RG, 16.03.1899 - VI 1/99
Rechtswirkung der Übernahme sämtlicher Schulden eines Nachlasses durch einen der Miterben im Erbauseinandersetzungsvertrage.
Aus den Gründen
"Die Beklagte ist als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes F. D. aus dem bedingten Nachzahlungsversprechen in Anspruch genommen worden, welches er der klagenden Firma zu der näher bezeichneten Zeit gegeben haben soll. Auf diese ihre Passivlegitimation bezog sich der erste von ihr erhobene Revisionsangriff. Zwar ist ihre Erbenqualität nicht mehr, wie in erster Instanz, von ihr überhaupt bestritten worden, wohl aber zu der dem Pflichtteile der beiden minderjährigen Töchter des F. D. entsprechenden Quote. In der That sind von dem Genannten letztwillig diese Töchter auf ihren Pflichtteil zu Erbinnen eingesetzt, und die Beklagte nur auf die Restquote, und auch die Töchter haben die Erbschaft erworben. Das Oberlandesgericht hat aber dennoch deshalb die Beklagte als für die ganzen Nachlaßschulden haftbar angesehen, weil sie den Töchtern gegenüber im Erbauseinandersetzungsvertrage die ausschließliche Haftung für diese Schulden übernommen hat. In der Revisionsverhandlung hat die Beklagte gegen diese Auffassung eingewandt, daß jener Vertrag sicher nicht zu Gunsten der Klägerin geschlossen sein könne, da die Paciscenten in demselben ausdrücklich deren angebliche Forderung nicht anzuerkennen und die Teilung der Aktiva ohne Mitberücksichtigung derselben vorzunehmen erklärt haben. Allein um einen Vertrag zu Gunsten Dritter handelt es sich hier überhaupt nicht, vielmehr um einen Ausnahmefall, wo nach der herrschenden Ansicht die Schuldübernahme im heutigen gemeinen Rechte ohne weiteres den Gläubigern das Forderungsrecht gegen den Übernehmer verschafft, nämlich um den Fall, wo mit dem Vermögen als Ganzem auch die Schulden übernommen werden. Denn so liegt die Sache hier, obgleich den Töchtern statt ihrer Erbteile in dem Vertrage doch wieder bestimmte Summen ausgesetzt sind; der Wille der Vertragschließenden ging eben dahin, daß die Universalsuccession als solche sich in der Person dieser einen Miterbin, der Beklagten, konzentrieren solle. Freilich war nach römischem Rechte ein solcher Wille ohne Zweifel völlig wirkungslos (I. 3 Dif. fam erc. 10,2. II. 2. 26 Cod. de pact. 3. I. 2 cod. de her. vend. 4, 39. 1. 72 pr. Dig. de J. D. 23, 3); aber nach gemeinem deutschen Gewohnheitsrecht wirkt in einem Falle dieser Art die Schuldübernahme direkt zu Gunsten der Gläubiger.
Vgl. Dernburg, Pandekten 4. Aufl. Bd. 2 § 53 S. 146 flg.; Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 17 S. 100 flg.; ähnlich das neue Bürgerliche Gesetzbuch § 419." ...