass die Kandidaten ausreichend Zeit haben, sich auf die Wahl vorzubereiten. Art. 48 Abs. 1 GG schützt daher nicht nur die politische Betätigung, sondern auch die berufliche Existenz des Kandidaten, indem es ihm erlaubt, sich für eine begrenzte Zeit von seinen beruflichen Pflichten zu lösen.

3. Art. 48 Abs. 2 GG

„Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig.“

3.1. Schutz vor Benachteiligung bei Amtsübernahme und Ausübung

Art. 48 Abs. 2 Satz 1 GG enthält eine zentrale Garantie, die verhindert, dass jemand daran gehindert wird, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen oder auszuüben. Diese Vorschrift zielt darauf ab, die Freiheit der Mandatsausübung sicherzustellen und zu gewährleisten, dass ein gewählter Abgeordneter keine negativen beruflichen oder rechtlichen Konsequenzen fürchten muss, wenn er sein Mandat annimmt oder ausübt.

In der Praxis könnte es Situationen geben, in denen Arbeitnehmer oder Beamte durch ihren Arbeitgeber unter Druck gesetzt werden, auf die Übernahme des Mandats zu verzichten. Art. 48 Abs. 2 GG schützt vor solchen Beeinträchtigungen. Dies ist besonders wichtig, da die parlamentarische Arbeit die Abgeordneten oft erheblich beansprucht und ein Vollzeitengagement erfordert.

3.2. Verbot von Kündigung oder Entlassung

Art. 48 Abs. 2 Satz 2 GG konkretisiert diesen Schutz, indem er ausdrücklich festlegt, dass eine Kündigung oder Entlassung aufgrund der Übernahme oder Ausübung des Mandats unzulässig ist. Dieser arbeitsrechtliche Schutz ist notwendig, um die Unabhängigkeit der Abgeordneten sicherzustellen. Sie sollen in der Lage sein, ihre parlamentarischen Pflichten wahrzunehmen, ohne berufliche Nachteile befürchten zu müssen.

Diese Bestimmung gilt für alle Beschäftigungsverhältnisse, also sowohl für Arbeitnehmer im privaten Sektor als auch für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Der Schutz erstreckt sich nicht nur auf eine Kündigung, sondern auch auf andere arbeitsrechtliche Maßnahmen, die den Abgeordneten aufgrund seiner Mandatsausübung benachteiligen könnten.

3.3. Verhältnis zu anderen Grundrechten

Diese Vorschrift ist eng mit dem in Art. 38 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz des freien Mandats verbunden. Sie sichert die Unabhängigkeit der Abgeordneten und schützt sie vor Druck oder Repressalien seitens des Arbeitgebers. Zudem garantiert sie, dass jeder Bürger, der in den Bundestag gewählt wird, seine Rechte als Abgeordneter uneingeschränkt wahrnehmen kann, ohne Nachteile im beruflichen Bereich zu erleiden.

4. Art. 48 Abs. 3 GG

„Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Sie haben das Recht der freien Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“

4.1. Anspruch auf angemessene Entschädigung

Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG legt fest, dass Abgeordnete einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung haben, die ihre Unabhängigkeit sichern soll. Diese Entschädigung, häufig als Diäten bezeichnet, ist dafür vorgesehen, den Abgeordneten für seine Tätigkeit im Bundestag zu entschädigen. Der Zweck dieser Regelung ist es, sicherzustellen, dass Abgeordnete nicht von externen finanziellen Interessen abhängig sind und somit ihre Aufgaben im Sinne des Gemeinwohls erfüllen können.

Der Begriff „angemessen“ ist dabei flexibel und passt sich den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen an. Die Diäten sollen so bemessen sein, dass die Abgeordneten ihren Lebensunterhalt unabhängig bestreiten können und nicht durch externe Einkommensquellen beeinflusst werden. Die Entschädigung umfasst sowohl ein Grundgehalt als auch zusätzliche Leistungen, wie etwa die Übernahme von Reisekosten oder Zuschüssen zu Bürokosten.

Die Regelung zur angemessenen Entschädigung steht im Zusammenhang mit der parlamentarischen Unabhängigkeit und soll verhindern, dass Abgeordnete sich durch finanzielle Zuwendungen oder externe Einkünfte beeinflussen lassen. In der Vergangenheit wurden die Diäten jedoch immer wieder kritisch diskutiert, insbesondere im Hinblick auf ihre Höhe und die Frage, ob sie tatsächlich der gesellschaftlichen Funktion eines Abgeordneten angemessen sind.

4.2. Freie Benutzung staatlicher Verkehrsmittel

Art. 48 Abs. 3 Satz 2 GG gewährt den Abgeordneten das Recht auf die freie Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel. Dies ist eine praktische Maßnahme, die den Abgeordneten die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erleichtern soll. Da die Arbeit eines Abgeordneten oft Reisetätigkeiten zwischen dem Wohnort, dem Wahlkreis und Berlin umfasst, ist es notwendig, dass Abgeordnete diese Kosten nicht aus eigener Tasche tragen müssen.

Unter „staatlichen Verkehrsmitteln“ fallen vor allem Bahn, Bus und andere öffentliche Verkehrsmittel, die vom Staat betrieben oder subventioniert werden. Der Hintergrund dieser Regelung liegt in der Förderung der Mobilität der Abgeordneten, sodass sie ihre Aufgaben sowohl im Wahlkreis als auch im Bundestag wahrnehmen können.

4.3. Gesetzliche Regelungen

Art. 48 Abs. 3 Satz 3 GG verweist darauf, dass „das Nähere“ durch ein Bundesgesetz geregelt wird. Dies bedeutet, dass der Umfang und die Modalitäten der Entschädigung sowie die Regelungen zur Nutzung der Verkehrsmittel durch einfaches Gesetz konkretisiert werden müssen. Das Bundesgesetz, das diese Vorschrift umsetzt, ist das Abgeordnetengesetz (AbgG), welches detaillierte Bestimmungen zu den Diäten, der Altersvorsorge und weiteren Leistungen für die Abgeordneten enthält.

Das Abgeordnetengesetz sorgt dafür, dass die in Art. 48 GG verankerten Rechte und Pflichten der Abgeordneten konkretisiert und administrativ umgesetzt werden. Es legt etwa die Höhe der Diäten, die Übernahme von Reisekosten sowie die Details zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel fest. Darüber hinaus enthält das Gesetz Regelungen zur Altersvorsorge der Abgeordneten sowie zu Nebeneinkünften und deren Transparenz.