BVerfG, 30.04.1963 - 2 BvM 1/62
1. Eine Regel des Völkerrechts, nach der die inländische Gerichtsbarkeit für Klage gegen einen ausländischen Staat in bezug auf seine nicht-hoheitliche Betätigung ausgeschlossen ist, ist nicht Bestandteil des Bundesrechts.
2. a) Maßgebend für die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit ist die Natur der staatlichen Handlung.
b) Die Qualifikation als hoheitliche oder nichthoheitliche Staatstätigkeit ist grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen.
Beschluß
des Zweiten Senats vom 30. April 1963
- 2 BvM 1/62 -
in dem Verfahren zur Prüfung der Frage, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist, die es ausschließt, daß ein ausländischer Staat vor einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland in bezug auf seine privatrechtliche Betätigung im Inland verklagt werden kann - Vorlage des Landgerichts Köln, 11. Zivilkammer, vom 13. Februar 1962 (11 T 18/62).
Entscheidungsformel:
Eine Regel des Völkerrechts, nach der die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat in bezug auf seine nicht-hoheitliche Betätigung ausgeschlossen ist, ist nicht Bestandteil des Bundesrechts.
Gründe
A.
I.
1. Die Firma ... in Köln hat im November 1961 beim Amtsgericht Köln eine Klage gegen das Kaiserreich Iran eingereicht. Die Firma begehrt Zahlung von 292,76 DM nebst Zinsen für Reparaturarbeiten, die sie an der Heizungsanlage des iranischen Botschaftsgebäudes in Köln-M ... im Auftrag des Botschafters ausgeführt habe.
Das Amtsgericht Köln hat es durch Beschluß vom 19. Januar 1962 abgelehnt, einen Termin für die mündliche Verhandlung zu bestimmen und die Klageschrift zuzustellen, weil das Kaiserreich Iran als souveräner Staat nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts von deutscher Gerichtsbarkeit befreit sei. Gegen diesen Beschluß hat die klagende Firma Beschwerde eingelegt.
2. Das Landgericht Köln hat am 13. Februar 1962 gemäß Art. 100 Abs. 2 GG beschlossen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, "ob nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts die Klägerin den beklagten Staat Iran vor einem Gericht der Bundesrepublik verklagen kann".
Nach Auffassung des Landgerichts kommt es für die Entscheidung über die Beschwerde darauf an, ob das Kaiserreich Iran für die eingereichte Klage der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt. Sei dies der Fall, so müsse das Amtsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen und die Klageschrift zustellen. Sei dies hingegen nicht der Fall, so habe das Amtsgericht Terminsbestimmung und Zustellung der Klageschrift zu Recht verweigert; zumindest die Ladung zum Termin wäre dann ein "unzulässiger Hoheitsakt gegen einen nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegenden Exterritorialen".
Ob das Kaiserreich Iran der inländischen Gerichtsbarkeit unterliege, hänge davon ab, ob "ein Einzelner aus einer Bestandteil des Bundesrechts gewordenen Regel des Völkerrechts unmittelbar berechtigt ist, vor einem Gericht der Bundesrepublik einen souveränen ausländischen Staat zu verklagen wegen einer rein privatrechtlichen Forderung aus einer rein privatrechtlichen Betätigung des souveränen ausländischen Staates im Inlande". Diese Frage sei zweifelhaft und deshalb dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
II.
1. Namens der Bundesregierung hat sich der Bundesminister der Justiz gemäß § 83 Abs. 2 BVerfGG geäußert:
a) Eine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der ausländische Staaten von inländischer Gerichtsbarkeit schlechthin befreit seien, dürfte sich nicht mehr feststellen lassen. Nach dem zweiten Weltkrieg hätten auch deutsche Gerichte die absolute Immunitätstheorie aufgegeben und sich der schon früher in einer Reihe ausländischer Staaten vertretenen restriktiven Theorie angeschlossen, die zwischen Akten iure imperii, also Hoheitsakten, und Akten iure gestionis, also Akten im privaten Rechtsverkehr, unterscheide und letztere von der Immunität ausnehme.
Die Abgrenzung zwischen Akten iure imperii und Akten iure gestionis könne jedoch im Einzelfall zweifelhaft sein und lasse sich nur schwer allgemeingültig umschreiben. Sie dürfe nicht, wie einige Autoren vorgeschlagen hätten, den innerstaatlichen Rechtsordnungen überlassen werden. Es sei auch heute noch allgemein anerkannt, daß ausländische Staaten jedenfalls wegen ihrer hoheitlichen Betätigung inländischer Gerichtsbarkeit nicht unterlägen. Dieser Völkerrechtssatz wäre inhaltsleer und könnte Rechtssatzcharakter nicht beanspruchen, wenn es für die Frage, welche Akte als Akte iure imperii anzusehen seien, allein auf das formale Kriterium ankäme, ob das maßgebende Rechtsverhältnis nach der lex fori dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen sei. Würde man in dieser Weise verfahren, so stünde es praktisch im Ermessen des Gerichtsstaates, ob er Immunität gewähren wolle; man würde in verschiedenen Staaten zu verschiedenen Ergebnissen gelangen und außerdem die Gründe unbeachtet lassen, die zu der Unterscheidung zwischen Akten iure imperii und iure gestionis geführt hätten. Die differenzierende Betrachtungsweise sei in erster Linie durch die Ausdehnung der staatlichen Tätigkeit in den Bereich des Wirtschafts- und Soziallebens veranlaßt worden. Die Abgrenzung müsse nach der sachlichen Zugehörigkeit eines Akts zum hoheitlichen oder privatwirtschaftlichen Bereich des ausländischen Staates vorgenommen werden. Diese Auffassung liege auch den Entscheidungen deutscher Gerichte aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg zugrunde.
Die rechtsanwendenden Organe der Bundesrepublik Deutschland müßten demzufolge im Einzelfall prüfen, ob der Sachverhalt, auf Grund dessen ein deutsches Gericht gegen einen ausländischen Staat angerufen werde, hoheitliche Aufgaben oder Betätigungen dieses Staates betreffe oder mit ihnen in erkennbarem Zusammenhang stehe. Die Prüfung dieser Frage sei - vorbehaltlich der Vorschriften von Art. 100 Abs. 2 GG - Sache des jeweils angerufenen Gerichts.
b) Die amtliche Tätigkeit der Botschaft sei hoheitlicher Art. Da Reparaturarbeiten am Botschaftsgebäude oder seinen Einrichtungen für die ordnungsgemäße Abwicklung der Botschaftsgeschäfte notwendig seien, stehe der Abschluß eines Vertrages über solche Arbeiten in erkennbarem Zusammenhang mit der hoheitlichen Betätigung des Entsendestaates, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß ein derartiger Vertrag für das sonstige deutsche Recht als privatrechtlich zu qualifizieren sei.
c) Neben dem Grundsatz der Staatenimmunität sei im vorliegenden Fall auch das besondere Problem der Immunität diplomatischer Missionen von Bedeutung. Diplomatische Missionen dürften nicht in der Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt werden. Die Zulassung von Zahlungsklagen der vorliegenden Art könnte u. U. eine derartige Beeinträchtigung zur Folge haben, z.B. dann, wenn sich solche Klagen häufen sollten oder wenn sich die Botschaft genötigt sehen würde, im Rechtsstreit Tatsachen vorzutragen, die den inneren Dienstbetrieb beträfen, oder Augenscheinseinnahmen im Botschaftsgebäude zu dulden.
2. Der Klägerin des Ausgangsverfahrens und der Kaiserlichen Iranischen Botschaft in Köln ist Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden (§ 84 in Verbindung mit § 82 Abs. 3 BVerfGG).
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat auf die im Bundesgesetzblatt 1962 I S. 731 veröffentlichte Entscheidungsformel des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - verwiesen und meint, im vorliegenden Fall dürfte Entsprechendes gelten.
Die Botschaft hat lediglich mitgeteilt, daß sie bereit sei, die Rechnung der Klägerin zu bezahlen, wenn diese die Heizungsanlage im Botschaftsgebäude vollständig repariert habe. Das sei bisher trotz Aufforderung nicht geschehen.
3. Das Bundesverfassungsgericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da keines der in § 83 Abs. 2 BVerfGG genannten Verfassungsorgane dem Verfahren beigetreten ist (Beschluß vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 7).
B.
1. Nach dem Vorlagebeschluß soll das Bundesverfassungsgericht entscheiden, "ob nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts die Klägerin den beklagten Staat Iran vor einem Gericht der Bundesrepublik verklagen kann".
Abgesehen davon, daß in Art. 25 GG im Gegensatz zu Art. 4 der Weimarer Reichsverfassung nicht von allgemein anerkannten, sondern von allgemeinen Regeln des Völkerrechts die Rede ist, ist diese Formulierung einerseits zu eng, da sie auf die Parteien des Ausgangsverfahrens abstellt, andererseits zu weit, da sie generell nach der Statthaftigkeit von Klagen gegen das Kaiserreich Iran fragt. Aus der Begründung des Beschlusses ergibt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, daß es dem vorlegenden Gericht um die Frage geht, welche Tragweite die allgemeine Völkerrechtsregel über die Staatenimmunität hat, ob also einem Staat nach dieser Regel Immunität nur für seine hoheitliche oder auch für seine nicht-hoheitliche Betätigung zusteht.
Die Vorlage ist zulässig, obwohl das vorlegende Gericht Zweifel lediglich hinsichtlich der Tragweite einer allgemeinen Völkerrechtsregel hat (Beschluß vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 10).
2. Das Landgericht meint, für seine Entscheidung komme es darauf an, ob das Kaiserreich Iran im vorliegenden Fall inländischer Gerichtsbarkeit unterliege. Eine Terminsladung dürfe einem ausländischen Staat nicht zugestellt werden, wenn er der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen sei. Das wird zwar bestritten (vgl. Aubin, JZ 1954, 118 [120] mit Nachweisen). Die Auffassung des Landgerichts ist aber nicht offensichtlich unhaltbar und deshalb für die Zulässigkeitsprüfung maßgebend (Beschluß vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 8 f.).
Aus der Begründung des Vorlagebeschlusses ergibt sich, daß die Ausübung deutscher Gerichtsbarkeit nach Auffassung des Landgerichts davon abhängt, mit welchem Inhalt die Völkerrechtsregel über die Staatenimmunität nach Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts ist. Auch insofern bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Vorlage.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die hier in Frage stehende Völkerrechtsregel ihrem Inhalt nach geeignet ist, unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen zu erzeugen (Beschluß vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 12 ff.).
C.
Eine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat in bezug auf seine nicht-hoheitliche Betätigung ausgeschlossen ist, besteht nicht.
I.
1. Völkerrechtsregeln über die Befreiung ausländischer Staaten von inländischer Gerichtsbarkeit sind dann allgemeine Regeln des Völkerrechts, wenn sie von der weitaus größeren Zahl der Staaten - nicht notwendigerweise auch von der Bundesrepublik Deutschland - anerkannt werden (Beschluß vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 14).
Die allgemeinen völkerrechtlichen Regeln über die Staatenimmunität können nur dem Völkergewohnheitsrecht angehören. Vertragliche Regeln, die allgemeine Anerkennung gefunden hätten, fehlen. Ebensowenig gibt es anerkannte allgemeine Rechtsgrundsätze, die - das Völkergewohnheitsrecht ergänzend - für den Umfang der Staatenimmunität maßgebend sein könnten.
2. In der Zeit bis zum ersten Weltkrieg ging die eindeutig überwiegende Staatenpraxis dahin, ausländischen Staaten unbeschränkt Immunität zu gewähren, sie also sowohl in bezug auf ihre hoheitliche als auch ihre nicht-hoheitliche Tätigkeit von inländischer Gerichtsbarkeit auszunehmen. Seitdem aber ist die Staatenimmunität "in einem Prozeß der Schrumpfung begriffen" (Dahm, Festschrift für Arthur Nikisch, 1958, S. 153 ff.); ihre Geschichte ist zur "Geschichte des Ringens um Zahl, Art und Umfang der Ausnahmen geworden" (Ernst J. Cohn, in: Strupp/ Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts [=Strupp/Schlochauer, Wörterbuch], Bd. 1 S. 662). Die Zunahme staatlicher Tätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiet, insbesondere die Ausdehnung des Staatshandels, ließ es geboten erscheinen, acta iure gestionis von der Staatenimmunität auszunehmen. Es wurde als notwendig empfunden, dem Einzelnen nicht nur gegenüber seinem eigenen Staat, sondern auch gegenüber ausländischen Staaten in größerem Umfang als bisher Rechtsschutz durch Gerichte zu gewähren. Vorwiegend aus diesen Gründen hat die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, daß sich heute ein von der weitaus größeren Zahl der Staaten im Bewußtsein rechtlicher Verpflichtung für längere Zeit geübter Brauch nicht mehr nachweisen läßt, nach dem ausländische Staaten auch für Klagen in bezug auf ihre nicht-hoheitliche Betätigung von inländischer Gerichtsbarkeit freigestellt wären.
Der von den Staaten geübte Brauch ist - da es sich um die Ausübung von Gerichtsbarkeit handelt - vornehmlich aus der Praxis ihrer Gerichte zu ermitteln. Weiterhin sind die Staatenpraxis im übrigen, die Versuche, das hier in Frage stehende Völkerrecht zu kodifizieren, sowie die Lehren anerkannter Autoren heranzuziehen (Beschluß vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 15).
3. Aus der Praxis der Gerichte kann nicht hergeleitet werden, daß nach allgemeinem Völkerrecht ausländischen Staaten nach wie vor unbeschränkt Immunität von inländischer Gerichtsbarkeit zusteht.
a) Deutschland gehörte bis 1945 zu den Staaten, deren Gerichte unbeschränkt, also auch bei privatrechtlichen Ansprüchen, Immunität gewährten.
Das Reichsgericht hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 12. Dezember 1905 (RGZ 62, 165) dem ausländischen Staat unbeschränkte Immunität zugebilligt. Es hat an dieser Auffassung im Ice King-Fall (Urteil vom 10. Dezember 1921, RGZ 103, 274), aber auch sonst (Entscheidung vom 1. Juli 1921, RGZ 102, 304; Entscheidung vom 13. Oktober 1925, RGZ 111, 375) festgehalten und sie bis 1945 nicht aufgegeben.
Der Rechtsprechung des Preußischen Gerichtshofs zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte lag ebenfalls die Ansicht zugrunde, ausländische Staaten seien auch in privatrechtlichen Angelegenheiten der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen (Entscheidung im Fall v. Hellfeld vom 25. Juni 1910, JöR Bd. V [1911] S. 252; Entscheidung vom 27. Juni 1925, JW 1926 S. 402).
Nach dem zweiten Weltkrieg haben deutsche Gerichte entschieden, daß Gerichtsbarkeit über einen ausländische Staat dann gegeben sei, wenn dieser Staat nicht als Hoheitsträger, sondern als Subjekt privater Rechte und Pflichten in Betracht komme (Oberlandesgericht Hamm, NJW/RzW 1951 S. 258; Landgericht Berlin, NJW/RzW 1953 S. 368; Landesarbeitsgericht München, Arbeitsrechtliche Praxis 1951 Nr. 114; Landgericht Kiel, JZ 1954 S. 117). Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (MDR 1953 S. 109) und das Oberlandesgericht Schleswig (Jahrbuch für internationales Recht [= JIR] Bd. 7 [1957] S. 400) haben die Gerichtsbarkeit über ausländische Staaten für Ansprüche aus privaten Rechtsverhältnissen mit der Begründung verneint, daß in den ihnen vorliegenden Fällen ein Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des ausländischen Staates bestanden habe.
Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 7. Juni 1955 (BGHZ 18, 1 [9]) offengelassen, ob der Satz, daß ein ausländischer Staat selbst in reinen Privatrechtsstreitigkeiten in der Regel von inländischer Gerichtsbarkeit befreit sei, auch noch in Zeiten anwendbar sei, "in denen Staaten in einem immer stärkeren Umfang dazu übergehen, sich im Wirtschaftsleben zu betätigen, ohne daß diese Betätigung noch in einem erkennbaren Zusammenhang mit ihren hoheitlichen Aufgaben stehen würde".
Die deutsche Rechtsprechung aus der Zeit nach 1945 ist also nicht einheitlich. Es läßt sich aber eine Tendenz zur Einschränkung der Staatenimmunität feststellen.
b) Die Gerichte einer nicht geringen Zahl von Staaten gewähren ausländischen Staaten Immunität nur für Akte iure imperii, nicht aber für Akte iure gestionis.
Diese Unterscheidung haben zuerst, und zwar schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts, italienische und belgische Gerichte ihren Entscheidungen zugrunde gelegt.
aa) In Italien hat 1886 der Kassationshof in Florenz unterschieden zwischen dem Staat als Träger hoheitlicher Gewalt (ente politico) und dem Staat als Subjekt des Privatrechts (ente civile); er hat dem ausländischen Staat nur für die Ausübung hoheitlicher Gewalt Befreiung von inländischer Gerichtsbarkeit gewährt (Entscheidung vom 25. Juli 1886, vgl. Harvard Law School, Research in International Law, Supplement to the American Journal of International Law [AJIL] Bd. 26 [1932] S. 622 f. [= Harvard Law School]). Der Kassationshof in Rom hat an dieser Unterscheidung festgehalten und gewährt in ständiger Rechtsprechung ausländischen Staaten Immunität nur für hoheitliche Tätigkeit. In einer Entscheidung des Kassationshofs vom 12. Mai 1947 (Annual Digest and Reports of Public International Law Cases [= AD] 1948 S. 141 [144]) heißt es, dem Grundsatz "par in parem non habet jurisdictionem" stehe das Prinzip "princeps in alterius territorio privatus" gegenüber, soweit privatrechtliche und das Eigentum betreffende Beziehungen in Frage stünden. Eine Entscheidung vom 13. Mai 1957 (International Law Reports [= ILR] 1957 S. 214 [215]) betont, die Immunität ausländischer Staaten von inländischer Gerichtsbarkeit könne auf eine Gewohnheit zurückgeführt werden, die von allen der internationalen Gemeinschaft angehörenden Staaten beachtet werde. Ursprünglich habe diese Gewohnheit alle Betätigungen des ausländischen Staates erfaßt; sie sei allmählich jedoch auf hoheitliche Betätigungen beschränkt worden. Diese Tendenz in der Rechtsprechung zahlreicher Länder hänge mit den vielfältigen Tätigkeiten des Staates zusammen, der in großem Umfang auf Gebiete vorgedrungen sei, die früher privaten Personen vorbehalten gewesen seien. In seiner Entscheidung vom 8. Juni 1957 (ILR 1957 S. 209 [210 f.]) führt der Kassationshof schließlich aus, ausländische Staaten seien nach einer allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 10 der italienischen Verfassung in allen Angelegenheiten von inländischer Gerichtsbarkeit befreit, die der inländischen Rechtsordnung fremd seien oder bei denen sie als Völkerrechtssubjekt oder als Träger souveräner Macht innerhalb ihres Bereichs gehandelt hätten. Wenn aber der ausländische Staat ohne Rücksicht auf seine hoheitliche Gewalt handle und sich auf die Ebene des privaten Bürgers begebe, so dürfe die Ausübung von Gerichtsbarkeit nicht verneint werden.
Die Unterscheidung von hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Tätigkeit liegt ferner folgenden Entscheidungen des Kassationshofs zugrunde, in denen italienische Gerichtsbarkeit bejaht (a) oder verneint (b) wurde:
(a) Kassationshof Rom, Entscheidung vom 1. Juli/12. Oktober 1893 im Fall Fisola, wiedergegeben bei Gmür, Gerichtsbarkeit über fremde Staaten, 1948, S. 143 ff.; Kassationshof, Entscheidung aus dem Jahr 1925, wiedergegeben bei Lauterpacht, The Problem of Jurisdictional Immunities of Foreign States, in: The British Year Book of International Law, Bd. XXVIII (1951) S. 251 (= Lauterpacht, British Year Book); Kassationshof, Entscheidung vom 13. März 1926, Harvard Law School S. 626 ff. sowie Eleanor Wyllys Allen, The Position of Foreign States before National Courts, 1933 (= Allen), S. 243; Kassationshof, Entscheidung aus dem Jahr 1928, Lauterpacht, British Year Book S. 251; Kassationshof, Entscheidung vom 14. August 1953, ILR 1955 S. 235; Kassationshof, Entscheidung vom 24. Mai 1956, ILR 1956 S. 203;
(b) Kassationshof, Entscheidung vom 12. Mai 1947, AD 1948 S. 141; Kassationshof, Entscheidung vom 17. Oktober 1955, ILR 1956 S. 201; Kassationshof, Entscheidung vom 17. Oktober 1956, ILR 1957 S. 211.
bb) in Belgien hat das Appellationsgericht in Gent bereits in einer Entscheidung vom 14. März 1879 erklärt, der Verkauf von Guano durch die peruanische Regierung sei ein Handelsgeschäft und der Gerichtsbarkeit der Handelsgerichte unterworfen (Harvard Law School S. 612 f. sowie Allen S. 195 f.).
Der Kassationshof hat durch Entscheidung vom 11. Juni 1903 die Gerichtsbarkeit für die Klage einer Eisenbahngesellschaft gegen den niederländischen Staat bejaht. Die Immunität ausländischer Staaten von inländischer Gerichtsbarkeit komme nur dann in Betracht, wenn ihre Souveränität berührt werde. Dies sei nur bei Akten des politischen Lebens (acte de la vie politique) der Fall. Wenn sich aber der Staat mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft nicht auf seine politische Rolle beschränke, sondern Güter erwerbe und besitze, Verträge abschließe, Gläubiger und Schuldner werde oder gar Handel treibe, handle er nicht im Bereich öffentlicher Gewalt, sondern wie eine Zivil- oder Privatperson. Wenn er in dieser Eigenschaft an einem Streit beteiligt sei, so sei der ausländische Staat wie jeder andere Ausländer der belgischen Gerichtsbarkeit unterworfen (Clunet Bd. 31 [1904] S. 417).
Vgl. ferner:
Tribunal civil Charleroi, Entscheidung vom 8. April 1927 (Harvard Law School S. 614 f., sowie Allen S. 210 Anm. 9): Die Gerichtsbarkeit über den französischen Staat wurde bejaht für die Klage einer belgischen Gesellschaft aus der Lieferung von Waren für den Wiederaufbau kriegszerstörter Gebiete in Frankreich; der französische Staat habe bei Abschluß der Verträge nicht öffentliche Gewalt ausgeübt, sondern sich wie ein Privater betätigt und sei deshalb der Zivilgerichtsbarkeit unterworfen. Tribunal civil Antwerpen, Entscheidung vom 10. Oktober 1934 (AD 1938-1940 S. 249): Auch hier wird zwischen hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Akten unterschieden. Das Gericht hat seine Gerichtsbarkeit verneint für eine gegen das kanadische Einwanderungsamt in Antwerpen wegen Verletzung eines Arbeitsvertrags gerichtete Klage. Die kanadische Regierung habe bei Einstellung des Klägers als souveräner Staat und nicht als Subjekt des Privatrechts gehandelt (ähnlich Appellationsgericht Leopoldville, Entscheidung vom 29. Mai 1956, ILR 1956 S. 209).
Das Tribunal civil in Brüssel hat unter dem 30. April 1951 (Clunet Bd. 79 [1952] S. 244) sogar die Zwangsvollstreckung der Gesellschaft Socobelge gegen den griechischen Staat in Belgien für zulässig erachtet, obwohl nach in Belgien herrschender Auffassung eine Zwangsvollstreckung gegen den belgischen Staat unzulässig ist (vgl. auch Carabiber, Clunet Bd. 79 [1952] S. 472, sowie AJIL Bd. 47 [1953] S. 509 Anm. 3).
cc) Das schweizerische Bundesgericht hat in seiner Entscheidung vom 13. März 1918 im Fall Dreyfuß (BGE Bd. 44 I S. 49) die Gerichtsbarkeit über ausländische Staaten für Rechtsverhältnisse privatrechtlicher Art bejaht und die Lehre der absoluten Staatenimmunität unter Berufung auf die italienische und belgische Rechtsprechung abgelehnt (ebenso Entscheidung vom 28. März 1930, BGE Bd. 56 I S 237). In einer Entscheidung vom 6. Juni 1956 (BGE Bd. 82 I S. 75) hat das Gericht seine Ansicht dahin zusammengefaßt, daß ein ausländischer Staat sich unbeschränkt auf die Staatenimmunität berufen könne, wenn das streitige Rechtsverhältnis von ihm in Ausübung seiner Hoheitsgewalt eingegangen worden sei. Wenn der Streit hingegen ein privatrechtliches Rechtsverhältnis betreffe, so könne der ausländische Staat vor schweizerischen Gerichten belangt werden und sei in der Schweiz Vollstreckungsmaßnahmen unterworfen, sofern das Rechtsverhältnis in einer Beziehung zum schweizerischen Territorium stehe, d.h., sofern es in der Schweiz begründet worden oder dort durchzuführen sei oder sofern zumindest in der Schweiz ein Erfüllungsort begründet worden sei.
An dieser Auffassung hat das Gericht in seiner Entscheidung vom 10. Februar 1960 (BGE Bd. 86 I S. 23 und Clunet Bd. 88 [1961] S. 458) festgehalten. Bei der Abgrenzung von Akten iure imperii und iure gestionis solle der Richter nicht auf den Zweck der Handlung, sondern auf ihre Natur abstellen und untersuchen, ob sie auf öffentlicher Gewalt (puissance publique) beruhe oder dem ähnlich sei, was jeder Privatmann tun könne. Das Gericht hat in diesem Fall seine Gerichtsbarkeit bejaht und eine staatsrechtliche Beschwerde der Vereinigten Arabischen Republik gegen Arrestbefehle in bezug auf Bankguthaben dieser Republik zurückgewiesen, die erwirkt worden waren wegen Forderungen aus einem Vertrag, durch den ein in Wien gelegenes Haus der dortigen Vertretung des Königreichs Ägypten (des Rechtsvorgängers der Vereinigten Arabischen Republik) vermietet worden war.
Der schweizerische Bundesrat hat sich 1928 gegenüber dem vom Völkerbund eingesetzten Sachverständigenausschuß für die fortschreitende Kodifikation des Völkerrechts dahin geäußert, daß eine internationale Regelung, welche die Staatenimmunität einschränke, wünschenswert sei. Die Hauptschwierigkeit sei die Abgrenzung zwischen Akten iure gestionis und iure imperii. Wenn die Immunität nur für Handlungen anerkannt werde, die echte Äußerungen der Souveränität seien, so solle man bei der Abgrenzung nicht auf den Zweck der Handlung, sondern auf seine wahre Natur (nature intrinseque) abstellen. Nur ein Akt, der nicht von einem Privatmann vorgenommen werden könne, dürfe volle Immunität genießen (Völkerbundsdokument A. 15. 1928 V., S. 88; vgl. auch Lauterpacht, British Year Book S. 258 Anm. 5).
dd) Der österreichische Oberste Gerichtshof hat in der Zeit von 1907 bis etwa 1926 die Lehre der nur beschränkten Staatenimmunität vertreten.
Nachweisungen in der Entscheidung vom 10. Mai 1950 im Fall Dralle, Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofs in Zivil- und Justizverwaltungssachen (= SZ) Bd. XXIII S. 304.
In einer Entscheidung vom 5. Januar 1920 (SZ Bd. II S. 3) hat der Gerichtshof österreichische Gerichtsbarkeit über die Türkei bejaht für eine Klage auf Bezahlung von Bauarbeiten am türkischen Botschaftsgebäude in Wien. Für privatrechtliche Ansprüche, die die Souveränität des beklagten Staates in keiner Weise berührten, müsse auch der fremde Staat den Gerichten des Staates unterworfen sein, in dem das Geschäft seinen Sitz habe. Die Verweisung auf die Gesandtenexterritorialität sei nicht am Platz, da ihr Zweck darin bestehe, alles auszuschließen, was den Gesandten an der Ausübung seiner Mission hindern könnte, "während dieses Moment hier nicht in Betracht kommt".
Seit dem Fall Dralle (Entscheidung vom 10. Mai 1950, SZ Bd. XXIII S. 304) folgt der Gerichtshof erneut der restriktiven Theorie der Staatenimmunität. Er hat unter Anführung zahlreicher Entscheidungen und Äußerungen der Völkerrechtswissenschaft untersucht, "ob sich aus der Rechtspraxis der Gerichte der Kulturstaaten eine einheitliche Auffassung ergibt, da nur auf diese Weise festgestellt werden kann, ob heute noch der Grundsatz als Völkerrechtsnorm gilt, daß ausländische Staaten, auch wenn es sich um privatrechtliche Ansprüche handelt, vor den Gerichten eines inländischen Staates nicht geklagt werden können" (aaO S. 310). Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, "daß heute nicht mehr gesagt werden kann, daß nach anerkanntem Völkerrecht die sogenannten acta gestionis von der inländischen Gerichtsbarkeit ausgenommen sind", und spricht von einer Freigabe der acta gestionis an die Jurisdiktion der einzelnen Staaten (aaO S. 322). Der Inhalt der Entscheidung ist in folgendem Rechtssatz zusammengefaßt worden:
"Ausländische Staaten sind nach Völkerrecht nur insoweit von der Gerichtsbarkeit der inländischen Staaten eximiert, als es sich um Akte handelt, die sie in Ausübung der ihnen zustehenden Hoheitsgewalt vorgenommen haben."
Dieser Rechtssatz wurde als "Spruch 28 neu" in das Spruchrepertorium eingetragen.
In einer Entscheidung vom 10. Februar 1961 (Juristische Blätter 1962 S. 43) hat der Gerichtshof, die Entscheidung im Fall Dralle zugrunde legend, nur noch geprüft, "ob der Kläger den beklagten Staat aus einem Privatrechtsverhältnis oder aus seiner Hoheitssphäre in Anspruch nimmt". Um zu entscheiden, ob ein privatrechtlicher oder ein hoheitsrechtlicher Akt vorliege, sei der Akt, der von den Organen des Staates gesetzt worden sei, zu beurteilen, nicht etwa sein Motiv oder sein Zweck. Ob ein Akt der einen oder der anderen Art vorliege, sei der Natur des Rechtsvorgangs, "d.h. dem eigenen inneren Wesen der vorgenommenen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses zu entnehmen". Beispielsweise sei der Ankauf eines Grundstücks durch einen ausländischen Staat von einem Privaten auch dann ein privatrechtlicher Akt, wenn das Grundstück zur Errichtung eines militärischen Stützpunkts verwendet werden solle. Wenn ein Baumeister von einem ausländischen Staat beauftragt werde, auf dessen Grundstück im Inland ein Gebäude zu errichten, so handle es sich um einen privatrechtlichen Bauvertrag auch dann, wenn das Gebäude dazu bestimmt sei, die Botschaft des ausländischen Staates aufzunehmen. Ansprüche aus Beschädigung eines Kraftfahrzeugs, die der Fahrer eines Kraftwagens der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Wien auf einer Dienstfahrt mit dem Wagen der Botschaft verursacht hatte, seien - so entschied der Gerichtshof - privatrechtlicher Art. Bei der Haltung und dem Betrieb von Kraftfahrzeugen und bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr erscheine der ausländische Staat in Bereichen, in denen sich auch der Bürger bewege; beide stünden sich gleichberechtigt gegenüber; von einer Über- und Unterordnung könne dabei keine Rede sein.
ee) Die Rechtsprechung der französischen Gerichte ist vor dem ersten Weltkrieg im wesentlichen der Lehre der absoluten Immunität gefolgt (Lauterpacht, British Year Book S. 260). Nach 1918 hat sie sich mit zunehmender Deutlichkeit der restriktiven Theorie zugewandt, die vor allem in die Rechtsprechung des Kassationshofs Eingang gefunden hat.
Vgl. folgende Entscheidungen des Kassationshofs:
Entscheidung vom 19. Februar 1929, Lauterpacht, British Year Book S. 261; Allen S. 171 f.; Entscheidung vom 15. Dezember 1936 im Fall Schaljapin, AD 1935 bis 1937 S. 225 = Sirey 1937, 1. Teil S. 104; Entscheidung vom 5. Februar 1946, AD 1946 S. 78 = Sirey 1947, 1. Teil S. 140.
In einer Entscheidung vom 19. Dezember 1961 (Revue General de Droit International Public [= RGDIP] Bd. 66 [1962] S. 654) bestätigte der Kassationshof eine Entscheidung des Appellationsgerichts von Paris (ILR 1955 S. 224 = Clunet Bd. 84 [1957] S. 408), die dem Staat Vietnam Immunität gewährt hatte für eine Klage auf Erfüllung eines Vertrages, der die Versorgung der vietnamesischen Streitkräfte mit Zigaretten zum Gegenstand hatte. Nach Auffassung des Kassationshofs war der Abschluß dieses Vertrags Ausübung von fonctions etatiques de gestion publique mit der Folge der Immunität. In einer Entscheidung vom selben Tag hob der Kassationshof (RGDIP Bd. 66 [1962] S. 654) eine Entscheidung des Appellationsgerichts von Paris (ILR 1957 S. 204 = Clunet Bd. 84 [1957] S. 392) auf, die dem türkischen Staat Immunität gewährt hatte, der von einer Bank aus einer Bürgschaft in Anspruch genommen worden war, die er für eine Anleihe der Stadt Konstantinopel übernommen hatte. Das Appellationsgericht habe sich nicht über die Umstände geäußert, die es veranlaßt hatten, die Bürgschaft als acte de puissance publique zu werten.
Charles Rousseau hat in einer Anmerkung zu diesen beiden Entscheidungen (RGDIP Bd. 66 [1962] S. 655 f.) - unter Hinweis darauf, daß die Rechtsprechung vor allem der unteren Gerichte nicht einheitlich sei - die Ansicht des Kassationshofs wie folgt zusammengefaßt: Die Immunität fremder Staaten sei nicht absolut, sondern gelte nur für actes de puissance publique. Für Handlungen, die ein Staat unter denselben Umständen wie ein Privatmann vornehme (actes jure gestionis), greife die Immunität nicht ein. Für die Unterscheidung seien nicht nur Form und Inhalt der Handlung und die Tatsache, daß es sich um ein Rechtsgeschäft des Privatrechts handle, sondern auch ihr Zweck maßgebend. Wenn der Staat die Bedürfnisse eines öffentlichen Dienstes befriedige (satisfaire les besoins d'un service public), so genieße er Immunität, welchen juristischen Weg er auch einschlagen möge (zur französischen Rechtsprechung siehe auch Dahm, Völkerrecht, Bd. 1 S. 233 Anm. 10).
ff) Die griechischen Gerichte gewähren seit 1928 ausländischen Staaten Immunität nur in bezug auf Hoheitsakte.
In einer Entscheidung aus dem Jahr 1928 (Lauterpacht, British Year Book S. 256) hat das Appellationsgericht von Athen Gerichtsbarkeit über die Sowjetunion angenommen und die Pfändung von Vermögen der Sowjetregierung aufrechterhalten. Der Oberste Gerichtshof hat diese Entscheidung im gleichen Jahr bestätigt (Allen S. 292). Das Appellationsgericht von Athen hat ferner in einer Entscheidung aus dem Jahr 1949 (AD 1949 S. 291) die griechische Gerichtsbarkeit bejaht für eine Klage gegen den rumänischen Staat auf Herausgabe von Grundstücken, die der rumänische Gesandte auf Grund eines Mietvertrags in Athen bewohnt hatte. In der Begründung seiner Entscheidung hat das Gericht sich zu der Auffassung bekannt, daß die Staatenimmunität beschränkt sei auf Angelegenheiten, die ein Staat als souveräne politische Macht ausführe, daß sie hingegen nicht eingreife für Angelegenheiten, die aus Handlungen herrührten, die - wie die Verwaltung von Eigentum - seine Souveränität in keiner Weise beträfen.
gg) Die bis 1949 in Ägypten bestehenden gemischten Gerichte haben nahezu ein halbes Jahrhundert lang Gerichtsbarkeit über ausländische Staaten in bezug auf Handlungen iure gestionis ausgeübt (vgl. Lauterpacht, British Year Book S. 255). Das gemischte Appellationsgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. Juni 1930 (Harvard Law School S. 616 f. sowie Allen S. 289 Anm. 53) dargelegt, nach der ständigen Rechtsprechung der gemischten Gerichte, die derjenigen der italienischen und belgischen Gerichte entspreche, werde Immunität nur für actes de souverainete gewährt, nicht aber für actes de gestion, bei denen der ausländische Staat im Rahmen des Privatrechts gehandelt habe (siehe auch Handelsgericht Alexandrien, Entscheidung vom 29. März 1943, AD 1943-1945 S. 103).
Das Zivilgericht in Alexandrien hat durch Entscheidung vom 12. Mai 1951 (ILR 1951 S. 225) der Republik Jugoslawien die Immunität versagt. Streitigkeiten, die aus Handlungen herrührten, die ein ausländischer Staat unter denselben Bedingungen wie ein Privatmann vorgenommen habe, seien der Gerichtsbarkeit der nationalen Gerichte unterworfen. Rechtsprechung und Lehre hätten die Immunität auf Streitigkeiten beschränkt, die aus Handlungen entstanden seien, die ihrer Natur nach nur von Staaten vorgenommen werden könnten, als Akte öffentlicher Autorität angesehen würden und dem öffentlichen Interesse dienten.
hh) Der Oberste Kassationshof von Jordanien hat in einer Entscheidung vom 28. Juli 1958 (ILR 26 [1958-II] S. 190) seine Gerichtsbarkeit über die französische Regierung für eine Klage auf Zahlung von Mietzins bejaht. Die Gerichte zahlreicher Länder hätten entschieden, daß die Immunität ausländischer Staaten auf ihre öffentlichen Aufgaben (official functions) beschränkt sei.
c) In anderen Staaten ist die Rechtsprechung nicht eindeutig.
aa) Die Rechtsprechung der niederländischen Gerichte ist nicht einheitlich. Immerhin gehen einige Entscheidungen davon aus, daß ausländischen Staaten nur beschränkt Immunität zustehe.
Siehe die bei Lauterpacht, British Year Book S. 263 f. angeführten Entscheidungen, insbesondere: Entscheidung des Bezirksgerichts Rotterdam vom 25. September 1916 im Fall de Booij, in dem ein Versäumnisurteil gegen das Deutsche Reich erlassen wurde wegen Maßnahmen deutscher Truppen im Zusammenhang mit Kriegshandlungen in Belgien, vgl. Allen S. 110 ff.; Bezirksgericht Amsterdam, Entscheidung vom 14. Juli 1921, vgl. auch Allen S. 142 f.; Entscheidung des Council for the Restoration of Legal Rights, Division for Judicial Settlement, vom 2. Juni 1947, AD 1947 S. 77.
Andere Entscheidungen neigen jedoch dazu, unbeschränkte Staatenimmunität anzunehmen.
Appellationsgericht Amsterdam: Entscheidung vom 30. April 1942, AD, Supplementary Volume 1919-1942 S. 140; Entscheidung vom 3. Dezember 1942, AD, Supplementary Volume 1919-1942 S. 142; Entscheidung des Präsidenten des Bezirksgerichts Den Haag vom 27. Mai 1958, die durch das Appellationsgericht Den Haag bestätigt wurde, ILR Bd. 26 (1958 - II) S. 181.
bb) Eine Entscheidung des schwedischen Obersten Gerichtshofs vom 17. März 1942 (AD 1941-1942 S. 240) nimmt Bezug auf den Grundsatz der absoluten Immunität, erwähnt aber auch die Einschränkungen, die dieser Satz "in verschiedenen Teilen der Welt in verschiedenem Umfang" für die privatrechtliche Betätigung des Staates erfahren habe.
Das Appellationsgericht in Svea hat durch Entscheidung vom 14. November 1949 (AD 1949 S. 141) der Volksrepublik Bulgarien Immunität gewährt. Der Kläger, ein Schwede, hatte den Bau und die Ausgestaltung des bulgarischen Pavillons für eine Ausstellung in Stockholm übernommen und verlangte mit der Klage - nach Erhalt des ursprünglich vereinbarten Werklohns - ein weiteres Entgelt.
Ein Richter des Appellationsgerichts gab ein abweichendes Votum ab. Der von den Parteien geschlossene Vertrag unterliege dem Privatrecht. Zwar werde in Schweden das Prinzip der Immunität anerkannt, aber es bestehe eine Tendenz, von ihm abzuweichen, wenn privatrechtliche Beziehungen in Frage stünden. - Das Gericht erster Instanz hatte die schwedische Gerichtsbarkeit in diesem Fall bejaht, weil der Rechtsstreit keine Regierungshandlung mit öffentlichem Charakter betreffe.
Die schwedische Regierung hat schon 1927 den vom Völkerbund eingesetzten Sachverständigenausschuß zur fortschreitenden Kodifikation des Völkerrechts auf die Tendenz der schwedischen (Instanz-) Gerichte hingewiesen, die Immunität ausländischer Staaten bei Handelsgeschäften einzuschränken. Die ausgedehnte Immunität, die ausländischen Staaten in vielen Ländern gewährt werde, führe zu immer unbefriedigenderen Ergebnissen, je mehr die Staaten ihre Tätigkeit auf das Gebiet der Industrie, des Handels und Verkehrs ausdehnten (Völkerbundsdokument A. 15. 1928. V. S. 84 f.).
cc) Lauterpacht (British Year Book S. 265 f.) weist darauf hin, daß nur wenige Entscheidungen und Äußerungen aus den lateinamerikanischen Staaten bekannt geworden seine. Nach dem, was bekannt geworden sei, müßten diese Staaten zu denjenigen gerechnet werden, in denen für die Gewährung der Immunität zwischen Akten iure imperii und iure gestionis unterschieden werde.
d) Die Rechtsprechung in den nachfolgend angeführten Staaten gewährt nach wie vor unbeschränkte Immunität.
aa) Das gilt insbesondere für englische Gerichte.
House of Lords: Entscheidung vom 3. März 1938 im Fall Cristina, AD 1938-1940 S. 250; siehe zu diesem Fall auch Steinberger, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch, Bd. 1 S. 302; Entscheidung vom 25. Februar 1952 im Fall Dollfus Mieg, ILR 1952 S. 163 (167); Entscheidung vom 7. November 1957 im Fall Nizam von Hyderabad, ILR 1957 S. 175 (178) = Arch VR Bd. 7 (1958/59) S. 339.
Auch in England sind jedoch Zweifel daran geäußert worden, ob ausländischen Staaten in allen Fällen Immunität zustehe.
Siehe die obiter dicta in der Entscheidung des Falls Cristina, AD 1938-1940 S. 259 ff.; obiter dictum in der Entscheidung des Judicial committee of the Privy Council vom 22. April 1952 im Fall des Sultans von Johore, ILR 1952 S. 182 (190 f.) und Steinberger, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch, Bd. 3 S. 422; Lord Denning im Fall des Nizam von Hyderabad, ILR 1957 S. 200 = Arch VR Bd. 7 (1958/59) S. 351. Siehe ferner die Order in Council aus dem Jahr 1950, nach der die Gerichtsbarkeit des Supreme Court of Hongkong in einem bestimmten Fall nicht ausgeschlossen sein sollte, vgl. dazu ILR 1952 S. 85 und Lalive, L'immunite de juridiction des Etats et des organisations internationales, in: Recueil des Cours Bd. 84 (1953 III) S. 205 (228 ff.); siehe auch die Äußerungen des früheren Rechtsberaters des Foreign Office, Beckett, im Annuaire de l'Institut de Droit International (= Annuaire) 1952 Bd. I S. 54.
Die Rechtsprechung der Staaten des Commonwealth folgt im allgemeinen der englischen Praxis (Lauterpacht, British Year Book S. 272 mit Nachweisungen in Anmerkung 7). Neuerdings ist aber auch in Kanada die restriktive Theorie der Staatenimmunität vertreten worden (siehe die Entscheidung eines Richters des Exchequer Court of Canada, Nova Scotia Admiralty District, vom 25. April 1961, AJIL Bd. 56 [1962] S. 558 f., sowie die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Kanada vom 11. Juni 1962, AJIL Bd. 57 [1963] S. 440).
bb) Ebenso wie die englischen Gerichte gewähren die Gerichte der Vereinigten Staaten von Amerika seit der Entscheidung des Supreme Court im Fall des Schoners Exchange im Jahr 1812
Curtis, Reports of Decisions in the Supreme Court of the United States, Bd. II, 5. Auflage 1870, S. 478 = Cranch, Reports of the Supreme Court of the United States, Bd. 7 S. 116
ausländischen Staaten unbeschränkt Immunität (vgl. z.B. die Entscheidung des Supreme Court vom 7. Juni 1926 im Fall The Pesaro [271 US 562] sowie die vom 5. Februar 1945 im Fall Mexico v. Hoffman [324 US 30], in dem die Immunität versagt wurde in bezug auf ein Handelsschiff, das zwar Eigentum der mexikanischen Regierung war, aber nicht in deren Besitz stand). Es begegnet jedoch gewissen Schwierigkeiten, die Rechtsprechung der Gerichte der Vereinigten Staaten von Amerika zur Feststellung des allgemeinen Völkerrechts heranzuziehen. Ihre Entscheidungen nehmen nicht selten landesrechtliche Normen über die "Immunität" des eigenen Staates zum Maßstab für die Immunität ausländischer Staaten (vgl. Alexy, Der Einfluß der Exekutive und innerstaatlicher Rechtsgrundsätze auf die amerikanische Rechtsprechung zur Immunität fremder Staaten, Zaö-RVR Bd. 22 [1962] S. 661 [670 ff.] mit Nachweisungen). Weiterhin neigen die amerikanischen Gerichte dazu, einem ausländischen Staat Immunität nur dann zu gewähren, wenn die Exekutive dies vorgeschlagen hat, über die Gewährung der Immunität also nicht auf Grund eigener rechtlicher Überlegungen zu entscheiden, sondern die Entscheidung der Exekutive, insbesondere dem State Department, zu überlassen (vgl. Alexy aaO S. 676 ff.).
Deshalb kommt dem Schreiben des State Department vom 19. Mai 1952 an den Attorney General (Department of State Bulletin Bd. 26 [1952] S. 984 = JIR Bd. 7 [1957] S. 403, bekannt als "Tate letter") besondere Bedeutung zu; darin hat das State Department mitgeteilt, daß es künftig bei seinen Vorschlägen hinsichtlich der Gewährung von Immunität der Lehre der restriktiven Staatenimmunität folgen werde.
Zur Praxis des State Department siehe die Note vom 26. September 1956 an den Botschafter der Republik China (JIR Bd. 7 [1957] S. 402 f.), durch die ein Antrag auf Gewährung von Immunität für einen Akt iure gestionis abgelehnt wurde;
vgl. aber auch die Stellungnahmen des State Department im Fall des kubanischen Frachtschiffs Bahia de Nipe vom 19. und 20. August 1961 (AJIL Bd. 56 [1962] S. 526 ff.), die nicht in Einklang mit dem Brief vom 19. Mai 1952 stehen dürften.
Eine Mitteilung des State Department betreffend die Tätigkeit von Vereinigungen der Bediensteten der amerikanischen diplomatischen Missionen vom 15. September 1961 (AJIL Bd. 56 [1962] S. 533) legt erneut die restriktive Theorie der Staatenimmunität zugrunde.
Trotz der Bedeutung, die dem Schreiben des State Department vom 19. Mai 1952 auch für die Rechtsprechung der Gerichte zukommen dürfte (vgl. hierzu Entscheidung des Supreme Court vom 7. März 1955 im Fall National City Bank of New York v. Republic of China, 348 US 356, 360 f.), läßt sich aber bisher nicht feststellen, daß die Gerichte der Vereinigten Staaten von Amerika die Lehre der unbeschränkten Staatenimmunität verlassen haben.
cc) Der philippinische Oberste Gerichtshof übt Gerichtsbarkeit über ausländische Staaten nur dann aus, wenn diese Staaten darin eingewilligt haben.
Entscheidung vom 17. August 1949, ILR 1951 S. 228; ebenda die abweichende Meinung eines der Richter: bei privatrechtlichen Verträgen seien die ausländischen Staaten inländischer Gerichtsbarkeit unterworfen; Entscheidung vom 26. April 1954, ILR 1954 S. 103.
dd) Die japanischen Gerichte folgen der Lehre der unbeschränkten Staatenimmunität.
Vgl. Landgericht Tokio, Entscheidung vom 23. Dezember 1955, ILR 1956 S. 210;
Landgericht Aomori, Entscheidung vom 14. Februar 1956, ILR 1956 S. 265;
Landgericht Tokio, Entscheidung vom 16. März 1957, ILR 1957 S. 226;
Eine Delegation der japanischen Regierung hat sich auf der dritten Sitzung des beratenden Rechtsausschusses asiatischer und afrikanischer Staaten (Colombo 1960) jedoch für die Beschränkung der Staatenimmunität auf Hoheitsakte ausgesprochen (vgl. unten 5 b).
ee) Die bekannt gewordenen Entscheidungen der Gerichte der Staaten Osteuropas vertreten heute die Lehre der unbeschränkten Staatenimmunität.
Russische und rumänische Gerichte haben jedoch früher Entscheidungen gefällt, denen die Auffassung zugrunde liegt, ausländischen Staaten stehe Immunität für Akte iure gestionis nicht zu.
Siehe die Entscheidungen des Zivilkassationsdepartements des Dirigierenden Senats in St. Petersburg aus den Jahren 1893 und 1909, Zeitschrift für Ostrecht 1927 S. 288 ff., sowie S. 291 in der Anmerkung von v. Büchler zu der Entscheidung von 1893; Entscheidung des Handelsgerichts Ilfov (Name des Bukarester Handelsgerichts) vom 18. Oktober 1920, Harvard Law School S. 631 (bei Clunet Bd. 50 [1923] S. 663 wiedergegeben unter dem Datum vom 18. Oktober 1921, vgl. Allen S. 291 Anm. 56); dieses Gericht hat für die Frage der Immunität unterschieden, ob der Staat Akte iure imperii vorgenommen oder iure privato gehandelt habe; im zweiten Fall unterscheide er sich nicht von einer Privatperson und unterliege der inländischen Gerichtsbarkeit; das Kriterium für die Differenzierung zwischen Hoheitsakten und privatrechtlichen Akten ergebe sich aus der Natur, nicht aus dem Zweck der staatlichen Betätigung.
Der polnische Oberste Gerichtshof erkennt ausländischen Staaten unbeschränkte Immunität zu und prüft dabei seit 1937, ob Gegenseitigkeit gewährt wird.
Vgl. Entscheidung vom 2. März 1926, Zeitschrift für Ostrecht 1927 S. 275; Entscheidung vom 31. August 1937, AD 1935-1937 S. 239 (in den beiden folgenden Entscheidungen zitiert unter dem Datum vom 31. Juli 1937);
Entscheidung vom 14. Dezember 1948, ILR 1957 S. 223;
Entscheidung vom 26. März 1958, ILR Bd. 26 (1958 - II) S. 178.
Auch die tschechoslowakischen Gerichte folgen der Lehre von der unbeschränkten Staatenimmunität.
Vgl. Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23. Dezember 1919, Allen S. 276 f. und Harvard Law School S. 531 f.; Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vom 12. und vom 19. Oktober 1920, Zeitschrift für Ostrecht 1927 S. 252 und S. 254; Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 16. Januar 1923, Zeitschrift für Ostrecht 1927 S. 255; Entscheidung des Kreisgerichts Prag vom 16. Dezember 1955, ILR 1955 S. 242.
Schließlich ist eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Volksrepublik Kroatien vom 30. August 1956 (ILR 1956 S. 431) bekannt geworden, der die Auffassung zugrunde liegt, nach Völkergewohnheitsrecht sei ein ausländischer Staat ohne seine Zustimmung inländischer Gerichtsbarkeit nicht unterworfen.
Die Prüfung der Rechtsprechung hat ergeben:
Die Gerichte einer beträchtlichen Zahl von Staaten, vor allem die Gerichte Italiens, Belgiens, der Schweiz, Österreichs, Frankreichs, Griechenlands, Ägyptens und Jordaniens, gewähren eindeutig ausländischen Staaten Immunität nur für Hoheitsakte. Hinsichtlich der Rechtsprechung in anderen Staaten ist es zweifelhaft, ob die Gerichte nach wie vor der Lehre der unbeschränkten Staatenimmunität folgen. In Deutschland läßt sich eine Tendenz zur Einschränkung der Staatenimmunität feststellen. Demgegenüber halten die Gerichte vor allem Englands und der Vereinigten Staaten von Amerika, ebenso aber auch die Japans und der Philippinen sowie die der osteuropäischen Staaten daran fest, daß ausländischen Staaten Immunität sowohl für hoheitliche wie für nicht-hoheitliche Tätigkeit zusteht. Vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika und in England ist jedoch die Tendenz erkennbar, von der unbeschränkten Staatenimmunität abzugehen.
Aus der Praxis der Gerichte kann angesichts dieser Sachlage nicht hergeleitet werden, daß die Gewährung unbeschränkter Immunität auch heute noch als ein von der weitaus größeren Zahl der Staaten im Bewußtsein rechtlicher Verpflichtung geübter Brauch angesehen werden kann.
4. Die zahlreichen zwei- und mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge, die generell oder für bestimmte Objekte (z.B. für Staatshandelsschiffe) Fragen der Staatenimmunität regeln, bestätigen auch bei vorsichtiger Würdigung, daß nach allgemeinem Völkerrecht die Staaten Immunität nur noch für Akte iure imperii und nicht mehr für Akte iure gestionis beanspruchen können.
a) Bei rückschauender Betrachtung erweisen sich die Bestimmungen der Pariser Vorortverträge von 1919 und 1920, nach denen den Regierungen der besiegten Staaten für den Fall ihrer Beteiligung am internationalen Handel "keine Vorrechte und Freiheiten der Souveränität" zustanden, als Ausgangspunkt einer Entwicklung, die mit zunehmender Deutlichkeit von der unbeschränkten zur beschränkten Staatenimmunität führt.
Vgl. Art. 281 des vertrages von Versailles sowie die entsprechenden Bestimmungen in den Verträgen von Saint Germain, Neuilly, Trianon und Sevres sowie hierzu Diena, Völkerbundsdokument A. 15. 1928. V. S. 56 = AJIL Bd. 22 (1928) Special Supplement, Januar 1928, S. 131.
b) Das von vielen Staaten ratifizierte Brüsseler Abkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Immunitäten der Staatsschiffe vom 10. April 1926 (RGBl. 1927 II S. 483; Zusatzprotokoll vom 24. Mai 1934, RGBl. 1936 II S. 303) sieht eine weitgehende Gleichstellung der Staatshandelsschiffe mit privaten Schiffen vor. Gleiches gilt für die - noch nicht in Kraft getretenen - Konventionen der Genfer Seerechtskonferenz von 1958.
Siehe Art. 9 der Konvention über die Hohe See, Arch VR Bd. 7 (1958/59) S. 313 ff., sowie Art. 21 der Konvention über das Küstenmeer und die Anschlußzone, Arch VR aaO S. 306 ff., und hierzu Münch in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch, Bd. 3 S. 238, sowie Geck, ebenda, S. 334; Menzel, Die Immunität der Staatsschiffe, 1961, S. 25 f.
Es wäre verfehlt, die Bestimmungen des Brüsseler Abkommens von 1926 und die der Konventionen von 1958 als vertraglich vereinbarte Ausnahmen von der Regel absoluter Immunität - und damit als Bestätigung dieser Regel - anzusehen. Die Regelungen der Abkommen von 1926 und von 1958 für Staatshandelsschiffe stimmen mit der Lehre von der beschränkten Staatenimmunität überein. Geck (aaO S. 336) hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Exemtion der Staatsschiffe im engeren Sinne von inländischer Gerichtsbarkeit und die Unterwerfung der Staatshandelsschiffe unter diese Gerichtsbarkeit in etwa der Unterscheidung zwischen Akten iure imperii und Akten iure gestionis entspreche. Man wird die Abmachungen über die Staatshandelsschiffe von 1926 und von 1958 dahin würdigen können, daß sich in ihnen die weitverbreitete Überzeugung niedergeschlagen hat, den Staaten stehe nur noch für ihre Hoheitsakte Immunität zu.
c) Auch dem Art. XVIII Abs. 2 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (BGBl. 1956 II S. 487) dürfte die Unterscheidung zwischen hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Akten zugrunde liegen; diese Bestimmung dürfte Akte iure gestionis von der Immunität ausnehmen (vgl. hierzu Schwenk, JZ 1957 S. 197 [203], aber auch Setser, Proceedings of the American Society of International Law, 55th Annual Meeting, 1961, S. 89 [98 ff.]).
Wenn demgegenüber das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 4. April 1955 über Offshore-Beschaffungen (BGBl. 1956 II S. 2079) den Vereinigten Staaten von Amerika für die sogenannten Offshore-Beschaffungsverträge Immunität zuerkennt, so dürfte hierfür maßgebend gewesen sein, daß es sich um Beschaffungen für die amerikanischen Streitkräfte handelt, die wegen ihrer Affinität zu den Aufgaben dieser Streitkräfte ungeachtet des privatrechtlichen Charakters der Beschaffungsverträge durch das Abkommen ausnahmsweise den Akten iure imperii gleichgestellt worden sind (vgl. zu ähnlichen Vereinbarungen der Vereinigten Staaten von Amerika mit anderen Staaten: Schwenk, NJW 1954, 1956 [1957]).
d) Besondere Beachtung verdienen die Verträge, die die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken mit dem Deutschen Reich, der Bundesrepublik Deutschland und anderen Staaten geschlossen hat. In diesen Verträgen hat sich die Sowjetunion für Handelsgeschäfte der inländischen Gerichtsbarkeit einschließlich der Zwangsvollstreckung unterworfen.
Vgl. Art. XIII des vorläufigen Abkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik über die Erweiterung des Tätigkeitsgebiets der beiderseitigen Delegationen für Kriegsgefangenenfürsorge vom 6. Mai 1921 (RGBl. I S. 929) und zu diesem und ähnlichen Abkommen Rußlands mit anderen Staaten Diena, Völkerbundsdokument A. 15. 1928. V. S. 54 ff. = AJIL 22 (1928) Special Supplement, Januar 1928, S. 128 ff.; Art. 7 und 9 Abs. 2 des Wirtschaftsabkommens, das als Anlage II dem deutsch-russischen Vertrag vom 12. Oktober 1925 (RGBl. 1926 II S. 1) angefügt ist, und zu diesem und ähnlichen Abkommen Dahm, Völkerrecht, Bd. 1 S. 234 f. und Anmerkung 17; Anlage zum Abkommen über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschiffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25. April 1958 (BGBl. 1959 II S. 221), verlängert durch das Protokoll vom 31. Dezember 1960 (BGBl. 1961 II S. 1085), sowie Grossart, Das deutsch-sowjetische Handels- und Schiffahrtsabkommen, JZ 1959 S. 233 (237 f.), Uschakow, Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts im Ostblock durch Staatsverträge, Osteuropa-Recht Bd. 7 (1961) S. 161 (163 ff.).
Es geht nicht an, in diesen Vertragsbestimmungen Ausnahmevorschriften und also eine Bestätigung der Regel absoluter Staatenimmunität zu sehen. Diese Vereinbarungen müssen vielmehr gewürdigt werden als Regelungen, die der Tatsache des russischen Staatshandels angemessen Rechnung tragen, und als Ausdruck der Bemühungen, das Völkerrecht den gewandelten Realitäten der internationalen Beziehungen anzupassen.
e) Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Justiz kann aus Art. 31 Abs. 1 Buchst. a der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen von 1961 nicht auf den Umfang der Staatenimmunität geschlossen werden. Diese Bestimmung unterwirft den ausländischen Diplomaten, der nach der Konvention grundsätzlich Immunität genießt, für dingliche Klagen in bezug auf ein im Inland gelegenes privates Grundstück der inländischen Gerichtsbarkeit; dies soll aber dann nicht gelten, wenn er das Grundstück im Interesse des Entsendestaates für Zwecke der diplomatischen Vertretung besitzt. Art. 31 Abs. 1 Buchst. a der Wiener Konvention regelt die persönliche Immunität des Diplomaten. Diese Immunität unterscheidet sich aber ihrem Umfang nach von der Staatenimmunität; sie reicht im allgemeinen weiter. Grundsätzlich kann deshalb vom Umfang der diplomatischen Immunität nicht auf den der Staatenimmunität geschlossen werden.
Vgl. österreichischer Oberster Gerichtshof, Urteil vom 19. Januar 1962, Juristische Blätter 1962 S. 271; ferner Entscheidung des polnischen Obersten Gerichtshofs vom 14. Dezember 1948, ILR 1957 S. 223 (224 f.); Tribunale Rom, Entscheidung vom 24. März 1953, ILR 1955 S. 533 (535); italienischer Kassationshof, Entscheidung vom 21. September 1948, AD 1948 S. 133 (135); Lalive, aaO S. 253; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht und prozessuales Fremdenrecht, 1949, S. 400 f.; Gmür, Gerichtsbarkeit über fremde Staaten, 1948, S. 66 ff.; a.A. der Oberste Gerichtshof der Volksrepublik Kroatien, Urteil vom 30. August 1956, ILR 1956 S. 431 (432).
5. a) Die Kodifikationsbemühungen des Völkerbunds und der Vereinten Nationen bieten keinen Anhalt für die Annahme, daß nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts ausländischen Staaten unbeschränkte Immunität von inländischer Gerichtsbarkeit zusteht. Sie bestätigen vielmehr, daß die Staaten nur noch für ihre hoheitliche Betätigung Immunität beanspruchen können.
Die Bemühungen des von der Völkerbundsversammlung eingesetzten Sachverständigenausschusses für die fortschreitende Kodifikation des Völkerrechts erweisen, daß schon 1926 eine allgemeine Rechtsüberzeugung, die den Staaten Immunität auch für ihre privatrechtliche Betätigung zubilligte, nicht mehr bestand.
Vgl. den 2. Bericht des Ausschusses an den Völkerbundsrat vom 27. Juni 1928, Völkerbundsdokument A. 15. 1928. V. (teilweise wiedergegeben in AJIL Bd. 22 [1928] Special Supplement, Januar 1928, S. 117 ff.).
Matsuda hat in einem Bericht über die Arbeiten eines Unterausschusses im Jahr 1926 (Völkerbundsdokument aaO S. 49 ff. = AJIL aaO. S. 118 ff.) darauf hingewiesen, daß nach allgemeiner Ansicht den Staaten für ihre Hoheitsakte Immunität zustehe. Im übrigen seien die Meinungen geteilt. Manche Autoren sprächen den Staaten absolute Immunität zu, also Immunität ohne Rücksicht auf die Art der Betätigung. Andere wollten nur noch eine auf Hoheitsakte beschränkte Staatenimmunität anerkennen, den Staaten die Immunität für Akte iure gestionis also absprechen. Mit Rücksicht auf die Ausdehnung der Staatstätigkeit in den Bereich der Wirtschaft hinein könnte es als gerecht angesehen werden, wenn gewisse Handlungen der Staaten wie solche von Privatpersonen behandelt würden. Es sei aber schwierig, diese Handlungen in einer Weise abzugrenzen, die einer vertraglichen Regelung als Grundlage dienen könnte.
In seinen Bemerkungen zu diesem Bericht hat Diena (Völkerbundsdokument aaO S. 54 ff. = AJIL aaO S. 128 ff.) unter Hinweis auf die Bestimmungen der Pariser Vorortverträge und des Brüsseler Abkommens von 1926 sowie ferner auf die Praxis der italienischen und belgischen Gerichte betont, die Kodifikation des Rechts der Staatenimmunität sei nicht nur wünschbar, sondern - entgegen der skeptischen Beurteilung dieser Frage durch Matsuda - auch erreichbar. Sicherlich sei es schwierig, die Hoheitsakte von der privatrechtlichen Betätigung des Staates abzugrenzen. Schwierigkeiten dieser Art seien aber im Völkerrecht häufig anzutreffen; sie könnten nicht dazu führen, die Unterscheidung aufzugeben.
Den Vorarbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen für eine Kodifikation des Rechts der diplomatischen Vorrechte und Immunitäten sowie für die des Rechts der konsularischen Beziehungen dürfte die Auffassung zugrunde gelegen haben, den Staaten stehe Immunität nur noch für Hoheitsakte zu.
Vgl. für die beschränkte Immunität der Staaten in bezug auf ihre Gesandtschaftsgrundstücke den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - S. 20 ff.; vgl. ferner Nr. 2 des Kommentars der Kommission zu Art. 43 ihres Entwurfs für eine Regelung der konsularischen Beziehungen, Yearbook of the International Law Commission 1961 Bd. II S. 117.
b) Der beratende Rechtsausschuß asiatischer und afrikanischer Staaten hat die Immunität der Staaten auf seiner ersten und zweiten Sitzung (Neu-Delhi 1957 und Kairo 1958) sowie abschließend auf seiner dritten Sitzung in Colombo (1960) erörtert, an der Delegationen der Regierungen Birmas, Ceylons, Indiens, Indonesiens, des Irak, Japans, Pakistans und der Vereinigten Arabischen Republik sowie - als Beobachter - ein Vertreter der iranischen Regierung teilgenommen haben. Der Schlußbericht des Ausschusses zur Frage der Staatenimmunität empfiehlt, für Handelstätigkeit und private Betätigung der Staaten Immunität nicht zu gewähren. Dieser Empfehlung haben alle Delegationen mit Ausnahme der Indonesiens zugestimmt (Asian-African Legal Consultative Committee, Third Session, Colombo, 20 January to 4 February, 1960, herausgegeben vom Sekretariat des Ausschusses, New Delhi, ohne Jahreszahl, S. 58 [66 ff.]; siehe auch Herndl, Juristische Blätter, 1962, S. 15 [19]).
6. Drei angesehene nicht-amtliche Institutionen haben sich eindeutig zur restriktiven Theorie der Staatenimmunität bekannt.
a) Der Entwurf der Studiengruppe der Harvard Law School zur Regelung der Gerichtsbarkeit über ausländische Staaten von 1932 vertritt die Lehre der beschränkten Staatenimmunität und betont, daß es ungeachtet gewisser Schwierigkeiten an der Zeit sei, die Unterscheidung zwischen Akten iure imperii und iure gestionis vertraglich festzulegen (vgl. Art. 11 des Entwurfs sowie die Materialien und Erläuterungen hierzu, Harvard Law School S. 451 [597, 606]).
b) Die International Law Association hat auf ihrer 45. Sitzung in Luzern im Jahr 1952 die Frage der Staatenimmunität beraten und hierzu die Entschließung gefaßt, "... que l'Etat etranger ne devrait pas etre couvert par l'immunite de juridiction a l'occasion des actes de nature privee entrepris par lui". Die Präambel zu dieser Entschließung betont, die Ausdehnung der Staatstätigkeit habe die Rechtsprechung verschiedener Länder veranlaßt, den Grundsatz der Immunität durch die Unterscheidung zwischen actes de puissance publique und actes de gestion privee des Staates einzuschränken. Der Grundsatz der Staatenimmunität sei im Begriff, obsolet zu werden ("... est en voie de tomber en desuetude ...") in den Fällen, in denen Staaten Handelsgeschäfte oder andere Privatrechtsgeschäfte tätigten (International Law Association, Report of the Forty-Fifth Conference 1952, S. VI f.).
Der Berichterstatter Carabiber hat in seinem Schlußwort (aaO S. 231) erklärt, daß die von den italienischen Mitgliedern Sperduti (aaO S. 221) und Giannini (aaO S. 229) unter Berücksichtigung der italienischen Rechtsprechung formulierten Vorschläge (Immunität bei hoheitlicher Betätigung des Staates, keine Immunität bei privatrechtlicher Betätigung) allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze und Bestandteil des gemeinen Völkerrechts seien.
c) Das Institut de Droit International hat sich auf seinen Sitzungen in Siena 1952 und in Aix-en-Provence 1954 mit der Staatenimmunität befaßt. Der am 30. April 1954 in Aix-en- Provence gefaßten Entschließung liegt die restriktive Theorie der Staatenimmunität zugrunde.
Art. 1 und 3 der Entschließung lauten:
Art. 1
Les tribunaux d'un Etat ne peuvent connaitre des litiges ayant trait a des actes de puissance publique accomplis par un Etat etranger, ou par une personne morale relevant d'un Etat etranger.
Art. 3
Les tribunaux d'un Etat peuvent connaitre des actions contre un Etat etranger et les personnes morales visees a l'article premier, toutes les fois que le litige a trait a un acte qui n'est pas de puissance publique. La question de savoir si un acte n'est pas de puissance publique releve de la lex fori. (Annuaire 1954 Bd. II S. 293).
7. Die Völkerrechtslehre kann nicht als Stütze der Ansicht herangezogen werden, ausländischen Staaten stehe unbeschränkte Immunität zu. Der österreichische Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. Mai 1950 (SZ Bd. XXIII S. 304 [322]) zutreffend festgestellt, daß insofern von einer communis opinio doctorum keine Rede sein könne.
Die moderne Völkerrechtslehre vertritt weitgehend - wenn nicht überwiegend - die restriktive Theorie der Staatenimmunität.
So namentlich:
Dahm, aaO S. 235 f., und: Völkerrechtliche Grenzen der inländischen Gerichtsbarkeit gegenüber ausländischen Staaten, in: Festschrift für Arthur Nikisch, 1958, S. 153 (163 ff.); Verdroß, Völkerrecht, 4. Auflage, 1959, S. 169 f.; Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht, 1959, S. 401 ff.; Riezler, aaO S. 396; Schnitzer, Handbuch des Internationalen Privatrechts, 4. Auflage, Bd. II, 1958, S. 833 ff.; Ch. Rousseau, RGDIP Bd. 66 (1962) S. 655, und Weiss, Recueil des Cours, Bd. 1 (1923) S. 521 ff.
Im Hinblick auf die uneinheitliche Staatenpraxis wird aber auch die Ansicht vertreten, das Völkergewohnheitsrecht enthalte überhaupt keine Regel über die Staatenimmunität.
Vgl. z.B. Lalive aaO S. 251 f.; Cavare, Le Droit International Public Positif, Bd. II, 1951, S. 439; Gmür, Zur Frage der gerichtlichen Immunität fremder Staaten und Staatsunternehmungen, in: Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht, Bd. VII (1950) S. 9 (74 f.).
Beide Gruppen von Autoren sind sich jedenfalls darin einig, daß die unbeschränkte Staatenimmunität abzulehnen ist.
Lauterpacht meint, Völkergewohnheitsrecht gelte nur für die Fälle, für die sich eindeutig eine einheitliche Praxis entwickelt habe, wie z.B. für die Immunität der Diplomaten und der Staatsoberhäupter und in bezug auf Kriegsschiffe. In anderen Fällen müsse bis zu einer umfassenden internationalen Regelung die Gewährung der Staatenimmunität als dem Landesrecht vorbehalten angesehen werden (Oppenheim/Lauterpacht, International Law, Bd. 1, 8. Auflage, 1955, § 115 ad, S. 274 und British Year Book S. 220 [236 ff.]. Ähnlich billigt E. J. Cohn [aaO S. 662] zwar dem Grundsatz der Staatenimmunität als solchem Völkerrechtscharakter zu, glaubt aber, die Einzelheiten seiner Ausgestaltung müßten heute als dem staatlichen Recht überlassen gelten.
Bejaht wird die absolute Staatenimmunität in der Literatur der kommunistischen Länder. Auf dem Standpunkt der absoluten Theorie steht insbesondere das 1957 von der Akademie der Wissenschaften der Sowjetunion herausgegebene Werk "Völkerrecht" (deutsche Übersetzung von Schultz: Bd. 43 der Veröffentlichungen des Instituts für internationales Recht an der Universität Kiel, 1960). Molodzow nimmt dort (S. 215) Immunität auch für Staatshandelsschiffe in Anspruch, Schurschalow meint (S. 319), zur Rechtfertigung von Eingriffen in die Rechte und Privilegien der Handelsvertretungen der Sowjetunion hätten "die bürgerlichen Juristen die Theorie des ,handeltreibenden Staates' erfunden". Für das polnische Recht führt Lasok (Polish Private International Law, in: Studies in Polish Law [= Law in Eastern Europe, No. 6, 1962] S. 121 [132]) aus, die Lehre von der Staatenimmunität erfasse jede Betätigung des Staates und kenne keine Ausnahme.
Im übrigen wird die Ansicht, den Staaten stehe Immunität auch für ihre nicht-hoheitliche Tätigkeit zu, in der Völkerrechtslehre kaum noch vertreten (vgl. Lalive aaO S. 222 Anm. 2).
Eine zusammenfassende Würdigung der Rechtsprechung, einiger vertraglicher Regelungen, der Kodifikationsbemühungen und der Völkerrechtslehre ergibt, daß die unbeschränkte Staatenimmunität nicht mehr als Regel des Völkergewohnheitsrechts angesehen werden kann. Dem österreichischen Obersten Gerichtshof ist zuzustimmen, wenn er in seiner Entscheidung vom 10. Mai 1950 (SZ Bd. XXIII S. 304 [322]) feststellt, "... daß heute nicht mehr gesagt werden kann, daß nach anerkanntem Völkerrecht die sogenannten acta gestionis von der inländischen Gerichtsbarkeit ausgenommen sind".
II.
1. Wenn auch nach allgemeinem Völkerrecht ausländische Staaten für Akte iure gestionis nicht von inländischer Gerichtsbarkeit freigestellt sind, so steht ihnen doch nach allgemeiner Rechtsüberzeugung, die sich in der Praxis der Staaten, in den Kodifikationsentwürfen und in der Völkerrechtslehre niedergeschlagen hat, Immunität für solche Betätigungen zu, die hoheitlicher Art sind.
Daß es schwierig ist, hoheitliche von nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit abzugrenzen, ist kein Anlaß, diese Unterscheidung aufzugeben. Schwierigkeiten ähnlicher Art kennt das Völkerrecht auch sonst. Auch für die Frage, ob eine bestimmte Staatstätigkeit im Ausland ohne Zustimmung des betroffenen Staates zulässig ist, kommt es darauf an, ob diese Betätigung hoheitlicher oder nicht-hoheitlicher Art ist (vgl. Dahm, Völkerrecht, Bd. 1 S. 250 ff.).
2. Die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit kann nicht nach dem Zweck der staatlichen Betätigung und danach vorgenommen werden, ob diese Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Denn letztlich wird die Tätigkeit des Staates, wenn nicht insgesamt, so doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dienen und mit ihnen in einem immer noch erkennbaren Zusammenhang stehen. Ebensowenig kann es darauf ankommen, ob der Staat sich gewerblich betätigt hat. Gewerbliche Tätigkeit des Staates unterscheidet sich nicht ihrem Wesen nach von sonstiger nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit.
Maßgebend für die Unterscheidung zwischen Akten iure imperii und iure gestionis kann vielmehr nur die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses sein, nicht aber Motiv oder Zweck der Staatstätigkeit. Es kommt also darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt, also öffentlich-rechtlich, oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist.
Ebenso oder ähnlich die Rechtsprechung der Gerichte Italiens, Belgiens, der Schweiz, Österreichs und Ägyptens,
sowie die Kodifikationsbemühungen der International Law Association und des Institut de Droit International, und ferner:
Dahm, Völkerrecht, Bd. 1 S. 235 f., sowie Festschrift für Arthur Nikisch, S. 163 ff.; Verdroß, aaO S. 169 f.; Riezler, aaO S. 400; Herndl, aaO S. 20 ff.; Schnitzer, aaO S. 835 f.; Weiss, aaO S. 346.
3. Die Qualifikation der Staatstätigkeit als hoheitlich oder nicht-hoheitlich wird grundsätzlich nach nationalem Recht vorgenommen werden müssen, da das Völkerrecht, jedenfalls in der Regel, Kriterien für diese Abgrenzung nicht enthält (zum Rückgriff auf das nationale Recht vgl. Herndl, aaO S. 20 f. mit Nachweisungen). Die allgemeine Völkerrechtsregel, nach der ausländischen Staaten für ihre hoheitliche Betätigung Immunität von inländischer Gerichtsbarkeit zusteht, wird nicht inhaltsleer und verliert ihren Charakter als Rechtsnorm nicht dadurch, daß für die Abgrenzung von Akten iure imperii und iure gestionis grundsätzlich das nationale Recht maßgebend ist. Ihr näherer Inhalt ergibt sich vielmehr aus dem jeweils anwendbaren nationalen Recht. Es ist auch nicht ungewöhnlich, daß Völkerrechtsnormen auf nationales Recht verweisen.
Vgl. Guggenheim, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch, Bd. 3 S. 651 (658 ff.); Scheuba-Lischka, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch, Bd. 3 S. 586.
So sind z.B. gewisse Rechte und Pflichten der Staaten nach Völkergewohnheits- und Völkervertragsrecht von der Staatsangehörigkeit einer Person abhängig. Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit bestimmen sich aber grundsätzlich nach nationalem Recht.
Es kann schließlich nicht entscheidend ins Gewicht fallen, daß die Verweisung auf nationales Recht dem Landesgesetzgeber theoretisch die Möglichkeit eröffnet, durch entsprechende Gestaltung des Landesrechts Einfluß auf die Tragweite der Völkerrechtsregel zu nehmen. Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit durch das nationale Recht dient primär anderen Zwecken als der Bestimmung des Umfangs der Immunität ausländischer Staaten. Einer mißbräuchlichen Rechtsgestaltung durch den nationalen Gesetzgeber könnte zudem mit dem im Völkerrecht anerkannten Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben begegnet werden.
4. Es muß eingeräumt werden, daß es die Anwendung des allgemeinen Völkerrechts erschwert und der erwünschten Rechtseinheit entgegenwirkt, wenn für die Abgrenzung von hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Akten die Natur der Staatstätigkeit und für deren Qualifikation das nationale Recht maßgebend ist. Dieser Nachteil wird jedoch dadurch gemildert, daß der landesrechtlichen Qualifikation einer staatlichen Betätigung als Akt iure gestionis völkerrechtliche Schranken gezogen sind. Das nationale Recht darf für die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Tätigkeit des ausländischen Staates nur mit der Maßgabe herangezogen werden, daß vom hoheitlichen Bereich und damit von der Immunität nicht solche Handlungen des Staates ausgenommen werden dürfen, die nach der von den Staaten überwiegend vertretenen Auffassung zum Bereich der Staatsgewalt im engeren und eigentlichen Sinn gehören. Zu diesem allgemein anerkannten Bereich hoheitlicher Tätigkeit wird die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege zu rechnen sein (vgl. Dahm, Völkerrecht, Bd. 1 S. 235 f., und Festschrift für Arthur Nikisch, S. 166 f.).
Ausnahmsweise kann es also völkerrechtlich geboten sein, die Betätigung eines ausländischen Staates, weil sie dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist, als Akt iure imperii zu qualifizieren, obwohl sie nach nationalem Recht als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wäre.
5. Das vorlegende Gericht hat demnach zu Recht geprüft, ob der Abschluß des Reparaturvertrages als eine nicht-hoheitliche Betätigung des ausländischen Staates anzusehen ist und diese Frage zutreffend bejaht. Es ist offensichtlich, daß der Abschluß eines solchen Vertrages nicht in den Kernbereich der Staatsgewalt fällt. Es kommt - entgegen der Ansicht des Bundesministers der Justiz - nicht darauf an, ob der Abschluß des Vertrages für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte der Botschaft notwendig war und deshalb in erkennbarem Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit des Entsendestaates stand. Ob einem Staat Immunität zusteht, hängt nicht vom Zweck der Tätigkeit ab, den der ausländische Staat mit ihr verfolgt. Die Abgrenzung hoheitlicher Betätigung nach der Natur der Handlung und deren Qualifikation nach nationalem Recht mag noch nicht die umfassende Anerkennung gefunden haben, die für eine allgemeine Völkerrechtsregel unerläßlich ist; sie ist aber derart verbreitet, daß eine darüber hinausgehende Gewährung von Immunität nicht mehr als durch das allgemeine Völkerrecht geboten angesehen werden kann.
Dem "besonderen Problem der Immunität diplomatischer Missionen" kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Die Ausübung deutscher Gerichtsbarkeit würde diplomatische Vorrechte und Immunitäten nicht beeinträchtigen.