RG, 19.06.1920 - V 82/20

Daten
Fall: 
Amtspflichtverletzung eines Grundbuchbeamten
Fundstellen: 
RGZ 99, 221
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.06.1920
Aktenzeichen: 
V 82/20
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Köln
  • OLG Köln

Kann aus einer vor dem 1. Januar 1900 von einem Grundbuchbeamten unter Verletzung seiner Amtspflicht betätigten unrichtigen Eintragung ein Schadensersatzanspruch gegen den Staat auf Grund des § 12 GBO. erhoben werden, wenn nach dem l. Januar 1900 ein bis dahin unbeteiligter Dritter auf Grund der unrichtigen Eintragung ein Recht an dem Grundstück erwerben zu können glaubt und dadurch Schaden erleidet?

Tatbestand

Im Jahre 1899 erwarb der Eisenbahnfiskus einen Teil einer auf die Witwe P. und Söhne im Grundbuche von K., Art. 300, eingetragenen Parzelle; dieser Teil, der die neue Bezeichnung "zu 350/208" erhielt, wurde auf das Grundbuchblatt des Eisenbahnfiskus, Art. 654, übertragen. Bei der Bearbeitung des Flurbuchanhangs erließ der Grundbuchrichter am 24. November 1899 versehentlich eine Berichtigungsverfügung, zufolge deren die abgetrennte Parzelle "zu 350/208" auch wieder auf das Grundbuchblatt von P. eingetragen wurde, und zwar unter Nr. 2 b, so daß sie doppelt (auf Art. 300 und auf Art. 654) eingetragen war. Durch notarielle Urkunde vom 22. Dezember 1909 verpfändeten Wwe. P. und Söhne die Parzelle "zu 350/208" der Klägerin für ein von dieser gegebenes Darlehen. Die Klägerin beantragte demnächst die Zwangsversteigerung der Parzelle "zu 350/208", zog aber diesen Antrag zurück, nachdem sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt hatte, daß diese Parzelle zur Zeit der Verpfändung dem Schuldner nicht mehr gehört hatte. Sie behauptet, daß ihr durch das Versehen des Grundbuchrichters ein Schaden im Betrage von 2640 M entstanden sei, und verlangt auf Grund des § 12 GBO. den Ersatz dieses Schadens von dem beklagten Fiskus. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zunächst durch Zwischenurteil nach § 303 ZPO. den Einwand des Beklagten, daß § 12 GBO. nicht anwendbar, sondern die Klage gemäß § 29 Abs. 2 Pr. GBO. gegen den Grundbuchbeamten zu richten sei, für unbegründet und sodann durch Vorabentscheidung nach § 304 ZPO. die Klage dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt erklärt. Auf die Revision des Beklagten ist das landgerichtliche Urteil wiederhergestellt worden.

Gründe

"Das Landgericht hat die Klage um deswillen abgewiesen, weil es annahm, daß das hier in Frage stehende Schuldverhältnis gemäß Art. 170 EG. z. BGB. dem vor dem 1. Januar 1900 in Geltung gewesenen Rechte unterstehe und daß deshalb nicht § 12 GBO., sondern § 29 Pr.GBO. vom 5. Mai 1872 zur Anwendung zu kommen habe, wonach der Schadensersatzanspruch aus Versehen eines Grundbuchbeamten in erster Linie gegen den Grundbuchbeamten selbst zu richten ist und nur hilfsweise, falls von diesem Ersatz nicht zu erlangen ist, gegen den Staat gerichtet werden kann. Dagegen geht der Berufungsrichter in dem Zwischenurteil von der Anwendbarkeit des § 12 GBO. auf den vorliegenden Fall aus. Er verneint, daß das hier in Frage stehende Schuldverhältnis bereits vor dem 1. Januar 1900 entstanden sei. Die versehentliche Eintragung der später der Klägerin verpfändeten Parzelle "zu 350/208" auf das Grundbuchblatt der Witwe P. und Söhne habe zwar im Jahre 1899 stattgefunden; aber durch das sonach vor dem I. Januar 1900 begangene Versehen des Grundbuchbeamten sei noch kein Schuldverhältnis in bezug auf die Klägerin begründet gewesen. Diese habe erst im Dezember 1909 eine Hypothek auf das versehentlich als Eigentum ihrer nunmehrigen Schuldner eingetragene Grundstück sich bestellen und eintragen lassen. Frühestens in diesem Augenblicke könne von einem ihre Person berührenden Schuldverhältnis die Rede sein. Die versehentliche Eintragung stelle zwar eine unerlaubte Handlung, insbesondere eine Verletzung der dem Grundbuchbeamten obliegenden Amtspflicht dar; diese habe aber damals der Klägerin gegenüber keinen Erfolg gezeitigt und das auch nicht können, da die Klägerin damals noch in keiner Beziehung zu dem Grundstück und dessen vermeintlichen Eigentümern gestanden habe. Ihr gegenüber sei die unerlaubte Handlung noch eine erfolglose gewesen; eine solche vermöge aber ein Schuldverhältnis nicht zu begründen. Erst von der Eintragung der Hypothek ab sei eine zivilrechtliche Beziehung der versehentlichen Eintragung zu der Klägerin entstanden. Ein Schuld Verhältnis zu ihr habe auch vorher nicht als bedingtes bestanden; solange sei nichts gegeben gewesen als die bloße Möglichkeit, daß etwa ein Dritter in dem Glauben, es gehöre das Grundstück der Wwe. P. es hypothekarisch beleihen werde. Diese bloße Möglichkeit habe noch kein bedingtes Schuldverhältnis oder ein einem solchen gleichzustellendes Verhältnis geschaffen. Deshalb könne für den Anspruch der Klägerin nur das Recht in Betracht kommen, das zur Zeit der Bestellung und Eintragung ihrer Hypothek Geltung hatte, also das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Die Revision tritt dieser Rechtsauffassung entgegen unter Bezugnahme auf das Schrifttum zu den Übergangsbestimmungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, das überwiegend auf dem entgegengesetzten Standpunkte stehe.

Es ist richtig, daß die Mehrzahl der von der Revision angeführten Schriftsteller den Satz aufstellt, daß bei einer vor dem 1. Januar 1900 begangenen Amtspflichtverletzung eines Grundbuchbeamten nicht § 12 GBO. sondern das frühere Recht zur Anwendung zu kommen habe. So Habicht 3. Aufl. S. 180 A. 1; Güthe zu § 12 GBO. N. 55; Turnau-Förster zu §12 GBO. III. während Niedner (zu Art. 170 EG. Erl. 2e) den Satz keineswegs in dieser Allgemeinheit ausstellt vielmehr zur Anwendung des alten Rechtes verlangt, daß bereits unter dem alten Rechte in die Rechtssphäre des Verletzten eingegriffen sei, und dementsprechend als konkreten Fall, in welchem er die Ersatzpflicht bei Amtspflichtverletzungen eines Grundbuchbeamten nach altem Rechte beurteilt wissen will, unterstellt, daß ein für einen bestimmten Gläubiger eingetragenes Recht vor dem 1. Januar 1900 fahrlässig gelöscht worden ist und nachher das Grundstück in die Hände eines gutgläubigen Erwerbers gelangt. Auch Habicht a.a.O. führt übrigens als Beleg für die Nichtanwendbarkeit des § 12 GBO. lediglich eine derartige Sachlage an. Die Eigenart des vorliegenden Falles besteht aber gerade darin, daß unter der Herrschaft des früheren Rechtes, - nämlich als im Jahre 1899 der Grundbuchrichter durch versehentliche Wiedereintragung der in Frage stehenden Parzelle auf den Namen der Witwe P. und Söhne die Amtspflichtverletzung beging, die die Grundlage des gegenwärtigen Schadensersatzanspruchs bildet, - die Klägerin noch keinerlei Rechte an dieser Parzelle erworben hatte, zu ihr überhaupt in keinen irgendwie gearteten Beziehungen stand, solche vielmehr erst später durch die unter der Herrschaft des neuen Rechtes erfolgte Verpfändung der Parzelle an sie entstanden, so daß von einem bereits unter dem alten Rechte erfolgten Eingriff in die Rechtssphäre der Klägerin hier nicht die Rede sein kann. Dem Berufungsrichter muß zugegeben werden, daß der Annahme des Landgerichts, es sei unter diesen Umständen das Schuldverhältnis, das dem jetzt erhobenen Klaganspruche zugrunde liege, bereits vor dem I. Januar 1900 entstanden, schwerwiegende Bedenken entgegenstehen. Das Bürgerliche Gesetzbuch erfordert für den Begriff des Schuldverhältnisses ein Verhältnis zwischen zwei oder mehreren bestimmten oder doch bestimmbaren Personen, auf Grund dessen die eine (Gläubiger) von der anderen (Schuldner) eine Leistung zu fordern hat (§ 241 BGB.). Das Schuldverhältnis setzt deshalb eine persönliche Rechtsbeziehung des Gläubigers zum Verpflichteten voraus (RGZ. Bd. 57 S. 354, 356 und die dort angeführten Schriftsteller). Freilich ist zur Entstehung eines solchen Verhältnisses nicht erforderlich, daß die sämtlichen Voraussetzungen für den Leistungsanspruch bereits gegeben sind; dieser kann vielmehr noch von dem Eintritte weiterer Umstände (Rechtsbedingungen) abhängig sein; aber die Grundlage dafür muß dadurch hergestellt sein, daß Rechtsbeziehungen, die sich auf eine Leistung des einen an den anderen (auf eine Gläubiger- und Schuldnerschaft) beziehen, zwischen ihnen bereits geschaffen sind. Solche Rechtsbeziehungen werden hergestellt durch ein einem anderen gegenüber vorgenommenes Rechtsgeschäft, auch wenn dieses noch bedingt ist, und ferner durch eine unerlaubte Handlung, sofern diese in der widerrechtlichen Verletzung eines Rechtes oder geschützten Rechtsguts eines anderen besteht, durch die in dessen Rechtssphäre unmittelbar eingegriffen wird (§ 823 Abs. 1 BGB.). Soweit dagegen der Tatbestand einer unerlaubten Handlung schon in dem Verstoße gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz (§ 823 Abs. 2) oder in der Verletzung einer einem Beamten "gegenüber einem Dritten" (RGZ. Bd. 72 S. 324, Bd. 78 S. 244) obliegenden Amtspflicht sich erfüllt, kann man von der Entstehung eines Schuldverhältnisses zwischen dem Täter und dem anderen (Dritten) erst sprechen, wenn der andere in Rechtsbeziehungen eingetreten ist, die ihn als eine der durch das Gesetz oder die dem Beamten auferlegte Amtspflicht zu schützenden Personen erscheinen lassen. Vorher besteht weiter nichts als die durch die Handlung geschaffene Möglichkeit, daß irgendein noch ganz unbestimmter Dritter durch Eintritt in solche Rechtsbeziehungen zu dem Täter in das Verhältnis eines Gläubigers treten kann. Damit sind die für die Entstehung eines Schuldverhältnisses wesentlichen Grundlagen noch nicht geschaffen (vgl. über diese Unterscheidung RGZ. Bd. 52 S. 124 und Komm, von RGRäten vor § 823 Bem. 8).

Aber auch wenn man annimmt, daß das Schuldverhältnis hier nicht vor dem 1. Januar 1900 entstanden sei und deshalb die Vorschrift des Art. 170 EG. ihrem Wortlaute nach nicht unmittelbar Platz greife, so ist doch daraus keineswegs ohne weiteres zu folgern, daß auf den vorliegenden Fall das neue Recht in allen Beziehungen zur Anwendung zu kommen hätte. Die zeitliche Geltung, die der Gesetzgeber den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs beigelegt hat, wird durch die ausdrücklichen Vorschriften des Einführungsgesetzes keineswegs erschöpfend geregelt. Vielmehr enthalten diese Vorschriften nur die Regelung einzelner Fälle, die erforderlich erschien, teils um die Anwendbarkeit des allgemeinen Grundsatzes der Nicht-Rückwirkung der Gesetze hervorzuheben, teils um ihn aus Rücksichten der Zweckmäßigkeit oder Billigkeit einzuschränken. Über den Bereich dieser Vorschriften hinaus aber ist der Grundsatz entscheidend, daß der Gesetzgeber der Herrschaft des neuen Rechtes im Zweifel nur diejenigen Rechtsverhältnisse hat unterwerfen wollen, die ihrem Wesen nach dem zeitlichen Geltungsbereiche dieses Rechtes angehören (vgl. Niedner S. 287 flg.; Habicht S. 4 flg). So enthält auch Art. 170 EG. nur eine unvollständige Kollisionsnorm im Sinne der Nichtrückwirkung des Gesetzes auf ein bereits vor seinem Inkrafttreten entstandenes Schuldverhältnis, die aber keineswegs mittels Schlusses aus dem Gegenteile zu der Annahme führen kann, daß auf ein vorher noch nicht oder nicht vollständig entstandenes Schuldverhältnis in allen Beziehungen das neue Gesetz Anwendung zu finden habe. Daß das nicht der Sinn der Vorschrift ist, ergeben die Motive (S.256), indem sie die Entscheidung des Falles, daß eine unerlaubte Handlung zwar vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs begangen ist, der "Erfolg" aber erst nachher eintritt, der Wissenschaft und Praxis überlassen. Vielmehr wird, soweit auch nur einzelne Elemente des Schuldverhältnisses der Zeit ihrer Entstehung nach dem früheren Rechte angehören, dieses auf sie zur Anwendung zu kommen haben. Das muß insbesondere für die Frage gelten, ob eine vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs begangene Handlung sich als eine unerlaubte, eine Schadensersatzpflicht des Täters begründende darstellt. Diese Frage kann wegen der ihr innewohnenden Beziehung zu dem subjektiven Verhalten des Täters nur nach dem zur Zeit der Begehung der Handlung geltenden Gesetze beurteilt werden. Das Schuldmoment bei der unerlaubten Handlung verbietet, wie für die strafrechtliche Beurteilung (§ 2 StGB.), so auch für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit, ein Gesetz zugrunde zu legen, das bei ihrer Begehung noch nicht galt und deshalb von dem Täter nicht als Norm für seine Handlung ins Auge gefaßt werden konnte, wobei nur in Frage kommen könnte, ob und in welchem Maße etwa (entsprechend § 2 Abs. 2 StGB.) das spätere Gesetz insoweit in Betracht kommt, als es die Handlung nicht als eine unerlaubte ansieht oder milder beurteilt. Auf diesem rechtlichen Gesichtspunkte beruht der in der Rechtslehre und Rechtsprechung aufgestellte Satz, daß eine unerlaubte Handlung (unabhängig von der Frage, wann das durch sie begründete Schuldverhältnis entstanden ist, (Art. 170 EG.) nur nach den Gesetzen der Zeit ihrer Begehung beurteilt werden kann (vgl. Habicht S. 176 flg, der jedoch die Frage, wann aus der unerlaubten Handlung ein Schuldverhältnis entstanden ist. von der Frage, wann sie begangen ist, nicht klar auseinanderhält).

Auf diesem Standpunkte steht im wesentlichen auch die bisherige Rechtsprechung des Reichsgerichts. So ist in dem Urteile vom 6. Mai 1907 VI 420/1906 in einem Falle, wo wegen einer durch Herabfallen einer Markise im Jahre 1902 erlittenen Beschädigung geklagt wurde, ausgesprochen, daß nur das im Jahre 1898 noch in Geltung gewesene gemeine Recht zu Anwendung kommen könne, weil der Beklagte wegen der durch Anbringung der Markise in diesem Jahre betätigten schuldhaften Verhaltens in Anspruch genommen werde und das "natürlich" nur nach dem damals geltenden Rechte bestimmt werden könne, möge auch die Beschädigung, für die Ersatz verlangt werde, erst im Jahre 1902 entstanden sein. Auch in diesem Falle, wie in dem vorliegenden, waren durch die Begehung der unerlaubten Handlung (die Anbringung der Markise) irgendwelche Rechtsbeziehungen zwischen der später beschädigten Klägerin und dem Beklagten noch nicht eingetreten, also ein Schuldverhältnis im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht "entstanden". Ebenso liegt die Sache in dem von Habicht, S. 180. angeführten Falle, wo ein Bauunternehmer bei Errichtung eines Hauses fehlerhaft gehandelt hatte und später (unter neuem Rechte) das Haus eingestürzt ist und einen Dritten beschädigt hat. Auch RGZ. Bd. 52 S. 119 steht keineswegs entgegen; dort wird vielmehr nur hervorgehoben, daß noch kein Schuldverhältnis begründet ist, solange zwischen demjenigen, der eine unerlaubte Handlung begangen hat, und einem bestimmten Dritten zivilrechtliche Beziehungen nicht bestehen; im übrigen beruht die Anwendung des neuen Rechtes in dem dort entschiedenen Falle (wie schon in VI 420/06 zutreffend hervorgehoben ist) auf der Annahme einer über das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinaus fortgesetzten unerlaubten Handlung und darauf, daß es sich nicht um die Schuldfrage, sondern um die im Preuß. Allg. Landrecht aufgestellten Vermutungen über den objektiven Kausalzusammenhang handelte. In dem Urteile vom 20. November 1909 I 542/08 (Warneyer 1910 Nr. 58) ist zwar gleichfalls als Grund für die Anwendung des neuen Rechtes hervorgehoben, daß vor dem 1. Januar 1900 ein "Schuldverhältnis unter den Parteien noch nicht entstehen konnte"; aber der Zusammenhang der Begründung, die auf RGZ. Bd. 52 S. 119 Bezug nimmt, ergibt, daß es sich auch hier um ein über den 1. Januar 1900 fortgesetztes "Dauerdelikt" gehandelt hat und daß "nach der Art, wie die Kläger ihren Schaden begründet haben", eine Schädigung, die auf das vor dem 1. Januar 1900 betätigte Verhalten der Beklagten zurückzuführen wäre, nicht festzustellen war.

Sonach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn der Anspruch gegen den Grundbuchbeamten selbst gerichtet wäre, die Frage, ob er eine Amtspflichtverletzung begangen und sich dadurch der Klägerin schadensersatzpflichtig gemacht habe, nur nach dem zur Zeit der Begehung der Handlung, im Jahre 1899, in Geltung gewesenen Rechte beurteilt werden könnte. Es kann sich daher nur noch fragen, ob etwa die Frage der Haftung des beklagten Fiskus für den Schadensersatz nach neuem Rechte zu beantworten wäre. Das wird indessen durch die Fassung des § 12 GVO. ausgeschlossen, da dort nur "die im § 839 BGB. bestimmte Verantwortlichkeit"' gegenüber den Beteiligten an Stelle des Grundbuchbeamten dem Staate auferlegt ist. Es kann nach diesem Wortlaute nicht angenommen werden, daß die Reichsgrundbuchordnung auch für eine nicht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche, sondern nach früherem Rechte durch eine vor 1. Januar 1900 begangene Amtspflichtverletzung begründete Verantwortlichkeit eines Grundbuchbeamten fortan den Staat an die Stelle des Grundbuchbeamten treten lassen wollte. Zu einem solchen Eingriff in das bisherige Recht war um so weniger Veranlassung, als die Regelung der Haftung des Staates für Versehen der Grundbuchbeamten mit der Regelung der Stellung und Verantwortlichkeit der Grundbuchbeamten selbst in den einzelnen Rechtsgebieten in engem Zusammenhange stand und sich deshalb einer einheitlichen Regelung entzog. Für die Haftung des Staates aus einer in dem älteren Rechte begründeten Verantwortlichkeit eines Grundbuchbeamten kann sonach aus § 12 GBO. ein Rechtstitel nicht hergeleitet werden." ...