Art. 105 GG

BVerfG, 24.01.1995 - 1 BvL 18/93

1. Die Beschränkung einer Feuerwehrdienstpflicht und einer hieran anknüpfenden Abgabepflicht auf Männer verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG.
2. Die Grundsätze über die finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit parafiskalischer Sonderabgaben (BVerfGE 55, 274 [298 ff.]; 82, 159 [179 ff.]) gelten auch für landesrechtliche Sonderabgaben. Die baden-württembergischen und bayerischen Vorschriften über die Erhebung einer auf männliche Gemeindeeinwohner beschränkten Feuerwehrabgabe oder Feuerschutzabgabe sind mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar (Abweichung von BVerfGE 13, 167).

BVerfG, 07.05.1963 - 2 BvL 8/61; 2 BvL 10/61

Art. 70 Abs. 1 GG gilt als Grundregel der bundesstaatlichen Verfassung für jede Art von Gesetzgebung, also auch für das Gebiet des Steuerrechts. Die Länder können daher solche Steuern erfinden und regeln, die nicht durch Artikel 105 GG der ausschließlichen order konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes zugewiesen sind.

BVerfG, 29.10.1958 - 2 BvL 19/56

1. Gemäß Art. 73 Ziff. 5 GG gehört das gesamte Zollwesen zur ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes.
2. Die Länder sind nicht nur durch Art. 105 Abs. 1 GG gehindert, "Zölle" einzuführen, sondern sie können auch nicht andere Abgaben vom Warenverkehr über eine Grenze regeln, sofern sie dadurch in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes über das Zollwesen eingreifen.

BVerfG, 04.02.1958 - 2 BvL 31/56; 2 BvL 33/56

1. Die im deutschen Steuerrecht eingebürgerte Begriffsbestimmung der Steuer, die in der gesetzlichen Definition des § 1 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung ihren Niederschlag gefunden hat, gilt auch für das Grundgesetz. Sie muß den Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes über die Steuergesetzgebung zugrunde gelegt werden.
2. Die Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Steuerarten in Art. 105 und Art. 106 GG sind dem traditionellen deutschen Steuerrecht zu entnehmen.
3. Für die Abgrenzung der Kompetenzbereiche der Bundes- und Landesgesetzgebung nach Art. 105 GG kommt es nicht darauf an, wie ein Abgabengesetz selbst eine öffentlich-rechtliche Abgabe klassifiziert. Entscheidend ist der materielle Gehalt der Abgabe.
4. Eine Steuer, die einheitlich für ein ganzes Land erhoben wird, und die in die allgemeine Staatskasse zur Mitfinanzierung einer dem Land obliegenden öffentlichen Aufgabe fließt, ist keine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis im Sinne des Art. 105 Abs. Nr. 1 GG.
5. a) Im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung bedeutet die Inanspruchnahme eines Steuergegenstandes durch den Bundesgesetzgeber eine erschöpfende Regelung im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG. Einen Tatbestand, an den ein Bundesgesetz bereits eine Steuer geknüpft hat, kann der Landesgesetzgeber daher nicht mehr mit einer gleichartigen Steuer belegen.
b) Der in dem aufgehobenen § 2 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes vom 27. April 1926 speziell für das Steuerrecht ausgesprochene Grundsatz, nach dem die Inanspruchnahme von Steuern für das Reich die Erhebung gleichartiger Steuern durch die Länder und Gemeinden ausschloß, ist heute für die konkurrierende Gesetzgebung in dem allgemeinen Grundsatz des Art. 72 Abs. 1 GG enthalten.
6. Gemäß Art. 105 Abs. 2 Nr. 1, 72 Abs. 1 GG ist der Steuergegenstand "Entgelt für Warenumsätze" dem Landesgesetzgeber verschlossen, weil der Bundesgesetzgeber ihn durch die allgemeine Umsatzsteuer in Anspruch genommen hat. Das gilt nicht für Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis.