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RG, 05.11.1880 - III 137/80

Daten
Fall: 
Pauliansiches Rechtsmittel
Fundstellen: 
RGZ 3, 169
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
05.11.1880
Aktenzeichen: 
III 137/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • AG St. Goarshausen
  • OLG Frankfurt am Main
Stichwörter: 
  • Statthaftigkeit des Pauliansichen Rechtsmittels gegenüber von Pfandbestellungen

Inwiefern ist das Paulianische Rechtsmittel gegenüber von Pfandbestellungen statthaft?

Aus den Gründen

"Die Quellen des römischen Rechts enthalten eine ausdrückliche Entscheidung der Frage nicht, ob und inwiefern eine Pfandbestellung durch das Paulianische Rechtsmittel anfechtbar sei, wenn der Pfanderwerber die fraudulöse Absicht des Pfandbestellers nicht gekannt hat. Mit Recht geht deshalb die gemeinrechtliche Doktrin davon aus, daß die Beantwortung der Frage aus den allgemeinen Grundsätzen, auf welchen das Paulianische Rechtsmittel beruht, zu entnehmen sei. Die Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze darf aber nicht dahin führen, daß nach dem Vorgange von Franke, Archiv Bd. 16 S. 259-262, Pfandbestellungen für ein sogenanntes vetus creditum, welche ohne die conscientia fraudis des Pfanderwerbers erfolgen, für unanfechtbar erklärt werden, weil nur die eigentlichen Schenkungen auch ohne diese Mitwissenschaft der Paulianischen Klage anheimfallen..

Denn die in 1.6 §. 11 Dig. quae in fraudem für Schenkungen statuierte Ausnahme beschränkt sich ihrem inneren Grunde nach nicht auf die eigentlichen Schenkungen ( Savigny, System Bd. 4 §. 142), sie muß auch auf anderweitige Liberalitätsakte ausgedehnt werden. Die Klage hat in solchen Ausnahmefällen nur die noch vorhandene Bereicherung zum Gegenstande, und in dieser Beschränkung findet sie ihre Rechtfertigung in der Unbilligkeit, welche darin liegt, daß der Beklagte das, was er durch eine fraus, wenn auch ohne eigene Beteiligung an derselben, gewonnen hat, den durch sie verletzten Gläubigern vorenthalten will (vgl. das angef. Gesetz). Und in dieser Beziehung kann es offenbar keinen Unterschied machen, ob eine eigentliche Schenkung oder ein anderer Liberalitätsakt zur Benachteiligung von Gläubigern vollzogen worden ist. (Vgl. übrigens auch 1. 5 Cod. de revocandis his quae in fraudem creditorium alienata sunt 7. 75.)

Pfandbestellungen haben nun zwar das Eigentümliche, daß ihre Anfechtbarkeit beruht in der unzulässigen Bevorzugung eines Gläubigers vor den anderen. Aber die auch zur Anfechtung dieser fraudulösen Rechtsgeschäfte gegebene Paulianische Klage ist an keine anderen Voraussetzungen gebunden, als welche im allgemeinen für dies Rechtsmittel erforderlich sind. Und es fehlt nicht bloß an äußeren, sondern auch an zureichenden inneren Gründen, um nicht auch hier zu unterscheiden zwischen Rechtsgeschäften, welche auf onerosem oder auf lukrativem Rechtstitel beruhen, und nur für erstere eine Teilnahme an der fraudulösen Absicht des Pfandbestellers zu erfordern.

Von vorstehenden rechtlichen Gesichtspunkten aus kann die erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nicht für begründet erachtet werden. Sie sucht freilich auszuführen, der Umstand, daß die Forderung der Klägerin zur Zeit der Pfandbestellung fällig war und die letztere auf Zahlung oder Pfandbestellung drang, schließe die Annahme einer Liberalität rechtsgrundsätzlich aus, außerdem liege auch in der Fristgewinnung, welche der Schuldner durch die Sicherstellung erlange, die Gegenleistung des Gläubigers, der Appellationsrichter habe also rechtsirrtümlich entschieden, indem er dessenungeachtet die angefochtene Pfandbestellung als eine solche angesehen, welche auch ohne Mitwissenschaft der Klägerin von der fraudulösen Absicht ihres Schuldners dem Paulianischen Rechtsmittel unterliege.

Die Frage aber, ob nach den konkreten Verhältnissen des einzelnen Falles in der Pfandbestellung ein oneroses oder ein freigebiges Rechtsgeschäft zu erblicken ist, gehört dem der Nichtigkeitsbeschwerde verschlossenen thatsächlichen Gebiete an. Zwar haben Doktrin und Praxis (vgl. Seuffert, Pandekten §. 670 Note 23; Windscheid, Pandekten §. 463 Note 33; Seuffert, Archiv Bd. 21 Nr. 187, Bd. 22 Nr. 286) sich mit der Frage beschäftigt, in welchen Fällen Pfandbestellungen als onerose nicht ohne conscientia fraudis anfechtbare Rechtsgeschäfte aufzufassen seien. Aber so richtig auch die Betrachtungen, von denen sie ausgehen, im allgemeinen erscheinen mögen, die Aufstellungen, zu denen sie gelangen, dürfen doch sicherlich nicht als Rechtsregeln behandelt werden, welche für den einzelnen Fall ohne Berücksichtigung der konkreten Sachlage entscheidend werden müßten.

Namentlich gilt dies auch von dem Falle, wenn die fraudulöse Pfandbestellung erfolgt für eine fällige Schuld auf Andrängen des Gläubigers unter Bewilligung einer Zahlungsfrist. So lange der Gläubiger noch Aussicht hat, durch Klagerhebung zur Befriedigung zu gelangen, bringt derselbe allerdings mit der Umwandlung der fälligen Forderung in eine betagte ein Opfer, welches unter Umständen für den Schuldner eine Gegenleistung von erheblichem Werte bilden kann. Aber ausgeschlossen ist es keineswegs, daß im einzelnen Falle die Verhältnisse umgekehrt so liegen, daß die Gewährung einer Zahlungsfrist für beide Teile ganz gleichgültig ist, ihr Interesse gar nicht berührt und daher die ohne rechtliche Verpflichtung erfolgte Pfandbestellung dem Gläubiger unentgeltlich den Gewinn zuführt, den er durch die fraudulöse Bevorzugung vor anderen Gläubigern erlangt." ...