RG, 11.06.1880 - III 455/79

Daten
Fall: 
Natürlichen Verbindlichkeit bei Verjährung einer persönlichen Klage
Fundstellen: 
RGZ 2, 158
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
11.06.1880
Aktenzeichen: 
III 455/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • KreisG Wiesbaden
  • OLG Frankfurt am Main

Bleibt bei Verjährung der persönlichen Klage eine natürliche Verbindlichkeit übrig? Sind auch Einreden der Verjährung unterworfen?

Aus den Gründen

"Der Entscheidung, daß die auf das ädilitische Edikt gestützten Einreden verjährt sind, wird die Verkennung des Rechtsgrundsatzes, daß Einreden nicht verjähren, vorgeworfen. Diese Rüge ist unbegründet. Der aufgestellte Rechtsgrundsatz ist in seiner Allgemeinheit nicht für richtig zu halten. Ist in einer Einrede nur die Geltendmachung eines Anspruchs zu finden, so muß dieselbe notwendig mit der Aufhebung des Anspruches gleichzeitig wegfallen. Es ist daher die Beantwortung der Frage, ob die auf einem obligatorischen Anspruch beruhenden Einreden der Verjährung unterliegen, zunächst von der Entscheidung der bekannten Kontroverse abhängig, ob bei der Verjährung der persönlichen Klage noch eine natürliche Verbindlichkeit - im juristischen Sinne dieses Wortes, also ein mit unvollkommenem Rechtsschutz ausgestatteter Anspruch - übrig bleibe; wäre dies zu bejahen, so würde hiermit die Fortdauer einer ausreichenden Grundlage einer Einrede gegeben sein. In den Aussprüchen der Quellen ist weder für die bejahende noch für die verneinende Ansicht ein genügender Beweis zu finden. Man muß daher auf das Wesen der Sache zurückgehen; diese Auffassung führt aber dahin, daß man in betreff des Obligationenrechtes das Klagerecht und den Anspruch selbst für identisch zu halten und folglich die Klagverjährung als Verjährung des Anspruches anzusehen hat. Wenn für das Übrigbleiben einer natürlichen Verbindlichkeit namentlich darauf hingewiesen zu werden pflegt, daß die Verjährung der persönlichen Klage den Pfandanspruch nicht aufhebt (1. 7. Code. de praescript. 7. 39; 1. 2. Cod. de luitione pign. 8. 31), vielmehr die Fortdauer einer natürlichen Verbindlichkeit so lange, als das Pfandrecht noch besteht, ausdrücklich bezeugt wird (1. 59 pr. Dig. ad S. C. Trebell. 36. 1), so ist hiergegen zu erwidern, daß für diesen Fall die Anerkennung der Fortdauer einer natürlichen Verbindlichkeit gerade daraus zu erklären ist und gerechtfertigt wird, daß in dem fortdauernden Pfandrechte zugleich auch der durch das Pfand gesicherte Anspruch noch nach dem Erlöschen der persönlichen Klage fortwährend einen gewissen Rechtsschutz genießt.

Hiernach bleibt freilich noch zu fragen, ob die neben einer persönlichen Klage begründete Einrede nur auf dem obligatorischen Ansprüche beruht oder eine von demselben unabhängige selbständige Existenz hat; allein das letztere ist zwar für einzelne Einreden, so namentlich für die exceptio doli, aus besonderen Bestimmungen der Gesetze zu bejahen, aber weder im allgemeinen noch auch insbesondere in betreff der ädilitischen Einreden als richtig anzuerkennen."