BVerfG, 08.06.1960 - 1 BvR 580/53
1. Die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes erstreckt sich gemäß Art. 74 Nr. 1 GG auch auf die Verfassung und das Verfahren von Behörden, die in der Form von Gerichten organisiert sind, dem Herkommen und der Übung nach als Gerichte angesehen und als solche bezeichnet werden.
2. Die Ermächtigungen für den Landesgesetzgeber in Art. 142 EG BGB und den §§ 191, 200 Abs. 1 FGG sind nicht durch § 77 Abs. 1 RNotO außer Kraft gesetzt worden.
3. Art. 14 GG gewährleistet nicht, daß dem Träger eines öffentlichen Amtes, auch wenn sich aus diesem privatrechtliche Ansprüche ergeben sollten, "Konkurrenten" ferngehalten werden müßten.
4. Für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG ist kein Raum, wenn die Regelung sich darauf erstreckt, welche Organe zur Vornahme von Hoheitsakten zuständig sind und welche Gebühren sie zu erheben haben.
Beschluß
des Ersten Senats vom 8. Juni 1960
– 1 BvR 580/53 –
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Notars ..., gegen des §§ 1, 16, 17, 18 des hessischen Ortsgerichtsgesetzes vom 6. Juli 1952 (GVBl. S. 124) und die §§ 4, 5, 6, 8 der Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen vom 24. Oktober 1952 (GVBl. S. 161).
Gründe
A.
I.
Das Beurkundungswesen ist zum Teil durch Bundes-, zum Teil durch Landesrecht geregelt. Bundesrechtlich sind für die Beurkundungen durch das Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 771) die ordentlichen Gerichte, und durch die Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937 (RGBl. I S. 191) – RNotO – die Notare für zuständig erklärt worden.
Außerdem sind sowohl bundes- als auch landesrechtlich bestimmte Beurkundungszuständigkeiten einzelnen Behörden und Beamten übertragen worden.
Schließlich haben die Länder auf Grund ausdrücklicher Ermächtigung die Zuständigkeiten für gewisse Beurkundungen den Gerichten übertragen, die sie auf Gemeindeebene errichtet haben, z. B. in den früheren Ländern Preußen und Hessen den Ortsgerichten.
II.
Im heutigen Lande Hessen, das sich aus ehemaligen preußischen und hessischen Gebieten zusammensetzt, war das Ortsgerichtswesen bis zum Erlaß des Ortsgerichtsgesetzes vom 6. Juli 1952 (GVBl. S. 124) – OGG – verschieden geregelt, weil teils die alten preußischen, teils die alten hessischen Vorschriften galten.
Das wirkte sich vor allen Dingen auf die Frage aus, welche Zuständigkeiten den Ortsgerichten auf dem Gebiete des Beurkundungsrechts zustehen.
1. Im ehemaligen Kurhessen gab es keine Ortsgerichte.
2. In den früheren preußischen Gebieten bestanden Ortsgerichte, die auf Grund der Ermächtigung in Art. 122 Abs. 1 des Preußischen Gesetzes über die Freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. September 1899 (GS S. 249) – PrFGG – durch königliche Verordnung errichtet worden waren.
Beurkundungen durften nach Art. 117 PrFGG von diesen Ortsgerichten nur diejenigen vornehmen, die nicht am Sitz eines Amtsgerichtes gelegen waren. Ihre Zuständigkeit war beschränkt auf die Beurkundung von Gesindedienstverträgen, von Bekanntmachungen einseitiger Willenserklärungen an im Amtsbezirk wohnende Personen sowie auf die Beglaubigung von Unterschriften dieser Personen (Art. 114,115 PrFGG).
Nur die Ortsgerichte im vormaligen Herzogtum Nassau konnten gemäß Art. 122 Abs. 1 Satz 3 PrFGG in Verbindung mit Art. 12 § 3 des preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 20. September 1899 (GS S. 177) auch Kauf- und Tauschverträge über Grundstücke ihres Amtsbezirkes beurkunden, sofern der Wert nicht mehr als fünfhundert Mark betrug.
3. Im ehemaligen Großherzogtum Hessen waren Ortsgerichte auf Grund der Ermächtigung in Art. 125 des Gesetzes, die Ausführung des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit betr., vom 18. Juli 1899 (RegBl. S. 287), im Verordnungswege errichtet worden. Diese Ortsgerichte waren nach den Art. 65, 68 dieses Gesetzes für die Beglaubigung einer Unterschrift und zur Beurkundung der Bekanntmachung einseitiger Willenserklärungen an im Amtsbezirk wohnende Personen zuständig.
III.
Das Ortsgerichtsgesetz vom 6. Juli 1952 beseitigte diese verschiedene Ausgestaltung des Ortsgerichtswesens in Hessen. Es errichtete im ganzen Land Ortsgerichte und übertrug ihnen sowie den Ortsgerichtsvorstehern einheitliche Zuständigkeiten auf bestimmten Gebieten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Schätzungswesens. Hierfür diente teils die frühere preußische, teils die frühere hessische Regelung als Vorbild.
1. Nach § 1 OGG werden die Ortsgerichte für eine oder für mehrere Gemeinden gemeinsam errichtet; ihre Bezirke und ihren Sitz bestimmt der Minister der Justiz im Benehmen mit dem Minister des Innern.
Die Ortsgerichte sind Hilfsbehörden der Justiz (§ 2) und unterstehen der Aufsicht der Justizverwaltung (§ 3). Ihre Mitglieder – ein Vorsteher, zwei Schöffen und vier Hilfsschöffen (§ 4) sind Ehrenbeamte auf Widerruf (§ 6); sie werden von den Gemeindevertretungen gewählt und vom aufsichtführenden Amtsrichter ernannt (§ 7). Eine besondere Qualifikation ist für sie nicht vorgeschrieben; doch sollen nur solche Personen zu Mitgliedern der Ortsgerichte ernannt werden, die allgemeines Vertrauen genießen, lebenserfahren und unbescholten, orts- und feldkundig sowie mit der Schätzung von Grundstücken vertraut sind (§ 9).
Auf dem Gebiete des Beurkundungsrechtes sind dem Ortsgerichtsvorsteher folgende Zuständigkeiten übertragen: Er kann Kauf- und Tauschverträge über Grundstücke seines Bezirks beurkunden, sofern der Kaufpreis oder der Wert der eingetauschten Gegenstände nicht mehr als 1000 Deutsche Mark beträgt; dies gilt nicht, wenn einer der Beteiligten taub, blind, stumm, sonst am Sprechen verhindert oder der deutschen Sprache nicht mächtig ist (§ 16). Er darf Unterschriften beglaubigen, von nicht im Ortsgerichtsbezirk wohnenden Personen jedoch nur, wenn dies im Zusammenhang mit anderen, die gleiche Sache betreffenden Beglaubigungen geschieht (§ 17). Er kann Abschriften von öffentlichen oder privaten Urkunden beglaubigen (§ 18).
Der Ortsgerichtsvorsteher ist außerdem, soweit ein Bedürfnis besteht, neben dem Amtsgericht für die in § 1960 BGB vorgesehene Sicherung des Nachlasses zuständig (§ 20).
2. In der Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen vom 24. Oktober 1952 (GVBl. S. 161) – GebO – werden für die einzelnen Tätigkeiten der Ortsgerichte Gebühren festgesetzt. Sie sind im allgemeinen niedriger als die Gebühren, die nach der Kostenordnung vom 25. November 1935 (RGBl. I S. 1371) – jetzt in der Fassung vom 26. Juli 1957 (BGBl. I S. 960) die Notare für eine entsprechende Tätigkeit zu erheben verpflichtet sind. Das gilt im Hinblick auf die Gebühren für die Beurkundung von Kauf- und Tauschverträgen über Grundstücke (§ 4), für die Beglaubigung einer Unterschrift (§ 5), für die Beglaubigung einer Abschrift (§ 6) und für die Sicherung eines Nachlasses (§ 8).
IV.
Durch diese Neuordnung des Ortsgerichtswesens fühlt sich der Beschwerdeführer – ein in Marburg/Lahn amtierender Notar in seinen Grundrechten verletzt. Die von ihm erhobene Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die §§ 1, 16, 17, 18 OGG und die §§ 4, 5, 6, 8 GebO. Er macht geltend, dem hessischen Gesetzgeber habe die Kompetenz zum Erlaß des Ortsgerichtsgesetzes und der Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen gefehlt; außerdem werde er durch die genannten Vorschriften in seinen Grundrechten aus Art. 3 und Art. 14 GG verletzt.
Im einzelnen trägt er vor:
1. Das Recht der Ortsgerichte gehöre zu den Rechtsgebieten, auf die sich nach Art. 74 Nr. 1 GG die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes erstrecke, der von diesem Recht auch bereits Gebrauch gemacht habe.
2. Die angefochtenen Bestimmungen des Ortsgerichtsgesetzes und der Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen griffen durch die Errichtung und Erweiterung sowie durch die Gebührenregelung in die Rechtsstellung der Notare ein, weil diese in dem ihnen in den §§ 22 bis 26 RNotO zugewiesenen Aufgabenkreis, zu dem Beurkundungen jedweder Art gehören, ausschließlich zuständig seien. Sie verletzten daher die "in dieser Rechtsposition wohlerworbenen Rechte der Notare", d. h. private Vermögensrechte, die unter dem Schutz des Art. 14 GG stünden.
3. Die §§ 4, 5, 6, 8 GebO verstießen darüber hinaus auch gegen Art. 3 GG, denn es sei willkürlich, für die Tätigkeit der Ortsgerichte niedrigere Gebühren festzusetzen als für die gleiche Tätigkeit der Notare vorgeschrieben sei.
V.
Gemäß § 94 BVerfGG ist dem Hessischen Landtag, dem Hessischen Ministerpräsidenten, den Rechtsanwaltskammern in Frankfurt/Main und Kassel sowie der Gemeinschaft des Deutschen Notariats Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
Der Hessische Ministerpräsident hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, hilfsweise für unbegründet. Die Anwaltskammern in Frankfurt/Main und Kassel halten die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Gemeinschaft des Deutschen Notariats verneint die Zuständigkeit des Landes Hessen zum Erlaß des § 16 OGG.
VI.
Der Beschwerdeführer hat mit einer seiner Verfassungsbeschwerde entsprechenden Begründung auch beim Staatsgerichtshof des Landes Hessen beantragt, das Ortsgerichtsgesetz und die Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen für nichtig zu erklären. Dieser Antrag ist durch Beschluß vom 29. Oktober 1954 als offenbar unbegründet zurückgewiesen worden.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Vorschriften der §§ 16, 17, 18 OGG und der §§ 4, 5, 6, 8 GebO richtet. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 und 14 GG durch die genannten Vorschriften hinreichend dargetan (BVerfGE 6, 132 [134]; 8, 1 [9]).
Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen § 1 OGG richtet, ist sie dagegen unzulässig. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Organisationsnorm, durch die der einzelne Staatsbürger nicht unmittelbar betroffen wird.
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
I.
Die Rüge, dem hessischen Landesgesetzgeber habe die Kompetenz zum Erlaß der §§ 16, 17, 18 OGG und der §§ 4, 5, 6, 8 GebO gefehlt, die im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG geprüft werden mußte (BVerfGE 10, 89 [99]; BVerfG NJW 1960, 1099), ist nicht berechtigt.
1. Das Land Hessen kann allerdings für den Erlaß der genannten Vorschriften keine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz in Anspruch nehmen. Die Übertragung der Zuständigkeit für gerichtliche Beurkundungen auf Ortsgerichte und die Festsetzung von Gebühren für diese Beurkundungen gehören zu Rechtsgebieten, auf die sich gemäß Art. 74 Nr. 1 GG die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes erstreckt, und zwar in zweifacher Hinsicht.
a) Der Bund hat das Recht zur gesetzlichen Regelung der Gerichtsverfassung und des gerichtlichen Verfahrens (Art. 74 Nr. 1 GG). Er kann daher auch die Zuständigkeiten der Gerichte bestimmen und die Gebühren für ihre Inanspruchnahme regeln.
Dieses Recht steht dem Bund nicht nur für Gerichte im materiellen Sinne (Art. 92 GG) zu, sondern auch für die in der Form eines Gerichtes organisierten Behörden, zumal wenn sie dem Herkommen und der Übung nach als Gerichte angesehen und auch als solche bezeichnet werden.
Das trifft für die Ortsgerichte zu, die von jeher zu den Gerichten gerechnet werden, wenngleich sie in Hessen, offenbar um ihren rechtlichen Charakter näher zu bestimmen, jetzt als Hilfsbehörden der Justiz qualifiziert werden.
b) Der Bund hat das Recht zur gesetzlichen Regelung des bürgerlichen Rechtes. Da das bürgerliche Recht hier als Zusammenfassung aller Normen, die herkömmlicherweise dem Zivilrecht zugerechnet werden, also nicht als Gegensatz zum öffentlichen Recht zu verstehen ist, fällt hierunter auch das zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit gehörende gerichtliche Beurkundungswesen.
Der Bund kann daher auch unter diesem Gesichtspunkt die Frage regeln, welche Gerichte Beurkundungen vorzunehmen haben, und kraft Sachzusammenhangs die für diese Tätigkeit anfallenden Gebühren festsetzen.
2. Das Land Hessen ist jedoch gemäß Art. 74 Nr. 1, 72 Abs. 1 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung zum Erlaß der §§ 16, 17, 18 OGG und der §§ 4, 5, 6, 8 GebO deshalb zuständig gewesen, weil der Bund insoweit von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch gemacht, sondern im Gegenteil die in Frage stehende Materie ausdrücklich der Landesgesetzgebung überlassen hat.
a) Das gerichtliche Beurkundungswesen ist durch das nach Art. 125 in Verbindung mit Art. 74 Nr. 1 GG Bundesrecht gewordene Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 771) geregelt. Neben der Beurkundung durch Gerichte steht seit altersher die durch Notare. Ihre Zuständigkeit für Beurkundungen jeder Art ergibt sich aus § 22 Abs. 1 der ebenfalls nach Art. 125 in Verbindung mit Art. 74 Nr. 1 GG Bundesrecht gewordenen Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937 (RGBl. I S. 191).
(1) Für die gerichtliche Beurkundung eines Rechtsgeschäftes sind gemäß § 167 Abs. 1 FGG die Amtsgerichte zuständig. Nach § 189 FGG in Verbindung mit Art. 142 EG BGB bleiben jedoch die landesgesetzlichen Vorschriften unberührt, nach denen für die Beurkundung von Grundstücksverträgen (§ 313 BGB) und von Auflassungen (§ 873 Abs. 2 BGB) außer den Gerichten und Notaren auch andere Behörden und Beamte zuständig sind.
Nach Art. 3 EG BGB bedeutet die Formulierung "unberührt bleiben" nicht nur, daß die bestehenden Vorschriften in Kraft bleiben, sondern auch, daß neue Vorschriften erlassen werden können. Das Land Hessen war daher berechtigt, in § 16 OGG die Beurkundung von Kauf- und Tauschverträgen über Grundstücke den Ortsgerichtsvorstehern zu übertragen.
Dem steht nicht entgegen, daß § 77 Abs. 1 RNotO nur die bisherigen Vorschriften unberührt läßt, nach denen für die den Notaren zugewiesenen Amtsgeschäfte auch andere Stellen zuständig sind. Damit ist die Ermächtigung für die Landesgesetzgeber durch Art. 142 EG BGB nicht außer Kraft gesetzt worden.
Das wäre nur der Fall, wenn § 77 Abs. 1 RNotO diese Norm aufgehoben hätte. Wenn der Bundesstaat eine den Landesgesetzgebern erteilte Ermächtigung zurücknehmen will, muß er dies in der Regel ausdrücklich erklären. Das ist bisher nicht geschehen (vgl. BT III/1957 Drucks. 219 S. 16, 43 und 48).
Im übrigen spricht auch der Wortlaut des § 77 Abs. 1 RNotO nicht dafür, daß beabsichtigt war, Art. 142 EG BGB aufzuheben. Mit der Gesetzesformel, daß bestimmte landesrechtliche Vorschriften "unberührt bleiben", verbindet sich der Sinn, daß diese – vom Landesgesetzgeber weiterhin abänderbaren – Vorschriften vom Bundesgesetzgeber unberührt gelassen werden (BVerfGE 7, 120 [124]). Wenn der Reichsgesetzgeber daher in § 77 Abs. 1 RNotO bestimmt hat, daß die bisherigen Vorschriften, nach denen für die den Notaren zugewiesenen Amtsgeschäfte auch andere Stellen zuständig sind, unberührt bleiben, hat er damit lediglich zum Ausdruck gebracht, daß er selbst in diese landesgesetzliche Regelung nicht eingreifen wollte. Wenn die Formulierung nur die bisherigen Vorschriften aufrechterhält, so kann nicht geschlossen werden, daß damit die Ermächtigungsnorm, auf der diese Vorschriften beruhen, wegfallen solle.
Das Land Hessen war somit zum Erlaß des § 16 OGG zuständig.
(2) Für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift sind nach § 167 Abs. 2 FGG außer den Notaren die Amtsgerichte zuständig. § 191 FGG läßt aber die landesrechtlichen Vorschriften unberührt, nach denen hierfür außerdem auch noch andere Behörden oder Beamte zuständig sind.
Nach § 185 Abs. 2 FGG in Verbindung mit Art. 3 EG BGB ist die Formel "unberührt bleiben" hier ebenfalls dahin zu verstehen, daß auch neue landesrechtliche Vorschriften erlassen werden können. Das Land Hessen war somit berechtigt, in § 17 OGG den Ortsgerichtsvorstehern die Zuständigkeit für die Beglaubigung einer Unterschrift zu übertragen. § 77 Abs. 1 RNotO berührt aus den unter (1) dargelegten Gründen auch die Ermächtigung des § 191 FGG nicht.
(3) Die Frage, welche Gerichte für die Beglaubigung von Abschriften zuständig sind, ist bundesrechtlich nicht geregelt. Das Land Hessen konnte daher die Zuständigkeit zur Beglaubigung einer Abschrift den Ortsgerichtsvorstehern übertragen, zumal die Landesgesetzgeber nach § 200 Abs. 1 FGG zum Erlaß von Vorschriften zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes ermächtigt sind. Auch dieser Regelung steht – wie unter (1) ausgeführt § 77 Abs. 1 RNotO nicht entgegen.
b) Die gerichtlichen Gebühren im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind durch die gemäß Art. 125 in Verbindung mit Art. 74 Nr. 1 GG Bundesrecht gewordene Verordnung über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Kostenordnung) vom 25. November 1935 (RGBl. I S. 1371) geregelt. Diese Verordnung gilt seit dem 1. Oktober 1957 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl. I S. 861, 960) als "Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung)".
§ 160 KostO a.F. bestimmt, daß, soweit andere Stellen als Gerichte oder Notare in bestimmten Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig sind oder als gerichtliche Hilfsbeamte tätig werden, es bis auf weiteres bei diesen Vorschriften sein Bewenden behält. Der an seine Stelle getretene § 159 KostO n.F. erklärt, daß in diesem Fall die landesrechtlichen Kostenvorschriften unberührt bleiben.
Inhaltlich besagt die Fassung, daß es bei landesgesetzlichen Vorschriften sein Bewenden behält, nichts anderes als die Formel, daß diese Vorschriften unberührt bleiben, d. h. in beiden Fällen können auch neue Vorschriften erlassen werden.
Bei der Neufassung sah sich der Gesetzgeber zur Verwendung der alten Formulierung von dem Unberührtbleiben der landesrechtlichen Vorschriften nur veranlaßt, weil er klarer ausdrücken wollte, daß nicht nur das bisherige Landesrecht aufrechterhalten wird, sondern daß die Länder auch neues Landesrecht setzen können
– vgl. BT II/1953, Drucks. 2545 S. 194, Begründung zu Art. II Nr. 89 in Verbindung mit 88.
Das Land Hessen war daher zum Erlaß der §§ 4, 5, 6 und 8 GebO zuständig.
II.
Die Rüge des Beschwerdeführers, durch die §§ 16, 17, 18 OGG und die §§ 4, 5, 6, 8 GebO würde er in seinen Grundrechten verletzt, ist ebenfalls nicht berechtigt.
1. Es mag dahinstehen, ob sich aus der Rechtsstellung des Notars, der nach § 2 Satz 1 RNotO Träger eines öffentlichen Amtes ist, auch privatrechtliche Ansprüche ergeben.
Durch die Übertragung von Zuständigkeiten für gerichtliche Beurkundungen auf Ortsgerichte und die Regelung der Gebühren für diese Beurkundungen wird ein Notar in seinen Rechten nur insoweit berührt, als ihm hierdurch in seinem Amtsbezirk eine weitere Konkurrenz erwächst. Keineswegs gewährleistet Art. 14 GG, daß dem Träger eines öffentlichen Amtes, auch wenn sich aus diesem privatrechtliche Ansprüche ergeben sollten, "Konkurrenten" ferngehalten werden müßten.
Abgesehen davon liegt kein Eingriff in die Rechtsstellung der Notare vor, soweit sie durch Art. 14 GG geschützt sein könnte, weil sie für die in Frage stehenden Beurkundungen wegen der Fortgeltung der Ermächtigung der Landesgesetzgeber in Art. 142 EG BGB, §§ 191, 200 Abs. 1 FGG, § 159 KostO nie ausschließlich zuständig waren.
Deshalb können die genannten Vorschriften das Grundrecht des Art. 14 GG nicht verletzen.
2. Durch die §§ 4, 5, 6, 8 GebO werden Gebühren für die Vornahme von Staatsakten festgesetzt. Für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG ist in diesem Bereich kein Raum; denn der Gleichheitssatz gebietet nur, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Er gilt also dann nicht, wenn es sich wie hier um die Regelung handelt, welche Organe zur Vornahme von Hoheitsakten zuständig sind und welche Gebühren diese Organe zu erheben haben.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.